Aktuelle Schule 12. November 2001 © email: Krahmer |
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Stress und Burn-Out bei Lehrern Optimistische Selbstüberzeugung als Gegenmittel Pressemitteilung Freie Universität Berlin, 12.11.2001 Von: Ilka Seer
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Selten sind sich alle
Befragten so einig, wie wenn es um das angeblich
mangelhafte Bildungsniveau deutscher Schüler
geht. Der Ruf nach mehr Bildung hallt dann durch die
Republik, und die Schuldigen sind schnell gefunden. Es
sind wieder einmal die Lehrer, entweder zu faul oder zu
ausgebrannt, neudeutsch auch am
"Burn-Out-Syndrom" leidend. Die in
letzter Zeit häufig diskutierten Leistungsmängel der
Schüler, die besonders in naturwissenschaftlichen
Fächern oft der internationalen Konkurrenz unterliegen,
haben der Forderung nach umfangreicher
Qualitätssicherung im Bildungswesen besonderen Nachdruck
verliehen. Dazu gehört auch eine Schulreform
"von innen". Um die Beziehungen
zwischen Lehrern und Schülern zu optimieren und um das
sog. Burn-Out-Syndrom (Ausbrennen), das sich
kontraproduktiv auf die Qualität der Lehre auswirkt,
zu verhindern, hat sich Prof. Dr. Ralf Schwarzer vom
Institut für Psychologie der Freien Universität Berlin,
mit dem aus den USA stammenden Konzept der
Selbstwirksamkeitserwartung befasst. Damit ist
die optimistische Selbstüberzeugung gemeint, den
Berufsanforderungen gut gewachsen zu sein. Wie die
Forschung der Freien Universität zeigt, unterstützt
eine solch positive Einstellung die Bewältigung von
Stresssituationen und wirkt sich auch auf die Qualität
des Unterrichts aus. Nach Ablauf der Untersuchung haben
sich 45 Schulen entschlossen, ein
Netzwerk aufzubauen, um sich gegenseitig unterstützen zu
können und die Idee der Selbstwirksamkeit zu verbreiten.
Drei Jahre lang haben sich zehn Schulen aus zehn
Bundesländern dem Konzept der Selbstwirksamkeit
verpflichtet. Durch kleine, individuell angepasste
Schritte wurde die Lernsituation der Schüler
berücksichtigt, gleichzeitig zusätzliches Engagement
von Seiten der Lehrer unterstützt. Die Schulen hatten
sich bei der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung
und Forschungsförderung beworben, um Unterstützung für
ihre Innovationsideen zu erhalten. Der wissenschaftliche
Beirat setzte sich aus Pädagogen und Psychologen der
Freien Universität Berlin, der Humboldt-Universität zu
Berlin, der Universität Potsdam und dem
Max-Planck-Institut für Bildungsforschung zusammen.
Verantwortlich für die Teiluntersuchung der etwa
300 Lehrer zeichneten Prof. Dr. Ralf Schwarzer
und seine Mitarbeiterin Dr. Gerdamarie Schmitz vom
Institut für Psychologie der Freien Universität Berlin.
Die zehn Pilotschulen haben sich für ihre Reformarbeit
dem Konzept der Selbstwirksamkeit verpflichtet, das in
Amerika schon länger anerkannt ist. Mit dem Begriff "Selbstwirksamkeitserwartung"
wird zum Ausdruck gebracht, dass Menschen eine subjektive
Überzeugung von ihren Kompetenzen haben. Hintergrund
dafür ist die Theorie von Albert Bandura von der
Stanford Universität in Kalifornien. Bandura
hat gezeigt, dass selbstwirksame Menschen besser mit
Stress umgehen können, mehr leisten und gesünder sind
als andere. Wenn jemand davon überzeugt ist, eine Krise
erfolgreich meistern zu können, erhöht dies die
Wahrscheinlichkeit, tatsächlich Erfolg zu haben, auch
wenn der optimistische Glaube nicht unbedingt mit den
objektiven Fähigkeiten übereinstimmen muss. Positive
Selbstwirksamkeitserwartungen fördern die Motivation,
neue und schwierige Aufgaben zu bearbeiten und dabei
Anstrengung und Ausdauer zu zeigen. Negative
Selbstwirksamkeitserwartungen dagegen lassen Menschen
initiativlos werden oder veranlassen sie, vorzeitig
aufzugeben. Selbstwirksamkeitserwartung lässt sich
fördern, indem zum Beispiel gut dosierte Aufgaben mit
steigendem Schwierigkeitsgrad gegeben werden, verbunden
mit häufigen Rückmeldungen und Ermutigungen sowie einem
generell leistungsförderlichen Sozialklima. In dem
Forschungsvorhaben wurden die Lehrer u.a. mit drei
Messinstrumenten befragt, die sehr einfach aussehen und
über simple Aussagen verfügen, wie z.B.
