Wagnis


ohne Netz und Boden

betret ich diesen Pfad

wenn ich falle, fall ich tief

und ich lande hart


warum sollte ich es wagen

bin ich nicht schon wund genug ?

soll ich wieder mal verlieren

stimmt`s, aus Schaden wird man klug ?


trotzdem gehe ich voran

vielleicht irre ich mich nicht

hinter allem diesem Dunkel

winkt vielleicht einmal ein Licht


ohne Gurt und Karte

betrete ich die fremden Hallen

ich vertraue Dir

laß mich jetzt nicht fallen


Sonja



erlösung


die düstren illusionen werden lang

des innren sturmes leid bebt narbig wund

und sucht zu fliehen aus dem schicksalsschlund

indes der spott des jetzt heult hohngesang


ich weiß: die liebe ist des elends hort

beherbergt stur und starr bloß bitterkeit

eiskalt den narr vom hoffnungshalt befreit

so schickt sie dich in finsterkeiten fort


hier hält mich nichts, kein harren hütet sinn

möcht fallen fliegen fliehen nur noch weg

die seele frei von schmerz und dunklem fleck

verlangt verstandes stimme; nur wohin?


doch sieh! von licht gesäumt der traumesort

ein klarer raum; stummblau er gleißend hell

zieht zaubernd zart zu sich, und taumelnd schnell

zerr ich uns sachte weg vom hier ins dort


in meiner augen schein blüht glückes welt

betäubt vom worteskuß aus deinem mund

wie gut schmeckt jede honigsüße stund!

zu uns sich heil'ge ewigkeit gesellt


die nimmer trügt und still geduldig ruht

geschlagen nun in schwarze gesternsnacht

mein elend geht als janus gütig lacht

es stirbt bezwungen von der liebe flut


Giorgio



Der Fremde


Er geht an meiner Seite

Und sieht mich nicht an

-Vor der Mondsichel schwimmt sein Profil

Den Hauch seiner gleitenden Hände

Kann ich wohl spüren

Doch näher erlebe ich nicht

Seine Berührung.

Fremdes Lachen klingt an

Ist ewig, so scheint es

Zentrum im All.


Planeten und Sonnen dann

Kreisen so rasend

Bahnenweg birst

Als plötzlich Dein Blick

Neigend sich wendet

Sonne in mir

Doch - nur sein Schuhband

Hat sich gelöst.



Lisa



Wilde Früchte


Wilde Früchte

gereift im Wind der Küste

im herben Sonnenschein


Der Glanz der Wellen

in wasserblauen Augen

Hör die Möwen schrein


Zum Pflücken zu hoch

Zum Schauen zu schade

Streckst du die Hände aus


Kannst du sie greifen

Frohe Verheißung

Was machst du daraus ?


Ob eßbar, ob giftig

Du kannst es nicht sehen

Und noch viel weniger wissen


Weißt nicht, noch vor dem Pflücken

Hast du bereits

Längst abgebissen


Groß wuchs der Baum

Den du erstiegen

Spüre den Wind und schaue


Blonde Haare zaust der Wind

und die sonore Stimme spricht

„Falle nicht, vertraue !"


Sonja




Gern wüßt` ich, wohin dein Blick spaziert

Sich hangelnd entlang den

Dach-, Balkonballustraden

Wagt einen Sprung

Über Häuserschlucht gähnend

Zwinkernde Fensteraugen

Flüchtende Straßen.

Gern wüßt` ich, was dein Blick sucht

In blauendlicher Ferne

Sich stützend auf Linien

Enteigneter Horizonte

Fliegend trotz Fesseln

Der eigenen Führung

Im vergessenen Lidschlag.

Gern wüßt' ich, was dein Blick findet

In verlorenen Seen

Einer Augenblicksrnaskerade

Gesungene Schlachten

Irn Dunkel und Hell

Einer fragenden Antwort

Entkommen den eigenen Zielen.

Gern wüßt' ich, was dein Blick schenkt

Im grüßenden Schauen

Der dornfreien Rose

Enthoben dem grenzenden Frachttau

Und bergend die Leichen der Worte

Wie schleudernd entgegen

Ein Wegnetz dem Nirgends.

Gern wüßt' ich, wann dein Blick heimkehrt

Zum ruhenden Lichtpol

versenkt in mein Schattenspiel

Kälte entwaffnend

Kein Sinnbild mehr suchend

und im Tanzen des Atems

Die Ferne des Weltballs.



Lisa