6) Der Aufbruch II
Bernd
(ISL)
Derweil döst Gabrok draußen vor den Stadttoren so vor sich hin, während seine
Freunde am Feuer sitzend darüber beraten, wie es weiter gehen soll, wenn sie
denn in Brööd sind. Plötzlich schreckt der Zauberlehrling auf und schaut
gebannt in die Nacht. Hat er da nicht etwas gehört? Was mag das gewesen sein?
Es hörte sich an... wie wenn ein Vogel aufschreit! Dann sieht er es: ein schmächtiger
Mann, der einen Raben gefangen hat, und nicht gerade zimperlich mit ihm umgeht,
während ihm ein weiterer Mann, kräftiger und bewaffnet dazu zur Hand geht.
"Holla! Was ist denn das?" ruft Gabrok hastig aus "Abraxa, könnte
dies dein Rara sein, der da von dem Fremden malträtiert wird?" Bevor
Abraxa und die anderen etwas sagen oder reagieren können, ist Shimor schon auf
den Weg...
Antje
Die Zweige der Bäume schließen sich wieder hinter Shimor, der nicht direkt zu
den beiden Männer geht, sondern sich von der Seite an sie heranschleichen will,
um die Lage zu beurteilen. Bald ist es dem Rest der Gruppe nicht mehr möglich,
seine Gestalt in der Dunkelheit auszumachen. Die anderen hören merkwürdige Geräusche
in der Ferne, deren Sinn sie nicht verstehen können. Da tritt plötzlich eine
Gestalt auf die Lichtung, von der sich jeder fragt, woher sie plötzlich
gekommen sein mag, da ihre äußere Erscheinung nichts mit der Gestalt des
kleinen Zwerges gemein hat. Auch die beiden Gauner, die gerade dabei waren, den
armen Rara zu malträtieren, sind so überrascht über den Anblick, der sich
ihnen plötzlich bietet, dass sie den Raben unvermittelt loslassen, der mit ein
paar eleganten Schleifen wieder in den Himmel heraufkreist, dann aber zwischen
den Bäumen verschwindet.
Das Mondlicht, das schimmernde Reflexe auf die lange braune Lockenpracht der
Frau dort auf der Lichtung wirft, deren Körper in einer enganliegenden
Lederweste und -beinkleidern steckt, offenbart in der Tat wirklich überraschendes.
Obwohl nicht zu verstehen ist, was gesprochen wird, ist doch zu sehen, dass die
beiden Vogeldiebe offensichtlich reichlich verwirrt sind und sich bald
schleunigst aus dem Staub machen, nachdem die Frau auf der Lichtung auch noch
ihre Hand an ihr Schwert legt und so keinen Zweifel daran lässt, dass sie
notfalls bereit wäre, es auch zu gebrauchen. Bevor die schlanke Gestalt der
Frau zwischen den Bäumen verschwindet, dreht sie sich zu den Abenteurern um, während
ein Mondstrahl die Züge ihres Gesichtes aufleuchten lässt. Den Blick, den sie
Gabrok zuwirft, der genau wie die anderen fasziniert in ihre Richtung gestarrt
hat, ist wie ein Versprechen und bringt seltsame Gedanken in ihm zum Blühen.
Die vertraute Stimme von Shimor, der gerade wieder zu der Gruppe stößt, reißt
die Abenteuergruppe plötzlich aus ihrer Erstarrung. "He, ihr werdet es
nicht glauben, aber Rara ist mir direkt auf die Schulter geflogen, von den
Vogeldieben habe ich keine Spur mehr entdeckt... und ich habe Neuigkeiten von...
NANUUUU????" Shimors lässt seine Hand mit Kissmetts Zettel, den er Rara
abgenommen hat, abrupt fallen und sieht seine Freunde leicht amüsiert aber auch
etwas verblüfft an. "Was ist denn mit euch los? Ihr seht aus, als wenn
euch ein Geist begegnet ist und besonders du, Gabrok, siehst aus, als wenn ....
hmmm... ich weiß nicht... als wenn.... heeeeeeeeeeeeeee! Träumst du?"
