Ausgangspunkt der Arbeit ist ein Dokument aus dem Fondo Borghese des Vatikanischen Geheimarchivs (Nr. I 535), das die mter und Protektorate von Scipione Borghese, dem Kardinalnepoten von Papst Paul V., auflistet und in kurzen Artikeln beschreibt. Genannt werden die Protektorate ber 2 Orden, 11 sog. Luoghi Pii, d.h. verschiedene Kirchen und mit ihnen verbundene Einrichtungen (darunter die Capella Borghese in S. Maria Maggiore, die Santa Casa in Loreto und ein Heim fr arme Weltpriester), 7 Nationen (darunter die deutsche mit ihren Einrichtungen in Rom, also Germanicum, Anima und Campo Santo), 6 Stdte, 2 Kollegien, 9 Klster, 9 Bruderschaften und 4 Handwerkergilden. Untersucht werden soll, wie Borghese sein Protektorenamt jeweils ausgebt hat und wie sich in diesen Aktivitten seine Verflochtenheit im System der rmischen Kurie spiegelt.
Die Einrichtung des Kardinalprotektorats entwickelte sich im Sptmittelalter und war bis zum Ende des 17. Jahrhunderts juristisch nur ungenau definiert. Infolgedessen gestaltete sich bis dahin die Ttigkeit der Protektoren sehr unterschiedlich, in Abhngigkeit von der kirchenpolitischen Lage, dem Charakter der einzelnen Institutionen und der Persnlichkeit der jeweiligen Beteiligten. Die rechtliche Unbestimmtheit lieá relativ groáen Spielraum fr die Einwirkung informeller persnlicher Beziehungen. Von Kardinal Borgheses Ttigkeit als Protektor der Dominikaner ist bereits bekannt, daá er ausgesprochen intensiv auf den Orden einwirkte und auch auf dessen innere Angelegenheiten weitgehenden Einfluá nahm.
Da Borghese seine Protektorate ber Einrichtungen ganz unterschiedlichen Charakters ausgebt hat, steht zu erwarten, daá auch seine Aktivitten jeweils von ganz unterschiedlicher Art und Intensitt gewesen sind. Ebenso lát sich voraussagen, daá auch die Forschungen zu den einzelnen Protektoraten unterschiedlich verlaufen und quantitativ und qualitativ sehr verschiedene Ergebnisse zeitigen werden. Ein Indiz dafr ist schon die Lage in der Sekundrliteratur. Zur Geschichte der Kardinalprotektorate ber Orden und Nationen existieren immerhin einige Arbeiten, die sich zumeist mit einzelnen Lndern oder Ordensgemeinschaften befassen, whrend gráere zusammenfassende Werke fehlen. Die Protektorate von Stdten, rmischen Bruderschaften und Klstern scheinen bis jetzt dagegen so gut wie gar nicht untersucht worden zu sein, wenn nicht mglicherweise entsprechende Arbeiten im eng begrenzten Bereich lokaler Geschichtsforschung entstanden sind und somit in den in Deutschland zugnglichen Bibliographien kaum genannt werden. Dies knnte nur durch Forschung vor Ort, also vor allem in Rom, ermittelt werden. Ebenso drfte auch ein betrchtlicher Teil der allgemeineren Sekundrliteratur nur in Italien zugnglich sein.
