8.
Lektion - lectio octava (octo 8)In der 30. Lektion des Griechisch-Kurses erzähle ich in der Einleitung einiges zum Alten Testament, unter anderem betrachten wir eine bemerkenswerte Passage aus dem Buch Kohelet oder Ecclesiastes.
In Koh 3, 1-8 steht eine ganze Liste von substantivierten Infinitivformen, also gerade das Thema, mit dem wir uns u.a. in der letzten Latein-Lektion beschäftigt hatten: mit dem Gerundium.
Wäre es nicht reizvoll, den Vulgata-Text dieser Stelle zu lesen? Sie ist vom Inhalt her beeindruckend -und wir können das Gerundium bei der Arbeit beobachten.
Also hier ist der Text samt Übersetzung, Vokabeln stehen am Ende. Die Übersetzung kann man auch abdecken!
VULGATA Ecclesiastes 3:1
1 omnia tempus habent, et suis spatiis transeunt universa sub caelo.
2 tempus nascendi et tempus moriendi, tempus plantandi et tempus evellendi quod plantatum est,
3 tempus occidendi et tempus sanandi, tempus destruendi et tempus aedificandi,
4 tempus flendi et tempus ridendi, tempus plangendi et tempus saltandi,
5 tempus spargendi lapides et tempus colligendi, tempus amplexandi et tempus longe fieri a conplexibus,
6 tempus adquirendi et tempus perdendi, tempus custodiendi et tempus abiciendi,
7 tempus scindendi et tempus consuendi, tempus tacendi et tempus loquendi,
8 tempus dilectionis et tempus odii, tempus belli et tempus pacis.
Vokabular
Hieronymus hat bei seiner Übersetzungsarbeit an der Vulgata viele Bücher des Alten- und Neuen Testamentes revidiert. Das Buch Ecclesiasticus ließ er jedoch wie es war. Oft benutzte er ältere lateinische Bibelübersetzungen -Vetus Latina alte lateinische (Übersetzungen)-, die sich auf die Septuaginta gestützt hatten, und redigierte sie. So legte er 384 n.Chr. eine überarbeitete Fassung der Evangelien vor.
Die Psalmen übertrug er direkt aus dem Hebräischen. Aber diese Version wurde nie akzeptiert. Die Psalmenübersetzung, die wir in der alten Vulgata finden, ist ebenfalls eine ältere Übersetzung. Übrigens ist die zuerst 1971 veröffentlichte Übersetzung des Psalters eine echte ökumenische Arbeit, an der evangelische und katholische Fachleute beteiligt waren. Nach einer Erprobungsphase wurde ein abermals revidierter Text 1973/74 veröffentlicht.
Ich sagte vorhin alte Vulgata, um sie von der neuen Vulgata zu unterscheiden, die 1979 im Anschluß an das Zweite Vatikanische Konzil erarbeitet wurde. Vermutlich wird auch das nicht die letzte Vulgata, die letzte Allgemeine, sein. Andererseits ist das Lateinische für Theologen nicht mehr allzu interessant: In der Liturgie wird die jeweilige Landessprache benutzt, und für wissenschaftliche Arbeiten zum AT und NT kann sich niemand mehr auf die Vulgata stützen. Die Folge: Man muß Griechisch und Hebräisch lernen. Selbst die sogenannte Einheitsübersetzung hat sich nicht mehr nach der Vulgata gerichtet. Aber da ist ja noch die katholische Kirche, die das Lateinische -Gott sei es gedankt- liebevoll durch alle Wirrnisse gerettet hat und sicherlich weiterhin beschützen wird.
Hieronymus hat einen umfangreichen Briefwechsel hinterlassen. Im Anhang werden wir einen Brief-Ausschnitt lesen, der u.a. Licht auf seine Übersetzungsarbeit wirft.
Gerundium und Gerundivum Teil 2
(Gerundivkonstruktion)
Wenn das Gerundium eines transitiven Verbs sein Objekt im Akkusativ neben sich hat, so wird dieses bei Präpositionen und im Dativ stets in das Gerundivum verwandelt. |
Was soll das heißen?
Schauen wir uns nochmals das Beispiel facultâs Carthâginem dêlendî tibi datur an. Wir wollen dies eine Gerundium-Konstruktion nennen. Carthaginem ist Akkusativobjekt zum Genitiv des Gerundiums, also zu delendi.
