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Sind Taiwanien, die subtropischen "Sargbäume" winterhart ?
Taiwania cryptomerioides, im Garten von A.Weiss in Seeheim/Jugenheim Bergstraße Taiwania cryptomerioides auf der Isola di Brissago im Lago Maggiore
Viele von uns, die sich seit Jahren mit seltenen Gartengehölzen befassen, kennen die zur Familie der Taxodiaceae gehörende Taiwania cryptomerioides, die vor allem an den Südhanglagen und Tälern unserer Alpen kultiviert wird (Baumschule Otto Eisenhut am Lago Maggiore, Isola di Brissago (s.Bild), Gärten von Dr. Walder und Carl Schell u.a.m. ) Die wenigen Hinweise, die ich bisher in der dendrologischen Fachliteratur über die Anbauwürdigkeit der Taiwanie in Mitteleuropa fand, hatten mich bisher davon abgehalten, diese phantastische Pflanze im eigenen Garten (Zone 7b n. G. Krüssmann) auszuprobieren. Dass es auch nördlich der Alpen möglich ist, dieses exotische Gehölz erfolgreich zu etablieren, wissen nur wenige Liebhaber dieser Spezies. So steht seit mehreren Jahren ein mittlerweile ca.3,5m hohes Exemplar im Garten des EBS (European Bamboo Society)- Mitgliedes Albrecht Weiss an der Bergstraße, ohne irgendeinen Frostschaden (s.Bild). Zwei fast gleichgroße Bäume im Essener Gruga-Park, die allerdings etwas zerrupft und zerzaust erscheinen, zeigen- wenn auch mit Einschränkungen- die Überlebensfähigkeit in nördlicheren Regionen (weitere Auspflanzversuche : Palmengarten Frankfurt, BG Mainz, BG Bochum u.a.)
Geschichte:
Der Name "Taiwania" kommt von dem chinesischen Wort "Taiwan", was so viel wie "Terrassenland" bedeutet, das neben den z.T. sehr hohen Gebirgen die vorherrschende Landschaftsform der Insel darstellt. Taiwanien sind cryptomerienähnliche Gehölze, die es auch in unseren voreiszeitlichen Breiten gab. Taiwania cryptomerioides wurde 1904 von Konishi entdeckt und erstmals 1906 von Hayata beschrieben. Erst 1918 fand Ernest Wilson auf einer  seiner letzten Expeditionen an den westlichen Ausläufern des Mt. Morrison, des höchsten Berges auf Taiwan ( 3949m hoch), die urzeitlichen Koniferen und führte sie 1920 in Europa ein. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts postulierte man eine zweite Taiwanien-Art, die auf dem Festland, in Zentral- und Südchina (Saluen-Becken) in Form vereinzelter Reliktstandorte ihr Dasein fristeten (Nord-Myanmar, westl. Yunnan und Provinz Guizhu). Diese wenigen Exemplare hatten 4 Eiszeiten überstanden und überspannten damit einen Überlebenszeitraum von 110 Millionen Jahren! Zusammen mit den ebenfalls in diesen Regionen vorkommenden Metasequoia glyptostroboides- Veteranen bezeichnete man sie mit Recht als "Lebende Fossilien". Die von F.Kingdon-Ward entdeckte, erst 1986 näher beschriebene Relikt-Spezies wurde als Taiwania flousiana (syn: Taiwania yunnanensis SILBA) beschrieben. Von anderen Dendrologen als eigene Art angezweifelt, beschrieb man sie später als Taiwania cryptomerioides var. Flousiana ZENG, 1992. Die z.Zt. gängige Benennung ist Taiwania flousiana GAUSSEN. An ihren natürlichen Standorten sind u.a. auch Emmenopteris henryii (s.a. Bild unter "Seltene Gehölze"), einer der schönsten und seltensten chinesischen Blütengehölze, verschiedene Bambusarten und die relativ winterharte Fächerpalme (Trachycarpus fortunei) zu finden.
