Walfred Goreng

herausgegeben von Armin Rößler & Dieter Schmitt


Taschenbuch
Wurdack Verlag Science Fiction Band 2

190 Seiten

ISBN 3-938065-04-4
Wurdack Verlag
9,95 Euro



Erschienen im Oktober 2004


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Vierter Platz beim Deutschen Phantastik Preis 2005

Die Story Ein Alien kommt selten allein von Stefan Wogawa hat den fünften Platz beim
Deutschen Phantastik Preis 2005 (Kategorie "Kurzgeschichte") belegt.


Nach Deus Ex Machina, dem ersten Band der Science Fiction-Reihe des Wurdack Verlags, ist die zweite Sammlung von SF-Kurzgeschichten unter dem Titel Walfred Goreng erschienen.

Die Zukunft ist voller Fragen:

Wovor fürchtet sich der Programmierer Chris? Ist Njomwegs Krankheit, die nur Kinder befällt, wirklich unheilbar? Und was hat Ökonomie mit Raumfahrt zu tun?

Interkulturelle Probleme gibt es auch morgen:

Ein Computerfehler löst diplomatische Verwirrungen aus, ein Fluch hingegen schafft Frieden; und die Lärmempfindlichkeit wandelnder Kakteen führt zum Zusammenbruch des interplanetaren Handels.

... und mysteriöse Verbrechen ebenfalls:

Einem Starpianisten werden die Hände gestohlen, die Blautigerkatze Walfred ist unauffindbar, Polizisten aus Vergangenheit und Zukunft jagen einen Verbrecher und irgendjemand stiehlt Blut.

26 Autoren entführen den Leser in skurrile, sonderbare und beängstigende Zukunftswelten. Und wo ist der Ausgang? Natürlich am Ende des Buches.


Die Autoren und ihre Geschichten:

Markus Kastenholz - Walfred Goreng

Thorsten Küper - Njomwegs Krankheit

Heidrun Jänchen - Omega

Dieter Schmitt - Arbeitstag

Helmuth W. Mommers, Ernst Vlcek & Uschi Zietsch - All inclusive

Peter Hohmann - Tag des Glücks

V. Groß - Maschinelle Gelassenheit

Melanie Metzenthin - Vom Fluch des Fortschritts

Lutz Herrmann - Corona

Thomas Kohlschmidt - Mein Schicksal in deinen Händen

Petra Vennekohl - Vascul

Andreas Flögel - Der Besuch

Frank Hoese - Erstkontakt

Klaus Eylmann - Mamma

Barbara Schinko - Dies ist eine Warnung

Stefan Wogawa - Ein Alien kommt selten allein
(nominiert für den Deutschen Phantastik Preis 2005)

Dietmar Preuß - Der Kampf gegen die Baumfresser

Andrea Tillmanns - Träume

Uwe Hermann - Das Geheimnis der unentschlossenen Treppe

Birgit Erwin - Himmelfahrtskommando

Robert Kerber - Bibliothekar

Edgar Güttge - Dezibel

Veronika Fischer - Nachmittagsprogramm

Roland Triankowski - Ausgang


Ein Interview mit den Herausgebern zu Deus Ex Machina
und zur SF-Reihe ist bei Warp-online zu lesen.

Links zu Leseproben aus Walfred Goreng:

Robert Kerber - Bibliothekar

Uwe Hermann - Das Geheimnis der unentschlossenen Treppe

Andrea Tillmanns - Träume

Klaus Eylmann - Mamma

Andreas Flögel - Der Besuch

Dietmar Preuß - Der Kampf gegen die Baumfresser


Rezension von Tobias Schäfer

Anthologien deutscher (oder überhaupt) Science Fiction sind mittlerweile äußerst seltene Publikationen. Kurzgeschichten scheinen der heutigen Leserschaft immer weniger zu bedeuten. Im Wurdack-Verlag erschien Anfang 2004 die erste SF-Anthologie (Deus Ex Machina) des Verlags, der damit schwieriges Terrain betritt. Es ist ein erfreuliches Ereignis, dass mit Walfred Goreng bereits der zweite Band erschienen ist - Kurzgeschichtenanthologien dienen als wichtige Plattform für aufstrebende Autoren und bieten in unterhaltsamer Form einen Querschnitt durch die deutsche Science Fiction-Landschaft. Vielleicht spielte auch die von Andreas Eschbach jüngst herausgegebene Sammlung von Geschichten bekannter europäischer Schriftsteller eine unterstützende Rolle, um das Interesse an derartigen Publikationen zu erhöhen.

