Er musste sie angestarrt haben, als wäre sie völlig verrückt geworden. Flood wusste nicht, was er sagen sollte. „Ein ... Aurel?“, stammelte er.
„Ich rede nicht gern darüber“, sagte sie hastig. „Nur so viel: Er hat mir wirklich sehr weh getan. Ich ... ich glaube nicht, dass ich es jemals verwinden werde.“
„Aber, was...?“, wollte er fragen, doch sie unterbrach ihn: „Du hast Recht mit deiner Vermutung, auch wenn du sie noch nicht ausgesprochen hast. Ich bin tatsächlich schon sehr lange in der Zitadelle. Ich wurde sogar hier drinnen geboren. Die Welt draußen habe ich niemals gesehen. Seit meine Mutter gestorben ist, lebe ich nur noch für meine Arbeit. Ich glaube daran, dass sie einen Sinn ergibt. Auch wenn mir noch niemand gesagt hat, welchen.“
Sie starrte ihn lange an, und er wusste immer noch nicht, was er sagen sollte. Ihre Erklärungen kamen zu überraschend. Und er war auch nicht wirklich klüger dadurch geworden.
„Erzähl mir von dir“, sagte sie. „Erzähl mir, wie das Leben draußen ist.“
Also erzählte er es ihr. Flood beschrieb Sehaja die armseligen Hütten, in denen seine Leute lebten. Elektrischen Strom hatten sie nicht, das Wasser holten sie vom Fluss. Was sie aßen, bauten sie selbst an oder jagten es sich. Ein einfaches Leben, das mit dem in der Zitadelle rein gar nichts zu tun hatte. Er konnte ihr ansehen, dass sie Schwierigkeiten hatte, seinen Worten zu folgen. So wie er hier viele scheinbare Wunder erst verstehen musste, so schwer würde sie sich draußen zurecht finden. Obwohl er ihr zutraute, dass sie schneller lernen würde als er selbst.
„Warum gibt es diese zwei verschiedenen Welten?“, fragte er.
„Ich weiß es nicht“, sagte sie. „Mir fehlt jede Erklärung.“
„Wirst du mir mehr von dir erzählen?“, wollte er wissen.
Sie schüttelte den Kopf. „Nicht heute. Vielleicht später. Ich muss darüber nachdenken. Machen wir uns wieder an die Arbeit.“
Für die meisten Autoren der Anthologie besteht Hoffnung lediglich in einem Silberstreifen am Horizont.
Etwas Licht leuchtet durch die Ritzen.
Symptomatisch für unseren blauen Planeten dagegen ist, dass er sich in eine "vertrocknete Steinwüste" (Timo Bader) verwandelt hat, dass Hirnpestmikroben das Leben ausgelöscht haben (Thomas Kohlschmidt), dass Silberkugeln auf Städte regnen (Roland Rosenbauer) ...
Ja, und wenn dies alles nicht stattfindet, dann kann es passieren, dass man als Zukunftsbürger in einem totalen Überwachungsstaat Orwellscher Prägung lebt, isoliert, fast ohne Chance , eine Liebesbeziehung aufzubauen (Regina Karolyi).
Unsere Zeit, die Zeit, in der wir uns gerade aufhalten, ist verantwortlich für eine solche Entwicklung. So ist es nicht verwunderlich, dass bei den Autoren der kritische Blick auf gegenwärtige Verhältnisse überwiegt.
Ein alter Indianer, Nachkomme der rouseauschen edlen Wilden, sieht die gegenwärtigen Menschen als destruktiv und konfliktfreudig an (Bernd Terlau). Außerirdische Humanoiden auf der Suche nach einer gerechteren Welt werden mit Hilfe eines Demonstrationsfilms über irdische Verhältnisse darüber belehrt, dass es nicht ratsam ist, den blauen Planeten als Aufenthaltsort anzuvisieren (Barbara Jung). Traumhafte Lichtgestalten, Antennenmännchen, sehen irdische Realitäten in rechtem Licht, raten der Träumerin an, aufzuwachen (Alisha Bionda).
Aber es gibt Auswege. Wie gesagt.
"Dünn und drahtig" zeigt sich die Hoffnung, die "wie ein Findelkind aussieht", nichts verspricht und nichts hält und doch wirklich ist ... (Albrecht Verron).
