Ev.-Luth. St. Matthäus Gemeinde, Benton Harbor, Michigan, USA

1. Sonntag in Advent, 28. November 1999

Jesaja 63:16b,17,19c, 64:1-8

„Ach dass du den Himmel zerrissest und führest herab!"

von Pastor Timothy H. Bülow

Du, Herr, bist unser Vater; »Unser Erlöser«, das ist von alters her dein Name. 17 Warum läßt du uns, Herr, abirren von deinen Wegen und unser Herz verstocken, dass wir dich nicht fürchten? Kehr zurück um deiner Knechte willen, um der Stämme willen, die dein Erbe sind!

Ach dass du den Himmel zerrissest und führest herab, dass die Berge vor dir zerflössen, wie Feuer Reisig entzündet und wie Feuer Wasser sieden macht, dass dein Name kund würde unter deinen Feinden und die Völker vor dir zittern müßten, 2 wenn du Furchtbares tust, das wir nicht erwarten—und führest herab, dass die Berge vor dir zerflössen! — 3 und das man von alters her nicht vernommen hat. Kein Ohr hat gehört, kein Auge hat gesehen einen Gott außer dir, der so wohl tut denen, die auf ihn harren. 4 Du begegnetest denen, die Gerechtigkeit übten und auf deinen Wegen deiner gedachten. Siehe, du zürntest, als wir von alters her gegen dich sündigten und abtrünnig wurden. Sollen wir ewig darin bleiben, oder kann uns geholfen werden? 5 Aber nun sind wir alle wie die Unreinen, und alle unsre Gerechtigkeit ist wie ein beflecktes Kleid. Wir sind alle verwelkt wie die Blätter, und unsre Sünden tragen uns davon wie der Wind. 6 Niemand ruft deinen Namen an oder macht sich auf, dass er sich an dich halte; denn du hast dein Angesicht vor uns verborgen und läßt uns vergehen unter der Gewalt unsrer Schuld. 7 Aber nun, Herr, du bist doch unser Vater! Wir sind Ton, du bist unser Töpfer, und wir alle sind deiner Hände Werk. 8 Herr, zürne nicht so sehr und gedenke nicht ewig der Sünde! Sieh doch an, dass wir alle dein Volk sind!

Hast du je ein wirklich verzweifeltes Gebet gebetet? Das tat Jesaja. Das ist was unser Text ist—ein wirklich verzweifeltes Gebet, dass Gott in einer Welt einschreiten würde, die auf der eigenen Zerstörung hoffnungslos gebogen scheint. Auf vielen Weisen scheinen unsere Welt und unser Land geistlich nicht besser aus, als das frustrierendes, verzweifeltes Land, in dem Jesaja wohnte. Heute, als wir die Jahreszeit von Advent und ein neues Kirchenjahr anfangen, wollen wir, mit Jesaja beten: Ach dass du den Himmel zerrissest und führest herab!

1.          Warum Jesaja so verzweifelt gebeten hat

Israel war ein sündhaftes Ödland. In Jesajas Zeiten, waren die Leute von Juda in vollständigem und gründlichem Aufstand gegen Gott. Es schien, dass nichts das verändern könnte. Ihr Aufstand gegen Gott war so regulär, dass Gott schließlich sich entschieden hatte, „Wenn ihr euch immer verstocken wollt, dann so sei es. Ich werde übereinstimmen. Ich werde euch verstocken.“

Das ist genau was geschieht, wenn Leute immer sich gegen Gott verstocken. „Nur einmal werde ich sündigen,“ denkt man. „Dann werde ich Buße tun, und Gott wird mich zurücknehmen, wenn ich das wirklichen brauche.“ So geht es aber nicht. Absichtlich gegen Gott zu sündigen, führt zur Verstockung. Die sich verstocken, werden schließlich nicht fähig zu bereuen sein. Das ist was wir ein „gehärteten Sünder“ nennen. Das ist wirklich „mit Feuer zu spielen.” Es ist darum, dass Gott immer sagt: „Heute ist der Tag des Heils!

