St. Matthäus Ev.-Luth. Kirche
+ Benton Harbor, MichiganDer 18. Sonntag nach Pfingsten, 26. September 1999
Jesaia 55:6-9
"Rufet den Herrn, solange er nahe ist!"
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus! Liebe Christen,
Wer Vater oder Mutter ist, kann sich Folgendes gut vorstellen: Dein Kind ist bekümmert über etwas, und du weißt nicht warum. Es sagt dir nichts, weil es sich schämt. Mit der Zeit sieht es aus, als ob du und dein Kind einander fremd werden. Was kannst du machen? Wahrscheinlich wirst du mit deinem Kind sprechen, um ihm zu helfen. Wahrscheinlich wirst du ihm sagen: Du mußt dich nicht schämen. Ich werde nicht böse auf dich sein. Sag mir was dich plagt, bevor es zu spät ist. Ich werde dir helfen. Wenn ihr euch eine solche Situation vorstellen könnt, dann vielleicht könnt ihr auch ein bißchen verstehen, um was es in unserm Texte geht Wir sind Kinder Gottes, aber unsere Sünden haben uns von Gott getrennt. Gott will nicht, daß wir verloren gehen, und deshalb ruft er uns zu. Er sagt uns, durch den Propheten Jesaia: Rufet den Herrn an, solange er nahe ist! Wir sollen ihn um Erbarmen und Vergebung anrufen, und ihn gemäß seiner Gedanken und Wege anrufen.
Höret jetzt das Wort des HERRN aus der Weissagung des Propheten Jesaia, Kapitel 55, Verse 6 bis 9. Wir lesen:
6 Suchet den HERRN, solange er zu finden ist; rufet ihn an, solange er nahe ist.
7 Der Gottlose lasse von seinem Wege und der Übeltäter von seinen Gedanken und bekehre sich zum HERRN, so wird er sich seiner erbarmen, und zu unserm Gott, denn bei ihm ist viel Vergebung.
8 Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR,
9 sondern so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.
Das ist das Wort des HERRN.
Der Prophet Jesaia lebte ungefähr zwischen 740 und 700 vor Christus, zu einer Zeit, da Viele in Juda den HERRN verlassen hatten, und anfingen, andere Götter anzubeten. Der Name Jesaia heißt: "der HERR ist Heil," und gerade das hat Jesaia auch gepredigt. Manche nennen ihn den Evangelist des Alten Testamentes, wegen allen seinen genauen Prophezeiungen vom Messias. Die Botschaft des Jesaias war zweifach: Zuerst hat Jesaia das kommende Gericht Gottes über Juda gepredigt, wegen ihrer Gottlosigkeit. Er hat aber auch die übrigbleibenden Gläubigen in Juda mit wunderbaren Verheißungen des kommenden Heilands getröstet. Gerade vor unserm Texte hat der HERR durch den Propheten alle Menschen zu sich selbst eingeladen. Er bietet Heil und Gnade kostenlos an. Er bietet dies allen Völkern an. Jetzt ruft er jeden Einzelnen auf, zu ihm zurück zukehren.
Suchet den HERRN, solange er zu finden ist. Stell dir mal vor: du gehst Abends spazieren und du siehst einen Mann, der dir mit einem Messer entgegen kommt. Du bist in Lebens Gefahr! Was machst du? Wahrscheinlich wirst du einen Polizisten suchen. Der HERR will, daß wir ihn genau so intensiv suchen, als wenn wir in Lebensgefahr wären und einen Polizisten suchen würden. Warum? Weil wir wegen unseren Sünden in ewiger Todesgefahr stehen.
Wir sollen den HERRN suchen solange er zu finden ist. Das wäre besser Übersetzt: solange er sich finden läßt. Die Polizei befindet sich meistens an einem Ort, wo sie leicht zu finden ist, wenn man in Gefahr steht. Gott ist auch leicht zu finden. Wir finden ihn in der Bibel und in den Sakramenten. Gott will, daß wir die Bibel so oft wie möglich lesen und die Sakramente so oft wie möglich benutzen! Nur dort können wir Ihn finden. Nur durch diese Mittel zieht Gott uns zu sich. Ja, wir müssen von Gott gezogen werden, weil es für uns unmöglich ist, sonst zu ihm zu kommen, wie Jesus sagt: Es kann niemand zu mir kommen, es sei denn, ihn ziehe der Vater, der mich gesandt hat, und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage
Der HERR sagt, daß wir ihn anrufen sollen, solange er nahe ist. Als ich in New York war, hat man mich gewarnt, nach Mitternacht ja nicht in den Zentral Park zu gehen. Warum? Weil alle Polizisten den Park zu dieser Zeit verlassen. Sie sind nicht mehr zu finden. Sie sind nicht mehr nahe. Gott warnt uns, daß wir auch nur eine bestimmte Zeit haben in der wir zu ihm kommen können. Diese bestimmte Zeit heißt unsere Gnadenzeit. Der Herr ruft uns jetzt zu, und will daß wir jetzt auf seine Stimme horchen und ihn anrufen. Wenn wir nicht hören und nicht gleich beichten und uns zu Gott kehren, konnte es sein, daß wir unsere Gnadenzeit verpassen. Vielleicht werden wir Morgen sterben. Vielleicht wird der HERR kommen. Vielleicht wird der HERR sein Wort von uns wegnehmen, auf daß wir keine Gelegenheit mehr haben, ihn zu finden. Das passierte schon viele. Wenn wir nicht jetzt auf Gott hören, werden wir das Volk sein, von dem gesagt ist: Geh hin zu diesem Volk und sprich: Mit den Ohren werdet ihr's hören und nicht verstehen; und mit den Augen werdet ihr's sehen und nicht erkennen. Denn das Herz dieses Volkes ist verstockt, und ihre Ohren hören schwer, und ihre Augen sind geschlossen, damit sie nicht etwa mit den Augen sehen und mit den Ohren hören und mit dem Herzen verstehen und sich bekehren, und ich ihnen helfe. In solch ein Gericht wollen wir ja nicht fallen, liebe Mitchristen!
