Die Schweiz und NATO
«Die
Nato ist ein langfristiges Ziel» Sie gehört
zu den Nato-Turbos: Die FDP-Fraktionschefin Christine Beerli
will die Nato wegen der umstrittenen Uran-Munition nicht disqualifizieren. Interview: Daniel
Röthlisberger und Mario Tuor FACTS: Frau Beerli, warum wollen
Sie unbedingt in die Nato? FACTS: Für die Arbeitsgruppe
Sicherheitspolitik, der Sie angehören, «drängt
sich der Nato-Beitritt auf». FACTS: Eben. FACTS: Der Bundesrat hält sich
den Nato-Beitritt offen. Für Sie ist er längerfristig
unausweichlich. FACTS: Was heisst längerfristig? FACTS: Also gut. Dort steht aber,
die Schweiz könne militärischen Bedrohungen nicht mehr
allein widerstehen. FACTS: Das tönt schon wieder
nach Nato-Beitritt. Warum sagen Sie es nicht direkt? FACTS: Wann? FACTS: Weil Sie Angst haben, es werde
vom Volk nicht akzeptiert? FACTS: Scheuen Sie nicht einfach
die Diskussion über die Neutralität? FACTS: Man kann ja nicht warten,
bis der unwahrscheinliche Fall eines militärischen Angriffs
auf die Schweiz stattfindet, und dann schnell in die Nato eintreten. FACTS: Das Vorprellen der Arbeitsgruppe
zur Nato-Frage gefährdet den ersten Schritt. FACTS: Und erwähnen trotzdem
den Nato-Beitritt? FACTS: Also doch Nato-Beitritt? FACTS: Quasi als Trainingslager für
den Nato-Beitritt? FACTS: Macht die Nato zurzeit auf
Sie einen Vertrauen erweckenden Eindruck? FACTS: Aber die Uran-Munition schwächt
die Glaubwürdigkeit der Nato. |
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Die Berner Ständerätin Christine Beerli, 47, ist seit 1996 Präsidentin der FDP-Fraktion im Bundeshaus. Im letzten Jahr wurde sie Mitglied der Arbeitsgruppe Sicherheitspolitik. Die gelernte Anwältin ist Direktorin der Bieler Hochschule für Technik und Architektur. Christine Beerli ist geschieden und lebt in Biel. |
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«Nato-Turbos» Die sicherheitspolitische
Arbeitsgruppe Schoch will einen raschen Nato-Beitritt. Mitten in
der Debatte über das neue Militärgesetz mit der Bewaffnung
von Schweizer Soldaten im Ausland bekräftigen die Armeereformer
der Arbeitsgruppe Sicherheitspolitik ihre positive Haltung zum
Nato-Beitritt der Schweiz. Am 8. November 2000 präsentierte
die Gruppe zwölf Thesen zur Armee XXI. Darin begrüsst
sie grundsätzlich das Vorgehen des Bundesrates, doch «längerfristig»
dränge sich der Nato-Beitritt auf. Die Arbeitsgruppe
Sicherheitspolitik wurde 1994 gegründet und sorgte schon
mit ihrer ersten Publikation für helle Aufregung. Die kleine
Gruppe um den damaligen Ausserrhoder FDP-Ständerat Otto
Schoch forderte eine Berufsarmee und liebäugelte bereits
damals mit dem Nato-Beitritt - was ihr den Übernamen «Nato-Turbos»
eintrug. In der Gruppe
sind ein gutes Dutzend Militärexperten, Politiker und Wirtschaftsleute
dabei. Neben Christine Beerli machen unter anderen die Sozialdemokraten
Gian-Reto Plattner und Yvette Jaggi mit, PR-Berater Iwan Rickenbacher,
ETH-Professor Kurt R. Spillmann und Militärsoziologe Karl
W. Haltiner. «Wenn es nach mir ginge», sagt Otto Schoch, «müssten wir in den nächsten drei bis fünf Jahren der Nato beitreten.» Die Schweizer Armee sei heute teilweise Nato-kompatibel, sagt Schoch und lobt den zurückgetretenen Militärminister: «Adolf Ogi hat hervorragende Vorarbeit geleistet.» Das sieht Aussenminister Joseph Deiss nicht ganz so. In der «Allgemeinen Schweizerischen Militärzeitschrift» sagte er jüngst: «Ein Nato-Beitritt ist für die Schweiz kein Thema.» |