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       Teil 
        2 (FAQ)
       2. Kapitel - Häufig 
        gestellte Fragen zum revolutionären 1.Mai 
      Die folgende kleine 
        FAQ (Frequently Asked Questions) samt historischem Anhang zum revolutionären 
        1.Mai wird hoffentlich nicht unbeachtet im Interim-Ordner verstauben... 
        vielleicht findet sich ja jemand, der alles ins Internetz stellt, etwa 
        bei "nadir"!? [Anmerkung LÖPA: ist hiermit geschehen...] 
      Die Fragen 
        1. Was ist der "revolutionäre 1.Mai" 
        in Berlin? 
        2. Wie entstand der revolutionäre 1.Mai in Berlin 
        überhaupt? 
        3. Ist der revolutionäre 1.Mai in Berlin nicht 
        längst ein leeres Ritual geworden? 
        4. Wer ist am 1.Mai in Berlin auf der Straße? 
        5. Wer macht und wer will den Krawall am 1.Mai? 
        6. Was für politische Konflikte gab es um den revolutionären 
        1.Mai in Berlin bisher? 
        7. Welche Rolle spielt die antifaschistische Mobilisierung 
        im revolutionären 1.Mai in Berlin? 
        8. Wie hat sich der Charakter des revolutionären 
        1.Mai in Berlin entwickelt über die Jahre? 
      1. Was ist der 
        "revolutionäre 1.Mai" in Berlin? 
        Der revolutionäre 1.Mai in Berlin ist die einzige öffentliche 
        basisdemokratische Struktur der radikalen Linken in der Stadt. Denn an 
        diesem Tag haben Menschen die Möglichkeit, auf verschiedene Weise 
        unüberhörbar ihre Stimme abzugeben: Für die Kritik von 
        links an den staatsloyalen Gewerkschaften. Für das Feiern großer, 
        lauter und wenig kommerz-dominierter Feste. Für grundsätzliche 
        Opposition gegen das herrschende System. Für Rebellion gegen autoritäre 
        Strukturen - wobei manche damit Staat und Polizeiapparat meinen, andere 
        vielleicht ihre Eltern oder den grauen Arbeitsalltag, und wieder andere 
        den Mangel an Freibier und die ständige Unterdrückung durch 
        Buswartehäuschen und Ampelanlagen. Mal ganz im Ernst: Der revolutionäre 
        1.Mai in Berlin gehört niemandem richtig, und wenn manche versuchen, 
        ihm ihren politischen Stempel aufzudrücken, sind immer drei andere 
        Gruppen da, es ihnen streitig zu machen. Aktuell ist es schick bei Altautonomen, 
        sich über die oberflächlichen Mai-Aufrufe der AAB zu mokieren, 
        dabei hat die AAB lediglich (sinngemäß) abgeschrieben, was 
        vor zehn Jahren in den Aufrufen der Altautonomen stand. Der Ursprung der 
        revolutionären 1.Mai-Demo (siehe Frage 2) zeigt, dass das Dilemma 
        von politischer "Füllung" oder "Vereinnahmung" 
        des Tages (je nach Sichtweise) von Anfang an, also von 1987 an, vorhanden 
        war. Es kann deshalb keine kurze Erklärung geben, was der revolutionäre 
        1.Mai in Berlin ist. Er bietet Raum für bestenfalls anpolitisierte 
        pubertäre Abenteuerurlauber ebenso wie für esoterische linke 
        Grüne oder linksradikale Militante. 
      Dass es bis heute 
        gelungen ist, ihn gegen alle Versuche der Entpolitisierung, Zähmung 
        und Zerschlagung als linkes, radikales, rebellisches Symbol zu behaupten, 
        ist durchaus ein Erfolg auch der politischen Gruppen, die sich immer wieder 
        die Mühe der Fest- und Demovorbereitung machen. Aber auch der Tausenden, 
        von denen ich nicht zu behaupten wage, ob sie den Rest des Jahres mehr 
        mit unspektakulärer politischer Kleinarbeit oder mehr mit Alltagsmaloche 
        und Feierabend verbringen. 
      2. Wie entstand 
        der revolutionäre 1.Mai in Berlin überhaupt? 
        Die Randale in Kreuzberg am 1.Mai 1987 war etwas Neues, Unbekanntes für 
        alle Beteiligten, warum auch immer sie daran teilnahmen: Ein euphorisches 
        Machtgefühl des Sieges gegen sonst übermächtige Feinde 
        (den Bullenapparat), ermöglicht durch ein spontanes massenhaftes 
        Bündnis von vielen Menschen, die sonst nie zusammenkamen, sondern 
        im Kiez nebeneinander lebten. Die Kraft, die darin spürbar wurde, 
        hatte durchaus negative Nebenerscheinungen und war ganz gewiss nicht Spiegelbild 
        der Stärke revolutionärer autonomer Strukturen. Aber die Melodie 
        der nächtlichen Trommelkonzerte war doch eine von Befreiung, antiautoritärer 
        Rebellion und "Völkerverständigung" (ganz im Gegensatz 
        zum aufgepeitschten Spießer-Mob, der 1992 in Rostock sein "Befreiungserlebnis" 
        im rassistischen Pogrom hatte). Linksradikale hatten den Riot begonnen 
        und eskaliert, fühlten sich zumindest teilweise für den Verlauf 
        verantwortlich und wollten auch danach das politische Feld weiter besetzt 
        halten. Daraus entstand die Idee, die am 1.Mai 1987 gespürte Kraft 
        zur 'Stärkung der radikalen Linken zu nutzen und gleichzeitig zu 
        politisieren. So entstand die revolutionäre 1.Mai-Demo 1988. 
