![]() | Von Beruf bin ich Vertreter. Ich verkaufe Schuhe für die Firma Merkur. Als Vertreter bin ich viel unterwegs. Ich muß jeden Morgen früh aufstehen. "Morgenstunde hat Gold im Munde," so sagt man. Leider stimmt das nicht, jedenfalls nicht für mich . Viel verdiene ich nicht, obwohl ich jeden Tag 12 Stunden auf der Achse bin. Ich bin ledig und wohne noch bei meinen Eltern. |
6 Uhr 30:
Ich habe schlecht geschlafen. Ich habe böse Träume gehabt.
Ich liege auf dem Rücken und döse noch ein bißchen.
Was ich jetzt vor mir sehe, ist kein Traum mehr.
Mein Bauch ist braun und hart wie die Unterseite eines Insekts.
Vor meinen Augen bewegen sich viele kleine dünne Beine.
Ich kann sie nicht zählen. Ich weiß es jetzt ganz bestimmt:
über Nacht bin ich ein Käfer geworden.
6 Uhr 45:
Ich muß unbedingt zur Arbeit. Ich muß mich beeilen.
Was wird mein Chef sagen, wenn ich zu spät komme?
Sicher wird er schimpfen. Vielleicht wird er mich entlassen.
Aber wie komme ich aus dem Bett?
6 Uhr 50:
Meine Mutter hat gerade an die Tür geklopft.
Sie hat gesagt: "Junge, du mußt aufstehen. Dein Zug fährt
in 20 Minuten."
Ich habe ihr geantwortet: "Gleich Mutter. Ich bin gleich fertig!"
Mein Vater hat gefragt : "Was ist los, Gregor?"
Ich habe geantwortet: "Nichts ist los. Alles ist in Ordnung."
Aber mein Vater wollte mir nicht glauben.
Er sagte: "Das ist nicht Gregors Stimme!"
Zum Glück konnte niemand in mein Zimmer kommen.
Ich schließe jeden Abend die Tür ab.
7 Uhr:
Jetzt höre ich die Stimme meines Chefs.
Warum mußte denn ausgerechnet der Chef kommen?
Warum hat man nicht einen Angestellten geschickt?
Was soll meine Familie denken, wenn mich wie einen Verbrecher sucht?
Der Chef sagte: "Was ist los mit Ihnen, Herr Samsa? Fühlen Sie
sich nicht wohl?
Warum verstecken Sie sich? Sie machen Ihren Eltern große Sorgen.
Sie sollten sich schämen!
Sie sollten schon längst unterwegs sein."
7 Uhr 10:
Ich habe mich über die Worte des Chefs sehr geärgert.
Ich verspäte mich nie.
Ich stehe früher auf als meine Kollegen.
Ich kenne die Fahrpläne der Züge auswendig. Ich interessiere
mich fast nur für meinen Beruf.
7 Uhr 12:
Ich bin aufgestanden. Sie wollen wissen wie? Ich bin so lange auf dem
Rücken hin- und hergeschaukelt, bis ich aus dem Bett gefallen bin.
Dabei habe ich mich verletzt.
Dann habe ich versucht, die Tür zu öffnen.
Das ist nicht einfach, wenn man ein Käfer ist. Ich habe mich dabei
verletzt.
Endlich hat sich die Tür geöffnet Mein Chef hat vor Schreck
nur den Mund aufgerissen.
Er konnte kein Wort sagen.
"Oh," hat er gesagt. Das war alles.
Meine Mutter ist ohnmächtig geworden.
Mein Vater ist wütend geworden.
Erst wollte er mich schlagen.
Wer möchte schon einen Käfer als Sohn haben!?
Dann hat er aber nur geweint.
Ich wollte mit dem Chef sprechen.
Ich wollte ihm alles erklären.
Aber der Chef rannte vor Angst weg.
Er wäre beinahe die Treppe hinuntergefallen
Meine Mutter hat geschrien.
Als mein Vaer das sah und hörte, ist er noch wütender geworden.
Er nahm einen Stock und eine Zeitung und versuchte, mich wie ein Tier
in mein Zimmer zurückzujagen.
Dabei habe ich vor Wut, Schmerz und Enttäuschung bis zum Abend
in meinem Zimmer geschlafen.