In Walfred Goreng finden sich 24 unterschiedliche Geschichten von 26 unterschiedlichen Autoren. Ansprechend gestaltet in einem Paperback, zu jeder Geschichte gibt es in einem hervorgehobenen Kasten eine kurze Vorstellung des jeweiligen Verfassers.

Ein Querschnitt:
"Walfred Goreng", die Titelstory von Markus Kastenholz, behandelt in amüsanter Art das Problem, das Fast-Food-Ketten in einer Zukunft haben, in der echtes Fleisch rar und eigentlich unbezahlbar ist. Leider ahnt der Leser spätestens ab dem Moment, in dem vom garantierten Echtfleisch-Anteil gesprochen wird, wohin die Geschichte führt. Trotzdem überrascht Kastenholz mit einem Epilog, in dem er die unausweichlich erwartete Lösung selbstironisch in Frage stellt, die Geschichte mit drei "bekannten" Regeln beendet und letztlich ein belustigtes Grinsen beim Leser hinterlässt.

Erfolg versprechend in Wettbewerben wie dem jährlich von Storyolympiade.de veranstalteten werden vor allem die humoristischen Geschichten genannt. Da ist es kein Wunder, dass viele Storys mit einer Prise Humor gewürzt werden (sollen). Glücklicher Weise lassen sich die Autoren von Walfred Goreng davon nicht beeindrucken; so gibt es ebenso viele ernsthafte, nicht minder gute Geschichten. Thorsten Küpers "Njomwegs Krankheit" wirft ein Licht auf die Irrwege der Wissenschaft, die viel zu oft rigoros und rücksichtslos für neue Erkenntnisse kämpft, selbst wenn Menschen, in diesem Fall sogar Kinder, als Versuchskaninchen herhalten müssen. Njomweg, dessen biochemische Experimente außer Kontrolle geraten, ist für die Ausbeutung der Kinder durch die Wissenschaft verantwortlich. Seine tragische Rolle in diesem Spiel führt uns vor Augen, dass es vielleicht auch den Menschen im Forscher gibt, der seine Fehler gegen alle Widerstände berichtigen will. Küper sieht aber in der Machtgier und Skrupellosigkeit die Eigenschaften unserer Gesellschaft, gegen die der Einzelne trotz aller Anstrengungen machtlos ist. Es entsteht etwas von dem Gefühl, das einen nach der Lektüre von Orwells "1984" beschleicht: Die Resignation bei der Erkenntnis, dass man manipuliert wurde; das Eingeständnis der eigenen Schwäche; Unverständnis gegenüber den Machthabern, ungläubig das Gefühl, damit einen Blick hinter die Kulissen unserer Gesellschaft zu werfen.

Heidrun Jänchen, die mit ihrem Gemeinschaftsprojekt "Der eiserne Thron" (mit Andrea Tillmanns, Christian Savoy; erschienen im Wurdack-Verlag) zum diesjährigen Deutschen Phantastik Preis in der Kategorie "Bestes Romandebut - national" nominiert war und den dritten Platz belegte, erzählt eine spannende Geschichte um den Krieg zwischen Menschen und Cetis. Sie zeichnet mit wenigen Worten eine Gesellschaft und eine Welt von solcher Komplexität, dass man ein eindrucksvolles, schlüssiges Bild vor Augen hat. Dabei lässt das Format der Kurzgeschichte nicht zu, in der Fülle der Ideen einzelne Details tiefer zu beleuchten. Man hat die Ahnung, dass es bei dem Krieg um Rohstoffe geht und dass die Bewohner von Tau Ceti, die Cetis, eigentlich keine Gegner sind. Hier kann man sich ohne Probleme vorstellen, dass die Idee ausreichend Stoff für weitere Erzählungen liefern kann. Beachtung sollte hier das durchaus ungewöhnliche Ende finden, als der "Held" der Geschichte die Wahrheit erkennt und seine Entscheidung trifft…