      Das darf nicht darüber 
        hinwegtäuschen, dass der Riot vom 1.Mai 1987 kaum vergleichbar war 
        mit anderen militanten Großereignissen, eben weil er nicht allein 
        den militanten Linksradikalen gehörte, sondern viel mehr Menschen. 
        Und etliche dieser Menschen sind weiterhin da, an jedem 1.Mai, und nehmen 
        sich ihren Teil des Tages. 
      3. Ist der revolutionäre 
        1.Mai in Berlin nicht längst ein leeres Ritual geworden? 
        Im Prinzip ja, sagt Radio Eriwan, aber was ist schon ein Prinzip? Ein 
        Teil der Antwort liegt im Blick der oder des Fragenden bereits enthalten. 
        Der Vorwurf des "Rituals" wurde z.B. in der "taz" 
        bereits am 1.Mai 1988 erhoben (und seitdem ritualhaft jedes Jahr)! Er 
        ist vielfach ein rhetorisches Mittel gegen den politischen Gehalt des 
        revolutionären 1.Mai - es ist eine altbewährte Methode, dort, 
        wo politische Argumentation vermieden werden soll, auszuweichen auf formale 
        Kritik: "Wiederholungszwang", "alkoholisierte Krawallmacher", 
        "unpolitische Jugendliche" (schon Martin Luther hetzte ja vor 
        fast 500 Jahren "wider die räuberischen und mörderischen 
        Rotten der Bauern", der revolutionären, versteht sich). 
      Andererseits sind 
        tatsächlich viele Ereignisse ritualisiert, mittlerweile schon beginnend 
        mit der Walpurgisnacht am 30.April in Prenzlauer Berg. Wie schon erwähnt, 
        sagt der Innensenator jedes Jahr fast wortgleich: Das Polizeikonzept war 
        erfolgreich, der 1.Mai verlief weniger schlimm als im Vorjahr, aber gegen 
        die Randalierer muß endlich etwas unternommen werden. Und die DemovorbereiterInnen 
        wiederholen sich genauso: Die Bullen haben provoziert, die Demo war stark 
        und größer als letztes Jahr. 
      Beide Seiten sagen 
        stets nur zum Teil die Wahrheit. Es ist eben auch völlig klar, dass 
        es am 1.Mai Leute gibt, die die Randale wollen, und andere, die sie nicht 
        wollen, und das auf beiden Seiten der Barrikaden. 
      Was die linke Kritik 
        am "Ritual 1.Mai" angeht, dazu steht weiter oben im Text einiges. 
        Hier nur noch einmal soviel: Wie sehr etwas ein leeres Ritual ist, hängt 
        von allen Beteiligten ab. Alle können etwas dagegen unternehmen, 
        und das nicht nur durch einfaches Wegbleiben. 
      4. Wer ist beim 
        revolutionären 1.Mai in Berlin auf der Straße? 
        Alle nur vorstellbaren Leute: Kritische GewerkschafterInnen vom DGB-Auflauf. 
        Techno-Freaks beim morgendlichen Chill-Out. FreundInnen der kurdischen 
        PKK. Dänische und baskische Demo-TouristInnen. Jugendgangs aus Reinickendorf. 
        Altgediente linksradikale UndogmatInnen. Jugendantifa. Türkische 
        Kids aus dem Kiez. Linke Grüne. Kommunistische Kleinparteimitglieder/Maoisten-Trotzkisten-Leninisten 
        (KKM/MTL). Punks. Desorientierte Hooligans. Schwulesbische Polittunten. 
        Krawalltouristen aus Süddeutschland. Zufällig anwesende AnwohnerInnen. 
        Und natürlich verwirrte Polizeieinheiten aus Sachsen-Anhalt.  
      Wolltest du vielleicht 
        eigentlich fragen: Wer bestimmt das Geschehen auf der Straße bei 
        Demo und Randale? 
      Die großen 
        Demos in Berlin werden meistens politisch von den 2000-3000 Leuten an 
        der Spitze durch Parolen und Transparente repräsentiert, während 
        - falls vorhanden - die Tausenden dahinter vor allem sich selbst mitgebracht 
        haben und wenig beitragen zur Außenwirkung. Von den 15.000, die 
        jährlich am 1.Mai auf der Demo sind, kennen vermutlich 80% weder 
        das Leittransparent noch den Aufruf. Diejenigen, die die Demos vorbereiten, 
        sollten aber daraus nicht den Trugschluss ziehen, zehntausend Leute liefen 
        zustimmend hinter ihren Parolen her. Überwiegender Konsens ist zwar 
        eine undogmatisch-linke Haltung, was aber viele nicht daran hindert, auch 
        unter/hinter Transparenten strenger ML-Gruppen zu gehen, ohne sich darüber 
        Gedanken zu machen. Viele nehmen auch an der Demo teil, ohne irgendeine 
        Vorstellung davon zu haben, was eine Demo ist oder sein sollte. Sie folgen 
        den Menschenmassen, weil sie dahin wollen, wo es was zu erleben gibt. 
