von
Zbyszko J. Grabowski
Antilophia bokermanni Coelho
et Silva, 1998 (Araripepipra) wurde
erst 1996 entdeckt und 1998 als neue Art beschrieben (Coelho & Silva, 1998). Taxonomisch gehört sie zu der Familie Pipridae
(Pipras) wo sie die zweite Art in der Gattung Antilophia neben der A.
galeata (Helmpipra )
darstellt. Diese Pipraart gehört zu den
seltensten Vögel der Welt , die Population wurde zuerst auf 49-249 Individuen
geschätzt (BirdLife International, 2003), die neuesten Angaben gehen von einem
hochgerechneten Bestand von 783 Individuen aus (Silva & Rêgo, 2004). Die
bekannten Vorkommen liegen in einem nur ca. 50 km² großen Gebiet (50 km lang
und nur ca. 1 km breit !) auf den nordöstlichen Hängen der Chapada do Araripe
(Araripe Hochebene) im südlichen Teil des Bundesstaates Ceará im Nordosten Brasiliens (Silva &
Rêgo, 2004). A.bokermanni ist in
den Roten Listen der IUCN, BirdLife International und MMA/IBAMA als „kritisch
gefährdet“ eingestuft (Silva & Rêgo, 2004).
Verbreitungskarte ©BirdLife International
Zeichnung: Tomas Sigrist © Atualidades Ornitologicas
Die
Abbildung zeigt ein adultes Männchen und ein Weibchen. Das Weibchen ist wie bei
den meisten Pipras einfarbig olivgrün mit etwas hellerer Unterseite (Coelho
& Silva 1998). Immature Männchen sind
olivgrün mit rötlichem Mantel und rötlicher Kapuze. Die Männchen sind
erst im dritten Kalenderjahr voll ausgefärbt (Silva & Rêgo, 2004) was bei der „Schwesterart“ A.galeata
auch der Fall ist (Marini 1989). Wir sahen ein vermutlich subadultes Männchen
das auf den bei den adulten karminrot gefärbten Gefiederteilen noch gelbliche Farbtöne zeigte.
Die
Entdeckungsgeschichte ließt sich wie ein Märchen. Das Bemerkenswerte dabei ist
, dass es sich bei der A.bokermanni um eine auffällige Art handelt und
die Gebiete wo sie vorkommt schon seit 1859 naturkundlich exploriert wurden...
Höchstwahrscheinlich war das extrem lokalisierte Auftreten der Vögel dafür
verantwortlich, dass die Art unentdeckt geblieben ist (Silva &Rêgo 2004).
Schon früher gab es Indizien, dass ein Vertreter der Gattung Antilophia in
Chapada do Araripe vorkommt, wobei es sich wahrscheinlich um Beobachtungen von
weibchenfarbenen Individuen beziehungsweise um akustische Feststellungen
handelte (Silva & Rêgo, 2004). Natürlich alle gingen davon aus, dass diese
Feststellungen die A.galeata betrafen, damals die einzige Art der
Gattung. Dieses Vorkommen würde jedoch eine wesentliche Erweiterung der
bekannten Artverbreitung darstellen.
Genauso dachte Galileu Coelho als er 1994 und 1995 in der Nähe von
Barbalha Vogelrufe hörte, die stark den
Rufen der A.galeata ähnelten
(Coelho & Silva 1998).
Ein
Männchen der „Schwesterart“ Antilophia galeata (Helmpipra)
Photo:© Simon Woolley & Julia Casson
Es
gab aber auch Spekulationen um einen geheimnisvollen weiß-schwarz-roten Vogel,
den ein lokaler Botaniker Luiz Wilson Lima Verde 1984 im Wald bei Crato
beobachtet hat. Ihm war diese Art bisher unbekannt und er informierte den
Ornithologen Roberto Otoch über
seine Entdeckung. Nach der Beschreibung
vermutete Otoch dass es sich um Tityra cayana (Schwarzschwanztityra) handeln könnte, eine Art, die in diesem
Region normalerweise nicht vorkommt.