Bernd
(ISL)
Der junge Zauberlehrling starrt noch auf die Stelle, an der ihn eben noch eine
lockende Schönheit in ihren Bann gezogen hatte. Langsam bewegt er den Kopf in
Richtung Shimor, um diesen mit glasigem Blick und verklärten Gesichtsausdruck
anzusehen. "Hmmm...? Waas?" krächzt Gabrok, er muss sich in diesem
Augenblick räuspern und seinen Mundraum etwas befeuchten, da er doch sehr
trocken geworden ist. Nun schüttelt er seinen Kopf etwas, wagt aber nicht seine
Freunde zu fragen, da er meint, sich geirrt zu haben, in dem, was er zu sehen
glaubte. Bardón scheint die Situation nicht aus seiner gewohnten Ruhe gebracht
zu haben, denn er nimmt Shimor den Zettel aus der Hand, um diesen zu lesen.
Danach reicht er ihn an die anderen weiter. Atlan gibt er einen Knuff in die
Seite und meint grinsend: "Na, man kann sich doch auf diesen Kissmett
verlassen, was? Wie wäre es, wenn du und Shimor euch diese Gasse mal unauffällig
anseht, damit wir bescheid wissen. Wir werden inzwischen diese 'vertrauenswürdige
Person' ausfindig machen, die unsere Pferde und den Karren in Obhut nimmt."
Die Gruppe teilt sich nun auf, während Atlan und Shimor sich unauffällig die
Gasse ansehen und Alkermes und Abraxa am Lager bleiben, gehen Bardon und Gabrok
auf die Suche nach einem Bauern, der ihre Tiere betreuen wird. "Was war das
denn eben!" traut sich Gabrok den Adeligen zu fragen. "Was meinst du
denn?" sieht Bardón seinen jungen Freund fragend an, um gleich ohne auf
die Antwort zu warten den Bauern anspricht, der gerade an den beiden vorüber
geht. Bardón versteht es mit dem Bauern eine günstige Abmachung auszuhandeln,
worauf er dann seinen Geldbeutel zieht und dem Bauern ein Goldstück in die Hand
drückt. Beide, Bauer und Abenteurer besiegeln den Handel mit Handschlag und
vereinbaren einen Treffpunkt, bei denen die Pferde und der Karren übergeben
werden. Gabrok ist mittlerweile die Sache mit der Frau entfallen, und so
schlendern sie schweigend zum Lager. Zurück bei den anderen vermissen sie immer
noch Atlan, der die Gasse überprüfen sollte.
Bernd
(ISL)
Atlan und Shimor gehen der Beschreibung nach und finden auf anhieb die Gasse,
leider ist sie mit einigem Gesindel voll, die es sich gemütlich gemacht haben
und nun betrunken auf dem Boden sitzen. "Das passt ja überhaupt
nicht!" raunt der Krieger dem Zwerg zu und sinnt nach Abhilfe. "Heda!
Ihr Säufer und Gesindel! Packt euch und seht zu, dass ihr woanders
unterkommt!" ruft Altan im Befehlston. Die Anwesenden schauen zuerst ihn
dann sich erschrocken an, bis einer den Mut aufbringt und laut fragt: " Wer
seid ihr, der ihr uns Befehle erteilen wollt?" Die anderen stimmen murmelnd
zu, aber Shimor antwortet sofort und mit einem bösem Lächeln im Gesicht:
"Ich bin der, der dir gleich den Kopf abschlägt, wenn du nicht zusiehst,
dass du fort kommst. Ich habe dazu die Erlaubnis des Stadthalters!" Der
Angesprochene wird schreckensbleich und fasst sich unwillkürlich an den Hals.
Ein anderer murmelt noch: "Tja, nur dass wir den Stadthalter dazu nicht
befragen können..." "Ja, schade auch" meint Altan und taxiert
ihn mit einem Blick, als wollte er ihn gleich verspeisen. "Nun, dann lasst
uns zu Rebmar gehen, der hat sich einen Unterbau im Gehölz gemacht, dort wird
man nicht von 'Möchtegerns' angebellt..." weiter kommt der Sprecher nicht,
denn Atlan macht einen schnellen Schritt auf ihn zu, so dass der Sprecher vor
Angst wegläuft. "Nun denn, dies wäre geschafft!" klatscht sich der
Krieger zufrieden in die Hände.
