Hast du mich nicht
singen gehört? Sie sagen, dass es finst'rer
und lichter wird in einer großen Kirche
von meinem Singen.
Sie sagen, meine Stimme ist ein Vogel,
der sitzt auf einem Zweig der Himmelsglorie.
Sie sagen, wenn ich singe, mischen sich
zwei Bäche freudig, der mit goldnem Wasser,
der des Vergessens, und der silberne
der seligen Erinnerung.
In meiner Stimme schwebt die höchste Wonne
auf goldnen Gipfeln, und der goldne Abgrund
in tiefsten Schmerzen schwebt in meiner Stimme.
Dies ist mein Alles, ich bin ausgehöhlt
wie der gewölbte Leib von einer Laute,
das Nichts, das eine Welt von Träumen herbergt:
und alles ist von Dir, Dein Ding, Dein Ablanz.
Denn wie ein Element sein Thier erschafft,
so wie das Meer die Muschel, wie die Luft
den Schmetterling, schuf Deine Liebe dies.
In Deiner Liebe, nur aus ihr genährt,
unfähig, anderswo nur einen Tag
sich zu erathmen, einzig bekleidet
mit Farb', aus diesem Element gesogen,
wuchs dieses Wunder, dies Kind der Luft,
Sclavin und Herrin der Musik, Geschwister
der weissen Götter, die im Boden schlafen,
dies Ding, das ich so: m e i n e Stimme nenne,
wie Einer traumhaft sagt: m e i n guter Geist! --> von Hugo von Hoffmannsthal
Sie war ein Blümlein
Sie war ein Blümlein hübsch und fein,
Hell aufgeblüht im Sonnenschein.
Er war ein junger Schmetterling,
Der selig an der Blume hing.
Oft kam ein Bienlein mit Gebrumm
Und nascht und säuselt da herum.
Oft kroch ein käfer kribbelkrab,
Am hübschen Blümlein auf und ab.
Ach Gott, wie das dem Schmetterling
So schmerzlich durch die Seele ging.
Doch was am meisten ihn entsetzt,
Das Allerschlimmste kam zuletzt.
Ein alter Esel fraß die ganze
Von ihm so heiß geliebte Pflanze. --> von Wilhelm Busch