Auslânder
Berlin - Der deutsche Innenminister Otto Schily (SDP) hat die oppositionelle Union davor gewarnt, die Einwanderungsfrage zum Wahlkampfthema zu machen. Der SPD-Politiker sprach sich in der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstagausgabe) für einen breiten Konsens der Parteien aus, lehnte aber gleichzeitig eine Diskussion über Zuwanderungsquoten ab, da sie in eine "Sackgasse" führten. Die SPD appellierte erneut an die Union, sich einer Zusammenarbeit beim Thema Zuwanderung nicht zu verschließen. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel erklärte die Bereitschaft zu Verhandlungen, sprach aber von "teils dramatische Unterschieden" in den Positionen.
SPD-Generalsekretär Franz Müntefering erklärte,
es sei "das taktische Interesse aller, in dieser Jahr dem
Menschen eine Antwort" in dieser Frage zu geben: "Ich
unterstelle, dass auch die Union eine Lösung haben will".
Der SPD-Vorstand habe das Zuwanderungskonzept der Partei einstimmig
gebilligt. Natürlich gebe es Unterschiede zwischen den drei
Stellungnahmen zur Zuwanderung - der Regierungskommission zur
Einwanderung unter Leitung der CDU-Politikerin Rita Süssmuth,
der Einwanderungskommission der Union unter Leitung des saarländischen
Ministerpräsidenten Peter Müller (CDU) und der SPD,
sagte Müntefering.
SPD: Zuwanderung angenommen
In Zukunft würden mehr Deutsche im Ausland arbeiten und mehr
Ausländer in Deutschland. Statt eine konkrete Zahl zur Einwanderungsquote
zu nennen, sage die SPD, zuerst gehe es darum, die Menschen im
Lande zu qualifizieren. Es käme darauf an, in der Zuwanderungsfrage
eine Struktur zu finden, so Müntefering. Der SPD-Parteivorstand
hatte am Montag einstimmig das Zuwanderungskonzept der Bundestagsfraktion
gebilligt. Es habe dazu keine lange Diskussion mehr gegeben, nun
solle versucht werden, zusammen mit der Union eine konkrete Gesetzgebung
zu schaffen.
CDU-Chefin Merkel erklärte, ihre Partei sei zu Verhandlungen
bereit, sobald die Rot-Grün-Regierung einen Gesetzesentwurf
vorlege. Einig seien sich beide Seiten beim Thema Integrationsbemühungen.
Ansonsten gebe es "teils dramatische Unterscheide" in
den Papieren der Süssmuth- und der Müller-Kommission.
"Gravierende Differenzen" gebe es bei der Ausweitung
der Asyltatbestände und der Ausbildung ausländischer
Jugendlicher. Außerdem habe das Regierungspapier eine Auseinandersetzung
mit den Europa-Richtlinien noch nicht begonnen. Das große
Lob, das Schily der Müller-Kommission zolle, könne von
der CDU angesichts des Süssmuth-Berichts nicht zurückgegeben
werden, sagte Merkel.
Grünen-Vorsitzende Claudia Roth erklärte zum SPD-Entwurf:
"Es gibt viele Übereinstimmungen, auch im Asylbereich."
Nun sei es möglich, noch in dieser Legislaturperiode einen
Konsens zu erzielen. Schily will nach Zeitungsangaben voraussichtlich
im September dem Bundeskabinett einen Gesetzesentwurf zur Zuwanderung
vorlegen.
Heidelberg/Nürnberg - In drei deutschen Städten haben Aufmärsche der rechtsextremen NPD am Samstag Gegendemonstrationen ausgelöst. Bis zum Nachmittag konnte die Polizei in Heidelberg, Nürnberg und im niedersächsischen Oldenburg mit jeweils großem Aufgebot Zusammenstöße verhindern.
Die Gegendemonstranten aus der linken Szene waren in allen drei
Orten deutlich in der Überzahl. In Heidelberg standen nach
Polizeiangaben 80 Anhänger der NPD-Jugend rund 1400 Menschen
aus linken Spektrum gegenüber. Die Polizei bemühte sich,
beide Seiten durch einen Korridor voneinander fern zu halten.
Unbekannte beschädigten zwei Polizeiwagen. Die Rechtsextremisten
protestierten gegen die militärischen Einsätze der USA
in Afghanistan. Heidelberg ist Sitz des Hauptquartiers der US-
Landstreitkräfte Europa.
Angespannte Situation
In Nürnberg versammelten sich am Nachmittag bis zu 3500 Menschen,
um gegen den Aufmarsch von rund 350 NPD-Sympathisanten zu protestieren.
Die "Bürgerinitiative Ausländerstopp" wollte
damit ihren OB-Kandidaten und Ex-NPD-Chef Günter Deckert
unterstützen. Die Polizei sprach von einer angespannten Situation.
In Oldenburg zogen etwa 80 Anhänger der NPD durch die Stadt,
etwa 350 Gegendemonstranten protestierten nach Polizeiangaben
gegen den Aufzug. Es gab kleinere Handgemenge, als die Beamten
versuchten, die NPD-Gegner einzukesseln. Nach Polizeiangaben wurde
die ursprüngliche Route der NPD-Anhänger verkürzt.
Aus den Reihen der Gegendemonstranten flogen Pflastersteine und
Leuchtmunition in Richtung des NPD-Aufzugs. Es wurde jedoch niemand
ernsthaft verletzt, teilte die Polizei mit.