Badische Zeitung, 24. Juni 1998
FREIBURG (amp). Schluß mit der Massenexmatrikulation von Doktoranden an der Freiburger Universität: Professor Wolfgang Jäger hat in seiner Eigenschaft als Rektor verfügt, daß die rund 300 Promotionsstudenten, die zu Beginn des Sommersemesters zwangsweise exmatrikuliert worden waren, weil sie mehr als 620 Mark verdienen, sich wieder einschreiben können.
Rektor Jäger geht noch einen Schritt weiter: Ungeachtet des ministeriellen Erlasses, der diese Verdienstgrenze für Doktoranden festgelegt hat, wird bei der Immatrikulation niemand mehr nach seinen Beschäftigungsverhältnissen und Einkünften gefragt. Damit können sich auch jene Promotionsstudenten zurückmelden, die aufgrund der Umfrage der Universität zu ihren Nebenverdiensten von sich aus zum Ende des Wintersemesters auf den Status eines Studenten verzichtet haben.
Jäger beruft sich bei seinem Schritt auf die Absicht des baden-württembergischen Wissenschaftsministeriums, die Bestimmungen des Erlasses im Rahmen der Novellierung des Universitätsgesetzes noch im kommenden Herbst abzumildern. Im Ministerium ist man deshalb mit dem Vorgehen, ja Vorpreschen der Freiburger Universität einverstanden, wie dessen Sprecher Gunter Schanz erklärt: Jägers Alleingang erfolgt mit Stuttgarter Segen - ungeachtet der daraus womöglich entstehenden juristischen Verwicklungen. So war erst im Februar ein Heidelberger Doktorand vor dem Verwaltungsgericht unterlegen, als er, obwohl wissenschaftlicher Angestellter, die Immatrikulation einklagen wollte.
Der grüne Landtagsabgeordnete Dieter Salomon hat bereits einen Vorschlag formuliert, wie die Immatrikulationsbedingungen für Doktoranden aussehen könnten. Statt sich an 620-Mark-Jobs zu orientieren, plädiert er in einem Antrag an den Landtag, die Grenze bei einem Maximalverdienst von 1200 Mark im Monat oder einer sozialversicherungspflichtigen Halbtagsbeschäftigung zu ziehen. Denn mangels Stipendien und Graduiertenkollegs müßten sich viele Doktoranden ihren Lebensunterhalt selbst verdienen.