        Wenn es während der Demo zu Auseinandersetzungen mit Bullen kommt, 
        sind diese Leute leider diejenigen, die am meisten Panik verbreiten, weil 
        sie die Flucht ergreifen, sobald sie irgendwo jemand rennen sehen. 
      Wenn es abends knallt 
        im Kiez, ändert sich die Zusammensetzung. Die noch existierenden 
        autonomen Gruppen sind in der Anfangsphase aktiv, setzen sich mit den 
        Bullen auseinander (meist ohne größere eigene Verluste) und 
        wissen, wann sie aufhören müssen. Die jüngeren (Männer), 
        die auf Abenteuersuche sind, machen weiter, viele von ihnen werden abgegriffen 
        wegen Landfriedensbruch. Später sind es vor allem Betrunkene, oft 
        Leute aus dem Kiez, die auf den Straßen bleiben und darunter zu 
        leiden haben, dass die Bullen inzwischen massiv aufgefahren sind, alles 
        kontrollieren und sich austoben. 
      5. Wer macht und 
        wer will den Krawall am 1.Mai? 
        Es gibt immer wieder hübsche Verschwörungstheorien hüben 
        wie drüben. Ein Highlight des revolutionären 1.Mai 2000 war 
        die Behauptung des Landesschutzpolizeidirektors Piestert, der Beginn der 
        Auseinandersetzungen seit "über Funk gesteuert" gewesen 
        von den bösen Randalierern. Auf der anderen Seite verbreitete selbst 
        die manchmal als seriös geltende "Interim" nach dem 1.Mai 
        1997 die hanebüchene Behauptung, Zivis hätten durch Steinwürfe 
        auf einen Wasserwerfer Krawall angezettelt. Und in linksliberalen Kreisen 
        werden gern "bezahlte Provokateure" beim Steinesschmeißen 
        gewittert. Für die Sicherheitsstaats-Strategen bietet ein Krawall 
        natürlich politische Entfaltungsmöglichkeiten - Paradebeispiel 
        dafür ist der 1.Mai 1989; einiges spricht dafür, dass die damalige 
        Polizeiführung des Einsatzes, die aus CDU- Hardlinern bestand, dem 
        neuen SPD-Innensenator Pätzold tüchtig vor die Haustür 
        scheißen wollte und deswegen die Lage eskalieren ließ. So 
        etwas sollte aber besser nicht überbewertet werden, denn ein solches 
        Spiel mit dem Feuer kommt in Agentenromanen wohl doch häufiger vor 
        als in deutschen Beamtenzimmern. Wenn etwa der Innensenator so scharf 
        auf Randale wäre, um seine Bannmeile durchzusetzen, dann hätte 
        er zum 1.Mai 2000 bloß die Demo-Route durch die Friedrichstraße 
        genehmigen müssen - massenhaft klirrende Scheiben hätte es mit 
        Sicherheit gegeben. 
      Randale bedeutet 
        immer auch Parteiengezänk, Profilierungen und Abwatschungen, die 
        Gefahr von Bauernopfern; es gibt Schäden zu bezahlen; Morgenpost 
        und Polizeigewerkschaft werden hysterisch wegen drei Bullen mit blauen 
        Flecken am Fuß; der gute Ruf der Stadt leidet, Hassemers "Partner 
        für Berlin" kriegt vermutlich besorgte Anrufe, ob das Hotel 
        Adlon denn noch sicher sei; und jetzt geben auch noch die angereisten 
        Bonner Schlafmützen ihren innenpolitischen Senf dazu. Nichts davon 
        können Innensenator und Polizeipräsident sich wünschen. 
      Wo die politische 
        Führung Randale zwar ausnutzt und auch mal zu beeinflussen versucht, 
        haben die unteren Büttel, vor allem die Bullen der Bereitschaftspolizei, 
        ganz simple Gründe fürs Randalieren: Rache, angestaute Aggression, 
        Karriere. Ja, wirklich, Prügeleinheiten wie die 23. und 24. Hundertschaft 
        sind Karrieresprungbretter innerhalb der Polizei, trotz allem Gemecker 
        in Medien und von Politikern. Die Jungs, die immer an den Brennpunkten 
        sind... als ihnen nach den Todesschüssen auf KurdInnen am israelischen 
        Konsulat im Februar 1999 psychologische Nachbetreuung angeboten wurde, 
        lachten sie angeblich, weil sie doch so harte coole Typen sind... 
      Und die andere, unsere 
        Seite: Es gibt viele gute Gründe, gegen die 1.Mai-Randale zu sein. 
