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Pressemitteilung Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, 08.10.2001 Ökosysteme in der Tiefsee und Vulkane unterm Eis Dipl.-Ing. Margarete Pauls
Forschungseisbrecher
Polarstern bringt neue Erkenntnisse über die
Plattentektonik unter dem arktischen Meereis Am 7.
Oktober ist die Polarstern, das Forschungsschiff des
Alfred-Wegener-Institutes, nach einer mehr als
viermonatigen Arktisexpedition wieder in Bremerhaven
eingelaufen. Die Fahrtleiter Professor Jörn Thiede und
Dr. Eberhardt Fahrbach sowie 85 Forscherinnen und
Forscher bringen neben zahllosen Proben unterseeischen
Materials und einer Fülle von Messdaten auch einige
Überraschungen mit. Die Messungen auf dem ersten
Fahrtabschnitt ergaben, dass die Temperaturzunahme
im Bodenwasser der Grönlandsee um etwa 0,01 Grad pro
Jahr, die in den letzten Jahren beobachtet
worden war, anhält. Mit dieser Messreihe, die das AWI
jedes Jahr auf einem Schnitt bei 75 Grad Nord
durchführt, suchen die Ozeanographen nach langfristigen
Veränderungen bei der Erneuerung des Bodenwassers.
Solche Veränderungen würden sich auf das weltweite
System von Meeresströmungen auswirken. In dem
sonst stark geschichteten Wasser haben die
Wissenschaftler erstmals drei Schlote mit einer homogenen
Verteilung von Temperatur und Salzgehalt bis auf 2300
Meter Tiefe angetroffen, die einen Einfluss auf
die tiefe Konvektion im kommenden Winter haben können.
Um diese Prozesse auch im Winter messen zu können,
wurden drei Verankerungen ausgelegt, die den Salzgehalt
und die Temperatur alle zwei Tage über die gesamte
Wassertiefe messen. Im Rahmen des vom Bundesministerium
für Bildung und Forschung geförderten Verbundprojektes
ARKTIEF2 untersuchten die Geologen und Biologen außerdem
Lebensgemeinschaften in der Tiefsee und ihre Reaktion auf
natürliche Störungen. Gegenstand des zweiten Abschnitts
waren Untersuchungen im Nordpolarmeer, auf dem Eis und
insbesondere Messungen am Gakkel-Rücken. Es handelte
sich um ein gemeinsames Unternehmen mit dem
amerikanischen Eisbrecher "Healy", das den
Namen AMORE (Arctic Mid-Ocean Ridge Expedition) trug. Der
Gakkel-Rücken ist der äußerste nördliche Ausläufer
des durch das gesamte Weltmeer verlaufenden Systems
mittelozeanischer Rücken. Entlang dieser Rücken
spreizen sich die Ozeanböden und verursachen die
Kontinentalverschiebung. Der Gakkel-Rücken ist
damit geologisch das nördliche Ende Europas. Der
westliche Teil wurde zum ersten Mal untersucht. Die
Ergebnisse bringen selbst Fahrtleiter Thiede zum Staunen:
"Unter der trügerisch-ruhig dahin driftenden
arktischen Meereisdecke verbirgt sich ein brodelnder
chemischer Hexenkessel, von dessen Existenz man bisher
keine Ahnung hatte." Glaskrusten an Gesteinen auf
dem Meeresboden deuten auf mögliche
Vulkanausbrüche unerwarteter Heftigkeit hin,
seismologische Sensoren wiesen Meeresbeben nach. Selbst
Vulkankegel wurden gefunden. Da sich der Meeresboden im
Gakkel-Rücken nur um einige Millimeter im Jahr spreizt,
hatten die Forscher hier eher wenig Aktivität erwartet.
Umfangreiche Proben aus diesem Gebiet werden Aufschluss
geben über die Geologie des Rückens, seine Rolle in der
Plattentektonik und die Lebewesen, die in der Nähe
dieser Tiefsee-Vulkane existieren. Die
Meereisforscher fanden im zentralen Arktischen Ozean
geringere Eisdicken vor als erwartet. Noch 1991 hatte die
Eisdicke bei zweieinhalb Metern gelegen, jetzt waren es
nur noch zwei Meter. "Eisfrei", wie
die Medien es im letzten Jahr berichteten, war der
Nordpol aber nicht. Er bot vielmehr das gewohnte Bild aus
kilometergroßen Eisschollen, die teilweise
zusammengeschoben waren und teilweise Rinnen bildeten.
Zur Messung der Eisdicke dient ein Schlitten. Dieser
Schlitten musste bisher zu Fuß über das Eis gezogen
werden. Diese beschwerliche Aufgabe stellt sich bald
nicht mehr: Mit dem EM-Bird ist ein technisches Gerät
entwickelt worden, das an einem langen Kabel vom
Hubschrauber über das Eis getragen wird. Die ersten
Messungen damit zeigten hervorragende Qualität.
Internationale Zusammenarbeit war auch bei dieser
Expedition wesentlicher Bestandteil des Unternehmens. Sie
hatte ihren Höhepunkt beim Nordpolbesuch am 6. September
und dem Treffen der drei Forschungseisbrecher Oden
(Schweden), Healy (USA) und Polarstern am 23.August 2001.
Fast 100 Naturwissenschaftler aus vielen
unterschiedlichen Disziplinen, die in diesen Tagen die
Geheimnisse des Nordpolarmeeres untersuchten, tauschten
Daten, Proben und Ergebnisse aus. 17 Nationen
(Australien, Brasilien, China, Deutschland, Estland,
Finnland, Großbritannien, Italien, Kanada, Niederlande,
Norwegen, Österreich, Rußland, Schweden, Schweiz,
Spanien, und Vereinigte Staaten von Amerika) trafen sich
in dieser Gruppe aus Wissenschaft und Besatzung auf den
drei Schiffen und machten deutlich, dass Arktisforschung
ein internationales "Geschäft" geworden ist.
Vom 8. Oktober bis zum 6. November liegt
"Polarstern" bei der Lloydwerft in Bremerhaven
und der letzte Teil einer umfassenden Generalreparatur
wird durchgeführt. Am 7. November wird das Schiff zu
seiner neunzehnten Antarktisexpediton auslaufen. AWI etwas ausführlicher AlfredWegener Institut for Polar and Marine Research (AWI) |
Die Animation wurde
vereinfacht und gekürzt aus dem Material von Ch. R. Scotese, PALEOMAP Project Uni. Texas at Arlington erstellt |