Xenophobie im Dezember 2002...
Mörschwil SG, Anfang Dezember 2002 Im Mitteilungsblatt veröffentlicht "Die Gemeindeverwaltung" einen Aufruf zur Denunziation der in der Gemeinde lebenden Asylbewerbern: "Wir sind sehr daran interessiert, dass sich die Asyl Suchenden, welche in unserer Gemeinde wohnen, korrekt verhalten. Ist das nicht der Fall, bitten wir die Bevölkerung, die Gemeindeverwaltung oder allenfalls die Polizeistation Goldach zu informieren. Dies erlaubt uns, zu intervenieren und erforderliche Massnahmen einzuleiten." Verfasst hat das Schreiben der Gemeinderatsschreiber Urs Schenker. Beggingen SH, 2. Dezember 2002 15 von 18 Kindergarten-SchülerInnen besuchen den Unterricht nicht mehr, weil ihre Eltern behaupten, ein über dem Kindergarten einquartiertes Asylbewerberpaar störe beim Verlassen und Betreten das Spiel der Kinder. Arbon TG, 5. Dezember 2002 Unbekannte beschmieren in den Morgenstunden mehrere Gebäude mit rassistischen Parolen und Hakenkreuzen. Zürich, 5. Dezember 2002 Der Verfassungsrat diskutiert unter dem Titel "Wohnen" auch über Stand- und Druchgangsplätze für Fahrende. Der Zürcher SVP-Vertreter Dieter Hierholzer reagiert mit rassistischen Aussagen. Die NZZ berichtet: "Dieter Hierholzer (svp., Zürich) meinte, die Gelegenheit nützen zu müssen für ein Votum, in dem er alle diskriminierenden Vorurteile gegen 'Zigeuner' unterbrachte." Meilen ZH, 9. Dezember 2002 In einer Informationsveranstaltung orientiert der Gemeinderat über die Sperrzonen, die für AsylbewerberInnen in der Gemeinde gelten. Ausgesperrt werden Asylsuchende von Schul- und Sportanlagen, es sei denn, sie verfügen über eine besondere Bewilligung. Im Dorfzentrum dürfen sie sich zwar aufhalten, "störende Ansammlungen" werden jedoch nicht geduldet. Tage später zieht der Gemeinderat die Weisungen zurück. Nebikon LU, 11. Dezember 2002 Die Mehrheit der Anwesenden lehnt an der Gemeindeversammlung alle fünf Einbürgerungsgesuche von 13 AusländerInnen ab. Die Abgewiesenen sind mazedonischer, jugoslawischer oder kroatischer Herkunft. Grossdietwil LU, 12. Dezember 2002 Die Gemeindeversammlung lehnt das Einbürgerungsgesuch einer vierköpfigen jugoslawischen Familie diskussionslos und grossmehrheitlich ab. Der Gemeindepräsident spricht danach von einem "harten, aber demokratischen Entscheid". Bern, 27. Dezember 2002 Die Tageszeitung "Der Bund" berichtet über 92 BewohnerInnen eines Hochhauses in Bern-Bümpliz, die einen Brief an die Hausverwaltung unterzeichneten, damit diese eine somalische Flüchtlingsfamilie rauswerfe und wieder eine "anständige Ordnung" herrsche. Die Unterschriftensammlung geht auf die Initiative eines Ehepaars zurück, das an einem klärenden Gespräch mit der Flüchtlingsfamilie nicht interessiert war. Gegenüber dem Hausverwalter bezeichnen die Initianten die Flüchtlingsfamilie als "Schmarotzer", die "keinen Platz in unserer Hausgemeinschaft" hätten. Die somalische Ehefrau berichtet, dass mehrfach brennende Zigaretten aus dem Haus heruntergeworfen worden seien, wenn sie oder ihre Töchter im Tschador über den Hof gegangen seien. "Ich habe unterdessen Angst hier zu wohnen", erklärt sie, "lieber wäre ich in Somalia gestorben, als in die Schweiz zu kommen." Einen Monat später berichtet "Der Bund", dass sich die Familie eine neue Wohnung suche, obwohl die Wohnungsvermieterin keinen Grund zur Kündigung sieht. Denn die HetzerInnen geben nicht auf. Es gebe, so erklärt eine Frau dem "Bund", "genügend alte Häuser in der Stadt, wo man diese Leute reinstecken" könne. Und weiter: Sie wünsche sich, dass kein "schwarzes Zeug" mehr reinkomme. Und ein anderer Bewohner, der sich nicht an der Unterschriftensammlung beteiligt haben will, meint: "Wir leben hier nicht im Busch."
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