Die Akademische Altherrenverbindung in der Rudelsburger Allianz - Vom Anfang bis zur Gegenwart -
Keynhausia zu Leipzig
Die Keynhausen umfassen einen Stamm von 9 Mitgliedern und rekrutieren sich Überwiegend aus der lO. Matrikel der Hochschule fÜr Bauwesen Leipzig (Studienzeit 1962 bis 1968, Fachrichtungen Hochbau und Konstruktiver Ingenieurbau) .
Der Ursprung der Verbindung ist zeitlich in das Jahr 1963 zu legen.
Nach einem Jahr des Kennenlernens und des ständigen, vorsichtigen Abtastens stellte sich bei einigen das Interesse an studentischen Traditionen und insbesondere am studentischen Liedgut heraus, das vorwiegend durch katholische und evangelische Studentengemeinden verbreitet wurde.
So fand im Herbst 1963 die erste akademische Kneipe auf einer Studentenbude statt. In Gaststätten duFfte man sich nicht wagen. Immerhin wurden noch 1961 2 Studenten der Hochschule exmatrikuliert, weil sie gemeinsam Radio Luxemburg und damit einen Sender des Klassenfeindes gehört hatten.
Jene erste Kneipe war ein begeisternder Erfolg und fÜhrte zu einer starken Bindung der Teilnehmer untereinander. Als man sich am nächsten Morgen bei dem unter der Dachbude wohnenden Ehepaar fÜr den nächtlichen "Lärm" entschuldigte, stellte sich heraus, daß die beiden voller Freude die längst verschollen geglaubten Lieder mitgesungen hatten.
In der Folgezeit wurden mit Elan das Liedgut erweitert und der Freundesbund gefestigt. Nicht zufällig war dieser Kreis auch Hauptakteur bei der Organisation studentischer Veranstaltungen im Studienjahres- und Hochschulrahmen wie Bergfeste, Faschingsveranstaltungen und Studentenbälle, wobei behutsam studentisches Liedgut unverfänglich eingebunden wurde.
Ein Höhepunkt der "Aktivenzeit" der die Vorbereitungen zur feierlichen Abschlussvorlesung der X. Matrikel im Herbst 1966. Mit einem Mörteltrog voll Bierflaschen zog man 3 Tage lang von Hörsaal zu Hörsaal, mitten in der Vorlesung der niederen Semester wurde mit dem Professorer vor den Augen des staunenden Auditoriums auf das Wohl der X. Matrikel getrunken. Sodann ertönten mehrere alte Studentenweisen, und einige (wenige) Herren Professoren stimmten mit ein. Im darauffolgenden Jahr wurde dem nächsten Studienjahrgang (XI. Matrikel) die Wiederholung solcher Prozedur und damit die BegrÜndung einer Tradition verboten.
In jener Zeit war an MÜtzen, Farben und Verbindungsnamen noch nicht zu denken. Allmählich jedoch konnten, nicht zuletzt auch Über wohlgesonnene Wirtinnen der Über eine Bude verfÜgenden Kommilitonen, mehrere alte Lahrer KommersbÜcher beschafft werden, die zu einer sprunghaften Erweiterung des Liedschatzes fÜhrten.
Der Tag der deutschen Einheit wurde von dem Freundesbund jährlich mit einem Festkommers auf einer Studentenbude begangen. Höhepunkt war das leise und trotzig gesungene Deutschlandlied, das mancher zum ersten Mal in seinem Leben am 17. Juni 1953 als Massengesang auf den Straßen erlebt hatte.
Nach Erwerb des Diploms zog ein jeder in seine Stadt und gründete philistergemäß eine Familie und trauerte der goldenen Studentenzeit nach. So blieb es nicht aus, daß der innige Kontakt auch weiterhin gesucht und gepflegt wurde. Ein historisches Ereignis begab sich am ersten Novemberwochenende des Jahres 1970. Die nunmehrigen Philister trafen sich nahe des Rennsteiges fernab der Zivilisation in einer kleinen WaldhÜtte, die nach dem Förster Keyn benannt war. Beseeligt hatte man sich wieder. Die Humpen kreisten im lieberschlossenen Freundesbund, in alter Treue bei den Weisen der Väter jauchzte ein jeder Mund.
Aus dem bisherigen Freundesbund entwickelte sich nun auf der Basis einer christlich-liberalen Grundeinstellung ein festgefÜgter Lebensbund, an dessen Stabilität die Damen in erheblichem Maße Anteil hatten.
Seit 1970 findet jährlich Anfang November das Stiftungsfest der Keynhausia statt, allerdings grundsätzlich wegen des beengten Raumes ohne Damen und Gäste. Die Abgeschiedenheit des Ortes bot Gewähr, daß ohne Gefahr Lieder gesungen werden konnten, die höchst unliebsam waren.In jedem Jahr wurde die Dauer des Novemberzusammenseins länger.