        Weil sie von den Sicherheitsstaats-Politikern politisch gegen uns gewendet 
        werden kann. Weil die Kräfteverhältnisse just an diesem Tag 
        inzwischen so ungünstig sind für uns, dass es sich mehr um Polizeimanöver 
        handelt (Polizeipräsident Saberschinsky nach dem 1.Mai 1997: Durch 
        jahrelange Erfahrung mit den "Störern" sei die Berliner 
        Polizei "inzwischen eine der besttrainierten Truppen Europas"). 
        Weil ein Großteil der Randale von besoffenen jungen Männern 
        gemacht wird, die politisch nicht viel mehr hinkriegen, als ihr Gesicht 
        in die Kamera zu halten und "voll geil hier ey" zu sagen. Weil 
        unter den folgenden Bullenangriffen viele Unbeteiligte bzw. Schaulustige 
        zu leiden haben. Weil die Randale kein ausgesprochenes politischen Ziel 
        außer günstigenfalls "gegen die Bullen" vermittelt. 
        All das sind Gegenargumente, die auch Linksradikale vorbringen können, 
        ohne sich der bürgerlich-liberalen Abweichung verdächtig zu 
        machen (außer vielleicht bei den Kartoffel-Maoisten). 
      Es gibt aber auch 
        gute Gründe für militante Aktionen: Dem gewalttätigen Staatsapparat 
        nicht die Straße überlassen. Die Schikanen gegen die Demos 
        nicht hinnehmen. Militante Angriffe als mögliche Aktionsform behaupten. 
        Den vielen Menschen, die ihrer rebellischen Wut Ausdruck verleihen mochten, 
        nicht politisch-sozialarbeiterisch (lampenputzerisch, wurde Erich Mühsam 
        vielleicht sagen) daherkommen. Und es gibt weitere Gründe, die ich 
        vielleicht weniger gut finde, die aber etlichen Leuten ausreichen. Dazu 
        gehört: Alles hier kotzt mich an und ist mir egal, nach uns die Sintflut. 
        Rache für irgendetwas nehmen, vielleicht für verletztes Gerechtigkeitsempfinden, 
        vielleicht für Beziehungsfrust. Abenteuerlust und Angeberei. Voll 
        geil hier ey. Usw. 
        So gibt es insgesamt mehr als genug Gründe, eine Randale auch ohne 
        "bezahlte Provokateure", "eskalierende Bullentaktik" 
        oder "funkgesteuerte Chaoten" zu erklären. 
        Die Wirklichkeit ist nun mal oft viel einfacher (und langweiliger) als 
        die Theorie. 
      6. Was für 
        politische Konflikte gab es um den revolutionären 1.Mai in Berlin 
        bisher? 
        Vier Hauptkonflikte des letzten dreizehn Jahre lassen sich beschreiben: 
         
      Erstens der 
        zwischen Staatsmacht und linksradikaler Szene. 
        Zweitens innerhalb der linken Szene zwischen marxistisch-leninistischen 
        und undogmatischen Gruppen. 
        Drittens innerhalb der linken Szene zwischen Gruppen aus Ost und 
        West. 
        Viertens der Versuch von Nazis, den 1.Mai als Terrain für 
        sich zu besetzen. 
      Der Konflikt mit 
        der Staatsmacht ist konstant und hat sich über die Jahre nur 
        wenig verändert. Bei den ersten vier Demos (1988-1991) gab es eine 
        klare Trennung zwischen Demo und abendlicher Randale, die Demos selbst 
        verliefen vergleichsweise stressfrei (1989 nahm die Demo allerdings zeitweise 
        heftige offensiv-militante Formen an). 1992/93 verfolgte die Polizei unter 
        Innensenator Heckelmann ein Konzept des massiven Einsatzes mit erhofftem 
        Abschreckungseffekt, so dass die 93er Demo nicht bis zum Ende durchgeführt 
        werden konnte. Nach der Demo-Pause 1994/95 ging es dann 1996 unter Innensenator 
        Schönbohm erst einmal etwas ruhiger los, aber seit 1997 hat sich 
        die Trennung zwischen Demo und Randale weitgehend aufgelöst, zum 
        Teil auch wegen der Verlegung der Demo in den Abend. Bullenangriffe auf 
        die Demo-Spitze wechseln sich in rascher Folge ab mit "Deeskalation", 
        wobei sich meistens sagen lässt, dass die Bullen durch ihr flexibler 
        gewordenes Vorgehen mehr Einfluss auf den Demo-Verlauf haben als die DemonstrantInnen. 
        Dafür blieben die Feste, die Anfang der 90er meistens Ausgangspunkt 
        von Randale waren, in den letzten Jahren von Bullenräumungen weitgehend 
        verschont. 
        Dieser Konflikt um den 1.Mai hat sich über die Jahre kaum verändert. 