Wenn wir jetzt das Objekt Carthâginem in den Kasus des Gerundiums setzen, also in den Genitiv, und das Gerundivum als Adjektiv (Attribut) mit ihm übereinstimmend hinzufügen, natürlich als Gen. Fem., da Carthagô als Stadt weiblich ist, so erhalten wir die seltsam wirkende Form facultâs Carthâginis dêlendae tibi datur.
Diese Form ist die sogenannte Gerundiv-Konstruktion. Beide Konstruktionen sind gebräulich, i.a. findet man jedoch die Gerundiv-Konstruktion häufiger in lateinischen Texten.
Um zu sehen, wie das im Plural funktioniert, nehmen wir statt Carthagô das Substantiv urbs, urbis f die Stadt.
Genitiv
Gerund-Konstruktion |
Gerundiv-Konstruktion |
|
Singular |
facultâs urbem dêlendî tibi datur |
facultâs urbis dêlendae tibi datur |
Plural |
facultâs urbês dêlendî tibi datur |
facultâs urbium dêlendârum tibi datur |
Beide Konstruktionen sind im Prinzip gleichwertig, sie sagen beide dasselbe aus, nämlich:
Die Möglichkeit wird dir gegeben, die Stadt (die Städte) zu zerstören.
Dies waren Beispiel mit dem Genitiv des Gerundiums. Im Ablativ funktioniert die Sache ebenso:
Wieder können beide Formulierungen benutzt werden.
Schauen wir uns auch eine Ablativ-Tabelle mit Singular und Plural an:
Ablativ
Gerund-Konstruktion |
Gerundiv-Konstruktion |
|
Sing. |
librum inûtilem legendô tempus perdere |
librô inûtilî legendô tempus perdere |
Plur. |
librôs inûtilês legendô tempus perdere |
librîs inûtilibus legendîs tempus perdere |
Mit Lesen eines unnützen Buches (unnützer Bücher) Zeit verlieren. Wieder sind beide Konstruktionen gleichwertig, wenngleich die Gerundiv-Konstruktion häufiger benutzt wird.
Jetzt komme ich auf den einleitenden Satz zurück, in dem gesagt wird, daß die Gerundium-Konstruktion dann nicht erlaubt ist, wenn das Gerundium ein Akkusativobjekt bei sich hat und eine Präposition (z.B.
ad, de, in) vorhanden ist -oder wenn das Gerundium im Dativ steht.Beispiele:
Am einleitenden Beispiel beleuchte ich das vorhin Gesagte nochmals von einer anderen Seite, bitte genau hinschauen:
Facultâs Carthâginem dêlendî tibi datur.
Die Möglichkeit des Karthago Zerstörens wird dir gegeben = dir wird die Möglichkeit gegeben, Karthago zu zerstören.
Das Gerundium delendi ist Genitivattribut zu facultas und besitzt ein Akkusativobjekt, nämlich Carthaginem. Das Gerundium bildet mit seinem Objekt einen sog. aktiven Wortblock, d.h. Karthago und zerstören bilden einen aktiven Begriff, sie sind gemeinsam das Objekt von facultas.
Aber: diese Konstruktion wird von den lateinischen Autoren i.a. nicht benutzt.
Vielmehr formulieren sie:
Facultâs Carthâginis dêlendae tibi datur.
Die Möglichkeit eines Karthagos, das zerstört werden muß, wird dir gegeben.
Hier ist Carthaginis Genitivattribut zu facultas und das Gerundivum delendae ist Attribut zu Carthaginis. Als Adjektiv mußte dêlendus, a, um sich im Genus, Numerus und Kasus nach seinem Beziehungswort (Carthaginis) richten, d.h. es mußte Fem.Sing.Gen. sein. Der Wortblock Carthaginis delendae hat ersichtlich passivische Bedeutung. (Beachten Sie auch, daß wir die Gerundiv-Konstr. nur mit Hilfe eines Nebensatzes wiedergeben konnten. Dies zeigt deutlich, daß das Latein -in diesem Falle wenigstens- wesentlich prägnanter ist als das Deutsche.)
Das Gerundivum findet man häufig zusammen mit einem Substantiv, mit dem es einen adverbialen Ausdruck bildet. So bedeutet ad vindicandam iniuriam wörtlich: zwecks Bestrafung der Beleidigung oder ad pacem petendam um Frieden zu erbitten.