Der HERR ruft einem Jeden jetzt zu. Es macht nichts aus, ob man Schwarz oder Weiß, Mann oder Frau, Jung oder Alt, Reich oder Arm, Freier oder Gefangener ist. Gott will daß wir alle zu ihm kehren. Jesaia sagt uns: Der Gottlose lasse von seinem Wege und der Übeltäter von seinen Gedanken und bekehre sich zum HERRN, so wird er sich seiner erbarmen, und zu unserm Gott, denn bei ihm ist viel Vergebung. Jeder von uns muß bekennen, daß er der Gottlose und Übeltäter ist, von dem in diesem Verse die Rede ist. Gottes Wort sagt uns: Denn es ist hier kein Unterschied: sie sind allzumal Sünder und mangeln des Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten, und, Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. Ja, wir sind alle ganz sündig, und haben nichts anders verdient, als eine Ewigkeit in der Hölle.
Aber Gott will daß wir zu ihm zurückkehren. Er will daß wir unsre Sünden bekennen. Johannes sagt: Wenn wir aber unsre Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, daß er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit. Der HERR will, daß wir unsre Sünden beichten und daß wir unser sündhaftes Leben verlassen. Die Beichte hat zwei Teile, wie Luther uns sagt, die Beichte begreift zwei Stücke in sich: eins, daß man die Sünde bekenne; das andere, daß man die Absolution oder Vergebung vom Beichtiger empfahe, als von Gott selbst, und ja nicht daran zweifle, sondern fest glaube, die Sünden seien dadurch vergeben vor Gott im Himmel. Gott hat uns so schön versprochen, daß er sich unser erbarmen wird. Das Wort erbarmen wäre besser übersetzt: er wird uns tiefe Liebe zeigen. Gott wird den Beichtenden tiefe Liebe und viel Vergebung erweisen. Die Liebe Gottes erreichte ihren Höhepunkt als Jesus, Gottes eingeborener Sohn, am Kreuze hing, und für die Sünden aller Menschen, die je gelebt haben und leben werden, leidete. Wegen dieser Liebe wollen wir also unser sündhaftes Leben verlassen, und uns zu ihm kehren: zu dem HERRN, unserm Gott. Seine Liebe, die uns gerettet hat, macht es uns möglich, des Evangeliums Christi würdig zu wandeln.
Gott ermahnt uns, unsere Sünden zu beichten, und unsere sündhaften Wege zu verlassen. Er bietet uns tiefe Liebe und endlose Vergebung an. Aber was ist unsere Anwort? Kommen wir zum HERRN? Suchen wir ihn, wie wir sollten, voller Demut und Vertrauen auf seine Verheißungen? Ja, natürlich am Sonntag bemühen wir uns, in die Kirche zu kommen, oder wenigstens ein bißchen über Gott nach zu denken. Aber wie ist es sonst? Wie ist es wenn wir während der Woche wieder in dieselbe Sünde hinein fallen, wie immer? Der Teufel versucht uns auf zweierlei Weise. Einerseits läßt er uns vielleicht denken: Ach, es ist nicht so schlimm. Ich habe doch niemanden umgebracht. Ich habe doch nichts gestohlen. Es war nur etwas kleines, nur ein bißchen Ärger. Er hat es verdient. Das kann mir Gott doch gönnen. Ja, so denken wir auf menschlicher Weise, aber solche Gedanken führen zum Ewigen Tod. Gott ruft uns jetzt zu. Wir sollen gleich zu ihm kommen und beichten. Auch die kleinste Sünde macht uns des Höllenfeuers schuldig.