Zurück bei den anderen berichten sie von ihrem Erlebnis, und alle teilen seine
Sorge, ob zum entschiedenen Zeitpunkt wieder Gesindel in der Gasse ist. Sie
kommen überein den morgigen Tag abzuwarten und legen sich zur Ruhe. Der nächste
Tag vergeht schnell, während Kissmett in seinem Versteck harrt, faulenzen die
anderen draußen vor dem Tore oder bringen die Pferde zu dem Bauern. Kissmett
aber hat in der Zwischenzeit versucht einiges herauszufinden.
Adrian
'Grummel' "Was war das den für ein Geräusch, ach so nur mein Magen. Na
dann sollte ich ihn mal mit irgendwas füllen und wo ich gerade dabei bin könnte
ich vielleicht mal in Erfahrung bringen, warum die Stadttore zu sind."
Leise und in sein Selbstgespräch vertieft macht sich Kissmett auf, was Essbares
zu suchen.
Da es inzwischen schon wieder helllichter Tag geworden ist, geht er ganz langsam
auf die Straße hinaus und schlendert unauffällig die Gassen entlang bis er
nicht weit von sich eine wohlhabend aussehende Person sieht. In diesem
Augenblick fangen seine Finger an zu jucken. Kissmett schaut sich diesen Mann an
und fasst kurz darauf einen Plan. Völlig unscheinbar schlendert er dieser
Person hinterher, läuft mal vor ihr, mal hinter ihr, mal neben ihr, mal in eine
ganz andere Richtung und manchmal auch steht Kissmett direkt neben der Person
und schaut sich so wie der reiche Mann die Auslagen an. Kissmett greift in seine
Tasche und zieht ein sehr kleines Messer heraus, das er in seiner Hand versteckt
hält. Dann, völlig unerwartet, stolpert Kissmett über seine Füße auf den
Mann zu und erleichtert diesen im selben Augenblick um die prall gefüllte
Geldkatze, in dem er mit seinem Messer in der Hand die Verbindungsschnur der Börse
zum Gürtel kappt. Er lässt den Geldbeutel in seine eigene Tasche fallen,
rappelt sich auf und hilft dem selbst hingefallenen Mann aufzustehen.
"Entschuldigung, werter Herr, ich muss über einen Stein gefallen sein. Ich
hoffe, ihr verzeiht mir mein Missgeschick." Der Mann räuspert sich und
schaut Kissmett streng, doch dann freundlich lächelnd an und meint schließlich:
"Nun ja, es kann jedem mal passieren. Hauptsache ist doch, dass nichts
Ernstes passiert ist." Kissmett pflichtet ihm bei, entschuldigt sich noch
einmal bei ihm und verschwindet in einer Nebenstraße. 'So ein Einfaltspinsel!
Manche werden eben mit Naivität geboren und andere mit Schlauheit, um die
Naivität der anderen auszunützen', denkt sich Kissmett und schlendert mit der
Geldkatze des anderen in seiner Tasche die Straße entlang. Langsam biegt er auf
eine große Straße ein, auf der allerhand los ist. Ihm selbst läuft das Wasser
im Mund zusammen bei den vielen Gerüchen, die ihm hier in die Nase steigen. Vom
Hunger getrieben kehrt Kissmett in einer heruntergekommenen Taverne namens 'Zum
torkelnden Elefanten' ein. Er setzt sich mit dem Rücken zur Wand an einen
leeren Tisch, von dem aus man die ganze Taverne überblicken kann, dann bestellt
er ein Bier und horcht dem Gerede der anderen Gäste. Ein kleiner hagerer alter
Mann flüstert: "Seit die Seuche ausgebrochen sein soll und die die Tore
dicht gemacht haben, passieren hier immer mehr komische Dinge. Obwohl schon das
alleine eine komische Sache ist. Denn ich habe bisher noch nichts von der Seuche
bemerkt. Niemand, den ich kenne, ist bisher krank geworden und das Vieh lebt
auch noch." Ein anderer erwidert ebenfalls flüsternd: "Doch, es ist
jemand krank geworden! Ich kenn' ihn zwar nicht richtig, aber ein Vetter von
mir, dessen Tochter mit dem Röttger verheiratet ist, der hat gesagt, er wisse
von Röttgers Schwester, dass der Stadthalter erkrankt sein soll!"
