Ev.-Luth. St. Matthäus Gemeinde, Benton Harbor, Michigan, USA

17. Sonntag nach Pfingsten, 19. September 1999

1. Mose 50:15-21

"Vergib wie Josef"

von Pastor Timothy H. Bülow

 

Die Brüder Josefs aber fürchteten sich, als ihr Vater gestorben war, und sprachen: Josef könnte uns gram sein und uns alle Bosheit vergelten, die wir an ihm getan haben. 16 Darum ließen sie ihm sagen: Dein Vater befahl vor seinem Tode und sprach: 17 So sollt ihr zu Josef sagen: Vergib doch deinen Brüdern die Missetat und ihre Sünde, daß sie so übel an dir getan haben. Nun vergib doch diese Missetat uns, den Dienern des Gottes deines Vaters! Aber Josef weinte, als sie solches zu ihm sagten. 18 Und seine Brüder gingen hin und fielen vor ihm nieder und sprachen: Siehe, wir sind deine Knechte. 19 Josef aber sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Stehe ich denn an Gottes Statt? 20 Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen, um zu tun, was jetzt am Tage ist, nämlich am Leben zu erhalten ein großes Volk. 21 So fürchtet euch nun nicht; ich will euch und eure Kinder versorgen. Und er tröstete sie und redete freundlich mit ihnen.

Meine liebe Mitchristen,

Hast du mal jemand getroffen der sagt „Ich kann ihm nicht vergeben" oder „Ich will ihr nicht vergeben"? Ganz traurig ist es, wenn jemand so fühlt. Es ist aber viel mehr als traurig. Es ist wirklich ganz erschreckend. Warum? Ja, bitten wir nicht den Herrn in seinem Gebet, daß er uns vergebe, wie wir auch unseren Schuldigern vergeben? Jemand der ablehnt anderen zu vergeben, kann dasselbe von Gott erwarten—und das ist erschreckend, weil ohne Gottes Vergebung zu bleiben, bedeutet nur eine ewige Strafe in der Hölle zu erwarten. Gleichgültig wie schlecht jemand gegen uns gesündigt habe, und gleichgültig wie oft, müssen wir Christen bereit sein, ihm es zu vergeben wenn er es bereut. Dieser Obligation können wir nicht entgehen. Das Herz und Zentrum der Christenlehre ist die Vergebung—die Vergebung die Christus uns gegeben hat, und danach die Vergebung die wir dem Nächsten zeigen. Christi Vergebung gegen uns ermächtigt uns versöhnliche Leute zu sein. Wie deutlich das heutige Evangelium das aussprach. (Mt 18:21-35)

Was Jesus uns zu tun ermuntert, lernen wir von Josefs Beispiel in unsrem wunderbaren Text vom 1. Mosebuch. Heute wollen wir den Heiligen Geist bitten, daß er unsre christliche Fertigkeit verbessere und unsren Entschluß erneuere, wie Josef zu vergeben.

1. Nicht vergeben zu bleiben füllt uns im Herzen mit Angst

Wir wollen unsre Vergebung gegen andere besprechen, und das werden wir. Aber erstens wollen wir besprechen, was es uns bedeutet daß unsre Sünden uns vergeben sind. Vergebung ist die beste und größte Gabe jemand bekommen kann. Nicht vergeben zu sein oder zu fühlen ist eine der ängstlichsten Gedanken die unser Herz plagen kann. So war es für Josefs Brüder. Sie waren mit Angst und Furcht gefüllt, weil sie nicht so sicher waren, daß Josef ihnen vergeben hatte. In der Tat, hatten sie schreckliche Angst vor Josef, weil sie glaubten, daß er vielleicht seine fast grenzenlose Macht anwenden würde, sich an ihnen zu rächen, jetzt da ihr Vater gestorben war.

Zuerst, aber, laßt uns ein bißchen zurück gehen. Du erinnerst dich sicher wie Josef als Junge von seinem Vater so besonders behandelt wurde. Josef war der erstgeborene von Jakobs Lieblingsfrau, Rahel. Jakob verzog ihn, und die anderen Brüder wurden eifersüchtig. Gott selbst hatte Josef für etwas großes auserkoren. Er sandte Josef besondere Träume, die Josef seinen Brüdern erzählte. Das machte sie immer mehr eifersüchtig auf ihn, besonders weil Josef immer die Zentralgestalt in seinen Träumen war, und die Brüder mußten sich immer vor ihm beugen. Endlich, wenn sie es nicht mehr ausstehen konnten, wurden sie von ihrem Haß und Eifersucht getrieben, den eigenen Bruder in die Sklaverei zu verkaufen. Sie hätten ihn gerne töten haben, wenn die Karawane nicht gerade zur rechten Zeit vorbeikommen wäre.

