Albert-Ludwigs-Universität

Freiburg i. Br.

Historisches Seminar



Badische Zeitung, 24. Februar 1998

Seit Jahren gilt es, jetzt sorgt es für Aufregung: Laut Unigesetz steht vielen Doktoranden kein Studentenausweis zu

Mancher Job verbietet eine Immatrikulation

Was normal ist, ist noch lange nicht erlaubt: An der Universität eingeschriebene Doktoranden, die neben ihrer Dissertation jobben oder an einem Lehrstuhl arbeiten, um sich den Lebensunterhalt zu verdienen, verstoßen möglicherweise gegen das Universitätsgesetz.

In einem Brief des Studentensekretariats wurden in den vergangenen Wochen rund 1300 Doktoranden aufgefordert, bis Ende März über etwaige Arbeitsverhältnisse Auskunft zu geben. Der Grund: Nicht jeder Promovierende darf sich laut Gesetz immatrikulieren - und damit zum Beispiel die Vorzüge des Studentenausweises nutzen. Wer weniger für Schwimmbad oder Konzertbesuch bezahlen, verbilligt ins

Theater gehen und die günstigere Regiokarte kaufen will, muß bestimmte Bedingungen erfüllen, die allerdings noch nicht klar benennbar sind. Das Studentensekretariat will im Einzelfall entscheiden, ob jemand immatrikuliert sein darf oder nicht. Ausschlaggebend soll nicht der Verdienst sein sondern die

Anzahl der Stunden, die der Promovierende in der Woche mit dem Geldverdienen statt der Doktorarbeit beschäftigt ist. Wo die Grenze liegen soll, ist noch unklar.

Sicher ist, daß Promovierende, die halbtags als wissenschaftliche Mitarbeiter an einem Lehrstuhl beschäftigt sind oder in einem anderen "Arbeits-, Dienst- oder sonstigen Äusbildungsverhältnis" stehen, laut Unigesetz nicht immatrikuliert sein dürfen, wäbrend an einem Lehrstuhl arbeitende Tutoren und Hilfswisssenschaftler laut Gesetz durchaus eingeschrieben sein können.

Das Studentensekretariat muß sich bei der Entscheidung über Immatrikulation oder Exmatrikulation eines Promovierenden auf dessen Ehrlichkeit verlassen. Nachprüfen kann es nicht, ob die Frage nach etwaigen Arbeitsverhältnissen wahrheitsgemäß beantwortet wurde. Erst wenn die Krankenversicherung meldet, daß ein Promovierender dort als Arbeitnehmer versichert ist, kann das Studentensekretariat eine Exmatrikulation des Doktoranden veranlassen.

Das Wissenschaftsministerium nennt für die seit Jahren schon bestehende Regelung, an die die baden-württembergischen Universitäten jüngst erinnert wurden, einen Grund, der auf einen finanziellen Hintergrund des Gesetzes schließen läßt: Wer in einem regulären Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis stehe, der habe es nicht nötig, in der Uni eingeschrieben zu sein. Schließlich sei er über den Arbeitgeber versichert, "bedarf der sozialen Absicherung über die Uni beziehungsweise den verbilligten Studenten-Tarif für die Krankenversicherung also nicht", sagt Gunter Schanz vom Wissenschaftsministerium. Wer dagegen nur hin und wieder in einer Kneipe jobbt, dafür aber weder die Steuerkarte herausrücken muß noch kranken- und rentenversichert ist, "darf immatrikuliert sein".

Verunsichert allerdings hat der Brief des Studentensekretariats auch andere. Viele wissen nicht, welche Rechte sie als Nicht-Immatrikulierte haben. Dominique Schirmer, Doktorandin am Institut für Soziologie, fragt beispielsweise, ob sie noch in die Mensa gehen, die Seminarbibliotheken benutzen und Seminare besuchen dürfe. Für alles braucht man normalerweise den (allein Immatrikulierten vergönnten) Studentenausweis.

Der Soziologieprofessor Hermann Schwengel hält das Gesetz für unsinnig und "kann und will" deshalb nicht kontrollieren, "ob jemand immatrikuliert ist oder nicht", bevor er einen Doktoranden im Seminar Platz nehmen läßt. Doktoranden, ob immatrikuliert oder nicht, müssen Lehrveranstaltungen seiner Meinung nach offenstehen.

Wenig streng wollen auch andere mit dem Gesetz umgehen. So stehen etliche Einrichtungen des Studentenwerks eigentlich nur Immatrikulierten offen: die Psychosoziale Beratungsstelle, die Krabbelstube oder die Mensa. Aber Renate Heyberger vom Freiburger Studentenwerk versichert, daß Ausnahmen gemacht werden sollen: "Ein Kind wird nicht aus der Krabbelgruppe vertrieben, sobald sich promovierende Eltern exmatrikulieren müssen." Auch sol1 ein Doktorand, der eine Therapie bei der Psychosozialen Beratungsstelle macht, nicht von heute auf morgen auf die Straße gesetzt werden.

Und Promovierende, die gegen eine Exmatrikulation vor allem deshalb ansehen, weil sie diese mit dem drohenden Aus für tägliches Mensaessen verbinden, können beruhigt sein: Nicht-Immatrikulierte Doktoranden können beim Studentenwerk einen extra Berechtigungsausweis erwerben. Milchreis mit Zucker und Zimt will den Promovierenden niemand verwehren.

Dorothee Menhart


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