        Die Schikanen wechseln im Detail, das Konzept ändert sich wenig: 
        Mediale Hetze im Vorfeld, Erfolgsmeldungen danach, die Zahl der eingesetzten 
        Bullen steigerte sich von Jahr zu Jahr etwas (von knapp 4000 im Jahr 1989 
        auf 6500 im Jahr 2000). Das könnte noch jahrelang so weitergehen, 
        allerdings machte sich zum 1.Mai 2000 erstmals massiv die Tatsache bemerkbar, 
        dass Berlin nunmehr auch Schauplatz der Bundespolitik ist und die politische 
        Latte damit gewissermaßen höher gelegt ist als bisher. Es konnte 
        passieren, dass die Sorge um den "guten" Ruf der Hauptstadt 
        und um die Sicherheit der Regierungsbonzen (und ihrer Autos) etc. die 
        traditionell dröge und großkoalitionsmatte Lokalpolitik unter 
        Druck setzt. Dann könnte am 1.Mai 2001 mit stärkerem Gegenwind 
        zu rechnen sein... 
      Der zweite Konflikt 
        ist ein klassischer innerhalb der Linken: Undogmatische und marxistisch-leninistische 
        Linksradikale haben eine lange Spaltungstradition in Deutschland. Seit 
        den späten 80er Jahren ist diese Spaltung gewissermaßen in 
        die autonome Szene hineingewachsen, die vorher fast deckungsgleich mit 
        "undogmatischen Linken" schien. Dazu kommt in Berlin die ebenso 
        traditionelle Spaltung zwischen den türkisch-kurdischen Gruppen, 
        von denen die meisten ML-orientiert sind. 
        Seit Ende 1989 entzündete sich die Spaltung vor allem an einer kleinen, 
        v.a. maoistischen Gruppe, die bis heute von vielen einfach "die RIM" 
        genannt wird. Diese Vereinfachung stimmt zwar so nicht exakt, da die "Revolutionäre 
        Internationalistische Bewegung" (engl. RIM) ein Dachverband verschiedener 
        Gruppen aus diversen Ländern ist; die beteiligten Gruppen sind natürlich 
        beleidigt, wenn sie einfach nur als "RIM" bekannt sind und nicht 
        unter ihrem eigenen langen Namen, wie etwa "Türkische Kommunistische 
        Partei / Marxisten-Leninisten - Maoistische Parteizentrale (TKP/ML-MPM)". 
        Das ist aber nur ein Nebenkriegsschauplatz. Anders als andere ML-Gruppen 
        versuchte und versucht "die RIM", in der linksradikalen autonomen 
        Szene Fuß zu fassen und sich an Themen anzuhängen, die dort 
        aktuell sind (zuletzt etwa die Solidaritäts-Kampagne zu Mumia Abu 
        Jamal). Schon im November 1989 gab es auf einer kleinen linksradikalen 
        Demo am Kudamm den ersten Konflikt um ein "RIM"-Transparent, 
        das u.a. Stalin zeigte (womit ein weiterer Nebenkriegsschauplatz eröffnet 
        war, nämlich der, ob die "RIM" nun stalinistisch sei oder 
        maoistisch oder beides. Auf diesen Nebenkriegsschauplätzen tobten 
        einige ML-Gruppen sich in der Folgezeit gerne aus, um der eigentliche 
        Diskussion um die realen Geschehnisse und um den Umgang innerhalb der 
        Linken auszuweichen). Die Reaktionen vieler undogmatischer Linker auf 
        die Präsenz der "RIM" waren von Anfang an recht heftig, 
        und die von den MLern eingeforderte "Freiheit der Agitation" 
        für alle Gruppen sahen sie an ihre Grenze gestoßen, wenn es 
        um lautstarkes Eintreten für Stalin auf linksradikalen Demos ging. 
        Das verstärkte sich in dem Maße, wie Linke aus der zusammenbrechenden 
        DDR in den Westen auf Demos kamen; für sie war ein Zusammengehen 
        mit Leuten, die den Stalinismus verteidigten, unmöglich und unbegreiflich. 
        Die "RIM" eskalierte den Konflikt, indem sie sich grundsätzlich 
        nicht an getroffene Absprachen hielt - wobei diese aufgrund der Mehrheitsverhältnisse 
        allerdings auch meist nicht zu ihren Gunsten ausgefallen waren - und wüste 
        Pamphlete veröffentlichte, die neben großen rebellischen Phrasen 
        vor allem Beleidigungen, Denunziationen und Lügen gegen Linksradikale 
        enthielten. 
        Die "RIM" entdeckte den 1.Mai als Möglichkeit, offensiv 
        zu werden: Anfang der 90er wurden jedes Jahr bundesweit Mitglieder mobilisiert, 
        ein vom Rest der revolutionären 1.Mai-Demo unerwünschter Lautsprecherwagen 
        wurde mitgebracht und verteidigt gegen Versuche, ihn aus der Demo zu schmeißen. 
        1993 gipfelte das in einer wüsten Schlägerei zu Beginn der Demo, 
        wobei sich bewaffnete "RIM"-Leute samt Lautsprecherwagen zweihundert 
        Meter weit durch die Demo nach vorne prügelten und schließlich 
        von den Bullen abgegriffen wurden. 