Einer der Herausgeber, Dieter Schmitt, widmet sich den Problemen des Arbeitsmarktes, indem er die Ausnutzung und Überwachung durch große Firmen auf die Spitze treibt. Existenzangst mit fünfunddreißig? Trotz implantierten G-Gens (steht hier G für "Genius" oder so?), das einen leistungsfähiger macht. Diese Geschichte bildet mit einigen anderen aus der Sammlung sozusagen die Basis - sie ist gut erzählt und sicher geschrieben, kann aber nicht vom Hocker reißen.

"All inclusive" - so wirbt auch die Reisegesellschaft der Zukunft, die von Helmuth W. Mommers, Ernst Vlcek und Uschi Zietsch heraufbeschworen wird. Mit diesen drei Autoren aus dem Profilager wird die Anthologie zu einem Aushängeschild für ihren Anspruch. Die Geschichte selbst erhebt sich nicht über das Mittelmaß der Sammlung - eine in drei Ebenen gespaltene Handlung für eine Kurzgeschichte muss ein gewagtes Experiment sein, doch so sieht man deutlich, wessen Handschrift die einzelnen Abschnitte tragen. Recht amüsante Episoden, die in ihren Unterschieden schwer zusammenpassen und leider schnell das Finish erahnen lassen. Teilweise spürt man hier die Routine der Profis etwas deutlich.

Peter Hohmanns "Tag des Glücks" wartet mit einem spannenden Konflikt auf, der sich zwischen der Protagonistin und der Realität auftut. Die sprunghaften Veränderungen ihrer Umwelt verwirren anfangs, werden aber zu einem konsequenten und Betroffenheit verursachenden Ende geführt.

Die "Maschinelle Gelassenheit" ist eine Überwachungseinheit, die bei Prozessorüberbelastung einschreitet und im Notfall zum Neustart des Systems oder sogar zur Neuprogrammierung befähigt ist. V. Groß skizziert eine abstrakt unmenschliche Zukunft nach großen Vorbildern wie Asimov oder Philip K. Dick, dem er die Geschichte sogar widmet. Es ist eine tragische Entwicklung eines zu wohlwollenden beschützenden Rechnersystems in der Nachbarschaft des Menschen, deren Aufhängepunkt wie nebensächlich eingeführt und erst am Ende mit der großen Erschütterung offenbart wird.

Melanie Metzenthin wählt einen unzufriedenen Bürger des Mondes der Zukunft als Protagonist, der in einer amüsanten Wahlrede die Missstände seiner Zeit anprangert und sich zurücksehnt in die "gute alte Zeit", in der wir unsere Gegenwart erkennen. Aber auch in den Problemen, die er zum Beispiel mit seinen Vermietern hat (die einfach Neuerungen in der Wohnung installieren und den Mieter dann zahlen lassen), sehen wir schmunzelnd Parallelen zu den manchmal nervigen Angelegenheiten unseres Alltags.

"Corona" von Lutz Herrmann ist ein gut erzählter, aber leider sehr vorhersehbarer Zukunftsthriller, in dem dramatische Möglichkeiten der Massenmanipulation dargestellt werden. Kann man nur hoffen, dass die Entwicklung andere Wege findet.

Thomas Kohlschmidt liefert einen seichten Krimi, in dem es um gestohlene Hände geht. An sich hört sich die Idee interessant an. Leider offenbart sich ein unspektakuläres Ende um Mitleid und die Übervorteilung durch Korruption.