Das ist viel zu vergeben, nicht wahr? Josef hatte seine Heimat, seine Familie und seine Freiheit verloren. Ein Paar Jahre war er auch im Gefängnis. Und das alles wegen der Eifersucht seiner Brüder. Nach vielen Jahren, als die Brüder zum Ägypten für Lebensmittel reisen mußten, machte Josef sich ihnen als ihr Bruder bekannt. Er weinte und umarmte sie und sagte ihnen, daß alles ihnen vergeben war. Aber es war schwierig für die Brüder das zu glauben. Doch waren sie selber während der vielen Jahren viel reifer geworden. Nicht länger waren sie die Rachsüchtigen jungen Männer sie gewesen waren. Jetzt verstanden sie welch eine schreckliche Tat sie gemacht hatten, und ihre Gewissen ließen ihnen keine Ruhe davon.

Als sie da in Ägypten siedelten, brachten sie mit sich ihren Vater Jakob. Aber Jakob war schon ein älterer Mann. Als er starb, wurden die Brüder wieder unruhig. Ihre gequetschte Gewissen gaben ihnen viele Angst. Noch waren sie von ihren früheren Taten überwältigt, und konnte kaum glauben, daß Jemand, soeben Joseph, ihnen vergeben konnte. Darum ließen sie ihm sagen: Dein Vater befahl vor seinem Tode und sprach: 17 So sollt ihr zu Josef sagen: Vergib doch deinen Brüdern die Missetat und ihre Sünde, daß sie so übel an dir getan haben. Nun vergib doch diese Missetat uns, den Dienern des Gottes deines Vaters!

Aber Josef weinte, als sie solches zu ihm sagten. Zuerst versteht man vielleicht nicht warum Josef weinte. Schließlich war ihre Bitte ganz vernünftig. Sondern es war nicht selbst die Bitte, die Josef weinen ließ. Es war die Tatsache, daß Josef schon ihnen vom Herzen gesagt hatte, daß alles ihnen vergeben war, und daß sie nicht ihn glauben konnten. Er hatte schon ihnen versprochen, daß er für sie sorgen würde, und während ihres Aufenthalts in Ägypten sie schützen. Was rührte und beunruhigte Josef so viel, war daß die Brüder ihn nicht voll trauen konnten. Er war traurig, daß nach so vielen Jahren, seine Familie noch nicht ganz geheilt und normal war. So ruinös ist die Sünde von unsren Leben.

Sondern Josef war Christ. Er vergab ihnen wirklich vom Herzen. Er konnte den ganzen Schmutz hinter sich setzen und sehe es als ein Teil von Gottes Plan. Warum? Wie? Was ermächtigte ihn so freigebig mit seiner Vergebung zu sein?

2. Vergeben sein füllt unsre Herzen mit Frieden

Es war die Tatsache, daß er verstand wie Gott ihn selbst behandelt hatte, Trotz allem. Auch Josef war jetzt viel älter und reifer, als er jenes Schicksalsjahr gewesen war, da er in die Sklaverei verkauft wurde. Als reifer Mann, konnte Josef zurück auf seine jüngeren Jahre blicken und anerkennen wie kränklich er gehandelt hatte. Er konnte verstehen wie es scheinen müßte, als ob er nur prahlte, wie er seine Träume erzählte, darin er immer das Zentrum war, der von all den anderen verehrt wurde. Sicher, mußte Josef jene Tage öfter im Sinne wieder gelebt haben, und gewünscht, daß er es anders gehandelt hätte. Aber er wußte daß Gott ihm all seine Sünden verziehen und vergeben hatte. Was für einen wunderbaren Friede es uns gibt, daß wir wissen können daß all die dummen Taten unsrer jugendlichen Vergangenheit um Jesu Willen uns vergeben sind. Wenn man versteht, wie großzügig Gott mit seiner Vergebung ist, wird es viel leichter für uns auch anderen großzügig zu vergeben.