hnlich stellt sich die Lage bei den Quellen dar. Bisher stehen hier Zusammenfassungen aller Briefe Kardinal Borgheses an Mitglieder von Ordensgemeinschaften zur Verfgung, darunter der Dominikaner und Olivetaner, ber die er das Protektorat innehatte. Diese Briefe stammen aus dem vatikanischen Archiv, und es wre zuchst zu ermitteln, ob es dort auch Briefe und Dokumente zu seinen brigen Protektoraten gibt. Danach máte geprft werden, ob es in Archiven der jeweiligen Institutionen ebenfalls Dokumente ber Borgheses Protektorenttigkeit gibt. Diese Arbeit verspricht sehr aufwendig zu werden, weil sie zum einen uáerst dezentral abgewickelt werden máte. Denn die "Luoghi Pii", Kollegien, Klster und die Kirchen der Bruderschaften und Gilden liegen ber ganz Rom verstreut, whrend sich unter Borgheses Protektoraten ber Nationen so entlegene Lnder wie Abessinien, Persien und Armenien befinden (diese sind allerdings zumeist mit einem Kolleg in Rom vertreten was aber nicht der Fall ist bei den Stdten, unter denen als entfernteste Avignon und Ragusa zu nennen sind). Zum anderen máte erst festgestellt werden, ob sich von diesen Institutionen berhaupt Archive erhalten haben, wo sie zu finden sind, ob sie zugnglich sind und ob vorhandene Dokumente ber Borghese rationell zu finden und zu bearbeiten sind. Auáerdem haben die ersten Vorarbeiten ergeben, daá die (undatierte) Liste der Protektorate aus der Zeit zwischen 1628 und 1631 stammen muá, also erst nach dem Tod von Borgheses ppstlichem Onkel entstanden ist, und daá er offenbar vorher noch weitere Protektorate innehatte. Aus diesen Grnden knnte sich im Lauf der Zeit die Notwendigkeit ergeben, die Liste der in der Arbeit zu behandelnden Protektorate sinnvoll einzugrenzen. Aufzuspren wren ebenfalls Dokumente der ppstlichen Kurie ber Borgheses Protektorenttigkeit. Hier drften vor allem die ppstlichen Ernennungsbreven von Wichtigkeit sein, besonders wenn sie die Kompetenzen eines Protektorats genauer umschreiben. Denn diese waren meistens nicht von vornherein juristisch festgelegt und hufig umstritten. Bekannt ist bereits, daá es zu Beginn des Pontifikats von Paul V. eine Diskussion ber den Sinn von Ordensprotektoraten gab, in deren Verlauf sogar erwogen wurde, diese Institution ganz abzuschaffen. Insofern wre es lohnend, Quellen aus der Zeit vor und nach Paul V. darauf zu untersuchen, ob sich die Ttigkeit und Bedeutung von Kardinalprotektoren whrend dessen Pontifikat verndert hat. Ansonsten wren auch kuriale Dokumente von Belang, aus denen hervorgeht, wie Borghese sein Vermittlungsamt gegenber Papst und Kurie wahrgenommen hat, etwa durch die Proposition von Kandidaten fr Bischofssthle in den von ihm protegierten Nationen.
Mit diesem Material knnte dann in der Dissertation z.B. auf folgende Fragen eingegangen werden: Welche Faktoren tragen dazu bei, daá Borghese ein bestimmtes Protektorat bekommt (und ggf. auch wieder verliert)? Liegt hier die Initiative eher bei ihm oder bei den jeweiligen Institutionen? Auf welche Weise tritt er in Kontakt mit den Protegierten? Schriftlich, mndlich, durch Teilnahme an Versammlungen? In eigener Person oder durch Vertreter? Inwieweit handelt er im Interesse der jeweiligen Institutionen, einzelner Gruppen oder Personen aus ihnen, des Papstes und der Kurie, seiner selbst? Betreibt er Patronage von Personen? Mit welchen Einzelfragen befaát er sich und von welcher Seite werden diese an ihn herangetragen? Mit welchen Personen kommt er in Kontakt und warum? Hat er mit diesen Personen auch anderweitig Kontakt und wie wirkt sich das auf seine Protektorenttigkeit aus? Zieht er aus seinen Protektoraten Vorteile, z.B. materielle, machtpolitische oder vielleicht sogar geistliche? Hat Borghese als Protektor Erfolg, warum oder warum nicht? Wchst sein Einfluá oder sinkt er, besonders nach dem Tod seines ppstlichen Onkels?