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Aktuelle Meldungen bei MM-Physik 9. Februar 2001 © email:
Krahmer - Wichtiger
Hinweis |
Physiker geben möglichen
Hinweis auf die
Verletzung des Standardmodells der Teilchenphysik
bekannt
Pressemitteilung Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg,
09.02.2001
von Dr. Michael Schwarz
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Neues Messergebnis gibt
Hinweis auf wesentliche Erweiterung des Standardmodells
der Urkräfte - Heidelberger Wissenschaftler vom
Physikalischen Institut der Universität und dem
Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung
entwickelten Präzisionssystem für die Messungen Am
gestrigen Donnerstag hat am Brookhaven National Labor in
New York, USA, ein Team von Wissenschaftlern aus elf
Institutionen in Deutschland, Japan, Russland und USA ein
physikalisches Messergebnis der Öffentlichkeit
vorgestellt, welches sich deutlich von Vorhersagen im
Rahmen des sogenannten Standardmodells der Teilchenphysik
unterscheidet. Dieses theoretische Gebäude wurde im
Verlauf der letzten dreißig Jahre entwickelt und fasst
alle bisherigen experimentellen Beobachtungen der
experimentellen Teilchenphysik in hervorragender Weise
zusammen. In Brookhaven wurde nun an einem dem Elektron
verwandten Elementarteilchen, dem Myon, in einem
Präzisionsexperiment eine Eigenschaft vermessen, die
sich magnetische Anomalie nennt. Von mehreren
theoretischen Physikern weltweit wurde dafür schon seit
langem die Möglichkeit in Erwägung gezogen, dass zu
dieser Größe auch neue, bisher unbekannte grundlegende
Naturkräfte beitragen könnten. Das Experiment in
Brookhaven findet in einem speziell dafür hergestellten
Magneten statt, der mit 14 m Durchmesser die weltgrößte
supraleitende Spule enthält. Die Myonen haben ein
magnetisches Moment, d.h. man kann sie sich ähnlich
kleinen Stabmagneten vorstellen. Werden diese mit hoher
Geschwindigkeit in ein Magnetfeld eingeschossen, so
bewegen sie sich dort auf Kreisbahnen und gleichzeitig
drehen sich die kleinen Magnete. Bei dem Experiment kommt
es nun darauf an, mit hoher Präzision, d.h. auf sechs
geltende Ziffern genau, die Frequenz dieser Drehbewegung
und die Stärke des Magnetfeldes zu vermessen. Im Rahmen
der Kollaboration haben das Physikalische Institut der
Universität Heidelberg und das Max-Planck-Institut für
Medizinische Forschung in Heidelberg ein neuartiges, mit
bisher nicht da gewesener Genauigkeit arbeitendes
Magnetfeldmess- und Regelsystem gebaut und in dem
Experiment betrieben. Es bildet die Grundlage, auf der
nun die Wissenschaftler ihre im Jahr 1999 genommenen
Daten auswerten konnten. Für die nunmehr gefundene
Abweichung zwischen dem gemessenen Ergebnis und den
neuesten und genauesten Berechnungen, welche in der
Standardtheorie durchgeführt werden konnten, gibt es
grundsätzlich drei unterschiedliche
Erklärungsmöglichkeiten. Zum einen liegt die
Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei der Messung um einen
statistischen Ausreißer handelt, nur bei 1 %. Zum
anderen gibt es die nicht ganz auszuschließende
Möglichkeit, dass trotz großer Sorgfalt in Experiment
oder Theorie ein Fehler aufgetreten ist. Aber das
Ergebnis könnte auch ein Hinweis auf neue Physik sein,
d.h. bisher unbekannte Kräfte. Hier gibt es eine Reihe
von theoretischen Vorschlägen, wie z.B. ein unter dem
Namen Supersymmetrie bekanntes Modell. Sollte dieses
zutreffen, dann könnte man bei neuen, zu bauenden
Beschleunigern, wie etwa dem bei DESY in Hamburg
geplanten TESLA-Projekt mit einer reichen Vielfalt neuer
Phänomene rechnen. Das Attraktive an einer solchen
spekulativen Theorie ist, daß sie eine Vielzahl bislang
unverstandener Gegebenheiten in der Teilchenphysik
erklären könnte, über die das Standardmodell keine
Aussage machen kann. Es sollte nicht unerwähnt bleiben,
daß eine Vielzahl anderer Modelle ebenfalls existiert
und es eine Weile dauern sollte, bis man hier größere
Klarheit erlangt hat. Beim g-2 Experiment in Brookhaven
gehen die Wissenschaftler nun daran, weitere im Verlauf
des vergangenen Jahres gewonnene Daten zu analysieren. Da
der Prozess große Sorgfalt erfordert, muß bis zu einem
ganzen Jahr dafür angesetzt werden. Gleichzeitig hat das
Team dieser Tage eine weitere, drei Monate dauernde
Messserie begonnen. Es bleibt also spannend, welche der
drei grundsätzlichen Erklärungsmöglichkeiten sich als
richtig erweisen wird. Die Bekanntgabe des Ergebnisses
gestern hat erhebliches Interesse in den amerikanischen
Medien (New York Times, CNN, New Scientist) gefunden.
Gleichzeitig haben ranghohe Wissenschaftler wie Professor
Gerald Gabrielse von der Harvard University und der am
Massachusetts Institute of Technology arbeitende
Professor Frank Wilczek dieses Ergebnis als
außerordentlich aufregend bzw. ernst zu nehmenden
Hinweis auf mögliche Supersymmetrie charakterisiert. Am
Physikalischen Institut der Universität Heidelberg
beschäftigen sich Professor Klaus Jungmann und Professor
Gisbert zu Putlitz seit vielen Jahren mit hochgenauen
Experimenten an Myonen. Sie freuen sich, dass ihre
schwierige Präzisionsarbeit nun ein so stimulierendes
und ermutigendes Ergebnis erbracht hat. Das hier gebaute
Magnetfeldmeßsystem beruht auf Kernspinresonanztechnik
und wurde in Zusammenarbeit mit dem in diesem Feld
international ausgewiesenen Professor Ulrich Haeberlen
vom Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung mit
den Experten der Institutswerkstätten in den vergangenen
zehn Jahren entwickelt und gebaut. Rückfragen bitte an:
Prof. Klaus Jungmann und Prof. Gisbert Frhr. zu Putlitz,
Physikalisches Institut, Tel. 06221-54 9371, Fax 475733 jungmann@physi.uni-heidelberg.de Possible Violation of Standard Model Brookhaven National Laboratory Pressemeldung |