Josef sah auch wie gut Gott während der Jahren für ihn gesorgt hatte. Doch wurde er als Sklave verkauft. Dennoch wurde er von einem der Machthaber Ägyptens gekauft. In Potifars Hause wurde er bald der Verwalter des ganzen Haushalts, als Gott alles segnete, das er rührte. Und auch wenn Potifars Frau ihn unrecht anklagte, wurde Josef in das königliche Gefängnis gestellt, da er bald der anvertraute Verwalter unter dem Aufseher wurde. Das alles durch Gottes Segen. Schließlich, segnete Gott ihn mit der Auslegung des Traums des Pharaos. Gott segnete ihn mit der Weisheit und Voraussicht, voraus vor der kommenden Dürre und Hungersnot zu planen. Und Gott segnete ihn mit dem Thron von Ägypten gleich nach dem Pharao. Wenn Josef sah wie überwältigend großzügig der Herr ihn gesegnet hatte, konnte er nichts anders als selber großzügig sein. Merke wohl, aber: Das konnte er nur, weil er Christ war. Viele Leute sind wichtig, mächtig oder reich geworden, nur Trottel und Tyrann zu werden. Zuerst und am wichtigsten, war Josef ein Gläubiger an den einen wahren Gott—unsern Gott.

Weil er gläubig war, konnte Josef noch etwas ganz klar sehen. Er konnte sehen, daß trotz wie alles eine Weile aussah, war Gott immer da hinter allem was geschah. Gott hatte sein Leben gesteuert und geführt, genau wohin er es wollte. Josef erinnerte seine Brüder daß er dies verstand. Er sagte: Fürchtet euch nicht! Stehe ich denn an Gottes Statt? 20 Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen, um zu tun, was jetzt am Tage ist, nämlich am Leben zu erhalten ein großes Volk. 21 So fürchtet euch nun nicht; ich will euch und eure Kinder versorgen. Und er tröstete sie und redete freundlich mit ihnen. Du weißt was für einen wunderbaren Trost es ist, wenn Gott uns im Brief Pauli an die Römer sagt: Wir wissen aber, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluß berufen sind. (8:28) Josef hatte aus erster Hand wie wahr das ist gelernt. Gott hatte die schlimmsten Umstände genommen, und davon einen wunderbaren Teil seines allwissenden Plans gemacht. Was für einen inneren Friede und Freude es muß Josef gegeben haben, als er zurück auf sein Leben und Gottes weise, leitende Hand sah. Es war genau das, was ihm es leicht machte, die gleiche großzügige Liebe den Brüdern zu zeigen, denen er schon lange her vergeben hatte. Du kannst wohl verstehen, warum er weinte. Er war nur so traurig, daß sie noch nicht die Schönheit und Liebe von Gottes Plan voll verstehen konnten.

Ja, es sind dieselben Gründe die hinter Josefs Liebe und Vergebung lagen, die auch uns ermächtigen, die Liebe und Vergebung zu zeigen. Siehst du auch die Hand Gottes hinter deinem Leben? Siehst du wie er dich hierher gebracht hat—nicht bloß zufällig, sondern mit einem bestimmten Ziel? Hast du schon mal mit dem eigenen Gewissen über dumme jugendliche Taten gerungen, die noch in den Gedanken umgehen? Und dann dich erinnertest daß Gott selbst jene Sachen von deiner Tafel weggewaschen hat und sie dir vergeben?

Ich habe Leute getroffen die nicht vergeben können oder wollen. Einige haben sich soeben Christen genannt—aber das waren sie nicht. Versteh mich nicht falsch. Es ist nicht immer leicht für einen Christen zu vergeben. Sondern es ist unmöglich für einen Christen nicht zu vergeben, weil Christen wissen was Christus für sie getan hat, besonders wie er für ihre Sünden das eigene Leben aufgegeben hat.

Lobe Gott, daß er uns unsre Schuldenbergen vergeben hat. Das ist das Herz und Zentrum der Botschaft der Bibel, der Botschaft des Christentums. Das bedeutet auch daß wir, die an Christus und seine Vergebung glauben, wie Josef zu vergeben streben—wie Jesus selbst uns vergeben hat. Das ist das Herz und Zentrum unseres Lebens als vergebene Christen. Laßt uns versichern, daß dies immer unser höchstes Ziel im Leben ist. Gott gebe es, um Jesu willen. Amen.