Es waren einmal zwei Hexen, die hielten etwas zu lange Händchen, nachdem sie einen Getränkeautomaten per Telekinese zur Verrammelung einer Tür verwendet hatten, als daß man es auf ein Kräftevereinen in Hexenmanier zurückführen konnte. Für die Personen, die es gewöhnt sind, Subtext zu lesen (im Klartext: Lesben und Schwule!), war von der ersten Sekunde offensichtlich, was hier vorging. Der Rest sah darin höchstens eine neue Hexenfreundin für Willow, um neue Zaubersprüche auszuprobieren. Und was für Zaubersprüche sie in den folgenden Episoden ausprobieren sollten!

Aber war das wirklich der Beginn des Subtextes im Buffy-Universum?

Nein, Joss Whedon, beschreibt es am besten: "Alle Beziehungen in der Serie sind romantisch." Und auch vor Willow und Tara gab es schon den Subtext.

Mit dem ersten Auftreten der zweiten Vampirjägerin Faith in der dritten Staffel zog auch der lesbische Subtext in Sunnydale ein. Faith lockte Buffy aus dem Unterricht, indem sie an die Scheibe des Klassenzimmers ein Herz malte; es gab heiße Flirttänze zwischen den beiden im Bronze und es ging sogar soweit, daß Faith Buffy fragte, ob sie zusammen zum Schulball gehen würden.

Und dann war da noch Willow, der es ganz und gar nicht paßte, wie viel Zeit Buffy neuerdings mit Faith verbrachte. Für die Buffy und Willow-Shipper, die schon lange der Meinung waren, daß es eh nur zwei Seelenverwandte in Sunnydale gab (und damit nicht Buffy und ihren Vampir mit Seele meinten), war dies der endgültige Beweis: Willow liebte Buffy und war eifersüchtig. Wie viel braucht es da noch, um vom Subtext zum Haupttext zu gelangen? Anscheinend einiges mehr, denn mehr als Subtext wurde es in beiden Fällen nicht.

Und was wurde aus diesen beiden Subtexten?

Nichts. Faith wechselte die Seiten und spielte fortan im Team der Bösen, und mit ihr verschwand auch der lesbische Subtext aus der Serie. Bis zu dem erinnerungswürdigen Moment, in dem sich zwei Hexen begegneten und in einer Waschküche eingesperrt wurden. Doch das soll nicht heißen, daß zwischen Buffy und Faith oder zwischen Buffy und Willow nie etwas gewesen wäre. Zumindest in den Köpfen ihrer Anhänger kamen sie zusammen, was sich in der unerschöpflichen Menge der sogenannten Buffy-Slasher-Fanfics zeigt.

Doch zurück zum 14. Dezember 1999, als in den USA "Hush" über die Fernsehschirme flimmerte. Zu Beginn der Folge sah es noch so aus, als wäre Tara dazu prädestiniert, durch die Gentlemen (die Bösewichter dieser Folge) einen grausamen Tod zu finden. Sie erfüllte alle Bedingungen: Sie hatte Willow eben erst kennengelernt, war so scheu, daß sie es kaum schaffte, einen Satz ohne Stottern herauszubringen, und dann machte sie sich auch noch alleine nachts durch das gefährliche Sunnydale auf, um Willow zu besuchen. Doch mit dem, was dann passierte, hatte niemand gerechnet – geschweige denn, es zu hoffen gewagt. Nicht nur schien Tara diese Folge zu überleben, sie schien sogar als neue Freundin von Willow in Betracht zu kommen. Wohlgemerkt: Freundin im platonischen Sinne. Zumindest für die Leute, die die nächsten Episoden mit Scheuklappen verfolgten.

Doch was genau geschah in der Szene, die, sobald die Folge beendet war, für heftige Diskussionen im Internet sorgte? Um sich vor den Gentlemen zu schützen, flohen Willow und Tara in den Wäscheraum und versuchten, die Türe mit einem Getränkeautomaten zu verbarrikadieren. Doch da sie beide dazu mit rein körperlicher Kraft nicht in der Lage waren, kam Willow auf die Idee, es durch Telekinese zu versuchen, schaffte es jedoch nicht allein. Bis, ja, bis Tara ihre Hand ergriff, und plötzlich schnellte der Automat vor. Beide sahen sich in die Augen, doch die Hände blieben weiter ineinander verschränkt.

Für ungefähr 2 Sekunden, bis die Szene abgeblendet wurde. Sekunden können manchmal für mehr Aufsehen sorgen als eine ganze Folge.

Und dann war da noch die letzte Szene zwischen den beiden, in denen Tara Willow sagte, daß sie etwas Besonders wäre und diese lächelte. Für viele war es sofort klar. Hätte sich diese letzte Szene zwischen Willow und einem Typen abgespielt, wäre sofort klar, daß sich zwischen den beiden etwas entwickeln würde. Aber so? So konnte man höchstens wieder auf Subtext hoffen. Und der sollte in den nächsten Folgen in geballter Form auftauchen.

Da sah man Willow öfter Tara besuchen und die beiden probierten neue Zaubersprüche aus. Darunter solche, die eine rote Rose schweben ließen, und für viele bekam das Wort "Spell" einen neuen Zwischenton. Und dann war da noch die Tatsache, daß Willow anscheinend Tara vor all ihren Freunden geheimhielt. Sie ging sogar soweit zu lügen - was bisher noch nie vorgekommen war.

Und viele Fans fragten sich, was war hier los? Wieder gab es zwei Lager. Das eine war schon dabei, die Regenbogenflaggen für ein Coming Out-Fest herauszusuchen, während die andere Gruppe damit beschäftigt war, die absurdesten Erklärungen für das, was da vor sich ging, zu erfinden. Und überschüssige Phantasie schienen viele zu haben.

Auf dem offiziellen Postingboard, dem Bronze, entbrannte ein Streit darum, ob Tara böse sei oder nicht. Dies ging sogar so weit, daß die VIPs des Boardes (Vor allem Joss Whedon und die Autoren) sich einmischten und verkündeten: "Tara is not evil" oder, um es mit Joss Whedon zu sagen: "Tara is a weevil" - und dennoch, die Gerüchte und Phantasien nahmen nicht ab. Schließlich konnte man Joss und seinen Einträgen auf dem Board eh nie trauen. Aber auch Taras Rolle in der Serie gab Anlaß zu Spekulationen. Man erfuhr nichts über ihren Hintergrund, und viele waren spätestens seit der Folge "The I In Team" davon überzeugt, recht zu haben: Tara war böse, vielleicht sogar ein Dämon. Bisher schien sie kein Wässerchen trüben zu können und war immer bereit, Willow zu helfen.
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