Galileu
Coelho und Weber Silva gingen diesen Spuren nach und am 10. Dezember 1996
gelang es ihnen bei Nascente do Farias in der Nähe von Barbalha ein adultes
Männchen der bisher unbekannten Antilophia-Art zu beobachten und zu
verhören! Den beiden Ornithologen war
es bewusst was für ein Schatz sie entdeckt haben (Silva & Rêgo, 2004). Im Mai 1997 wurden ein Männchen und ein
Weibchen gefangen und anschließend für
die ornithologische Sammlung der
Universität von Pernambuco präpariert. Darauf folgte wissenschaftliche Artbeschreibung in der ornithologischen
Zeitschrift Ararajuba im Dezember 1998. Der Vogel erhielt den
wissenschaftlichen Namen Antilophia bokermanni (den Vorschlag die
Antilophia nach dem brasilianischen Naturwissenschaftler Werner Bokermann zu benennen kam von dem
Ornithologen Roberto Otoch), auf Englisch heisst er Araripe Manakin und auf Portugiesisch Soldadinho-do-Araripe
(soldadinho bedeutet kleiner Soldat) (Coelho & Silva 1998). Ich konnte in keiner Checkliste den
deutschen Namen für diese Vogelart finden so erlaubte ich mir sie als
Araripepipra zu
bezeichnen
...
Das
Gebiet wo die Vögel entdeckt wurden war nur nach einem 5-stündigen Fussmarsch
zu erreichen. Wie sich die Zeiten leider ändern... Zwei Jahre nach Artbeschreibung
wurde an der „type locality“ an der Nascente do Farias ein riesiger
Freizeitpark „Arajara“ mit Schwimmbäder und anderen „Attraktionen“ errichtet.
Eine neue asphaltierte Straße wurde gebaut, weite Teile des Waldes gerodet.
Es
ist wirklich ein seltsames Gefühl einen der seltensten Vogel der Welt in einer
erschlossenen Parkanlage zu sehen. Man kann
sogar auf einer Bank Platz nehmen und auf die Antilophias
warten...
Die
Umweltveränderung hat die Antilophias aus diesem Gebiet zwar nicht
sofort vertrieben, ein Bestandsrückgang
ist jedoch zu verzeichnen und aus 4 Männchen in den Vorjahren ist heute
vermutlich nur eins geblieben.
Glücklicherweise
habe ich meine ersten Antilophias nicht unter diesen traurigen Umständen
gesehen...
Hänge der Chapada in der
Gegend von Nascente do Farias
Paulo,
mein ornithologischer Führer hat für meine erste Begegnung mit diesem
faszinierenden Vogel eine andere Stelle gewählt, wo das ursprüngliche Habitat
noch unverändert ist. Noch bei
Dunkelheit brachen wir aus unserem Hotel los und nach kurzer Fahrt erreichten
wir eine Stelle in der unteren Hälfte der Chapada-Hänge wo der befahrbare Weg
an einem kleinen Teich endete. Die tropische Morgendämmerung dauert nicht lange
und es wurde bald hell. Weiter ging es nun zu Fuß auf einem schmalen Pfad durch einen feuchten, immergrünen Wald mit
hohem Anteil von Buriti
und Babaçu Palmen. Wahrlich eine märchenhafte Atmosphäre. Aus dem Wald
hörten wir einige Thryotorus genibarbis (Wangenstreif-Zaunkönige), Troglodytes
musculus (Hauszaunkönig) ließ sich kurz blicken, über unseren Köpfen
huschte ein kleiner Trupp von Dacnis cayana (Blaukopfpitpit), in der
Ferne rief ein Claravis pretiosa ( Schmucktäubchen).Um ehrlich zu sein
diesmal habe ich anderen Vögeln wenig Aufmerksamkeit geschenkt und hatte sehr
gespannt auf den großen Augenblick gewartet. Wir gingen zirka Dreiviertelstunde
durch den schönen Wald entlang eines Bachlaufs. Als wir zu einer Stelle kamen
wo die Palmen immer mehr durch hohe, alte Laubbäume ersetzt waren war es so
weit. Paulo wurde auf eine ihm bekannte Vogelstimme aufmerksam... Sieh hier,
ein Männchen! Wooow! Ein
Riesenanblick! Farbensymphonie in rot-weiß-schwarz... Während Paulo meine
Fragen über die Brutbiologie, Habitatansprüche und Ethologie dieser noch wenig
bekannten Art beantwortete konnten wir noch ein vermutlich subadultes Männchen
hoch in den Baumkronen sehen. Einige
Minuten später ließ sich noch ein adultes Männchen wunderbar in Bodennähe
beobachten, wo es Beeren pflückte.
feuchter, immergrüner Wald –
Habitat der A.bokermanni
Antilophia
bokermanni
stellt sehr spezialisierte Ansprüche
auf ihren Lebensraum. Alle bis jetzt gefundenen Vorkommen liegen im
feuchten,immergrünen Wald in der Nähe
der Quellen, die aus den Hängen der Chapada in einer Höhe von etwa 800 m ü.M.
sprießen. Diese Quellen bilden die Ursprünge
kleiner Bäche in deren oberen Läufen Antilophias zu finden sind. Diese
Zone ist etwa 1000 m breit und erstreckt sich in den Höhen zwischen 600-800 m
ü.M..