Wir werden immer wieder beobachten, daß der Lateiner eine Vorliebe für die passivische Ausdrucksweise hat. Um dies zu erklären, müßte man vielleicht in die römische Seele Einblick nehmen. In jedem Fall handelt es sich um einen Kontrast zur Vorliebe des Deutschen für die aktive Sprechweise.
Andereseits
unterbleibt die Umwandlung Aktiv > Passiv, also Gerundium-Konstr. > Gerundiv-Konstr., wenn dadurch ein häßlicher Klang entstehen würde, eine Kakophonie. Beispielsweise, wenn orum und orum bzw. arum und arum zusammentreffen würden. Der Plan, Freunde zu besuchen wird durch die Gerund-Konstr. cônsilium amîcôs visitandî wiedergegeben und nicht durch die häßlich klingende Gerundiv-Konstr. cônsilium amîcôrum visitandôrum. Dagegen wird cônsilium urbês dêlendî umgewandelt: cônsilium urbium dêlendârum. Ausnahmen gibt es natürlich auch hier.Wahrscheinlich ist ihnen jetzt klar, warum es nicht heißen kann ad effeminandum animôs, denn das ist ein Gerundium mit Akkusativobjekt und Präposition. In diesem Fall muß das Objekt animôs in den Kasus des Gerundiums gebracht werden, also in den Akkusativ. Das ist hier aber schon geschehen, -nur muß das Gerundivum sich auch im Numerus nach dem Substantiv richten, d.h. aus effeminandum muß effeminandôs werden.
Noch einige nützliche Tips:
Wie erkennt man, ob es sich im gegebenen Fall um ein Gerundium oder um ein Gerundivum handelt? Im allgemeinen ist es recht einfach. Sie haben nur die folgenden Punkte zu beachten:
Aber:
Wenn das fragliche Wort prädikativ in Verbindung mit einer Form von esse gebraucht wird, dürfen Sie ebenfalls davon ausgehen, daß es sich um ein Gerundivum handelt, z.B.:
Multîs dê causîs Caesar statuit sibi Rhênum esse trânseundum. Aus vielen Gründen stellte Caesar fest, daß er den Rhein überschreiten müsse. trânseundum ist also Gerundivum wegen esse. (Wie gefallen Ihnen folgende Übersetzungen ..es bestehe für ihn die Aufgabe, den Rhein zu überschreiten oder: der Rhein sei für ihn überschreitenswert?)
Ist Ihnen aufgefallen, daß das Gerundivum trâns-eundum heißt und nicht etwa trâns-eendum, -und daß es innerhalb eines a.c.i. steht?
Môrês maiôrum neglegendî nôn sunt.
Die Sitten der Vorfahren dürfen nicht vernachlässigt werden. neglegendi ist Gerundivum wegen sunt, einer Form von esse -und wegen der Kongruenz mit môs, môris m Sitte.Sowohl Gerundium als auch Gerundivum sind unserem Sprachgefühl eigentlich fremd. Wieder kann ich nur sagen, daß die Übung es sicher bringen wird: exercendo discimus durch Üben lernen wir, ebenso wie wir uns durch Laufen und Schwimmen üben currendo et natando nos exercemus. In jedem Fall sollten Sie nicht verzweifeln, wenn es mit dem Verständnis nicht gleich klappt: nôn tibi dêspêrandum est! Du darfst nicht verzweifeln!
Versuchen Sie zu übersetzen
Naturâ prôpênsî sumus ad dîligendôs hominês. (
Cicero, De leg. I, XV, 43)
Lösungen:
In den folgenden Paragraphen beschreibt Caesar die geographische Lage der Länder, die von den Galliern (im engeren Sinne), den Belgern und den Aquitanern bewohnt werden. Die Sequaner und die Helvetier, ebenfalls gallische Völkerschaften, sind unmittelbare Nachbarn. Wenn Sie sich einmal eine Karte Galliens zur Zeit Caesars anschauen (Internet!), werden Sie erstaunt sein über die Vielzahl der Völkerschaften, die das Gebiet des heutigen Frankreich damals bewohnten.
