Die Wahrheit ist weitaus komplizierter: Der katholische Mönch Martin Luther ärgerte
sich 1517 über den seit elf Jahren laufenden Ablasshandel. Um Geld einzutreiben,
verkaufte die Kirche damals Ablassbriefe, mit denen Angehörige ihre Verstorbenen
angeblich aus dem Fegefeuer freikaufen konnten. Ob die Sünder ihre Sünden bereut
hatten, spielte dabei keine Rolle: Die Zahlung von Bargeld genügte. Um gegen diesen
Missstand zu protestieren, schickte Luther am 31. Oktober 1517 einen Brief mit
93 Thesen an seinen Vorgesetzten. Da er keine Antwort erhielt, legte er später
seine Thesen - inzwischen auf 95 angewachsen - zu einer öffentlichen Diskussion vor.
Wie damals üblich, wurden sie dazu von einem Universitätsdiener an allen Kirchentüren
Wittenbergs und an der Universität angeschlagen. Dass diese theologische
Auseinandersetzung die Kirche spalten und eine evangelische Kirche entstehen würde,
hatte Luther wohl weder beabsichtigt noch geahnt
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