"Schwierigkeiten sehe ich gelassen entgegen, weil
ich immer meinen Fähigkeiten vertrauen kann". Wer
vielen Aussagen wie dieser zustimmt, gilt als
selbstwirksam. Die Forschungsgruppe hat solche Aussagen
übrigens in 28 Ländern bei über 20.000 Personen auf
ihre Gültigkeit hin überprüft, um die Qualität des
Messinstruments unter Beweis zu stellen. Neben dieser
allgemeinen Selbstwirksamkeit wurden auch zwei Aspekte
der lehrerberufsspezifischen Selbstwirksamkeit erfasst. Die Ergebnisse des bundesweiten Modellversuchs "Verbund selbstwirksamer Schulen" liegen nun vor. Die Lehrer profitierten von ihren pädagogischen Bemühungen um guten Unterricht, indem sie auch zu ihrer eigenen Qualifizierung beitrugen. Ihre Selbstwirksamkeitserwartung stieg im Laufe des Modellversuchs zwar nur geringfügig an, aber sie wurden engagierter und suchten sich mehr Herausforderungen. Das berufliche Engagement der Selbstwirksamen kommt auch darin zum Ausdruck, dass sie mehr Freizeit mit Schülern und Eltern verbringen, indem sie einige Stunden an den Nachmittagen für freiwillige Projekte aufwenden. Vor allem gab es unter den Lehrern kaum Anzeichen für das Burnout-Syndrom ("Ausbrennen"), das durch Erschöpfung, Zynismus und Leistungsverlust gekennzeichnet ist und das normalerweise bei Lehrern aufgrund ihres stressreichen Berufsalltags stärker ausgeprägt ist als in anderen Berufen. Selbstwirksame Lehrer können besser mit Stress umgehen, sie haben eine optimistische Einstellung und meistern kritische Situationen im Beruf. Selbstwirksamkeitserwartung erweist sich somit als Schutzfaktor, der die Wahrscheinlichkeit einer Entwicklung von beruflichem Burnout deutlich verringert. Kajetan Tadrowski |
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Weitere Informationen
erteilt Ihnen gern: Univ.-Prof. Dr. Ralf Schwarzer, Katteweg 15a, 14129 Berlin, Tel.: 030 / 838-55630/32, E-Mail: health@zedat.fu-berlin.de |
Kommentar von MM-Physik:
Das Prinzip ist
altbekannt und funktioniert auch bei Schülern. Sagt
ihnen, dass sie brav und gut sind und sie werden es. Dies
wurde in vielen Untersuchungen nicht subjektiv sondern
auch objektiv gemessen. Gleiches gilt für Lehrer, den ganzen Lehrkörper und die Verwaltung. Sagt ihnen sie sind schlecht und sie werden garantiert nicht besser, sondern messbar schlechter. Ich hoffe sie finden in ihrem Kollegium und in ihrer Schulleitung immer nur positives Denken. Dann werden alle besser, unsere Schüler, wir Kollegen und auch die Verwaltung, selbst wenn es oft nur Nuancen sind. Iterativ angewandt kommen größere Erfolge zum tragen. P.Krahmer, MM-Physik |