"Ach, und woher soll die Schwester vom Röttger das wissen?" meint ein
Dritter den Kopf schüttelnd "Na, die ist doch mit einem verschwägert, der
beim Stadthalter arbeitet. Na, wie dem auch sei, auf jedenfalls ist der
Stadthalter erkrankt! Ein Arzt, der beim Stadthalter war, der hat gesagt, dass
das eine Seuche ist." "Welcher Arzt soll das denn gewesen sein?"
fragt der Dritte wieder. "Das war ein Arzt von außerhalb - Horvath oder so
ähnlich soll er heißen." Bei dem Namen Horvath horcht Kissmett auf. Den
Namen hat er doch schon einmal gehört. 'Ganz am Anfang, als ich mich von den Händlern
getrennt habe, da hat Shimor mit den anderen darüber gesprochen. Horvath oder
so ähnlich - nein der Kerl hieß Horvath. Horvath, das war der Name, von dem
die anderen gesprochen hatten.' Kissmett geht auf den Tisch der drei Alten zu
und meint dann ganz ernst: "Habe ich da eben den Namen von dem großen Arzt
Horvath gehört?" Die drei alten Männer schauen auf, und der, der von
seinem Vetter sprach, meinte mit einem freudestrahlenden Gesicht: "Horvath,
ja genau, so hieß der Arzt! Warum, mein Junge, fragst du?" "Das ist
ganz einfach, wenn der Doktor Horvath sagt, es sei eine Seuche, dann ist das
auch eine Seuche. Und um ganz ehrlich zu sein, ich bekomme gerade den größten
Bammel. Wenn Horvath da ist und sagt, dass es eine Seuche geben wird, dann wird
es allerhöchste Zeit, dass ich von hier verschwinde und mein ganzes Erspartes
mitnehme. Ihr wisst nicht zufällig welches Schiff demnächst ausläuft? Es
sollte vielleicht eines sein auf dem mich keiner findet. Das ist nämlich die
beste Methode, meine Frau loszuwerden - die nörgelt eh' nur noch rum und einen
Sohn kann sie auch nicht zeugen", meint Kissmett mit einem Gesicht, das
erst die absolute Ehrfurcht und dann die größte Angst widerspiegelt. Der älteste
der drei meldet sich zu Wort: "Wenn du aus der Stadt rauskommst dann
solltest du dich an den Elbenkapitän Gofier Leichtfuss wenden, der ist absolut
vertrauenswürdig und verrät dich an niemanden - nicht mal an deine Frau!"
Der Alte trinkt lachend an seinem Bier und Kissmett bedankt und verbeugt sich
vor den drei alten Männern. Mit einem gespielt-gehetzten Blick verlässt er die
Taverne. "Viel Glück bei deiner Flucht vor deiner Frau!" meint einer
der Drei noch, aber Kissmett ist längst wieder verschwunden, um in einer
anderen Taverne sein noch nicht richtig angefangenes Mahl zu vollenden. Dann
kehrt er wieder in die Bruchbude zurück.
Bernd
(ISL)
Die Nacht bricht herein, und die Gefährten machen sich draußen vor den
Stadtmauern fertig zum Abmarsch zu der Gasse. Sie kommen an dem Ende der Gasse
an und Bardón gibt den anderen ein Zeichen, sich unauffällig in den Schatten
eines Hauses zurückzuziehen. Kurz darauf bewegt sich der Abwasser-Kanaldeckel
und heraus schaut ein Kopf. Dieser zischt leise und ruft nach Bardón. Jetzt
erkennen die Freunde Kissmett und zügig huschen sie zu dem Loch und dann einer
nach dem anderen hinunter. Abraxa meckert zwar in ihrer unnachahmlichen Art,
aber sie sieht die Notwendigkeit ein und fügt sich.