"Vascul" von Petra Vennekohl bietet eine faszinierende Spielwiese für die Fantasie - unerforschte Gebiete im Innern eines Vulkans, unerklärliche Fähigkeiten an der Vulkanflanke, eine Biologin, die sich ihr Mikroskop selbst baut… Nach der Not- und Bruchlandung des Kolonistenschiffes brach der Kontakt zur Erde ab, bis die Zwangskolonisten eine hoffentlich profitable Entdeckung machten. Doch können sie die überlegenen Geräte der Prüfungskommission täuschen und die dringend benötigte Unterstützung erhalten?

Edgar Güttge schließlich zeigt dem erleichterten Leser mit "Dezibel", dass die Bürokratie auch vor der Zukunft und vor Alienvölkern wie beweglichen Kakteen nicht Halt macht. In höchst amüsierter Weise begleiten wir einen Zustelldienst, der weder Landen noch sonst wie aktiv werden darf, um die Lautstärkevorschriften nicht zu brechen. Dabei gerät die Besatzung in eine Lage, die nur durch den von ihnen transportierten Hubschrauber (irriger Weise ist sein Lärm erlaubt) behoben werden könnte, dessen Abladen allerdings den Vorschriften widerspricht. Der deutsche Vorschriftsdschungel gelungen auf die Schippe genommen!

Zum Schluss:
Die Anthologie sprüht vor unterschiedlichen Ideen, die oft sehr gekonnt umgesetzt wurden. Einsame Spitze bleibt Küpers "Njomwegs Krankheit". Wenige Geschichten haben mich nicht berührt, insgesamt ist "Walfred Goreng" eine sehr unterhaltsame Mischung, die jedem interessierten Leser ans Herz gelegt werden soll. Man kann nur hoffen, dass diese Qualität in den Folgesammlungen beibehalten werden kann.

Mit freundlicher Genehmigung von Tobias Schäfer,
erschienen auf www.buchwurm.info.


Rezension von Armin Möhle

Während der Vorgängerband noch unter dem Label der STORYOLYMPIADE erschien, wurde WALFRED GORENG in der SF-Reihe des Wurdack Verlags gedruckt und vertrieben. Gemeinsam ist beiden Büchern, daß ein Storytitel zum Titel der kompletten Anthologie wurde und die inhaltliche Vielfalt, auch wenn sich unter den 24 Kurzgeschichten in WALFRED GORENG gewisse thematische Schwerpunkte herausgebildet haben.

Selten sind die Verbindungen, die die SF mit Handlungselementen des Krimis eingeht. Der vorliegende Band bietet immerhin drei Symbiosen dieser Art an. Mit einer mysteriösen Mordserie konfrontiert Heidrun Jänchen in "Omega" ihren Ermittler, in der die Hinterlassenschaften eines intergalaktischen Krieges eine nicht unerhebliche Rolle spielen und darüber hinaus die Fragen aufwerfen, ob tatsächlich die Menschen den Krieg gewonnen haben... Weniger gewichtig, aber nicht weniger gekonnt ist "Mein Schicksal in deinen Händen" von Thomas Kohlschmidt. In diesem Fall werden die bionischen Hände eines Pianisten gestohlen, aufgrund eines sehr menschlichen Motivs. Vielschichtig ist "Das Geheimnis der unentschlossenen Treppe" von Uwe Hermann. Er verbindet phantastische Elemente wie Parallelwelten und Zeitreisen mit einem bekannten historischen Kriminalfall. Die Geschichte ist in London angesiedelt, selbstverständlich genau zu der Zeit, in der Jack the Ripper seine Morde begeht.

Für die SF sind dagegen dystopische Kurzgeschichten keineswegs ungewöhnlich, so daß es nicht verwundern kann, daß diese Strömung auch in ihren Weg in WALFRED GORENG gefunden hat. Dabei geht es nicht immer um die klassischen Dystopien wie Kriege, Totalitarismus, Umweltzerstörung. Nur Barbara Schinko bleibt mit "Dies ist eine Warnung" innerhalb dieses Rahmens, indem sie Schatzsucher eine Ausgrabung auf der zerstörten Erde durchführen läßt. Dieter Schmidt wirft dagegen in "Arbeitstag" einen Blick in die Zukunft der Arbeitnehmer, die nicht mehr besonders fern erscheint: Sie werden vereinnahmt, zu Konkurrenzdenken aufgestachelt und mit Mitte dreißig ist ihre Karriere bereits zu Ende. Der "Bibliothekar" von Robert Kerber ist ein genmanipuliertes Kind, das mit unendlichen Wissensmengen geführt wird. FAHRENHEIT 451 einmal anders...

