Aus dem Hohelied
des
Salomon
 

8. Kapitel

Ich schlafe, aber mein Herz wacht.
Da ist die Stimme meines Freundes, der anklopft:
Tue mir auf, liebe Freundin, meine Schwester,
meine Taube, meine Fromme!
Denn mein Haupt ist voll Tau und
meine Locken voller Nachttropfen.
Und da ich meinem Freund aufgetan, war er weg
und hingegangen. Meine Seele war außer sich.
Ich suchte ihn, aber ich fand ihn nicht.
Ich rief ihn, aber er antwortete nicht.

Ich beschwöre Euch, Ihr Töchter Jerusalems,
findet ihr meinen Freund, so sagt ihm,
daß ich vor Liebe krank liege.

Mein Freund ist weiß und rot, auserkoren unter Tausenden.
Sein Haupt ist das feinste Gold, seine Locken sind kraus,
schwarz wie ein Rabe.
Seine Augen sind wie Augen der Tauben
an den Wasserbächen
mit Milch gewaschen und stehen in Fülle.
Seine Wangen sind wie Würzgärtlein,
da Balsamkräuter wachsen.
Seine Lippen sind wie Rosen,
die von fließender Myrrhe triefen.
Seine Hände sind wie goldene Ringe, voll Türkise.
Sein Leib ist wie reines Elfenbein,
mit Saphiren geschmückt.
Seine Kehle ist süß,
und er ist ganz lieblich.

Wo ist denn dein Freund hingegangen,
Du schönste unter den Weibern?
Mein Freund ist hinabgegangen in seinen Garten,
zu den Würzgärtlein, daß er weide in den Gärten
und Rosen breche.
Mein Freund ist mein,
und ich bin sein,
der unter den Rosen weidet.
 
 

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