Nach kurzem Marsch durch Gewässer und Gestank kommen sie zu der Öffnung, die
sie in das von Kissmett eroberte Haus. Hier setzen sie sich erst mal in einen
der oberen Räume zusammen, da Kissmett ihnen angedeutet hat, dass er gewisse
Dinge in Erfahrung gebracht hat. "Also, zuerst mal, die Stadttore sind zu,
weil angeblich eine Seuche ausgebrochen sei. Aber der Arzt, der dies angeordnet
hat, hat wohl andere Ziele. Sein Name ist Horvath..." Er sieht, dass Bardón
und Shimor überrascht aufhorchen. 'Wusste ich es doch!' dachte sich Kissmett
'Mit dem ist irgendwas nicht in Ordnung!' "Woher hast du diese
Information?" fragt Shimor und sieht Kissmett mit erstaunten Augen an.
"Ich war in einer Taverne und habe ein Gespräch von Bürgern
aufgeschnappt. Dabei habe ich so allerhand erfahren. Wenn Ihr noch weiter wollt,
nach Tauh'Eff, dann empfiehlt sich ein Schiff mit dem Kapitän namens Gofier
Leichtfuss. Er soll keine Fragen stellen." "Gut gemacht,
Kamerad!" Bardón klopft dem Gefährten auf die Schulter. "Aber nun müssen
wir uns überlegen, wie wir Wogan finden. Wenn Horvath hier ist, dann ist Wogan
in Gefahr!" "Wer ist dieser Horvath eigentlich?" Kissmett schaut
Bardón dabei feste in die Augen. Bardón klärt ihn auf, dass Wogan, Shimor und
er diesen Horvath einmal begegnet sind und ihn bekämpft haben. Horvath ist ein
Gaunerkönig und schreckt vor nichts zurück. Seine Leidenschaft ist der
Reichtum, seine Bestimmung ist die Gier nach Macht. Leider konnten sie ihn nicht
zur Strecke bringen, und so begegnen sie ihn hier wieder, was nichts Gutes
bedeutet. "Wenn es euch was hilft, in meiner ersten Nacht konnte ich
beobachten, wie ein Stoßtrupp an mir vorbeieilte. Die Männer unterhielten sich
so, dass ich sie hören konnte. Sie waren auf dem Weg, jemanden zu finden, von
dem sie wohl wussten, wo er zu finden war!"
Nun sahen sich alle erschrocken an, denken sie doch alle das Gleiche: Wogan ist
gefangen! Nach einigen aufregenden Minuten einigen sie sich darauf, in den
Morgenstunden herauszufinden, wo Wogan ist. Bardón wird zuerst an dem Ort
suchen, wo er ihn vermutet. Sollte er nicht dort sein...
Alexander
"Ist er gefangen, sollten wir im Kerker nachsehen," vermutet Abraxa.
"Vielleicht ist er auch schon über alle Berge." Bardón sieht Abraxa
an. "Das glaube ich kaum. Er wird sich versuchen vor Horvath zu verbergen.
