Kommentare
Ja, jetzt folgt der Jahresbericht.
Denke, dass sich manches bei mir verändert hat. Nur ich nicht.
Mein Studium macht mir erst seit ganz ganz kurzem ein bißchen Freude, weil ich präpe.
Ich war mir noch nie so unsicher über meine gesellschaftliche Rolle bzw. Existenzrahmen wie in den letzten Monaten. Dafür habe ich mich mit dem Gefühl konstanter Einsamkeit angefreundet. Zumindest weiß ich mittlerweile paar Menschen, die ich um 1 Uhr morgens anrufen kann und sagen kann, dass es mir beschissen geht und sie werden sich mit mir beschäftigen.
Mein Bekanntenkreis hat sich sehr verändert, ziehe fortan lauter Psychos an. Die Antwort auf ein „Warum“ weiß ich, einige von euch vielleicht auch.
Und sonst ist mir vieles gleichgültig geworden.
Und auch sonst sage ich gerne Dinge, die andere unangemessen oder provokant finden. Da ich aber zunehmend immer weniger Zeit mit geistig saturierten Menschen verbringe, verwischen sich für mich die Grenzen der Themen, die man ansprechen kann oder aber nicht, weil, was werden dann die anderen von mir denken?
Und so schockiere ich einige nichtsahnende Mitmenschen. Schlimm.
Und freue mich sehr, dass ich Weihnachten arbeiten werde und nicht dieses Absurdum mir antun muß, schlimm genug sind die geschenkgeilen Menschen in der Münchner Innenstadt, die ich dennoch nicht missen möchte, weil ich ja sonst einen Anlass weniger hätte, meinen Kommentar abzugeben.
(gehört in die kleine-mädchen-sparte, aber kein freund zu hand, der mir das noch einprogrammieren könnte)
Displayanzeige des Handys. Blick drauf.
Kein Briefchensymbol. Erst vor 5 Minuten zum letzten mal draufgeschaut. Hätte ja sein können, dass er just in diesen 5 Minuten, als ich pinkeln war, mir endlich eine SMS schreibt. Oder gar anruft. Oder gar mit seinem blauen Auto um die Ecke fährt und die überdimensionalen Blumentöpfe vor dem Café zur Strecke bringt. Oder mit dem Fallschirm hier landet. Oder eine Nachricht für mich abgibt, an den Kellner, der schon ungeduldig die 4,50 für einen scheußlichen Milchkaffee kasieren will und gereizt ist, dass er soviel schwitzt und zu riechen anfängt.
Das alles war natürlich nicht passiert.
Meine Freundin Molli sitzt noch in der Sonne, während ich im Schatten bleibe und das handy in die Tasche fallen lasse. Sie zieht ihre linke Augenbraue über der Sonnenbrille hoch. Sehr streng.
Und sagt entrüstet, ich solle mich nicht so fertig machen, wegen einem Mann. Das würde keiner verdienen.
Und er schon gar nicht, denke ich, hilflos lächelnd.
Nur bringt es auch nichts weiter, es zu wissen.
„Es ist wie jedes Verliebtsein. Eine schmerzhafte, unerwiderte Hysterie, die einsam fühlen macht, sich auflöst in Nur-ein-Mensch, immer Wunden hinterläßt, wie eine Krankheit ist, Feuer oder Krätze, und ein Brennen im Leib macht – für nichts.“
Was tät ich bloß ohne Frau Bergs Zitate in tragischen Situationen wie dieser?
Verliebt aus der Wäsche schauen.
Aber so. Reicht sogar für eine literarisch-kompatible Selbstanalyse, auch wenns Plagiat ist.
Meine Freundin holt zum Reden aus.
Von unglücklicher Liebe, an der man wächst oder zerbricht,
von Schicksalsprüfungen,
von irgendwo auf dieser Welt wartet schon noch der richtige Mann auf mich, nur Geduld,
von Traummännern, den man immer begegnet, man muß sie nur erkennen,
von das Leben geht weiter.
Empörung und Zorn. In mir. Unglaube. Solche abgedroschene Scheiße, glaubt sie, mich damit trösten zu müssen.
Ich will keinen Traummann, unterbreche ich sie aufgebracht.
Will, dass mich ein Mann liebt.
Aber das meine ich doch, erwidert Molli entgeistert ob meiner Agressivität.
Sprachlos schau ich sie an.
Bevor ich etwas zu Wahres sage, wie ‚du hast doch überhaupt keine Ahnung, so feige berechnend und spießig wie du bist, also halte endlich deine hübsche Fresse und schwelge dich weiter im Sonnenschein’, bezahle ich und gehe abrupt, diese Peinlichkeit schnell hinter mir lassend.