BG 1,1,4-7
1. |
Quâ de causâ Helvêtiî quoque reliqôs Gallôs virtûte praecêdunt, quod fere cotidiânîs proeliîs cum Germânîs contendunt, |
2. |
cum aut suîs fînibus eôs prohibent aut ipsî in eôrum fînibus bellum gerunt. |
3. |
Eôrum ûna pars, quam Gallos obtinêre dictum est, initium capit â flûmine Rhôdanô, |
4. |
attingit etiam ab Sequanîs et Helvêtiîs flumen Rhênum, vergit ad septentriônês. |
5. |
Belgae ab extrêmîs Galliae fînibus oriûntur, pertinent ad inferiôrem partem flûminis Rhênî, |
6. |
spectant in septrentiônem et orientem sôlem. |
7. |
Aquitânia a Garumna flumine ad Pyrenaeôs montês et eam partem Oceanî, quae est ad Hispâniam, pertinet; |
8. |
spectat inter occâsum sôlis et septentriônes. |
wörtliche Übersetzung
1. |
Welchem aus Grunde die Helvetier auch die übrigen Gallier an Tapferkeit übertreffen, weil fast in täglichen Gefechten mit den Germanen sie streiten, |
2. |
indem entweder aus ihrem Gebiet dieselben sie halten fern oder selbst in ihrem Gebiet Krieg führen. |
3. |
Derselben ein Teil, den die Gallier innehaben, gesagt ist, den Anfang nimmt vom Fluß Rhone, wird begrenzt von der Garonne von dem Fluß, vom Ozean, von dem Gebiet der Belger, |
4. |
er berührt auch von den Sequanern und den Helvetiern den Fluß Rhein, er erstreckt sich nach Norden. |
5. |
Die Belger von den äußersten Galliens Grenzen angefangen, sie erstrecken sich bis zum unteren Teil des Flusses Rhein, |
6. |
schauen nach Norden und (nach) der aufgehenden Sonne. |
7. |
Aquitanien von der Garonne von dem Fluß bis zu den Pyrenäen Bergen und demjenigen Teil des Ozeans, der ist bei Spanien, erstreckt sich; |
8. |
es schaut zwischen dem Untergang der Sonne und Norden. |
freie Übersetzung
Aus diesem Grund übertreffen die Helvetier auch die übrigen Gallier an Tapferkeit, indem sie dieselben entweder von ihrem Gebiet fernhalten oder selbst in deren Gebiet Krieg führen. Ein Teil derselben, den, wie gesagt, die (eigentlichen) Gallier innehaben, nimmt seinen Anfang an der Rhone; er wird begrenzt von der Garonne, dem (Atlantischen) Ozean und dem Gebiet der Belger; er berührt auch auf der Seite, wo die Sequaner und Helvetier wohnen, den Rhein; er fließt in nördlicher Richtung. Die Belger beginnen bei den äußersten Grenzen (des eigentlichen) Galliens, erstrecken sich bis zum Niederrhein und sind nach Nord-Ost orientiert. Aquitanien erstreckt sich von der Garonne bis zu den Pyrenäen und demjenigen Teil des Ozeans, der bei Spanien liegt; es schaut nach Nordwesten. |
Verben
praecêdô, praecessî, praecessum, praecêdere
vorangehen, übertreffenSonstige Wörter und Erklärungen
Helvêtiî, ôrum m
keltisches Volk, das ein Gebiet bewohnte, das sich teilweise mit der heutigen Schweiz deckt.
Erklärungen zur Übersetzung
Zeilen 1/2
Eine erste Inspektion sagt Ihnen, daß eine Periode vorliegt, die aus einem Haupt- und zwei Nebensätzen besteht. Den Beginn der Nebensätze erkennen Sie an den Konjunktionen quod und cum. Das einführende Relativum qua leitet keinen Nebensatz ein, es hat die Funktion eines Bandes, das den vorhergehenden mit dem neuen Satz verbindet, es ist eine sog. relativische Anknüpfung.
HS: Aus diesem Grund übertreffen die Helvetier auch die übrigen Gallier an Tapferkeit,
das Prädikat praecedunt steht im Indikativ: 3.Pl.Ind.Präs.Akt
NS1: Es handelt sich um einen Nebensatz, der einen Grund für das Geschehen im HS angibt; es ist also ein Kausalsatz. quod + Indikativ gibt eine Tatsache als Grund an.
cotidianis proeliis ist ein Ablativ auf die Frage womit, wodurch?, ein Ablativus instrumenti: weil sie in fast täglichen Gefechten mit den Germanen kämpfen,
NS2: Das Verb dieses NS steht ebenfalls im Tempus des HS und schildert eine Handlung, die mit der des HS koinzidiert, d.h. zeitlich und sachlich zusammenfällt. Dieses cum coincidentiae + Indikativ übersetzen wir mit dadurch, daß; indem.