Gestalt:
Taiwanien zählen zu den höchsten ostasiatischen Bäumen überhaupt. Es wurden Maximalhöhen bis zu 75m bei Stammdurchmessern bis ca. 4m und geschätztem Alter von 1100 Jahren gemessen. Auch ihre Wuchsfreudigkeit erscheint phänomenal: Die zur Erhaltung der Art (Taiwania flousiana) im Weibaoshan- Nationalpark 1987 angepflanzten 12000 Exemplare, von denen über 85% anwuchsen, erreichten 2001 eine Höhe von ca 8-9m bei Stammdurchmessern bis max. 16cm und einer jährlichen Wachstumsrate von zuletzt 70cm ! Die Ähnlichkeit zu Cryptomeria japonica ist sehr groß. Männliche und weibliche Blütenstände werden auf derselben Pflanze gebildet. Die Zapfen sind zylindrisch geformt und ca. 1,2cm lang. Sie unterscheiden sich von denen der Cryptomerie dadurch, dass sie im Gegensatz zu dieser, die 3 Samen auf jeder Samenschuppe trägt, nur 2 Samen pro Samenschuppe tragen.
Die in der Jugend deutlich längeren (ca 2cm) mit scharfer Spitze versehenen, leicht gekrümmten Nadeln werden bei der älteren Pflanze wesentlich kürzer. Der Grundton ist eher graublau. Die bisherige Behauptung, dass die Benadelung von T. flousiana eher ins Grünliche tendiere und von ihrer Konsistenz her weicher sei als die von T. cryptomerioides lässt sich schwer aufrecht halten. Die Variationen innerhalb der Art sind vom graublau bis ins Grasgrün absolut fließend. Ich konnte außerdem feststellen, dass die Nadeln von T. flousiana etwas länger und an ihrer Basis stärker sichelförmig gebogen waren, als die von T. cryptomerioides.
Das Holz dieses schmal konisch wachsenden Baumes wurde in China und Taiwan zur Herstellung von Särgen ( daher der Name "coffin-tree") benutzt, eine der Ursachen, die neben der Holzgewinnung zu anderen Zwecken zur fast vollständigen Ausrottung dieser
wunderschönen Pflanze führte.
Die in der Jugend vor allem zu beobachtende Trauerform mit bogenförmig geschwungenen Ästen erster Ordnung und schleppenartig herabfallenden Ästen zweiter Ordnung bei relativ langer Lebensdauer der dicht anliegenden Nadeln, reiht diesen Baum ein in die Liste der schönsten Koniferen mit "Trauer-Habitus" wie: Picea breweriana, Picea smithiana, Chamaecyparis nootkatensis pendula oder Cupressus cashmeriana.
Kultur:
Da die natürlichen Vorkommen unmittelbar nördlich des Wendekreis des Krebses lokalisiert sind, ist von einer subtropischen Provenienz auszugehen. Die am Mt. Morrison gefundenen Exemplare wachsen in einer Höhe zwischen 1800 und 2600 m in feuchtkühlen Hanglagen, in denen es im Winter auch regelmäßig zu Schneelast kommt, die die Wuchsform zusätzlich beeinflusst. Da nicht auszuschließen ist, dass in Voreiszeiten das ursprüngliche Vorkommen auf dem chinesischen Festland zentriert war und erst später sich entwickelnde Exemplare vor den Eismassen auf die Insel Taiwan "flüchteten", könnte die hier in Mitteleuropa zu beobachtende Winterhärte auf die genetisch ursprüngliche Heimat Südostchina schließen lassen. Das heißt in logischer Schlussfolgerung auch, dass Taiwania flousiana wohl die ursprünglichere, entwicklungsgeschichtlich ältere Pflanze sein dürfte.
Während Taiwania cryptomerioides nur in klimatisch sehr günstigen Lagen kultiviert werden kann (Zone 8-9), dürfte Taiwania flousiana bis in Regionen mit Winterhärte 7b geeignet sein. Das heißt sommerliche Austrocknung sollte genauso vermieden werden wie trocken-kalte Ostwinde bei Klarfrost.

Bezugsquellen:
Baumschule Otto Eisenhut, San Nazzaro, CH/ TIZZ
P. Zwijnenburg Boskoop NL
Fa. Esveld Boskoop NL