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Wenn man einmal von der statistischen Wahrscheinlichkeit ausgeht, mit ca.35 Jahren ein eigenes Haus zu besitzen und einen Garten anzulegen, so ist die Chance, irgendwann einmal unter einer selbst gepflanzten Eiche von mindestens 10 m Höhe zu stehen um vieles geringer, als sich in einem 8-10m hohen Bambushain zu verirren. Trotzdem pflanzt man diesen Baum, in dem Wunsch, es vielleicht doch zu erleben, was es heißt, in einen grünen Blätterwald hinaufzuschauen und die Kraft zu spüren, die schon unsere Vorfahren als "jenseitig" empfanden. Um wieviel beeindruckender muss es sein, auch im laubarmen Winter dieses Gefühl vermittelt zu bekommen und um so erstaunlicher ist es, dass kaum eine Baumschule immergrüne Eichen anbietet. In gut sortierten Angeboten findet man in der Regel nur Quercus turneri Pseudoturneri, gelegentlich noch Quercus ilex und noch seltener Quercus hispanica mit ihren Selektionen. Gerade als sogenannter Hausbaum bietet sich dieses äußerst langsam wachsende, oft knorrig und bizarr wirkende Gehölz an. Leider ist es uns, auf Grund der bekannten klimatischen Verhältnisse nicht gegönnt, durch immergrüne Laubwälder zu streifen, die uns das Gefühl der Exotik und der Unvergänglichkeit vermitteln. Die einzigen in unseren Breiten vorkommenden wintergrünen Laubbäume sind die Stechpalme ( Ilex aquifolium), die in ihrem west- und südeuropäischen Verbreitungsgebiet -an atlantisches feuchtkühles Klima angepasst- beispielsweise im Schwarzwald durchaus Höhen von 10m und mehr erreichen kann und der kleine Buchsbaum (Buxus sempervirens). In trockenen, heißen Sommern und bei alkalischen, verarmten Bodenverhältnissen versagen bzw verkümmern die meisten Ilex-Arten. Unter all den fremdländischen Bäumen mit immergrünem Laub kommen nur wenige Familien bzw. Gattungen vor, die für eine erfolgsversprechende Kultur in Frage kommen. Die wenigsten stammen von der Südhalbkugel : Eukalyptus, Nothofagus und Maytenus z.B. Wesentlich mehr Immergrüne kommen von der nördlichen Hemisphäre, vor allem viele Quercus-Arten, Vertreter der trockenen Hartlaub-Macchien der Mittelmeerregion ,Kaliforniens und Mexikos sowie der wintermilden Rhododendrenwälder Chinas und Japans. Weitere Immergrüne sind: Die Erdbeerbäume (Arbutus) , Magnolienarten (Grandiflora, Virginiana), Trochodendron, Prunus lusitanica, Phillyrea- und Lithocarpus-Arten. Von den ca.250 immergrünen Eichenarten kommen für unsere mitteleuropäische Gartenkultur nur wenige (ca.20) in Frage. In der Liste der versuchenswerten Bäume habe ich nur Bezug auf die Eichenarten genommen, die bis zur Weinbergregion (Zone 8) angepflanzt werden können und die seit Jahren meist in Botanischen Gärten und großen, öffentlich geförderten Parkanlagen angepflanzt worden sind. Miteingeschlossen habe ich auch die Eichen, die man als semi-immergrün bezeichnet, d.h. Gehölze, die nur einen Teil ihres Laubmantels verlieren oder in härteren Wintern ihre gesamte Laubmasse abstoßen.
Liste versuchenswerter immergrüner u. semiimmergrüner Eichen: (in Klammer gesetzt: wesentl. Eigenschaften, Herkunft, Härtezone)
1. Q.acuta (Japan, 8b, immergrün=i, feuchtigkeitliebend =f) 2. Q.agrifolia (Californien, Mexiko, 8b, i, trockenresistent = t) 3. Q.alnifolia (Zypern, 8a, i,t ) 4. Q.chrysolepis (Californien, Mexiko, 8a, i, t ) 5. Q.coccifera (Mittelmeerregion, 8a, i, t ) 6. Q.dumosa (Californien, Mexiko, 8b, i, t ) 7. Q.glauca (Japan, China, Taiwan, 8b, i, f ) 8. Q.hispanica (X aus cerris u. suber, Südeuropa, 8a, semiimmergrün(s),t ) Sorten: Lucombeana,Fulhamensis, Ambrozyana (8a,s,t ) 9. Q.ilex (Westl. Mittelmeerregion, 7b-8a, i, t ) 10.Q.kewensis (X aus cerris u. wislizeni, 1914 in Kew entstanden, 8a, i, t ) 11.Q.laurifolia (Südosten der USA, 8a, f, s ) 12.Q.myrsinifolia (China, Japan, 8a, i, f) 13.Q.phellos (USA, 7b, f, s ) 14.Q.phillyreoides (China, Japan, 7b, t,f,i ) 15.Q.sadleriana (Westl. USA, 7b, t, i ) 16.Q. suber (Südeuropa, Nordafrika, 8b, i, t ) 17.Q.trojana (Südeuropa, Türkei, 7b, s, t ) 18.Q.turneri 'Pseudoturneri'(X aus ilex u. robur, ca.1795 in Essex enstdn.7b 19.Q.wislizeni (Californien, Mexiko, 8a, i, t )
