INDEX
|
Bücher müssen funktionieren und dem Leser das Lesen erleichtern.
Bücher sollen aber dazu auch anregen, dass sie benutzt werden. Damit
sind schon die Ziele für die Arbeit des Buchgestalters gesteckt. Aber
wie lässt sich das lösen?
In einem Gespräch, kurz vor Gründung des Verlags, stellte ich
heraus, dass der Verleger und der Buchgestalter einige der selben Quellen
verehrten: Die Bücher von Kurt Wolff aus den zwanziger Jahren, der
Bezug zur einfachen Buchgestaltung von Wagenbach und wenig später
Franz Grenos im Bleisatz gesetzte Bücher. Entsprach das der Zeit oder
war es 'altmodisch'? Modisch war es sicher nicht, aber die Lesefunktion
stand im Vordergrund und die ist auch heute noch - nach 500 Jahren Druckgeschichte
- aktuell. Lesefunktion also, was heisst das eigentlich? Texte müssen
sich mühelos lesen lassen. Ja klar, aber wie geht das? Und was soll
davon für die Bücher von Friedrich Weinreb verwendet werden?
Buchformat und Proportion
Buchformate, also die Grösse eines Buches, hängen sehr direkt
mit der Handhabung zusammen. Klassische Proportionen des Seitenformats
und des darauf abgestimmten Satzspiegels finden Anwendung. So der Goldene
Schnitt und die etwas schlankere Proportion 1 : 1,5. Beide finden wir auch
in mittelalterlichen Büchern mit ihrem Erscheinen sofort aus der Masse
der produzierten Bücher hervor. Die Ränder (Stege) folgen solchen
Proportionsreihen. Ende der siebziger Jahre waren solche bewusst angewandten
Proportionen eher die Ausnahme und so hoben sich die Thauros Bücher
mit ihren Erscheinen sofort aus der Masse der produzierten Bücher
hervor.
Druckschriften
Der Charakter der Schrift und deren gekonnte Anordnung auf der Druckseite
sind nicht allein entscheidend für einen gelungenen Leseprozess. Gestaltgesetze
wirken mit und schliesslich ist das Papier, dessen Färbung und Oberfläche
stark bestimmend.
Wir haben uns für klassische Schriften entschieden
wie Garamond, Bembo, Baskerville, Caslon, Janson, Bodoni, Walbaum; und
von neueren Schriften die Trump, Zapf oder Galliard, aber für besondere
Anlässe auch Ellington und Zapf International. Die Schriftwahl war
häufig subtil und richtete sich auch nach dem jenweilige Thema eines
Buches. In den ersten Jahren setzten wir noch im Bleisatz und druckten
im Buchdruck. Das war nicht mehr üblich, aber wir sahen in diesen
Verfahren eine bessere Lesbarkeit. Als diese Maschinen immer mehr verschwanden
und der Fotosatz erheblich an Qualität zugenommen hatte, setzten wir
auf modernen Fotsatzmaschinen. Aber es dauerte nicht sehr lange und heute
wird der Satz digital mit Apple Macintosh Computern produziert. Insofern
ist in zwanzig Jahren Thauros-Büchern auch Techniek-Geschichte verborgen.
Die vorteile der neuen Verfahren wurden genutzt, für die Lesbarkeit
versuchen wir uns nach den Maximen des Bleisatzes zu richten.
Typographie und Gestaltung
Hervorhebungen, Überschriften, Kolumnentitel sollten unspektakulär
nur ihrem Zweck dienen. Diese gestalterische Bescheidenheit stört
den Leser nicht, signaliert aber dort, wo etwas anders sein soll. Selbstverständlich
werden keine Schriften 'gemischt', die Stilreinheit gehört zu den
Tugenden guter Lesebücher. Ebenso folgen Titelei, Inhaltsverzeichnis
oder Register der Basistypographie des jeweiliges Werkes.
Materialästhetik
Zur sorgfältigen Mikrotypographie wurde immer auf die Wahl der
Materialien und ihrer Eigenschaften geachtet. Angenehmes Empfinden beim
Anfassen und Benutzen der Bücher wird mit Naturpapieren, leicht gegläteten
und holzfreien Werkdruckpapieren gefördert. Der Papierton ist leicht
gelblich im Sinne einer besseren Lesbarkeit. Bis auf wenige Ausnahmen wurden
auf Gewebeeinbände verzichtet; der klassische mit Edelpapieren bezogene
Band dominiert. Fadenheftung war stets Voraussetzung und die präzise
Einbandform sowie das abgestimmte Vorsatz sind wichtige Glieder des Gesamtprojektes
Buch.
Visualiserung
In der Umschlag- und Einbandgestaltung sind typographische Lösungen
bestimmend, die dem Innhalt des Buches Ausdruck verleihen. Typographische
Bilder entstehen, während Fotos oder Grafiken selten verwendet werden.
In der Übereinstimmung mit den matten, feinen Papieren, deren Farben
harmonieren, ergibt sich eine typische >> Thauros-Gestaltung <<.
Gestaltungs-Moden verbieten sich zu diesen Texten, jedoch darf der Bezug
zur Zeit und zur heutigen Benutzung dieser Bücher bisweilen sanft
zum Ausdruck kommen.
Bei den Bild-Textbüchern kommen rein bildhafte Voraussetzungen
dazu. Diese Bücher sind daher mit den Erkenntnissen der Gestaltung
von Schau-Büchern visualisiert, wobei auch hier die Textdominanz entscheidend
ist.
Bücher für Leser also. Der Typograph und Buchgestalter ist Diener Lesers, indem er den Transport besorgt, der für Texte und Inhalte zwischen Autor und Leser notwendig ist. Einige der Aspekte für die Qualität dieses Prozesses und der Bücher sind hier erlautert. Diese Qualität muss aber auch gewünscht sein. Autor und Verleger wollten diese Qualität und ermöglichten somit eine gute und sinnvolle Buchgestaltung.
Rudolf Paulus Gorbach