Beachten Sie auch die korrespondierenden (sich entsprechenden) Partikeln aut....aut entweder .... oder.
Indem sie dieselben entweder von ihrem Gebiet fernhalten oder selbst in deren Gebiet Krieg führen.
Zeilen 3/4
una pars ist Subjekt zu vier Prädikaten: capit, continetur, attingit und vergit. Wir haben also einen zusammengezogenen Satz vor uns. Der einzige Nebensatz ist der von quam eingeleitete Relativsatz quam Gallos obtinêre dictum est den, wie gesagt, die Gallier inne haben.
eorum derselben ist wieder eine relativische Anknüpfung. Mit derselben sind die Gallier insgesamt gemeint; im Relativsatz ist die Rede von den eigentlichen Galliern, oder den Galliern im engeren Sinne.
Ein Teil derselben, den, wie gesagt, die (eigentlichen) Gallier innehaben, nimmt seinen Anfang an der Rhone; er wird begrenzt von der Garonne, dem (Atlantischen) Ozean und dem Gebiet der Belger; er berührt auch auf der Seite, wo die Sequaner und Helvetier wohnen den Rhein; er fließt in nördlicher Richtung.
Zeilen 5/6
Auch dieser Satz ist zusammengezogen -aber mit nur drei Prädikaten: oriuntur, pertinent, spectant. Das Subjekt Belgae steht ganz vorne. Also: Die Belgier... beginnen, erstrecken sich.. (und) schauen in Richtung Norden und aufgehender Sonne, also nach Nord-Ost.
Die Belger beginnen bei den äußersten Grenzen (des eigentlichen) Galliens, erstrecken sich bis zum Niederrhein und sind nach Nord-Ost orientiert.
Zeilen 7/8
Hier liegen sicherlich keine großen Probleme vor:
Aquitanien erstreckt sich von der Garonne bis zu den Pyrenäen und demjenigen Teil des Ozeans, der bei Spanien liegt; es schaut nach Nordwesten.
Lösungen:
Der folgende Ausschnitt aus einem Hieronymus-Brief (Text aus Grundkurs Latein 1. Aufl.von W.Stosch und J. Richter-Reichhelm, Diesterweg 1976). Wir lernen, unter welchen Schwierigkeiten die Bibelübersetzung zustande kam.
Zuvor müssen wir wissen, daß sich Hieronymus 386 n.Chr.-als er nicht zum Nachfolger des verstorbenen Papstes Damasus gewählt worden war- nach Bethlehem begab, wo er mehrere Klöster gründete und seine Bibelübersetzung fortführte.
Hören wir, was er über sein Leben in der "Abgeschiedenheit" schreibt:
Nulla hora nullumque momentum est, in quo non fratrum occurramus turbis et monasterii solitudinem hospitum frequentia commutemus;
Keine Stunde und kein Augenblick vergeht, in denen ich nicht Scharen von Brüdern begegnete und die klösterliche Einsamkeit gegen Besucherscharen eintauschen müßte;
in tantum, ut aut claudendum sit nobis ôstium, aut Scripturarum, per quas aperiendae sunt fores, studia relinquenda.
Itaque lucrativis, immô furtivis noctium horis, quae hieme propinquante longiores esse coeperunt, haec ad lucernulam, qualiacumque sunt, dictare conamur.
Accedit ad hanc dictandi difficultatem, quod caligantibus oculis senectute ad nocturnum lumen nêquâquam valeamus Hebraeorum volumina relegere,
quae etiam ad solis dieique fulgorem litterarum parvitate caecantur.
Vokabular
oc-currô, currî, cursum, currere
begegnenOffenbar arbeitete Hieronymus unter erschwerten Bedingungen. Aber immerhin konnte er Hebräisch und war in der Lage, die Bücher des AT direkt aus dem Urtext ins Lateinische zu übersetzen, er war nicht auf die griechische Septuaginta angewiesen. Andererseits wurde sein feines Cicero-Latein stark vom Hebräischen beeinflußt, man kann z.B. gelegentlich hebräische Syntax und Wortfolge beobachten. Die Vulgata ist insgesamt derart voller Eigentümlichkeiten, daß einige Autoren es für nötig fanden, eine Grammatik der Vulgata zu schreiben, z.B. W.E. Plater und H.J. White, A Grammer of the Vulgate, Oxford, 1926.