        Unter anderem wegen dieser über vier Jahre jedes Mal schlimmer werdenden 
        Auseinandersetzung fand sich 1994 keine Vorbereitungsgruppe für die 
        revolutionäre 1.Mai-Demo - niemand fühlte sich einem gewaltsamen 
        Konflikt innerhalb der Demo gewachsen, der scheinbar nur durch brutales 
        Vorgehen zu lösen war. 
        Die "RIM" hatte damit eines ihrer Ziele erreicht, nach dem Motto: 
        Wenn du eine Bewegung nicht dominieren kannst, zerstöre sie und gründe 
        eine neue. Seit 1994 führt die "RIM" jedes Jahr eine eigene 
        1.Mai-Demo durch ("13 Uhr O-Platz"), an der sich neben ein paar 
        hundert Leuten aus deutschen und türkisch-kurdischen ML-Gruppen auch 
        diverse verirrte Kiezleute und Demo-Touristen beteiligen, die meist nach 
        und nach die Demo verlassen, wenn sie merken, wohin sie da geraten sind. 
        Politische Relevanz hat dieser Demo-Wurmfortsatz kaum. 
        1996/97 gab es Versuche, die Trennung aufzuheben. Zum einen bemühten 
        sich ML-orientierte Autonome, eine Brücke zwischen dem dogmatischen 
        O-Platz-Bündnis und der undogmatischen revolutionären 1.Mai-Demo 
        zu schlagen, zum anderen gab es auch bei den Undogmatischen viele, die 
        die Auseinandersetzungen und schlechten Erfahrungen von Anfang der 90er 
        nicht kannten oder für übertrieben hielten. Die Versuche scheiterten, 
        die ML-Autonomen (und andere) beteiligen sich an der mittäglichen 
        Oranienplatz-Demo und werteten diese dadurch vorübergehend etwas 
        auf. Seit 1998 haben sich die dogmatischen ML-Gruppen dort aber wieder 
        durchgesetzt, während die kommunistischen Autonomen zur "erfolgreicheren" 
        abendlichen revolutionären 1.Mai-Demo überwechselten. 
        Die Anfang der 90er teilweise geführte Auseinandersetzung mit stalinistischen 
        oder auch marxistisch-leninistischen Politik-Konzepten führte nicht 
        weiter und wurde nicht weitergeführt. Letztlich wurde aus der Erkenntnis 
        der andauernden, tiefen und verletzenden Spaltung innerhalb der radikalen 
        Linken hier eher die unausgesprochene Konsequenz gezogen, oberflächlich 
        und unverbindlich zu bleiben. 
      Drittens: Der 
        Ost-West-Konflikt. Verschiedene Gruppen von Linken aus Ost-Berlin 
        hatten von Anfang an (das heißt ab 1.Mai 1990) ein kritisch-solidarisches 
        Verhältnis zum revolutionären 1.Mai. Sie hatten zum einen das 
        Interesse, sich nicht von der West-Linken vereinnahmen zu lassen - sie 
        wollten nicht "im Kleinen" genauso geschluckt werden wie "im 
        Großen" der Osten vom Westen. Mit einigen Traditionen oder 
        Umgangsformen der West-Linken hatten sie mehr als nur Probleme (genau 
        wie umgekehrt). In der Ablehnung MI.-orientierter Gruppen waren sich alle 
        einig, davon hatten sie in der DDR satt gehabt und keine Lust auf Wiederholungen. 
        Mit Militanz hatten einige grundsätzlich Probleme, andere vor allem 
        im Kontext, z.B. bei der Frage, wo und wann es knallt. Die Frage, ob es 
        sinnvoll sei, die revolutionäre 1.Mai-Demo durch oder nach Prenzlauer 
        Berg bzw. Friedrichshain zu führen, wurde auch unter Menschen aus 
        dem Osten durchaus widersprüchlich beantwortet, doch es blieben viele, 
        die lautstarke Zweifel anmeldeten. Besonders heftig war diese Diskussion 
        1997, als die Demo nach 1996 zum zweiten Mal nach Prenzlauer Berg führen 
        sollte; als Kompromiss ging sie schließlich "nur" durch 
        Mitte. Der schleichende Verlust von Prenzlauer Berg als rebellischer Kiez 
        und die zunehmende Durchmischung von Ost und West - letztlich eben doch 
        eine weitgehende Anpassung des Ostens an den Westen - nimmt dieser Debatte 
        nach und nach die Schärfe. 
      Viertens: Die 
        Offensive der Nazis am 1.Mai. Sie begann bereits 1992 mit dem Versuch 
        von ein paar Dutzend FAPlern, in Prenzlauer Berg zu demonstrieren. Bereits 
        hier wurden sie vom BGS beschützt, dennoch von entschlossenen Antifas 
        verjagt. 1993 wollten die Nazis es besser machen, es gelang ihnen, eine 
        kleine genehmigte Demo in Berlin-Friedrichsfelde durchzuführen, die 
        von den Bullen gesichert wurde (ähnlich wie Hellersdorf 2000, nur 
        alles zehnmal kleiner). 1994 wurde eine Nazi-Demo in Berlin-Treptow verhindert 
        durch unklare Verbotslage und Antifa-Mobilisierung, Antifas und Bullen 
        beherrschten das Straßenbild. Die FAPler machten daraufhin abends 
        eine kleine Spontandemo in Prenzlauer Berg, auch hier hatten sie Stress 
        mit Bullen und Antifas. Diese Nazi-Aktionen hatten keine große Ausstrahlung 
        und waren ein mehr lokales Phänomen. 
