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12.01.99


"Wirr, witzig, ein wenig snobistisch"

Italien trauert um einen Melancholiker und Einzelgänger. De André mied die Öffentlichkeit und wurde dennoch zur Ikone.

Von Oliver Meiler, Rom

Die Eloge wäre ihm unangenehm, ihm, der seine Medienauftritte dünn säte und auch sein Publikum nur selten mit Tourneen beglückte: Der Tod von Fabrizio De André, dem gesellschaftskritischen Poeten unter Italiens Liedermachern, verdrängte am Montag alle anderen Nachrichten in Radio und Fernsehen. Ein Sender spielte zu Beginn der Tagesschau seinen grössten Erfolg, "La Canzone di Marinella", in voller Länge - als Hommage. Rai Uno entschied sich für "Bocca di rosa", das Lied, das De André nach eigenem Bekunden am meisten glich.

Kein Gefühlsdusler

Der Genuese verweigerte sich dem Mainstream der Canzone italiana der 60er- und 70er-Jahre und wird dennoch als ein Maestro jenes Genres gefeiert. De André suchte den kommerziellen Erfolg nicht und verdrängte trotzdem in jenen Jahren wiederholt Gianni Morandi, Mina und den vor vier Monaten verstorbenen Lucio Battisti von der Spitze der italienischen Hitparade. "Er sang von Gefühlen, ohne ein Gefühlsdusler zu sein", schreibt Giacomo Pellicciotti, ein Musikkritiker der "Repubblica", in der Internet-Ausgabe der Zeitung. Und Jugendfreund und Koautor Paolo Villaggio hat De André als "intelligenten, genialen, wirren, witzigen, aber auch ein wenig eitlen und snobistischen" Menschen in Erinnerung. Seine Familie hat ihn bis ans Lebensende begleitet.


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