Israel hatte versucht, dieses Spiel mit Gott zu spielen. Nach kurzer Zeit, hatten sie sich ganz und gar gegen Gott sich verstockt. Immer wieder sündigten sie gegen ihn und kamen dann zurück zu ihm, mit nicht so herzlicher Reue. Bald genug versuchten sie sogar nicht, Reue zu fälschen. Nachdem sie so gegen ihn sich verstockt hatten, verstockte Gott selbst schließlich sie. Jesaja betet: Du begegnetest denen, die Gerechtigkeit übten und auf deinen Wegen deiner gedachten. Siehe, du zürntest, als wir von alters her gegen dich sündigten und abtrünnig wurden. Sollen wir ewig darin bleiben, oder kann uns geholfen werden? 5 Aber nun sind wir alle wie die Unreinen, und alle unsre Gerechtigkeit ist wie ein beflecktes Kleid. Wir sind alle verwelkt wie die Blätter, und unsre Sünden tragen uns davon wie der Wind.

Isaiah wußte, welche Trauer voraus lag. Israel würde nie sich bereuen. Gottes Geduld würde nicht ertragen. Die eindringenden Horden würden aus Babylon kommen, als Instrumente von Gottes Zorn und würden sie alle gefangennehmen: Männer, Frauen und Kinder--die Nation, die einmal Gottes Edelstein gewesen war!

Israel war verzaubert. Egal wieviel Jesaja Gottes Gesetz proklamierte, egal wie schön er ihnen das Evangelium predigte. Es veränderte nichts. Niemand hörte zu. Niemand bereute. Alles wurde nur immer schlechter. Darum betete Jesaja so verzweifelt: Ach dass du den Himmel zerrissest und führest herab.... Aber nun sind wir alle wie die Unreinen, und alle unsre Gerechtigkeit ist wie ein beflecktes Kleid. Wir sind alle verwelkt wie die Blätter, und unsre Sünden tragen uns davon wie der Wind.

Durch Gottes Gnade haben wir nicht Gott verlassen wie die Israeliten von Jesajas Zeit. Noch nicht, jedenfalls. Damit wir nie es tun, müssen wir uns erinnern: es gibt im Grunde keine Verschiedenheit zwischen uns und jene Israeliten. Von Natur ist jeder von uns Gottes Feind. Jeder von uns liebt immer den Irrweg, und will nicht Gottes Wege lernen. Es ist durch Gottes Gnade allein, dass wir glauben an unseren Retter und ihm folgen. Es ist ein Wunder, dass wir nicht verzaubert und verstockt worden sind, genau wie Gott einen kleinen Rest von Gläubigen auf wunderbare Art und Weise in Jesajas Tag bewahrt hatte.

Aber zusammen mit Glauben hat Gott uns die Last von Jesaja auch gegeben. Uns ist auch das Los im Leben gegeben, für eine Nation zu beten, die eifrig nach der eigenen Zerstörung sucht. Traurig, haben so viele ihre Herzen gegen Gottes wirkliche, wahre und treue Antwort verstockt. Sogar haben so viele Kirchen aufgehört, die Wahrheit von Gottes Gesetz und Evangelium zu predigen, und helfen nur, Leute in ihrer Sünde und Gleichgültigkeit zu verstocken. Wie Jesaja, haben wir selbst noch das lebendige Wasser, aber es ist heute ganz schwierig die anderen Pferde dazu zu führen. Und man kann sie nicht zu trinken dringen. In Verzweiflung schrie Jesaja aus im Gebet. In Frustration beten wir mit: Wie können unsere Nation und unsere Welt von ihrem Eintauchen in Zerstörung bewahrt werden? Ach dass du den Himmel zerrissest und führest herab, dass die Berge vor dir zerflössen.