"Njomwegs Krankheit" von Thorsten Küper ist ein Virus, der Kinder befällt und ebenfalls zu ihrer mentalen Ausbeutung führt. Die Story ist nicht nur eine Dystopie, sondern auch eine Story, in der der Protagonist erfahren muß, daß der Schein trügt. Genauso wie in der Story "Tag des Glücks" von Peter Hohmann, der mit einer holografischen Welt, die eine zerstörte Erde vergessen machen soll, relativ konventionell bleibt; und in "Corona" von Lutz Herrmann, in der den Menschen am Ende ihres langen Arbeitslebens die Aussicht einer Reise auf einen paradiesischen Planeten vorgegaukelt wird.

Einen gewissen Ausgleich zu dieser schweren Lesekost bieten die humoristischen Kurzgeschichten. In "Erstkontakt" von Frank Hoese wird ein Frachtercaptain zu einem Quarantäneplaneten geschickt, um dort nach dem Rechten zu sehen. In der zweiten Hälfte wird die Story zu einer Satire auf eine bekannte SF-Fernsehserie... Stefan Wogawa läßt in "Ein Alien kommt selten allein" seinen Protagonisten durch die Fallstricke intergalaktischer Diplomatie stolpern. In "Dezibel" von Edgar Gütte hat die Besatzung eines Frachters Probleme mit dem Lärmschutzbestimmungen ihres Zielplaneten, die eine konventionelle Landung unmöglich machen.

Es wäre vergeblich, nach Mängeln im Stil, im Aufbau und im Ablauf der Kurzgeschichten suchen zu wollen. Lediglich zwei Kurzgeschichten enttäuschen etwas: Der Monolog in "Träume" von Andrea Tillmanns und der zu kryptische "Ausgang" von Roland Triankowski. "All inclusive" von Helmuth W. Mommers, Ernst Vlcek und Uschi Zietsch ist zwar eine routiniert geschriebene Story über einen Urlaub der Zukunft, jedoch drängt sich die Frage auf, ob etablierten Autoren wie Ernst Vlcek und Uschi Zietsch Veröffentlichungsmöglichkeiten in Kleinverlagen geboten werden müssen.

WALFRED GORENG vermag nahtlos an seinen Vorgängerband DEUS EX MACHINA anzuschließen, ist also genauso lesenswert. Mir bleibt nur, meine Empfehlung für Leser (und auch für potentielle Autoren) zu wiederholen.

Mit freundlicher Genehmigung von Armin Möhle,
erschienen im Fanzine-Kurier 121


Rezension von Andreas Nordiek

Nach "Deus Ex Machina" ist "Walfred Goreng" die zweite SF-Kurzgeschichtensammlung des Wurdack Verlags und beinhaltet 24 SF-Kurzgeschichten von insgesamt 26 Autoren, wobei die überwiegende Zahl der Autoren reine "Hobby-Schriftsteller" sind. Immerhin wartet "Walfred Goreng" mit einer schriftstellerischen Zusammenarbeit von Helmuth W. Mommers, Ernst Vlcek und Uschi Zeitsch auf, von denen letztere als Vollprofis schreiben.

Die Anfang diesen Jahres erschienene Sammlung "Deus Ex Machina" fand in der SF-Szene sehr viel Lob und auch der vorliegende Kurzgeschichtenband kann die thematische Vielfalt und die schriftstellerische Reife seines Vorgängers locker erreichen.