        Das änderte sich ab 1996, mittlerweile waren NPD und JN zum Hauptsammelpunkt 
        der Nazis geworden. In Berlin-Marzahn setzten sie eine Demo mit 300 Leuten 
        durch, von Bullen geschützt. Spätestens 1997 wurde erkennbar, 
        dass die NPD zum Angriff auf den 1.Mai blasen wollte: Bundesweite Mobilisierung, 
        nach dem Verbot der zentralen Kundgebung in Leipzig wichen sie (erfolglos) 
        auf andere Städte aus. 1998 dann mobilisierten sie um die 3000 Leute 
        nach Leipzig, eingekreist von Tausenden Bullen und Antifas. Sie hatten 
        es nun geschafft, sich unübersehbar in Szene zu setzen, was ja auch 
        ihr Hauptanliegen war. Die Linke musste sich mit dieser Herausforderung 
        beschäftigen und hatte dabei wenig zu gewinnen, denn nur eine totale 
        Verhinderung des Nazi-Aufmarsches wäre ein eindeutiger Erfolg, und 
        die ist kaum erreichbar. 
        Letztlich zeigt sich am Kampf um das politische Terrain "1.Mai" 
        ein allgemeiner gesellschaftlicher Trend der 90er Jahre, nämlich 
        das wachsende Selbstbewusstsein und die größere Geschlossenheit 
        der Nazis bei gleichzeitig fortdauernder Untätigkeit der Staatsorgane 
        und Unfähigkeit der restlichen Menschheit, sie erfolgreich zu isolieren 
        und auszumerzen... 
      7. Welche Rolle 
        spielt die antifaschistische Mobilisierung im revolutionären 1.Mai 
        in Berlin? 
        Sie ist eine zweischneidige Angelegenheit. Der revolutionäre 1.Mai 
        soll eigentlich politisch offensiv sein, eine Kampfansage an das herrschende 
        System und eine Botschaft, daß immer noch viele tausend Menschen 
        eine revolutionäre Umwälzung zu einer befreiten Gesellschaft 
        wollen. Dadurch, dass in Form der Nazis nun auch das Gegenteil die Straße 
        für sich reklamiert, ist die Linke gezwungen, auch politisch defensiv 
        zu mobilisieren. Die Nazis an diesem Tag in Ruhe demonstrieren zu lassen, 
        ist kaum vorstellbar, doch die Gegenmobilisierung bindet und verschleißt 
        Kräfte. Auf die Dauer ist es unwahrscheinlich, dass die kleine radikale 
        Linke beides bewältigt, zumal wenn die Nazi-Mobilisierung sich gegenüber 
        1998 und 2000 weiter festigen oder gar steigern sollte. Vermutlich müssen 
        entweder die antifaschistischen Gruppen sich auf die Nazis konzentrieren 
        und den offensiv-politischen Aspekt der revolutionären Demo vernachlässigen, 
        oder es müssen breite Antifa-Bündnisse bis in bürgerliche 
        Kreise hinein angestrebt werden. 
        Letztlich ist die antifaschistische Mobilisierung am 1.Mai notgedrungene 
        Pflicht, der Rest ist die Kür. 
      8. Wie hat sich 
        der Charakter des revolutionären 1.Mai in Berlin entwickelt über 
        die Jahre? 
        Die Geschichte des revolutionären 1.Mai in Berlin lässt sich 
        in vier Phasen einteilen: 
        1987-1990 war der revolutionäre 1.Mai ein relativ offener, politisch 
        umkämpfter Anlass. Es war vorher nicht sicher, was passieren würde, 
        und es gab jeweils wichtige Begleitumstände, die den Verlauf des 
        Tages (mit)bestimmten und ihm seine individuelle Besonderheit verliehen. 
        Das war 1987 die in diesem Moment nicht erwartete, aber eigentlich fällige 
        Explosion, die auf Jahre der CDU-Beton-Politik antwortete, die sich zuletzt 
        in der selbstgerechten "750-Jahr-Feier" manifestiert hatte. 
        1988 ging es viel um 1987, also darum, ob der damalige Riot als einmalige 
        Sternschnuppe oder als Funke-zum-Steppenbrand eingeordnet werden müsse; 
        dem neuen Selbstbewusstsein der autonomen Szene im Vorfeld des IWF-Kongresses 
        in Berlin im Herbst 1988 standen markige Sprüche aus dem Regierungslager 
        gegenüber (Innensenator Kewenig wollte die autonome Szene "bis 
        zum Herbst zerschlagen" haben), der 1.Mai wurde so auch zu einer 
        Kraftprobe. Und natürlich war der Versuch spannend, erstmals seit 
        den frühen siebziger Jahren eine linksradikale Großdemo ohne 
        unmittelbaren Bezug auf eine Teilbereichsbewegung (also etwa Demos gegen 
        Häuserräumungen oder Friedensdemo), sondern mit dem einfachen 
        Programm "Revolution großartig, alles andere Quark" zu 
        versuchen. 
