Wie ein trauriger Indianer
Der italienische Liedermacher Fabrizio de André ist im Alter von 58 Jahren in Mailand gestorben

Er war immer ein wenig anders als die ohnehin etwas sonderbaren italienischen Liedermacher, die Cantautori. Wie ein trauriger Indianer, hat einmal jemand gesagt, sah er aus, mit den schulterlangen Haaren, dem vernarbten Gesicht, dem eindringlichen, introvertierten Blick. Seine Stimme hatte den melancholisch-trotzigen Klang, und das Meer hörte man darin. Jetzt ist sie verstummt: im Alter von 58 Jahren erlag gestern Fabrizio de André in Mailand einem Tumorleiden.

Sein letztes Album, „Anime salve“, 1996 nach sechsjähriger Pause veröffentlicht, muß man somit als Vermächtnis hinnehmen. Aber tatsächlich ist dort textlich und musikalisch noch einmal die ganze künstlerische Kraft dieses Mannes zu spüren, diese Leidenschaft, mit der er die Welt sah. De André hatte keine großen Themen, er fand seine Geschichten auf der Straße, in den Bars, am Strand, in den trügerischen Nächten in fremden Armen. Er gab den Unangepaßten, den Außenseitern, den Scheiternden eine Stimme und er liebte ihre Widersprüche, ihre Wärme, mit der sie sich in die Einsam keiten zurückzogen, die de André selber kannte und immer auch suchte.

1940 wurde er in Genua geboren (den Dialekt liebte er zeitlebens). Der Vater wurde von den Faschisten verfolgt, die Familie mußte sich verstecken. Das Jura-Studium brach de André zugunsten der Musik ab: 1958 veröffentlichte er seine erste Single. Es folgten Platten, die ihn besonders in den 60er Jahren in der Studentenbewegung populär machten: er selber galt als publikumsscheuer Intellektueller, der von der Poesie in eine harte, unverblümte, anklagende Tonart wechseln konnte.

In die Schlagzeilen geriet er mehrmals: 1979 wurde er zusammen mit seiner Freundin Dori Ghezzi in Sardinien entführt und erst nach vier Monaten freigelassen; im vergangenen Jahr lobte er öffentlich die kalabrische Mafia und wurde prompt angezeigt.

Unberechenbar war er, auch musikalisch, indem er ideenreich und respektlos zwischen den Stilen wechselte und keinerlei Scheu vor traditionellen Elementen kannte. Immer auf der Suche: de André hat gezeigt, wie reizvoll Rastlosigkeit und Widerstand gegen das Normale sein können. -noa-

 
zurück zur Titelseite

E-Mail an uns

© NÜRNBERGER NACHRICHTEN