Wer weiß?
Etwas Licht leuchtet zwischen den Ritzen.
Karl E. Aulbach — Havarie im All
Die Geschichte von Karl E. Aulbach erscheint auf den ersten Blick recht trostlos, und gar hoffnungslos. Das Raumschiff MEGALITH 4 ist auf dem Rückflug zur Erde und wird, kurz vor dem Landeanflug, von einem Meteor getroffen. Nicht in der Lage, den Schaden zu beheben, begeben sie sich in die Entscheidungsbefugnis der Heimatwelt. Die um Hilfe gebetenen Menschen des Kontrollzentrums müssen eine Entscheidung treffen. Die Kosmonauten opfern und das Raumschiff abschießen, oder aber einen Rettungsversuch zu unternehmen und den Absturz über der dichtbevölkerten Erde in Kauf nehmen. Eine hoffnungslose Situation. Vorerst....
Jürgen Heinzerling — Die Letzten vom Großmüllerhof
Da findet ein Gespräch zwischen dem Pfarrer Alois Wieklepp und Herrn Surnner statt. Der Pfarrer hat Probleme mit Vandalismus auf seinem Friedhof und Herr Surnner soll ihm helfen, zumindest aber Tipps geben, wie er sich besser dagegen wehren kann. Was sich bald herausstellt, ist, die Vandalen sind Ghouls und es ist ihr Hunger, der sie auf den Friedhof der kleinen Dorfgemeinde treibt.
Peter Horn - Die Geschichte vom Schmetterlingsjungen
Peter Horn erzählt die Geschichte um eine ganz besondere Lebensform, die es anscheinend nur einmal auf diesem Planeten gibt. Und sie erzählt von einem verrückten Wissenschaftler, der, wie einst Noah, von jeder Form ein Pärchen sammelt. Beide kommen zusammen in einer für den Schmetterlingsjungen ungünstigen, hoffnungslosen Situation.
Bodo Kroll — Die Zeit des Peter W.
Die Zeit des Peter Winter ist eine Erzählung, die von der Verlangsamung der Zeit erzählt, von Außerirdischen auf der Erde und wie ein Mann seinen eigenen Tod verhindert. Eine interessante Geschichte, die mit ihrer pseudowissenschaftlichen Erklärung, warum das so ist, ein wenig die Spannung nimmt.
Dr. Michael Nett — Feenfunkeln
Das Gedicht erscheint mir nicht sehr gelungen, weil mir das Versmaß und der Zeilenübergang nicht sonderlich gefällt. Ich bin das etwas anders gewohnt.
Marc Anton Robln Sittly — Teilen
Ein sehr schönes Wortspiel um den Begriff Teilen. Gut gelungen.
Marc Anton Robin Sittly — Nicht verrückt
Dass der Autor auch anders schreiben kann, zeigt er gleich in dieser Geschichte. Es geht um den Commander Raymond Train, den Verteidiger der Erdstreitkräfte, der sich statt im Jahr 2315 wieder im Berlin des Jahres 2002 findet.
Neben diesen weniger bekannten Autoren gibt es noch die etwas bekannteren wie Roland Rosenbauer, der schon in den 80er und 90er Jahren als Autor und Herausgeber tätig war, oder Christel Scheja, die als Das Schwarze Auge—Autorin auftrat.
Der Titel des Buches verrät den Inhalt. Es geht in den meisten Beiträgen um Hoffnung und natürlich um die anderen Bestandteile, die notwendig sind, Hoffnung zu besitzen. Schmerz, Verzweiflung, Trauer. Durch die Vielzahl der Autoren ergeben sich mannigfaltige Hoffnungen und Hoffnungsträger. Die Leser werden in eine fesselnde Weltenlandschaft geführt. Wir finden jede Art der Phantastik. Mal ist eine wundersame Welt, dann der weite Weltenraum. Unterschiede, wie sie größer nicht sein können. Die beiden Herausgeber erschlossen den Lesern Geschichten, die sonst nicht lesbar geworden wären.
Ein sehr schönes Buch, vor allem für Freunde von Kurzgeschichtensammlungen.