Thematische Vorgaben, wie sie oft bei entsprechenden Kurzgeschichtenzusammenstellungen zu finden sind, wurden den Autoren nicht gemacht. So konnten sie ihre eigenen Ideen ohne jegliche Zwänge seitens der Herausgeber umsetzen und herausgekommen ist ein bunter Blumenstrauß mit SF-Kurzgeschichten der unterschiedlichsten Sub-Themen dieses Genres. Jede einzelne dieser 24 Kurzgeschichten besprechen zu wollen, würde den Rahmen dieser Rezension völlig sprengen und so möchte ich nur auf einige näher eingehen. Wobei gerade bei Kurzgeschichten die subjektiven Vorlieben des jeweiligen Rezensenten eine größere Rolle spielen wie bei Romanen, da der Autor gleich vom ersten Absatz an den Leser für sich vereinnehmen muss. Raum, um seine Ideen ausführlich entwickeln zu können, steht ihm häufig nicht zur Verfügung. So finden sich natürlich auch in dieser Kurzgeschichtensammlung einige Pointenstories wieder, die zwar gut verfaßt sind, aber keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Vieles hat man als langjähriger SF-Leser schon besser dargebracht anderweitig gelesen.

Die Titelstory von Markus Kastenholz fällt für mich in diese Kategorie. Angereichert mit einem kräftigen Schuß Humor versetzt er uns in eine ferne Welt, in denen exotische, d.h. außerirdische Haustiere, des Menschen bester Freund sind. Walfred ist eines dieser Tiere und seinem Frauchen ausgebüxt. Tortz intensiver Suche ist er nicht wieder auffindbar. Als Trostpflaster wird sein Frauchen zum Essen in einem Schnellimbiß eingeladen, dessen Speisen tatsächlich noch Spuren echten Fleisches aufweisen. Ein Blick auf dem Titel des Buches verdeutlicht woher der chinesische Schnellimbiß sein Fleisch bezieht.

Etwas umfangreicher ist "Njomwegs Krankheit" verfaßt von Thorsten Küper, dessen Kurzgeschichten auch in NOVA oder VISIONEN 2004 zu finden sind. Wir begleiten Pierre in den Untergrund auf der Suche nach Kindern, die aufgrund einer "Krankheit" in ein Koma gefallen sind, aus dem sie nichts mehr herausholen kann. Pierre, bei dem es sich um den Biochemiker handelt, der mit verantwortlich für den Zustand der Kinder ist, hat eine Möglichkeit gefunden diese zurückzuholen. Dies ist aber gar nicht im Interesse der herrschenden Klasse, denn die Kinder scheinen sinnbildlich eine kosmische Bibliothek angezapft zu haben und liefern auf konkrete Problemstellungen konkrete Lösungen. Wissenschaftliche Forschung von Jahrzehnten kann so innerhalb einiger Wochen erledigt werden. Die Rechte des Individuums stehen weit hinter politischen und wirtschaftlichen Interessen zurück. Dies muß auch der Biotechniker erkennen, der sein Wissen nun nicht mehr zur Rettung der Kinder einsetzen darf.

Dieter Schmitts Story "Arbeitstag" spielt in einer Welt, in der alles auf die Firma zugeschnitten ist. Die Firma sorgt für angemessenen Wohnraum, Unterhaltung o.ä. und bietet ihren tüchtigen Angestellten Schutz vor der Welt außerhalb der Firmentore, die angefüllt ist mit gewaltbereiten Jugendlichen. Chris ist Bestandteil dieser Welt, steht aber in der Story kurz vor einem Zusammenbruch, als er erkennt, wofür er eigentlich lebt und schuftet. Alles kreist um seinen Arbeitsalltag, um seine Einsatzfähigkeit für den Betrieb. Die Story beinhaltet eine große Portion Sozialkritik, denn solche Firmen sind mir zumindest aus Japan her bekannt, wo sich selbst die gesamte Freizeit innerhalb der Kollegen abspielt. Ob dies immer so erstrebenswert ist?