Die andere Versuchung des Teufels ist, wenn er uns denken läßt: Mir kann meine Sünde nicht vergeben werden, wenigstens doch nicht gleich nachdem ich gesündigt habe. Wir denken: Ich habe doch gerade gesündigt, und es war wieder die selbe Sünde. Wie kann ich vor Gott treten? Er ist wahrscheinlich meiner Bitten um Vergebung satt. Nein, ich muß warten. Ich muß ihm zeigen, daß ich meine Sünde wirklich bereue. Ach, der arme Sünder der so denkt! Das ist wieder ein Versuch, die Gnade zu verdienen, und es wird ihm nicht gelingen. Gott ruft uns jetzt zu. Er verspricht viele, endlose Vergebung. Gleich nach der Sünde ist es Zeit zu beichten, und zu vertrauen, daß unsere Sünden alle, ganz und gar, total, absolut und gleich (oder vielleicht besser gesagt, schon!) vergeben sind!
Rufet den Herrn an, solange er nahe ist! Rufet ihn an um Erbarmen und Vergebung! Rufet ihn gemäß seiner Gedanken und Wege an.
Warum liebt Gott uns so sehr, daß er uns alles vergeben will? Was hat denn Gott bewegt, seinen Sohn auf dieser Erde für uns Leben, Leiden, und Sterben zu lassen? Unser Text sagt uns, daß seine Gedanken und Wege ihn dazu bewegten. Wir können die Gnade Gottes in diesem Leben nie verstehen. Warum? Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR, sondern so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken. Es fällt es uns schwer, die Gedanken und Wege anderer Kulturen zu verstehen. Wie viel weniger können wir in diesem Leben die Gedanken und Wege Gottes verstehen.
Aber was ist der Unterschied zwischen unseren Gedanken und Wegen, und Gottes Gedanken und Wegen? Um das zu verstehen, müssen wir zuerst unsere Gedanken und Wege verstehen. Gott sagt uns: Es gibt einen Weg, der dem Menschen richtig scheint; aber sein Ende ist der Weg zum Tod. Wir sehen aus Gottes Wort, daß unsere Wege nur zum Tode führen. Und unsere Gedanken? Gott sagt uns: Und Jehova sah, daß des Menschen Bosheit groß war auf Erden und alles Gebilde der Gedanken seines Herzens nur böse den ganzen Tag. Die Schrift lehrt uns, daß wir ganz und gar sündig sind. Unsere sündhaften Wege und Gedanken führen uns in das ewige Verderben und Tod. Deswegen rufen wir wie Paulus: Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von diesem todverfallenen Leibe?
Gott sei Dank, daß er nicht ist wie wir sind! Seine Wege und Gedanken sind voller Liebe und Vergebung. Seine Gedanken wollen, daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Der Weg Gottes ist Jesus. Johannes schrieb: Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich. Ja, die Gedanken und Wege Gottes sind Erbarmungsvoll . Sie sind so voller Liebe, daß sie Gott den Sohn bewegten, um unser Willen, zu leiden und zu sterben. So groß ist die Liebe Gottes, daß er unsere Verdammnis lit, auf daß wir Leben können. Der Apostel Paulus spricht von solcher Liebe, wenn er sagt: Denn Christus ist schon zu der Zeit, als wir noch schwach waren, für uns Gottlose gestorben. Nun stirbt kaum jemand um eines Gerechten willen; um des Guten willen wagt er vielleicht sein Leben. Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, daß Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.. Ja, solche Liebe können wir nie von uns selbst aus zeigen. Solche Liebe kommt nur von unserem gerechten, erbarmungsvollen Gott.
Wenn wir zu Gott kommen und ihn um Vergebung bitten, sollen wir es gemäß seiner Gedanken und Wege machen. Aber was heißt daß? Seine Gedanken und Wege sind doch unendlich höher als unsere. Was daß aber heißt, ist, daß wir Gott auf sein Wort vertrauen sollen. Wenn wir zu ihm kommen, sollen wir das Vertrauen zu ihm haben, daß er alle unsere Sünde vergibt, und daß er uns mit einer tiefen, unergründlichen Liebe liebt. Dann wird es geschehen, daß wir in seiner Kraft und durch seinen Geist, den er uns verspricht, auch solche Liebe und Vergebung andern erweisen werden. Wir werden gemäß seiner Wege und Gedanken leben, wie Gott uns dazu ermutigt: Erneuert euch aber im Geist eures Gemüts und ziehet den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist in rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit.
Ja, mit der Liebe und Vergebung, die Gott uns erweist, werden wir unserm Nachbar Vergeben wenn er gegen uns sündigt Wir werden alle, die wir hier in Benton Harbor treffen, zur Kirche einladen, und ihnen Christus(m) zeigen. Wir werden ihnen die Liebe und Vergebung Gottes zeigen, und ihnen sagen: Rufet den Herrn an, solange er nahe ist! Amen.