Nur werden wir ihn auf diese Weise auch nicht leicht finden." Eine
verzwickte Situation, in der sich die Gefährten befinden. Die Suche nach Wogan
wird sich schwierig gestalten, wenn die Stadt so sehr bewacht wird, und er sich
eventuell versteckt. "Habe eine Idee," sagt Abraxa und schwenkt den
Arm. Rara kommt angeflogen und nimmt vor der Hexe auf dem Tisch platz. "Hat
die besten Chancen ungesehen zu fliegen," spricht sie zu den anderen, die
aufmerksam zusehen, was hier nun geschieht. "Flieg zum Kerker, sieh nach
Wogan. Beobachte alles genau. Ich sehe mit." Dann breitet Rara das schwarze
Gefieder aus und erhebt sich mit festem Flügelschlag aus dem Haus über die Dächer
der Stadt. "Stört mich jetzt nicht. Muss mich konzentrieren. Erzähle euch
was ich sehe." Dann sinkt sie auf dem Stuhl zurück und schließt die
Augen. Die anderen rücken dichter zusammen, setzten sich auf Stühle, Tisch
oder stehen nur gespannt daneben. Stille breitet sich in dem Raum aus. Abraxa
atmet hörbar ein und aus. Ein Windstoss rappelt an den halb geschlossenen Läden
vor den Fenstern. Dann beginnt es zu regnen, und jeder einzelne Tropfen prasselt
übermäßig laut gegen Wände und Dach des Hauses. Es dauert eine Weile, bis
Abraxa plötzlich mit einer weichen Stimme zu sprechen beginnt. "Die
Strassen liegen als grau-geschlängeltes Band vor mir. Auf den Mauern sind die
Wachen weniger geworden. Die Übriggebliebenen haben sich in Mäntel mit tiefer
Kapuze verpackt. Einige der Fackeln sind erloschen. Die Menschen haben sich vor
dem Regen in ihre Häuser zurückgezogen. Hinter der nächsten Hausecke liegt
der Markt. Häuser grenzen den Platz ab, auf dessen Mitte sich ein Brunnen
befindet. Am Rande steht der große, steinerne Turm -- das Gefängnis der Stadt.
Vor den einzelnen Fenstern der Zellen trennen eiserne Stäbe die Gefangenen von
der Außenwelt. Der Blick zwischen die Gitter in die dunklen Verliese dahinter
offenbart keine Gefangenen. Hier hält sich Wogen nicht auf. Noch einmal eine
Runde um den Turm und über den Marktplatz. Ich lasse weitere Dächer hinter und
Strassen unter mir. Der Hafen taucht auf. Vielleicht treibt sich Wogan ja hier
herum. Licht fällt aus einer Spelunke auf die regennassen Strassen. Ein Blick
durch die trüben Scheiben zeigt, das sich nicht viel Gäste hier aufhalten.
Doch von Wogan keine Spur. Er scheint vom Erdboden verschluckt. Selbst auf den
wenigen Schiffen im Hafen ist er nicht zu entdecken. Eine der Wachen wird
aufmerksam und schwenkt die Armbrust in meine Richtung. Schnell lasse ich mich
von der Rah des Schiffes fallen und schwenke ab in den Schatten des Schiffes.
Die Wache ruft noch aufgeregt, doch als ich sie wiedersehe, steht sie am Kai und
ihr Blick streift über die Schiffe. Ich fliege wieder über die Dächer der Häuser.
Ich komme zurück." Abraxa verstummt. Die Blicke der anderen heften noch an
ihren Lippen. Dann öffnet sie die Augen. Noch ehe sie einige Worte fassen kann,
schüttelt sie den Kopf. "Nichts!" krächzt sie dann. Eine Hoffnung
weniger. Dann ist heftiges Flügelschlagen zu vernehmen und Rara fliegt durch
das offenstehende Fenster in den Raum. Auf einer Stuhllehne lässt er sich
nieder und plustert sich auf und schüttelt die Tropfen ab. "Tja,
vielleicht gibt es noch eine Möglichkeit... " spricht Bardón.
Bernd
(ISL)
Der Abenteurer zögert einen Augenblick, doch als er merkt, dass ihn die andern
anstarren besinnt er sich und sagt: "Wir werden den Stadthalter aufsuchen müssen.
Shimor, Altan kommt bitte mit. Ich denke, wenn es Ärger gibt, dann brauche ich
euch. Die anderen sind hier sicher. Wenn wir bis Schlag Mittag nicht wieder hier
sind, macht ihr euch fort, wieder zurück durch den Kanal und auf euren Wegen.
Denn dann hat es uns ereilt!" Bardón sieht vor allem Gabrok und Alkermes
eindringlich an. Aber die Freunde nicken nur zustimmend, sodann machen sich der
Abenteurer, der Krieger und der Zwerg auf den Weg zum Stadthalter.