Humorvoller geht es da schon bei Thomas Kohlschmit in "Mein Schicksal in deinen Händen" zu. Die robotischen Hände eines Ausnahmepianisten verschwinden aus seinem Hotelzimmer und die beiden Ermittlungsbeamte Kommissar Deinert und Jurno Arden müssen sie kurz vor einem wichtigen Konzert wiederbeschaffen. Dabei wird deutlich, dass die Hände weitaus mehr sind, als nur Ersatzglieder, sondern die eigentlichen Gründe für die spielerische Klasse des Maestro. Der Autor präsentiert hier seinen Lesern eine denkbare technische Entwicklung verpackt in einer humorvoll angehauchten Handlung.

Wie schnell man als unbedarfter Mensch bei einem hohen diplomatischen Treffen Aliens beleidigen, verletzten, töten oder sonstige Grenzen überschreiten kann, zeigt Stefan Wogawa in "Ein Alien kommt selten allein". Der Titelheld tritt von einem Fettnapf in den nächsten, wobei seine unbedarften Handlungen für große diplomatische Verstimmungen sorgen. Wer diese Story gelesen hat, braucht sich vor seinem nächsten öffentlichen Auftritt nicht mehr fürchten, denn schlimmer wie hier kann es gar nicht mehr kommen.

Eine weitere, lesenswerte Kurzgeschichte dieser Sammlung stammt von Uwe Hermann und trägt den Titel "Das Geheimnis der unentschlossenen Treppe". Die Handlung ist einmal nicht in der Gegenwart oder in der Zukunft angesiedelt, sondern in der Vergangenheit, zur Zeit der Morde, begangen von Jack the Ripper. Uwe Hermann präsentiert hier seine ganz eigene Auflösung des geheimnisvollen Jack the Ripper, in der Zeitreisen eine gewichtige Rolle spielen.

Hier möchte ich es mit weiteren Besprechungen bewenden lassen. Wie gesagt, die Sammlung verfügt über ein vergleichbares Niveau wie ihr Vorgänger und bietet auf überdurchschnittlichem Niveau einen Überblick über die hiesige SF-Szene jenseits der Profis. Veröffentlichungsmöglichkeiten wie sie der Wurdack Verlag mit seinen Kurzgeschichtensammlungen nun hiesigen Autoren bietet, fehlten in den letzten Jahren. Umso stärker sollten diese dann unterstützt werden.

Mit freundlicher Genehmigung von Andreas Nordiek,
erschienen in Intravenös 146, dem Fanzine des Atlan-Clubs Deutschland


Lesermeinung auf amazon.de

Sehr hohes Niveau!

Auch mit dem zweiten Band seiner SF-Anthologiereihe gelingt es dem Wurdack-Verlag problemlos, das hohe Niveau des ersten Bandes aufrecht zu erhalten. Die Science Fiction ist also nicht tot, sondern führt, wie die insgesamt 24 Beiträge in dieser Anthologie eindrucksvoll bestätigen, gar ein recht munteres und agiles Dasein. Mal ernst, mal skurril, immer aber fantasievoll und überraschend begibt man sich von Story zu Story auf eine abenteuerliche Reise durch beinahe alle Facetten des Genres.

Den Herausgebern (Armin Rössler und Dieter Schmitt) ist es dabei wieder einmal gelungen, neben einigen bereits bekannteren Autoren (u.a. H.W. Mommers) auch bis dahin unbekanntere Autoren zu entdecken, die aber in ihren Erzählungen allesamt eine beeindruckende Eigenständigkeit demonstrieren und deshalb ausnahmslos zu Recht die Möglichkeit der Veröffentlichung ihrer Geschichten erhalten haben (u.a. F. Hoese, V. Groß, E. Güttge). Eine Anthologie, die man jedem empfehlen kann, der das Phantastische schätzt oder einfach nur einmal ein paar Stunden aufs Beste unterhalten werden will.

Ein Buch, das sein Geld wert ist und Spaß macht, nicht mehr und nicht weniger. Unbedingte Kaufempfehlung!