Inzwischen hat sich ein Zeitraum von Mittwoch bis Sonntag eingepegelt. FÜr die Keynhausen ist diese Zeit der Höhepunkt des Jahres. Nicht nur zum Festkommers am Donnerstag wird viel gesungen. Lange, ausgiebige Gespräche und Diskussionen zu politischen, fachlichen und weltanschaulichen Problemen haben zudem eine Erweiterung des geistigen Horizontes und einen wertvollen Austausch zur Folge. Aber es soll auch nicht verschwiegen werden, daß die aus der Sicht mancher Verbindung der alten Bundesländer barbarischen Trinksitten der Keynhausen mit zahlreichen Biermensuren und den beliebten Bierstafetten fÜr erhebliches Kurzweil sorgten und sorgen. Ist zwar die Bezeichnung Keynhaus fÜr alle Insider ein Begriff, so wurde der Name Keynhausia fÜr die Altherrenverbindung erst Anfang der achtziger Jahre von Herrn Dr. cerevisiae Wolfgang Kupke aus Halle geprägt, der durch den Kontakt mit Keynhausen seine Begeisterung fÜr studentisches Brauchtum empfing und der durch die ihm eigene Aktivität unendlich viel fÜr die Weiterentwicklung des Verbindungswesens im Untergrund beitrug. DafÜr sei ihm an dieser Stelle Dank gesagt und auch Anerkennung fÜr standhaft ertragene Unbill durch Polizei und Staatssicherheit.
Daß sich durch das Wirken der Keynhausia im Raum Leipzig-Halle schon lange vor der Wende weitere Verbindungen aufgetan haben, erfÜllt die Keynhausen mit Freude.In den ersten achtziger Jahren gelang es auch, Über geschickt formulierte Zeitungsannoncen zu bestimmten Utensilien wie MÜtzen und Bändern sowie alten Zipfeln zu kommen (direkt formulierte Annoncen in dieser Richtung durften die Zeitungen nicht annehmen) .Da ein jeder zwangsläufig unterschiedliche Farben trug, mag sich dem westlichen Betrachter zu ersten gemeinsamen Kneipen ein schrecklich kariertes Bild geboten haben. FÜr die Keynhausen zählte in dieser Farbenvielfalt nur das 5ymbol, und dieses gilt es auch weiterhin zu bewahren. Deshalb werden gern auch die alten, unter Bedrängnis bewährten Farben zusätzlich zum neuen SchwarzGold-GrÜn getragen. Im gleichen Sinne ist der Wahlspruch der Keynhausia zu sehen:
Freiheit
Frohsinn
Liebe
Dies ist Programm gerade auch in der heutigen Zeit.
Doch zurÜck zur Vergangenheit: neben kommersgeprägten Zusammentreffen wird jährlich seit 1971 eine gemeinsame Ausfahrt mit Damen zu kulturhistorisch bedeutsamen Stätten organisiert - die Städte Meißen, Querfurt, Weimar, Rudolstadt, Wittenberg und Altenburg mögen als Beispiel dienen. Erst unlängst wurde Goslar erschlossen. Mehrfach klang an, daß die Keynhausen Wert auf Pflege und Entwicklung des Liedgutes legen. So nimmt es nicht wunder, daß im Jahr 1985 anläßlich des 200. Geburtstages von Albert Methfessel unter der Keynhausia Methfessel-Ehrungen in Rudolstadt und Stadtilm stattfanden. Ebenso wurde des 200. Geburtstages besonderer BerÜcksichtigung seines Studentenliedes gedacht.
Und schließlich - 1990 jährte sich Rudolf Baumbachs Geburtstag zum 150. Mal. An seinem Geburtshaus in Kranichfeld stellten die Keynhausen Blumen auf und sangen die schönsten Baumbachlieder vor Überraschten Einwohnern.
Ein besonderes Datum in der Geschichte der Keynhausia ist der 11. November 1989. Man hatte sich am 8.11. zum 20. Stiftungsfest im tiefen ThÜringer Walde vereint. Erst spät am 10.11. drang die Kunde des Mauerfalls in die HÜtte. Schon am nächsten Abend fand die erste deutsch-deutsche Nachkriegskneipe in einer begeisternden Atmosphäre statt zwischen der K.D.St.V. Langobardia MÜnchen zu Bayreuth im CV und der Ak. AHV Keynhausia zu Leipzig in der Rudelsburger Allianz.. Bald danach organisierten die Keynhausen eine Brandungskneipe fÜr die Langobarden bei dem verdienten Couleurwirt Udo Kanthack im "Burgblick" Saaleck am Fuße der Rudelsburg im Mai 1990. Dies wird wohl auch die erste Brandungskneipe einer bundesdeutschen Verbindung in der ehemaligen DDR gewesen sein.
Zum Salamander-Verständnis der Keynhausia: Die Keynhausen reiben ihre Salamander in Anlehnung an den Allgemeinen deutschen BierComment in etwas rationellerer Form, jedoch grundsätzlich mit dem Lied "Cerevisiam bibunt homines . . . " zum Abschluß. Prinzipiell werden beim Salamander gleiche 0,25 l-Waffen wie bei der Biermensur geleert. Salamander werden zu Ehren bedeutender Persönlichkeiten, zur Anerkennung besonderer Verdienste, auf besondere Ereignisse usw. initiiert. Da sich aber solche wÜrdigen Anlässe bei den Keynhausen immer mehr häufen, kann es mitunter vorkommen, daß an einem Abend sehr viele Salamander gerieben werden mÜssen.Dieser Sachverhalt ist inzwischen ein spezielles Markenzeichen der Keynhausia.
Auf dem 5. Allianzkommers der Rudelsburger Allianz Ende Mai 1991 hat sich die Keynhausia klar zum Weiterbestehen und zur UnterstÜtzung der Rudelsburger Allianz als Freundschaftsbund heterogener studentischer Verbindungen, die nachweislich vor Oktober 1989 bereits eine Tradition aufweisen konnten, bekannt. Im Geist und in der Tradition der Rudelsburger Allianz grüßt die Ak. AHV Keynhausia zu Leipzig mit dieser Chronik alle Farbenbrüder im geeinten Deutschland.