Was hat mich aber auf diesen Reisen erwartet? Der Titel verrät ja schon das Wesentliche: in jeder der Geschichten geht es um Verzweiflung, Hoffnung, Schmerz, Trauer, Glück. Das Setting ist dabei sehr mannigfaltig, die Autoren und ihre Hintergrüne ebenso. Mal erlebt man die Abenteuer in den kalten Räumen von Raumschiffen, mal in den Weiten fremder Fantasy-Welten, mal daheim auf Mutter Erde. Eines haben die Kurzgeschichten alle gemeinsam: für Menschen, die mal eine Pause vom Alltagsstreß brauchen, sind sie eine sehr willkommene Abwechslung in andere Realitäten!
Gleich in der ersten Geschichte wird man an Bord eines kleinen, engen Raumers in der irdischen Zukunft versetzt, der unerwartet in eine Notsituation gerät. Technisch einleuchtend wird in "Havarie im All" des Autors Karl Aulbach beschrieben, wie aus einer Alltagssituation heraus ein durchschnittlicher Mensch, der genauso heute und in unseren Reihen leben könnte, an die Grenzen seiner Entscheidungsfähigkeit gebracht wird. Ein Raumschiff, das auf dem Landeanflug auf seine Heimat, den blauen Planeten, von einem Meteoriten getroffen wird und havariert. Doch ein rechtzeitiges Abbremsen durch die beschädigten Maschinen scheint nicht mehr möglich, ein Absturz über der Erde unvermeidlich. Die über Funk zu Hilfe gerufenen Freunde auf dem Heimatplaneten entscheiden sich schweren Herzens, das Raumschiff zu zerstören, um Millionen von Menschenleben auf der Erde zu retten. Die Crew an Bord, allen voran der Raumfahrer Eberhard Rückert, müssen miterleben, wie ihr Leben von jetzt auf nachher in sich zusammenstürzt, ohne dass sie etwas tun können, hilflos der Technik und dem Schicksal ausgeliefert. Oder etwa doch nicht... ?
In den anderen Geschichten geht es nicht minder faszinierend zu: so handelt "Die Zeit des Peter W." von Bodo Kroll von einem verheirateten Mann mittleren Alters, der miterlebt, wie ihm die Chance gegeben wird, im Moment seines Todes durch die Hilfe von Außerirdischen noch soviel Zeit zu erhalten, dass er sein eigenes Leben retten kann. Oder es geht um einen Schmetterlingsjungen im Amazonas in einer Geschichte von Peter Horn, der eine Artgenossin sucht, um nicht mehr allein zu sein, und diese dort findet, wo er sie am wenigsten erwartet. Doch nicht nur auf der Erde in einem uns noch recht vertrauten Umfeld spielen die Kurzgeschichten. Manche spielen auf fernen Planeten, oder gar in Träumen und Umgebungen, die uns vollends fantastisch vorkommen, und dennoch durch die Probleme der dortigen Akteure seltsam bekannt und vertraut erscheinen.
Dabei zögerten die beiden Herausgeber Barbara Jung und Olaf Brüschke nicht, auch solche Kurzgeschichten mit in die Sammlung aufzunehmen, die über traditionelle Vorstellungen und Werte hinausgehen und durchaus provozieren können und wollen. Dazu gehören zum einen gesellschaftskritische, düstere und dennoch hoffnungsschwangere Zukunfts-Szenarien im Stile eines "1984" von George Orwell oder eines "Brave New World" von Aldous Huxley, wie etwa die moderne Fassung von Shakespeares Klassiker, von der Autorin Regina Karolyi als "Romeo und Julia Zweitausendzweihundertzwölf" betitelt, in der zwei Liebende in einer computer-kontrollierten Welt zueinander finden, obwohl jede Bewegung beobachtet und jeder Kontakt untersagt wird.
Zum anderen gehören dazu auch moderne und noch in unserer heutigen, aufgeklärten Zeit heiss diskutierte Themen wie die der gleichgeschlechtlichen Liebe oder des Rassenhasses, und gerade diese werden in dem literarischen Rahmen der Geschichtensammlung gefühlvoll und doch deutlich provokativ aufgearbeitet. Interessanterweise geschieht dies in besonders abstrakten Szenarien, die oft an mittelalterliche Märchen oder von unserer Realität noch weiter entfernte Welten erinnern. Die Bandbreite der Ideen ist dabei immer wieder überraschend und fasziniert auch nach nochmaligem Durchlesen.
