Griff nach der Macht

herausgegeben von Ernst Wurdack

Taschenbuch
Demonwright Band 2
160 Seiten
6,95 Euro

ISSN 1612-0566

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Eine Anthologie mit Kurzgeschichten zum Fantasy-Rollenspiel Demonwright.

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Zum Inhalt:

20 Kurzgeschichten führen in die Welt des Demonwright-Universums.
Sie zeigen dem Leser auf spannende Art und Weise die Bewohner und Geschöpfe Pagans,
ihr Streben nach Macht, Ruhm und Ehre.

Die Geschichten handeln von Helden und Abenteuerern, von Intrigen und Verrat.
Aber sie erzählen auch vom Leben in den Dörfen und Städten -
dem Schlachtfeld der Helden des Alltags.
Dieses Buch soll Anregungen geben für eigene Geschichten,Abenteuer und
die Erschaffung interessanter Spielcharaktere, die anders sind als allgemein üblich.

Die Autoren:

Armin Rößler, Heidrun Jänchen, Sven Liewert, Tatjana Stöckler, Barbara Schinko,
Andrea Tillmanns, Birgit Erwin, Gunnar Ganz, Jakob Berghammer, Kai König,
Josef Santo, Ulrike Stegemann, Klaus Fittje, Micha Wischniewski, Judith Rau und Stefanie Bense


Griff nach der Macht
(Leseprobe)

Algon schleppte sich mühsam über das karge Feld. Jeder Schritt verursachte den kurzen, stechenden Schmerz, den er seit seiner frühen Kindheit kannte. Er ging leicht gebückt, den Kopf zu Boden gerichtet. Dass seine Augen mit jedem Jahr schwächer wurden, machte die Aufgabe nicht leichter, die ihm Vater gegeben hatte. Würde er nur schärfer sehen können, dann hätte er sich nicht derart anstrengen müssen, um die Chenam-Wurzeln in der Erde entdecken zu können. Aber er beschwerte sich nicht. Vater hatte Recht: Jeder musste etwas beitragen, damit die Familie leben konnte. Auch Algon. Selbst wenn es ihm schwer fiel.

Er entdeckte eine der Wurzeln. Nur ein winziges Ende lugte aus dem Erdreich. Beinahe hätte er es übersehen. Hatte er aber nicht. Also bückte er sich und ein weiterer scharfer Schmerz fuhr ihm in die Hüfte. Er kannte das und ließ sich davon nicht beirren. Seine halbsteifen Finger schlossen sich um das Ende der Chenam. Algon zog mit aller Kraft. Schweiß bedeckte seine Stirn. Die Wurzel rührte sich nicht. Er versuchte es stärker. Mit einem Ruck löste sich die Chenam, so lang wie sein Unterarm, aus dem Boden. Algon wurde davon überrascht. Er verlor das Gleichgewicht und purzelte rückwärts in den Dreck. Tausend Nadeln schienen gleichzeitig in seinen geplagten Körper zu stechen. Tränen schossen ihm in die Augen, als ihn der Schmerz beinahe überwältigte. Er blieb liegen, müde und erschöpft.

Die Stimme seines Vaters riss ihn aus der Lethargie. "Algon", hörte er. "Algon, komm her zu mir."

Er rappelte sich auf, nicht ohne die Chenam-Wurzel sorgfältig zu den anderen in den Weidenkorb zu legen. Viel zu wenige lagen darin, das wusste er. Vater würde böse sein.

Algon beeilte sich, so gut es ging. Weitere Rufe seines Vaters trieben ihn an. Doch er kam nur langsam voran. Der Sturz und die Anstrengung hatten ihn geschwächt. Die Schmerzen quälten ihn. Immer wieder musste er kurz anhalten.

"Bist du jetzt auch noch taub geworden?", empfing ihn sein Vater unfreundlich. "Verdammt, Junge. Ich verlange nur eins: Gehorsam. Wenigstens das."

Algon hätte nun zittern sollen. Vaters Zorn endete immer mit einer Bestrafung. Dann ging es ihm oft tagelang schlecht.

Doch der andere Mann, der bei seinem Vater stand, zog seine ganze Aufmerksamkeit auf sich. Ein kleiner Mann, der neben Vater beinahe wie ein Zwerg wirkte, ganz in Schwarz gekleidet. Nur seine Augen glänzten. Sie jagten Algon Angst ein. Sie erschreckten ihn. Er fürchtete sich vor dem Mann. Unwillkürlich wich er einen Schritt zurück.

"Er ist ein Idiot, ein Kretin und ein Krüppel", sagte sein Vater grob. "Ich habe es Euch gesagt."

"Das ist wunderbar", erklärte der schwarze Mann. Auch seine Stimme klang dunkel in Algons Ohren. "Er ist perfekt."

"Dann wollt Ihr ihn trotzdem?"

"Natürlich. Der Handel gilt."

Algon verstand nicht, worum es ging. Mutter stand in der Tür der ärmlichen Hütte und in ihren Augen schimmerten Tränen. "Mutter", flüsterte er.

Sie weinte jetzt und Algon merkte, dass auch er zu weinen begann. "Es ist gut", sagte sie. "Es ist das Beste für dich."

Dann nahm der schwarze Mann Algon mit sich.


Rezension
von Uwe Mundt

Griff nach der Macht ist mein erster Roman - oder besser Kurzgeschichtensammlung - zu Demonwright. Bei relativ jungen Verlagen und deren ersten Produkten gibt es ja meist zwei Möglichkeiten: entweder exzellent, weil sehr viel Sorgfalt investiert wurde, oder ein Fiasko. Ich bin froh, daß hier ein echtes Leckerli produziert wurde, das u.a. im Lektorat weitaus weniger enttäuscht als so manches Werk etablierter Verlage. Griff nach der Macht präsentiert 20 sehr unterschiedliche Geschichten von 18 Autoren (Armin Rößler, Heidrun Jänchen, Sven Liewert, Tatjana Stöckler, Barbara Schinko, Andrea Tillmanns, Birgit Erwin, Gunnar Ganz, Jakob Berghammer, Kai König, Josef Santo, Ulrike Stegemann, Klaus Fittje, Micha Wischniewski, Judith Rau und Stefanie Bense). Jede Geschichte nimmt im Schnitt weniger als 10 Seiten ein und eignet sich daher sehr gut für Bahnfahrten oder als Bett- oder Badewannenlektüre.

Die Inhalte der Geschichten und auch die Stile der Autoren könnten unterschiedlicher wohl nicht sein. Das ist zum einen recht erfrischend und hat zum anderen den Vorteil, daß sehr verschiedene Geschmäcker bedient werden. Die Themen varriieren von Unterschicht bis Hochadel und reichen vom puren Überlebenswillen bis hin zu Intrigen um den Königsthron.

Nicht immer steht dabei das Buchthema "Griff nach der Macht" im Mittelpunkt - aber die faszinierende Welt von Demonwright lernt man mit jeder Geschichte besser kennen.

Fazit: Insgesamt ein sehr kurzweiliger und empfehlenswerter Band.

Erschienen in Der Digest, mit freundlicher Genehmigung von U.we "Dogio" M.undt.


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Copyright © 2003 by Armin Rößler
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