|
Tagesausgabe | Monatsarchiv | Suchen in Tagesausgabe | Suchen im Monatsarchiv
PDF-Version | Postscript-Version | RTF-Version
NZZ TagesausgabeNeue Zürcher Zeitung VERMISCHTE MELDUNGEN Dienstag, 12.01.1999 Nr. 8 18
w. p. Der italienische Liedermacher und Sänger Fabrizio De André ist in der Nacht auf den Montag im Alter von 58 Jahren in einer Mailänder Klinik an den Folgen eines Krebsleidens gestorben. Damit ist nur wenige Monate nach dem Tod von Lucio Battisti eine weitere Ikone des italienischen Autorenliedes gestorben. Der 1940 im Quartier von Foce in Genua geborene Cantautore galt als introvertiert und hochsensibel, und er war ein über die Landesgrenzen hinaus angesehener Autor, Komponist und Sänger. De André, der seit vielen Jahren zurückgezogen auf Sardinien lebte, war die graue Eminenz des italienischen Autorenliedes, dessen Entwicklung er während mehr als 30 Jahren stark beeinflusste. Bereits mit 15 Jahren schrieb er seine erste Canzone, die später als «Ballata di Piero» bekannt wurde. Mit 18 nahm er die erste Single, «Nuvole Barocche», auf. Sein grosser Durchbruch fiel mit dem studentischen Aufbruch von 1968 zusammen. Gemeinsam mit Freunden wie Luigi Tenco, Umberto Bindi und Gion Paoli bildete er bald die gewichtige Genueser Schule unter den italienischen Cantautori. Die tiefe und warme Stimme, die De André mit leidenschaftlichem Ausdruck, jedoch ohne jegliches Pathos wie ein zusätzliches Instrument einsetzte, wurde bald sein Markenzeichen. Anfangs begleitete er sich selbst auf einer akustischen Gitarre, später experimentierte er in seinen Platteneinspielungen mit wechselnden Instrumentierungen. Die Mischung aus unvermittelten, (gesellschafts)politischen Inhalten seiner Canzoni, die bisweilen auch anarchistische Züge aufwiesen, und die ihm eigene, sehr poetische Ausdrucksform waren stilbildend für eine ganze Generation aufstrebender Cantautori. Alben wie «Storia di un Impiegato» oder «Rimini» gelten ebenso als Meilensteine des Genres wie die beiden Live-Alben aus den Jahren 1979 und 1981, die De Andrés äusserst gelungene Zusammenarbeit mit der Gruppe P.M.F. während zweier ausgedehnter Konzertreisen durch Italien dokumentieren. Darauf enthalten ist auch der bewegende Titel «Hotel Supramonte». Das Lied handelt von der mehr als 100 Tage währenden Entführung durch sardische Erpresser, welche De André und seine Frau nach der Zahlung von Lösegeld unversehrt freiliessen. Nach «Crueza de Mar», der vollständig in Genueser Dialekt gesungenen Produktion aus dem Jahr 1984, wurden die Abstände zwischen den Einspielungen immer länger. Nach «Le Nuvole» (1990) bescherte ihm die 1996 veröffentlichte letzte Studio-CD, «Anime Salve», abermals hymnische Kritiken. Bis zuletzt arbeitete De André, der seine Krankheit in einem seiner letzten Interviews als vorübergehendes Scharmützel in einem lebenslangen Kampf bezeichnete, an zahlreichen Projekten.
Tagesausgabe | Monatsarchiv | Suchen in Tagesausgabe | Suchen im Monatsarchiv
|
|||||||||||||
![]() |