Rezensentin/Rezensent aus Bremen auf www.amazon.de


Rezension von Marlies Eifert

Es ist bei jeder SF-Lektüre immer interessant zu erfahren, was alles in der Zukunft erfunden wird. Diese sympathischen Roboter, die unseren Nachfahren freundlicherweise die Hausarbeit abnehmen, kennt man schon, auch die Tentakel-Wesen. Sie kommen natürlich auch in der Anthologie Walfred Goreng vor. Aber die denkenden Maschinen sind mir so noch nicht begegnet. Man steht unter der Dusche. Plötzlich gibt es kein Wasser mehr, auch die Waschmaschine weigert sich zu waschen, wenn man (frau) nur ein Wäschestück einlegt. Umweltschonung!

Ernter gibt es und Gleiter. Gleiter - man denke an die altmodischen Hubschrauber, die mit viel Getöse herumsurrten. Gleiter! Dieses Transportmittel gleitet ruhig durch die Lüfte und setzt die Passagiere sanft in gewünschte Gegenden ab. Nun denke man sich einen Gleiter, der den Rezensenten nacheinander in 24 ‚Welten‘ absetzt. 24 unterschiedliche Universen? Ja und nein, denn bekannte Vorstellungen begegnen uns, lassen nicht vergessen, dass sich Probleme, die uns in dieser unserer Welt bedrängen, auch in der Zukunft oft in gesteigerter Form breitmachen. Die anonyme Verwaltung zum Beispiel, computergesteuerte (Fehl)entscheidungen, Umweltverseuchung.

Bereits Orwell und Huxley haben uns gezeigt, dass es ein Innen und Außen gibt. Eine verwaltete Sphäre mit klarer Gliederung des Tageslaufs und des Lebens überhaupt und eine unübersichtliche bedrohte, bedrohliche Welt außerhalb einer gedachten Abgrenzung. Anpassung und die Sehnsucht nach dem Anderen, dem Draußen liegen nebeneinander. Dieses Denkmodell wird immer wieder, so auch hier, variiert. Es bietet u. a. die Möglichkeit, die Jasager zu karikieren, zu hinterfragen.

„...und als die Jas der Anderen sich in Resonanz verstärkten, krähte er ein mattes Echo hinterher.“
Dieses ‚Ja‘ des Protagonisten Chris aus einer der Geschichten ist eher ein ‚Nein‘, ein Anfang, der aus der Erstarrung einer Gesellschaft herausführen kann, um neue Wege zu finden.

Variatio delectat. Man freut sich als Leser an den Motivabwandlungen und Neuzusammensetzungen. Sie ermöglichen eine jeweils eigene, individuelle Sichtweise der Autoren.

Spannend, unterhaltend, hintergründig.

mit freundlicher Genehmigung von Marlies Eifert,
erschienen beim Buchrezicenter


Rezension auf Amazon.de

Gibt es in Deutschland Science Fiction, die nicht in irgendwelchen Serienuniversen spielt? JA! Dem Verlag ist es gelungen, eine Sammlung origineller, engagierter Geschichten über mögliche Zukünfte zusammenzustellen. Das erstaunliche Spektrum reicht von satirisch-albern bis bitterböse, nur "langweilig" kommt nicht vor. Es ist erstaunlich, was aus dem Genre noch herauszuholen ist. Vielen Geschichten merkt man die Verbindung zur wirklichen, gegenwärtigen Welt deutlich an: Probleme von heute finden sich zugespitzt und zu Ende gedacht in Storys von morgen. Ein wirklicher Lichtblick auf dem deutschen Markt, obwohl die Autoren weitgehend unbekannt sind (oder WEIL sie unbekannt sind?).

Außerordentlich angenehm ist das Layout, das man in dieser Perfektion eigentlich nur von wenigen Verlagen wie Suhrkamp, Diogenes oder Aufbau gewöhnt ist. Hier nimmt man das "Schmuddelkind" SF offensichtlich ernst. Eine Empfehlung für alle, die wissen möchten, was in Zukunft alles noch passieren könnte. Lesespaß garantiert.

simon_saxo auf www.amazon.de


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