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4.3. Der Stundenplan
Was wir sicher heute kaum mehr verstehen können, ist die vorgeschriebene Lektionenzahl, damals noch Stunden: Nicht pro Tag oder pro Woche, sondern für das Jahr wurde sie mit mindestens 900 festgelegt. Dem Lehrer und der Schulkommission war es überlassen, die Stunden im Sommer- und Wintersemester, oder auch auf die Tage zu verteilen. In einem Schulrodel musste die Lehrerschaft jeden Abend genau Buch führen, wieviele Stunden die Schüler gearbeitet hatten. Am Ende des Jahres zählte man diese zusammen, und es waren meist weit mehr als neunhundert, sonst hätte man ja mit einer Rüge des Schulinspektors rechnen müssen. Er führte sogar eine Statistik über die verflossenen Jahre.
Im Stundenplan standen folgende Fächer mit etwa den in Klammern angegebenen Wochenstunden: Rechnen (Knaben 6, Mädchen 5), Sprache (Knaben 5, Mädchen 4), Geographie (2), Geschichte (2), Naturkunde (2), Turnen (Mädchen 2, Knaben 3), Singen (2), Biblische Geschichte (2), Schreiben (1), Handarbeiten (nur Mädchen 3-6), Hauswirtschaft (nur Mädchen 9. Klasse 3), Unterweisung (nur 9. Klasse 2). Die 9.Klässler wurden in Schreiben und Sprache aber entlastet,  so dass sie nur die Unterweisungslektionen mehr als die 7.Klässler hatten. 5. und 6. Klasse mussten auch nicht in allen Rechenstunden dabei sein. Dadurch war die Erstellung des Stundenplans für eine fünflkassige Schule wie bei uns, ein ziemlich grosses Problem. Mussten doch solche Fächer immer auf Randstunden fallen, damit kein Schüler im Schulhaus auf seinen Unterricht warten musste.
Natürlich hatte dies, ausser dem gewaltigen Aufwand, auch einige Vorteile: Wir durften ohne weiteres im Sommer ein Fach gerade weglassen und es im Winter verdoppeln. Auch an arbeitsintensiven Nachmittagen in der Landwirtschaft erhielten die Kinder schulfrei. So wurde es Brauch, dass bei schönem Wetter im Sommer die Oberschüler jeden Nachmittag frei hatten. Dafür waren sie im Wintersemester so stark belastet, dass höchstens der Mittwochnachmittag zu ihrer Verfügung stand. Mussten wir doch eben die 900 Stunden im Jahr erreichen.
Im Stundenplan war an einem Nachmittag die "Knabenschule" vorgesehen. Da musste Rechnen, Sprache und Turnen eingetragen sein, denn es erschien damals noch sehr wichtig, dass die Knaben in diesen Fächern besser ausgebildet waren als die Mädchen, welche aber dafür im Stricken und Nähen bevorzugt wurden, hatten sie doch ein bis zwei  eigene Nachmittage mit Handarbeiten. Während die Mädchen mit Fräulein Dill Socken strickten, Schürzen nähten oder sonst nützliche Textilien erstellten, durften die Knaben jeden Herbst im Julisgraben hinten das Holz spalten, das im nächsten Winter zum Heizen der grossen runden Oefen in den Schulzimmern benötigt wurde. Wir sehen, die "Knabenschule" wurde nicht nur zum Rechnen eingesetzt. Immer, wenn kräftige Hände gefragt waren, standen die Knaben zur Verfügung. Erlaubt war natürlich auch, Sporthalbtage einzubauen. Jedoch Schwimmunterricht kannten wir noch nicht. Uebrigens, die ganze Klasse bestand aus Nichtschwimmern, denn auch die Eltern nahmen sich nicht Zeit, mit der Eisenbahn ihre Kindern zu einem Bad oder einem See zu begleiten, hätten sie doch nach Brenzikofen ins "Eicherbedli" , nach Biglen oder Thun fahren müssen.
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