Jesaja sah nie die Antwort seines Gebets, während seines Lebens. Dennoch, hörte Gott sein Gebet, und antwortete. Er antwortete das Gebet 700 Jahre nach Jesaja starb, und 2000 Jahre vor heute. Der Herr zerriß die Himmel und fuhr herab. Er machte seine Wohnung unter uns Menschen als “Immanuel—Gott mit uns.”

2. Was Jesaja betete in seinem verzweifelten Gebet

Auch unter den schlimmsten Umständen, gab Jesaja nie seine Hoffnung auf. Das sehen wir in dem, dass er immer noch zu Gott ging mit seiner Verzweiflung. Und wir können viel lernen über wie wir in diesen letzten Tagen beten sollen, von seinem Beispiel im Gebet.

Jesaja begann mit einem demütigen Sündenbekenntnis. Und, merke wohl, er meinte sich selbst auch: Aber nun sind wir alle wie die Unreinen, und alle unsre Gerechtigkeit ist wie ein beflecktes Kleid. Wir sind alle verwelkt wie die Blätter, und unsre Sünden tragen uns davon wie der Wind. Er bittet um eine Antwort, die er nicht selber finden kann. 4b Siehe, du zürntest, als wir von alters her gegen dich sündigten und abtrünnig wurden. Sollen wir ewig darin bleiben, oder kann uns geholfen werden?...6 Niemand ruft deinen Namen an oder macht sich auf, dass er sich an dich halte; denn du hast dein Angesicht vor uns verborgen und läßt uns vergehen unter der Gewalt unsrer Schuld.

Ob dein Zorn eigentlich uns zu sündigen verursacht, O Gott, weil wir durch unsere Sünden dich verursachten, böse zu werden, “Kann uns geholfen werden?” Das ist die Grundlage seiner verblüfften Frage. Aber er will nicht nur eine intellektuelle Antwort. Er will, dass sie gerettet werden. Er fleht für sich und seine Nation: Ach dass du den Himmel zerrissest und führest herab, dass die Berge vor dir zerflössen, wie Feuer Reisig entzündet und wie Feuer Wasser sieden macht, dass dein Name kund würde unter deinen Feinden und die Völker vor dir zittern müßten!

Tu etwas, O Herr! Verändere unsre Lage. Komm herab und öffne die tauben Ohren und Verstanden dieses Volks! Beweise den Heiden, dass du lebendig bist. Zeige der ganzen Welt, dass du allein der lebendige Gott bist.

Fühlst du manchmal wie Jesaja? Wir haben Grund dazu. Sondern wir haben auch Grund Jesajas Hoffnung zu teilen, dass der Herr hören wird und antworten. Wir haben denselben wunderbaren, liebevollen Gott, der noch um uns sich kümmert. Du, Herr, bist unser Vater; »Unser Erlöser«, das ist von alters her dein Name. 17b Kehr zurück um deiner Knechte willen, um der Stämme willen, die dein Erbe sind!

Wie sich ein Vater über Kinder erbarmt, so erbarmt sich der Herr über die, die ihn fürchten. (Ps 103:13) Gott, der Vater Jesajas und Israels, ist auch unser Vater. Er ist unser Schöpfer, der uns geschaffen hat, auf dass er uns lieben könnte und uns zu sich in den Himmel nehmen. Er hat uns nicht aufgegeben. Er nährt und pflegt uns. Er gibt uns Arbeit, und unsre Kräfte. Er schützt uns, und gibt uns alles das wir brauchen. Nicht nur hat er uns geschaffen, sondern er wurde unser Vater auf besonderer Weise, als wir getauft wurden.

Er ist auch der Vater unsrer Nation. Außer Barmherzigkeit ließ er diese Vereinigten Staaten gründen. Er schützte uns während Kriegszeiten. Er hat uns den heutigen Frieden gegeben. Und er interessiert sich an unsere Zukunft, nämlich dass wir noch frei bleiben das Wort zu predigen und hören. Wir können Hoffnung und Zuversicht haben, dass Gott unsere Gebete um diese Nation hören will.