        1989 war die rot-grüne Regierung in Berlin ein zentraler Dreh- und 
        Angelpunkt des revolutionären 1.Mai: Würde der Regierungswechsel 
        eine Auswirkung auf die Mobilisierung der radikalen Linken haben, und 
        wenn ja, welche? Der 1.Mai schien eine gute Gelegenheit zu sein, klarzustellen, 
        was Linksradikale zu rot-grün zu sagen hatten, nämlich: die 
        Regierung wechselt, die Machtverhältnisse bleiben gleich. Außerdem 
        war die Thematik Repression, Innere Sicherheit, Militanz auf der Tagesordnung: 
        BKA-Schlag gegen Rote Zora im November 1988 mit diversen Haftbefehlen, 
        Verhaftung von zwei Leuten in Berlin wegen Anschlägen der "Amazonen", 
        Hungerstreik der RAF-Gefangenen im Frühjahr 1989, Skandale um den 
        Berliner Verfassungsschutz und einige seiner V-Leute... 
        1990 war natürlich der Fall der Mauer und der bevorstehende Anschluss 
        der Ex-DDR an die BRD ein bestimmendes Thema, das wiederum die Frage aufwarf, 
        was die radikale Linke dazu zu sagen haben würde. Zudem spielte der 
        scharfe Bruch von 1989 eine Rolle: Nach dem 1.Mai hatten sich damals lautstarke 
        Teile der (gemäßigten) Linken für die staatstragende "rot-grüne" 
        Seite entschieden und - angeführt von der "taz" - sowohl 
        nach dem Mai 1989 als auch vor dem 1.Mai 1990 eine beispiellose Hetzkampagne 
        gegen die autonome Szene inszeniert. 1990 wurde aber auch bereits die 
        zweite Phase erkennbar, als nämlich aufgrund des rot-grünen 
        Schulterschlusses mit den Rechten die Durchführung des revolutionären 
        1.Mai an sich zum Kampfterrain wurde, in diesem Jahr vor allem am Beispiel 
        des Straßenfestes (anfangs waren ja die Feste immer die Ausgangspunkte 
        der Randale!), das vom Bezirk verboten, letztlich aber trotz des Verbots 
        durchgesetzt wurde. 
      Nun begann die Phase 
        1991-1993, die geprägt war von den Bemühungen, den revolutionären 
        1.Mai durchzusetzen gegen staatlichen Terror und gegen die Spaltung durch 
        die ML-Kleingruppen (siehe Frage 6, Konflikte um den revolutionären 
        1.Mai). Die inhaltliche politische Gestaltung des Tages rückte in 
        den Hintergrund, der Erfolg bestand darin, dass die Demo überhaupt 
        stattfand. Ein Fest gab es 1991, es endete aber wieder im Tränengas, 
        daraufhin kam in den folgenden zwei Jahren kein Fest zustande. Die Auseinandersetzungen 
        innerhalb der Demo (v.a. mit den "RIM"-Leuten) und mit den Bullen 
        eskalierten von Jahr zu Jahr. Am Ende dieser zweiten Phase stand das vorläufige 
        Scheitern des revolutionären 1.Mai, vielleicht eine folgerichtige 
        Entwicklung, da sich der Schwerpunkt von der inhaltlichen Gestaltung immer 
        mehr dahin verlagert hatte, froh zu sein, wenn der Tag heil überstanden 
        war. 
      Die dritte Phase 
        war 1994/95, in diesen Jahren ging es vor allem darum, den revolutionären 
        1.Mai für die radikale Linke nicht aufzugeben: es gab 1994 wieder 
        ein (Szene-)Fest und 1995 den Autonomie-Kongress in Berlin. 
      1996 kam die "Wiedergeburt" 
        des revolutionären 1.Mai in Berlin. In den fünf Jahren, die 
        es nun seitdem die Demo und die mittlerweile zwei traditionellen Feste 
        gibt, hat sich wenig getan. Die politische Auseinandersetzung wird noch 
        weniger als früher um politische Themen geführt, vielmehr ist 
        der revolutionäre 1.Mai an sich Thema und Gegenstand der politischen 
        Auseinandersetzung geworden. Immerhin ist, anders als 1991-93, die Frage 
        "ob überhaupt" klar zugunsten der radikalen Linken entschieden 
        worden, und es geht nun weniger um das "Ob" als um das "Wie". 
        Die Situation lässt sich positiv wie negativ interpretieren. Positiv 
        gesehen, ließe sich sagen, dass die radikale Linke erfolgreich und 
        offensiv ein Terrain besetzt hat, auf der ihr nun andere politische Kräfte 
        gezwungenermaßen begegnen müssen. Negativ gesehen, ist der 
        revolutionäre 1.Mai erstarrt und ritualisiert, und mit jedem Jahr 
        der "same-procedure-as-every-year" wird es schwieriger, frischen 
        politischen Wind reinzubringen... 
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