Für wen ist dieses Buch also? Sicherlich für alle Fans, die gerne auf der aktuell sehr beliebten Welle der "Mystery"-Geschichten mitreiten wollen, und die durchaus ihren Reiz hat, auch jenseits von "Akte X" und "Twilight Zone". Doch auch für solche Leser, die gerne zeitkritische Themen in besonders fantasievollen Gewändern aufgearbeitet betrachten wollen. Und nicht zuletzt, auch wenn dies nicht auf jede der Kurzgeschichten zutrifft, ist doch für Science-Fiction und Fantasy-Liebhaber jeder Colour etwas dabei - ob Star Trek oder Perry Rhodan, ob König Artus oder Marion Zimmer Bradley. Jeder, der in irgendeiner Form an Fantasy und Science-Fiction-Geschichten interessiert ist, wird etwas in dem Buch entdecken, das er besonders interessant und packend findet. Eines jedoch sollte dabei bedacht werden: die Stories und Gedichte sind oft sehr tiefgründig, und gehen auch mitunter an die Grenzen der konventionellen literarischen Beschreibungen. Daher sollte sich der Leser bewusst sein, daß er im Verlaufe des Buches mit sehr eindeutigen, und mitunter schockierenden oder zumindest sehr überraschenden Beschreibungen konfrontiert wird. Dieses Buch ist jedoch allemal eine Lektüre-Empfehlung wert, und die teilweise sehr intelligent geschrieben Geschichten überraschen immer wieder aufs Neue.
Fazit: sehr empfehlenswert.
Bereits die ersten paar Seiten in der ersten Geschichte der Sammlung, bringen die menschlichen Gedanken und Abgründe zum Vorschein. Der Held muß mit seinen kleinlichen und selbstsüchtigen Gedanken fertig werden, die jedem mal durch den Kopf gehen. Und sein Verhalten wird wohl eher auf Unverständnis stossen während nur der Leser ihn versteht. Jedoch hat Karl E. Aulbach seine Geschichte so faszinierend aufgebaut, dass erst mit dem Schlußsatz die Bedeutung offenbar wird.
Überhaupt ist dies ein Merkmal dieser aussergewöhnlichen Anthologie. Mit erhobenem Zeigefinger werden die Ausschweifungen und Fehler der Menschheit aufgezeigt, welche oft zu verheerenden Auswirkungen führten. Nicht selten spielt die Geschichte nach dem "Weltuntergang". Doch immer wieder bleibt ein Hoffnungsschimmer. Sei es in Form von verschollenen Pflanzen oder einfach nur in menschlichen Hoffnungen. Oder wie in Alisha Biondas Kurzgeschichte "Begegnung im Garten Eden", wo erneut erst im Schlußsatz der vermutete Traum zur Wirklichkeit wird. Während einige der Autoren die Zukunft beschreiben, findet sich bei Corina Bomann in "Logbuch" ein Hinweis für unsere Vergangenheit. Jedoch macht auch sie damit auf unsere Zukunft aufmerksam. Denn wie die Vergangenheit, so die Zukunft.
Alle Geschichten haben eines gemeinsam: ich konnte sie nicht nur lesen und das Buch zur Seite legen, sondern ich mußte darüber nachdenken. In jeder Geschichte steckt ein wahrer Kern. Es ist kein Roman, der sich flüssig und voller Spannung liest. Jede einzelne tiefgreifende Storie lies mich innerlich schauern und zwang mich über unser Dasein, unsere Zukunft und eben auch unsere Vergangenheit nachzudenken. Keine lockere Kost. Kein Roman den man in einer Nacht verschlingt. Nach jeder Geschichte ist man gezwungen eine Pause einzulegen. Den Blick auf die Dinge zu wenden, die einem umgeben. Man wird sich das eine oder andere bewußter Anschauen und auch über vieles bewußter nachdenken.
Wie sagt es Barbara Jung so treffend im Schlußsatz Ihrer Geschichte: "Wir müssen uns sehr gut überlegen, was wir tun wollen."
Eine Sammlung von Geschichten und Gedichtern hochmotivierter deutscher Autoren, die mit viel Einfühlungsvermögen jeweils mögliche Zukünfte schildern. Sehr zu empfehlen. Ganz besonders Lesern, die ab und zu ein kleines Häppchen in Form einer Kurzgeschichte zu sich nehmen wollen.