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Vol. 1: Soul Note 121308-2
Vol. 2: Soul Note 121338-2
Bill Dixon: tp, p
Tony Oxley: dr, perc
rec. 22 & 23.6.1998
Bill Dixons Output ist spärlich. Die letzten Aufnahmen (Vade Mecum 1&2) stammen aus dem Jahre 1993 und damals begann auch die musikalische Partnerschaft mit Tony Oxley. Dixon wie Oxley sind Meister der Essenz, der Destillation auf das Wesentliche - und im Destillat findet sich ja bekanntlich der Geist der Dinge, der Spirit.
Die meisten Nummern auf diesen beiden CDs sind sensible Meditationen, rhythmisch und melodisch frei, in einer Balance von Emotion und Intellekt jeweils der präzis-konzentrierte Ausdruck eines Bewußtseinszustandes. Die klangliche Bandbreite ist beachtlich und sorgt für ermüdungsfreie Spannung über die 140 Minuten der beiden CDs hinweg: Die Trompete kann lyrisch sanft, schneidend, stechend klar, amorph verwischt, oder auch organisch tief klingen. Dixon ist erfreulicherweise auch einige Male am Piano zu hören. Auch in diesen kurzen Solopiano-Titeln, die jeweils einer Persönlichkeit des Kulturlebens gewidmet sind, überzeugt er durch intime Klangvielfalt; auch am Klavier ist er unverwechselbar. Oxley fungiert meist als minimalistischer Unterstützer Dixons, mit zischelnder Percussion und einem guten Maß an Stille, er kann aber auch durchaus lärmend beunruhigende Puls-Ströme erzeugen. Bei aller Spontaneität ist Dixon dem Einsatz elektronischer Produktionsmethoden nicht abgeneigt: Man findet Echoeffekt, und in einigen Nummern wird das Duo durch Overdubbing zum Trio.
Beim wiederholten konzentrierten Hören ergeben sich erstaunliche Assoziationen: Aus dem Improvisationsfluss heraus sind gleichsam als Kristallisationen immer wieder aufblitzende "Mikrothemen" erkennbar. Und wenn Dixon tiefe Urklänge bläst drängt sich zusammen mit Oxleys Percussion der Gedanke an die rituellen Klänge der Tibeter auf, die mit Hörnern und Trommeln den Kontakt mit den spirituellen überirdischen Kräften suchen. Der Magie von Lebendigkeit und Intimität dieser Musik kann man sich schwer entziehen. Gleichzeitig hinterlässt sie Ratlosigkeit über den Grund der Faszination. Nach dieser extrem reduzierte Musik fragt man sich auch, wohin der nächste Schritt der musikalischen Reise Dixons noch führen kann; er arbeitet zur Zeit an einem Orchesterwerk.
von Robert Stubenrauch;
erschienen in Jazz Live
Nr 126/2000