Seit 1983 konnte ich durch eigene Erfahrungen nach Anpflanzversuchen im Garten und zahlreiche Besuche in Botanischen Gärten einen Eindruck gewinnen über die für meine Winterhärtezone (7b) geeignetsten immergrünen Eichen. Von den wirklich dauerhaft immergrünen Quercus-Arten ist m.E. Quercus phillyreoides die härteste. Sehr langsam und kompakt wachsend, bildet sie nach einigen Jahren kleine, wohlproportionierte Bäume. Die Blätter sind flach, lackartig glänzend von lederiger Konsistenz und an ihren Rändern nur flach gezackt. Die ersten Eicheln werden nach ca. 15 Jahren gebildet. Ihr Ursprungsland ist China und Japan. Da ihre Maximalhöhe kaum höher als ca. 6-8m sein dürfte, ist sie auch für den kleinen Garten hervorragend geeignet. Mein 1986 gepflanzter Baum hat mittlerweile eine Höhe von ca.3m und fruchtet seit 3 Jahren. Wesentlich häufiger angeboten und somit auch angepflanzt wird die Steineiche (Quercus ilex ), ein typisch mediterranes Gehölz der Macchia-Flora, das in früheren Jahrhunderten riesige Waldgebiete, vorwiegend in Südwest-Europa bildete und bis auf kleine Reliktstandorte ihre ursprüngliche Bedeutung als Nutz- und Bauholzlieferant fast vollständig verloren hat. Für die mitteleuropäische, gärtnerische Kultur sind natürlich die nördlichen und höher gelegenen Provenienzen von Interesse. Da die Herkunftsregionen von den verschiedenen Baumschulen nicht immer angegeben werden, erlebt man oft entspr. Überraschungen, d.h. man verliert immer wieder z.T. größere Bäume durch mangelhafte Winterhärte.Quercus ilex wächst wesentlich schneller als z.B. Quercus phillyreoides und wird auch wesentlich größer. Mein mittlerweile etwa 3,5m hoher Baum wurde 10 Jahre später als Q.phillyreoides gepflanzt und fruchtet seit 2 Jahren. Die Blätter von Q.ilex variieren von Baum zu Baum erheblich, aber auch an derselben Pflanze! Im wesentlichen sind sie ilexartig randständig mehr oder weniger gezackt, schmal lanzettförmig mit hellerer, samtiger Unterseite und harter, lederiger Textur. Insgesamt macht der Baum einen etwas dunklen, düsteren Eindruck. Bodenbearbeitung im Wurzelbereich sollte wegen Anfälligkeit für Pilzkrankheiten (v.a. Hallimasch) vermieden werden. Die Maximalhöhe dürfte in unseren Breiten und günstigen kleinklimatischen, Voraussetzungen (z.B.Weinberglage) durchaus bei ca. 15m und mehr liegen. Eine weitere, vorwiegend in den östlichen Mittelmeerländern (Türkei ) anzutreffende immergrüne Eiche ist die Kermeseiche (Quercus coccifera), die wesentlich langsamer als die Steineiche wächst und auch nicht so hoch wird. Ihre Unterart 'Calliprinos', die Plästina-Eiche scheint etwas höher zu werden und erreicht häufiger Baumformat. Ihre Blattstruktur ähnelt der der Stechpalme am ehesten (Maximalhöhe ca.3-5m). Für mich die schönste immergrüne Eiche ist die Bambusblättrige Eiche (Quercus myrsinifolia, früher Q. bambusifolia), 1854 von R.Fortune eingeführt. Typisch sind die schmalen, spitz zulaufenden hellgrünen, leicht gezähnten Blätter und ihre phantastischer, purpurfarbener Blattaustrieb. Die schönsten Exemplare sah ich in Oberitalien und im Tessin, von weitem einem alten Ficus benjaminii nicht unähnlich. Das Wachstum ist sehr gemäßigt, die Winterhärte bisher erstaunlich gut. In klimatisch weniger begünstigten, mitteleuropäischen Regionen dürfte nach wie vor Quercus turneri 'Pseudoturneri' die härteste semiimmergrüne Eiche sein. Entdeckt Ende des 18. Jahrhunderts von einem Mr. Turner in Essex, enstand sie aus einer Kreuzung von Q.ilex mit Q. robur. Ihre Blattstruktur ähnelt eher q.robur, nur die Konsistenz erscheint härter, lederiger. In kalten Wintern kann sie ihre gesamte Blattmasse verlieren, in normalen Winterperioden wird zumindest der innere Anteil der Blätter abgestoßen, so dass nur ein relativ dünner Blättermantel das Geäst umgibt.Im Handel ist vorwiegend die Varietät 'Pseudoturneri' (gilt für das europ. Festland) Ähnlich ergeht es auch den Hybriden aus Q.cerris und Q.suber, der Korkeiche, die in ihrem natürlichen Verbreitungsgebieten auch wild vorkommen ( als Quercus X hispanica). Bekannte Selektionen sind 'Ambrozyana', 'Fulhamensis' und 'Lucombeana'. Ihre Blätter sind wesentlich schöner, ebenmäßiger und tiefer gezackt als die der Turner-Eiche, insgesamt sind sie aber sämtl. noch rel. seltene Gäste in unseren Gärten. Alle anderen in der Tabelle - die i.ü. mit Sicherheit noch zu vergößern wäre - aufgeführten Arten sind entweder wesentlich empfindlicher (wie z.B. die Korkeiche) oder trotz Winterhärte schwerer zu bekommen (z.B. Q. alnifolia und Q. sadleriana). Auf jeden Fall lohnt es sich, sich mehr mit diesen immergrünen Laubbäumen zu befassen und sie einfach in unseren Gärten öfter zu kultivieren! |
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