Die
Art brütet einmal im Jahr und zieht zwei Junge auf. Das Nest wird in niedriger
Höhe (bis zu 2 m über dem Boden) über einem Wasserlauf gebaut (Silva &
Rêgo, 1984).
Diese Habitate sind leider stark gefährdet
und einige der Quellen wurden schon als Basis für Schwimmbäder und Wasserversorgung
erschlossen, der sie umgebende Wald weitgehend gerodet.
Ein
von Associação dos Observadores de Aves de Pernambuco mit Beteiligung der
Universidade Federal do Pará und mit finanzieller Unterstützung der Fundação O
Boticário de Proteção à Natureza abgeschlossenes Forschungsprogramm hat durch
Untersuchung der genetischen Vielfalt
innerhalb der Population sowie durch Entdeckung neuer Vorkommen (aktuell sind
15 Standorte mit insgesamt 43 festgestellten adulten Männchen kartiert) einen
wertvollen Beitrag für die Organisation der Schutzmassnahmen geleistet (Silva
& Rêgo, 2004).
Zur
Zeit läuft ein durch British Petroleum (bp conservation project No. 502204 –
Conservation of Araripe Manakin ) finanziertes Programm in dessen Rahmen
ökologische und sozial -ökonomische Voraussetzungen für die Arterhaltung erortet werden sollen. Dieses Programm läuft
im März 2005 aus und danach werden dringend weitere Mittel benötigt.
Die beste Möglichkeit diese Habitate zu
erhalten ist meines Erachtens der
Aufkauf von den in Frage kommenden
Flächen. Dafür wird viel Geld gebraucht. Nach dem Aufkauf müssten die
Schutzflächen auch entsprechend überwacht und unterhalten werden. Das Überleben der Antilophia
bokermanni kann von Spenden der
Naturfreunde aus der ganzen Welt abhängen.
Es
wäre sehr traurig, wenn diese Art wenige Jahre nach ihrer Entdeckung aussterben
würde.
Ich
wurde regelrecht von diesem faszinierenden Vogel „verzaubert“ und da ich das
Glück hatte ihn zu sehen fühle ich mich verpflichtet alles Mögliche zu tun um
zu helfen diese Art vor dem Aussterben zu bewahren.
Aus
diesem Grund habe ich vor eine Unterstützungsaktion für A. bokermanni in Deutschland zu organisieren und wäre
Ihnen für Anregungen und Tipps sehr dankbar.
Zum
guten Schluss möchte ich mich bei dem
Mitentdecker der Art Weber Silva für alle wertvollen Informationen und Hilfe
bei der Organisation meiner „Antilophia-Expedition“ und natürlich bei
Paulo Brito, der mich zu diesen beeindruckenden Vögel geführt hat, recht herzlich bedanken.
Muito obrigado Weber e Paulo!
Gesang von Antilophia bokermanni
PDF-Version von Broschüre über Antilophia bokermanni
Zeichnung von Agnieszka Wieckowska (Copyright)
Zeichnung :© BirdLife International
BirdLife International 2003. BirdLife’s online World Bird Database : the site for bird
conservation. Version 2.0. Cambridge, UK: BirdLife International. Available: http://www.birdlife.org
(accessed 16/4/2004)
Coelho,G. & Silva, W. 1998. A new species of Antilophia
(Passeriformes: Pipridae) from Chapada do Araripe, Ceará, Brazil. Ararajuba
6 (2): 81-84
Marini, M.Â. 1989. Seleção de habitat e socialidade em Antilophia galeata (AVES:
Pipridae). Tese de Mestrado. Brasília. Universidade de Brasília.
Silva, W. & Rêgo, P. 2004. Conservação do soldadinho-do-araripe Antilophia bokermanni (AVES:
Pipridae). Subsídios para a elaboração do plano de manejo. Recife.OAP.