Kosovo
Der Krieg im Cyberspace - Von UÇK Hackern zu Serbischer Propaganda
Die Luftschläge der NATO gegen Jugoslawien, die Vertreibungen und "ethnischen Säuberungen" der Jugoslawischen Polizei und Armee im Kosovo und die Kämpfe mit der Kosovo Befreiungsarmee sind der erste Krieg, der parallel im Internet geführt wird. So wie der Golfkrieg dem Nachrichtensender CNN zur wichtigsten Informationsquelle erhob, so ist dies heute das Internet.
Vor dem Beginn der NATO Angriff fand bereits ein Krieg zwischen serbischen und albanischen Computerhacker um das Internet statt. Noch vergangenes Jahr gelang es serbischen Computerexperten in die Seiten der wichtigsten Informationsquellen der Kosovo-Albaner einzudringen und die Seiten zu verändern. Erst vor wenigen Wochen sind albanische Hacker in die Homepages von Duzenden Serben eingedrungen, und haben den regulären Seiteninhalt durch das Logo der Kosovo Befreiungsarmee und anti-serbische Parolen ersetzt. Zuletzt geriet auch NATO in die Schußlinie der Cyberhacker. So berichtete der unabhängige Belgrader Radiosender einen Tag vor seiner Schließung am vergangenen Freitag, daß jugoslawische Hacker in die NATO Internetseiten (www.nato.int) eingebrochen sind und mit Computerviren das System lahmgelegt haben. Zugleich haben serbische Computer Benützer pro Tag 2.000 Emails an die NATO geschickt und somit zum Zusammenbruch der Seite beigetragen. Nach Angaben der NATO hatte diese Aktion jedoch keinen Einfluß auf die Militärcomputer des Bündnisses.
Der Propaganda Krieg
Bedeutsamer als der Krieg der Hacker im Internet ist der Propagandakrieg. Durch das Internet kann jede Konfliktpartei ungefiltert ihre Sicht der Dinge an willige Internetbenützer verteilen. So berichtet die Jugoslawische Regierungszeitung Borba (Der Kampf) seit kurzem auch auf Englisch die serbische Sichtweise der sogenannten "kriminellen Aggression" gegen Jugoslawien (http://www.borba.co.yu/daily.html). Auch das serbische Informationsministerium versucht für die serbischen Ansprüche auf den Kosovo Verständnis zu erwecken und die Massenverteibungen der Kosovo-Albaner auf die NATO Luftschläge zurückzuführen (www.serbia-info.com).
Auf der Seite der Kosovo Albaner bemühen sich insbesondere das Kosova Informationszentrum um ein Berichterstattung von den Vertreibungen und dem brutalem serbischen Vorgehen gegen die albanische Zivilbevölkerung (www.kosova.com). Das Netzwerk Alba-Net bieten wiederum diversen Organisationen er Kosovo Albaner eine Informationsplattform (www.alb-net.com). Manche von ihnen, wie die unabhängige albanische Studentenorganisation (USUP) verfolgen friedliche Mittel, während andere der gewaltsame "Lösung" der Kosovo Befreiungsarmee UÇK nahestehen.
Das Internet als Informationsquelle
Internet und Email sind jedoch nicht nur ein Medium der Propaganda, sondern auch der Information. Der Konflikt in Jugoslawien ist von extrem schwierigen Bedingungen für eine unabhängige Berichterstattung geprägt. Die meisten ausländischen Journalisten sind aus Jugoslawien ausgewiesen worden. Zugleich wurden die letzten unabhängigen serbischen Medien mit Kriegsbeginn verboten. Zuletzt schloß am 2. April der unabhängige Radiosender (helpB92.xs4all.nl, www.b92.net), der seit Kriegsbeginn seine Nachrichten nur über das Internet und Satelliten ausstrahlen konnte. Der Sender besaß auch eines der größten unabhängigen Internetprovider im Land, Opennet (b92eng.opennet.org), so daß der Zugang zu diesem Medium nun auch für viele Serben in Frage steht.
Während die unabhängigen serbischen Medien nicht mehr berichten können, müssen jene im Kosovo um ihr Leben fürchten. Nach wie vor ist nicht klar, ob der Chefredakteur von Koha Ditore, der größten Tageszeitung im Kosovo, Baton Haxhiu ermordet wurde (www.kohaditore.com). Seitdem alle albanischen Medien geschlossen wurden, gibt es kaum verläßliche Informationen aus der Provinz.
Diese Medienblockade macht es nicht nur für die Bevölkerung Jugoslawiens äußerst schwer sich umfassend zu informieren. Auch im Rest der Welt sind die großen Medien nicht in der Lage in Jugoslawien zu erfassen. Um so wichtiger ist das Internet, wo auf etlichen Diskussionsforen Serben, Albaner und andere Augenzeugenberichte und andere Informationen austauschen, vorbei an den klassischen journalistischen Informationsquellen. So schreiben und lesen Tausende die Email Gruppe Kosovo-Reports (www.egroups.com/list/kosovo-reports), die Augenzeugenberichte von Flüchtlingen und Daheimgebliebenen aus dem Kosovo sammeln. Sogar CNN empfahl die Lektüre dieser Liste in Abwesenheit andere Informationen. Die Liste Kosovo (www.egroups.com/list/kosovo) wird von der Diözese der serbisch-orthodoxen Kirche, die auch für den Kosovo zuständig ist, geführt. Das ZDF (www.zdnet.com/yil/content/depts/netbuzz/kosovocrib.html), Reuters und andere Internet Beobachter beriefen sich auf die Informationen des Mönchs Sava Janjic über die Zerstörungen in der Umgebung der Klosters Decani, nahe der albanischen Grenze. Während diese Informationsquellen eine notwendige Ergänzung zu den dürftigen Berichten aus der Kriegsregion darstellt, besteht die Gefahr, das der fehlende "Filter" beim Medium Internet Gerüchten Vorschub leistet, die die bereits angespannte Lage weiter anheizen.
(Alle diese und weitere Informationsquellen können unter www.all.at/kosovo nachgeschlagen werden.)
Florian Bieber, Budapest