Jesaja erinnerte sich besonders, dass sein himmlischer Vater auch sein Heiland war. In seinem verzweifelten Gebet, erinnerte er den Herrn, dass er verhießen hat seinen Sohn zu senden, Israel zu erlösen. „Herr, du bist der Erlöser. Du wiederholte deine Verheißung dem Abraham, Isaak, und Jakob, Mose und David. Du hast uns bewiesen, dass du willig bist uns zu erlösen durch deine frühere Wunder. Kein Ohr hat gehört, kein Auge hat gesehen einen Gott außer dir, der so wohl tut denen, die auf ihn harren.

Du hast uns von Ägypten gerettet. Du teiltest das Schilfmeer in zwei Teile, und führtest uns mitten durch das Meer auf dem Trockenen. Die Mauer von Jericho hast du fallen lassen. Du gabst uns den Sieg über alle unsre Feinde, als wir zu eigen nahmen das verhießene Land. Ach dass du (noch einmal) den Himmel zerrissest und führest herab, dass die Berge vor dir zerflössen!

Der Herr hörte Jesajas Gebet. Und er antwortete. Die Antwort kam nicht während Jesajas Lebenszeit, sondern wenn sie kam, kam sie mit wunderbarer, weltweiter Bedeutung. Die Antwort auf Jesajas Gebet wird noch von der ganzen Welt gefeiert, und gibt uns noch heute Hoffnung, wenn wir um Hilfe beten. Von dem verwüsteten Volk Juda, vom Land, das von den Babyloniern verwüstet wurde, da sie ablehnten, zu bereuen, kam die Antwort. Christus, geboren in der Stadt David im Lande Juda, kam, um die Welt zu erlösen. WEIHNACHTEN war Gottes Antwort zu Jesajas verzweifeltem Gebet. Gott mischte sich ehrfurchtgebietend in den Ereignissen menschlicher Geschichte ein, und nach einigen kurzen Wochen, wird die ganze Welt -- ob sie es erkennen oder nicht -- den zweitausendsten Jahrestag von Gottes wunderbarer Antwort zu Jesajas Gebet anerkennen.

Gott selbst zerriß die Himmel und fuhr herab, demütig, von einer Jungfrau geboren, um die Welt zu erlösen. Jetzt sitzt er ewig auf dem ewigen Thron seines Vaters, David, erhöht als Wunderrat, Gott-Held, Ewig Vater, Friedefürst. Er ist bereit unser jedes Gebet zu hören, und er bereitet sich noch ein letztes mal den Himmel zu zerrissen und herab zu fahren.

Er hat uns durch den Glauben an ihn geholfen. Durch das Evangelium hat er sich von uns und allen Gläubigen ein neues Volk bereitet, viel herrlicher als das alte Reich im alten Testament. Aber nun, Herr, du bist doch unser Vater! Wir sind Ton, du bist unser Töpfer, und wir alle sind deiner Hände Werk. Er hat von den zerbrochenen Scherben uns wieder geformt. Unser Ton hat er weich gemacht mit dem Evangelium. Er macht von uns ein neues Bild, das ihm gleich ist, und sein neues Volk wird nie vergehen, bis er noch einmal den Himmel zerreißt und kommt herab, uns nach ihm zu nehmen von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Laßt uns Jesajas Gebet immer wieder beten, nicht verzweifelt, sondern mit all der Hoffnung, die unser ist diesen Advent, und wissen, dass Gott schon einmal dieses Gebet geantwortet hat. Er hat schon seinen Sohn uns zu Weihnachten gesandt.

Er forme noch einmal von uns schöne Vasen, als wir während dieses neuen Kirchenjahres Christi Leben und stellvertretenden Dienst betrachten. Und durch das Evangelium, seien wir zu einem funkelnden Glanz poliert, bis wir mit Freude unsre Augen aufheben gen Himmel, und den Herrn sehen, als er sichtbar den Himmel zerreißt und fährt herab, um den neuen Himmel und die neue Erde zu schaffen, in denen Gerechtigkeit wohnt. Amen!

 

© 1999 Rev. Timothy H. Buelow