Wohin ich gehe, weiß ich nicht, Hauptsache, bewege mich rapid und sicher von hier weg.
Jetzt bloß nicht zu heulen anfangen.
Dieser Gans wegen nicht, und des Mannes nicht.
Werde das schlechte Gefühl nicht los, als ich den Sendlinger Tor Platz verlasse und eine grelle Hauptstraße entlangfließe, dass ich mich in Molli verschätzt habe.
Später, viel später, werde ich begreifen, dass ich in ihre Schönheit verliebt war und eine Freundschaft zu ihr angefangen hatte, nur um ihr nahe sein zu können, neben ihr stundenlang sitzen und gehen zu können, sie immer verstohlen betrachtend. Die Dimension ihres Geistes und ihrer Lebensauffassung stand windschief zu der meinigen. Aber so schön bezaubernd war sie. Leider setzte dennoch, trotzt dieses Zaubers, eine Ernüchterung in mir ein, was die Freundschaft zu ihr anbetraf. Sie hatte es nie verstanden, woran unsere Freundschaft letztendlich zerbrach. Es gab doch gar keine, nur meine Bewunderung für dich, unter einem Deckmantel. Bis die Verachtung für ihre Dümmlichkeit und selbstgefällige Prinzipien die Bewunderung vom Podest stießen. Wie gesagt, das werde ich erst später begreifen.
Und jetzt bin ich einfach nur frustriert.
Schlage mich auf die Schattenseite der Straßen, laufe im Kreis, jetzt schon zum 3. Mal am Justizpalast vorbei; dem gegenüber ist im Hotel blabla-hof meine favorisierte Kunsthandlung, sie tröstet mich heute aber auch nicht. Auf der Sonnenseite laufen all diese Pärchen.
Hin-und hergerissen.
Zwischen.
Sehnsucht nach ihm, Erinnerung an ihn, ihn für mich ganz allein haben zu wollen, ganz und gar.
Und.
Entrüstung über meine Besitzergreifung. Willst doch auch nicht, dass dich der andere in seiner Liebe auflöst.
Warum willst du dir dann diesen Mann einverleiben?
Bäh, lästige Fragen, geht weg!
Stattdessen immerzu daran denken, bei diesem Mann zu sein, ihn anzusehen, mit ihm nach Palermo zu fahren, dort bei gutem Wetter, also immer, den Stromboli rauchen zu sehen, vom Balkon eines kleines, zerfallenden Häuschens aus, das auf einem mit zirpenden Zypressen bestückten Hügel steht, auf der Straße zu sitzen und zu reden, miteinander und voneinander, wie alle hier. Zu schmunzeln, wenn ich ihn einschlafen sehe und mir überlege, welches Kleid ich morgen anziehen werde, um in der Früh aufzustehen, um zu schreiben, meine sizilianischen Novellen. Und diese Stadt laut und geschäftig werden zu hören, hier merkt man noch, wenn was lebendig wird, wenn die Stadt am Morgen lebendig wird.
Ganz aufgewühlt gehe ich zur Uni zurück. Keine Ahnung, was im Seminar besprochen wurde. War am Ende des Vortrages so erschöpft, von der eigenen Aufregung, aber eher von den schlaflosen Wochen, dass ich eingenickt bin.
Zu Hause ein einziges Nervenbündel. Vermeide jedes Gespräch.
Die Zeit verstreicht. Schon nach 22 Uhr.
Denke nicht, fühle nicht, sitze nur da und glaube, etwas an meinem Körper aufschneiden zu müssen, um die Seele mit Schmerz abzugelenken, damit sie sich nicht an jeder neuen Vorstellung von und mit diesem Mann Wunden ins Fleisch jagt.
Und hilflos mit den Gliedmaßen schunkelt, die Seele, am Marterpfeil der Projektion aufgespießt.
Noch eine Stunde versteicht.
Halte nicht mehr aus. Rufe ihn an. Besetzt. Nach 10 Minuten wieder, besetzt. Zehn Minuten später, er geht nicht ran. Lasse es bestimmt 20 mal klingeln, mehrmals infolge. Es rührt sich nichts.
Ein dummes kleines Mädchen hockt im Bett, eigentlich aber in Palermo, allein und mit verquollenen Augen schaut es den Stromboli rauchen. Hat was geweint, das dumme kleine Mädchen.
kennst du das gefühl
wenn du dich fortwährend fragst
wann ist es endlich vorbei
wann sterbe ich endlich
wenn illusion
mit der halbwertszeit eines stuhlgangs
dir flüstert
es hätte irgendetwas irgendwann und irgendwarum noch einen sinn
wenn du genau weißt
die vorstellung sich gar anfassen läßt
wie dein leben in den nächsten 40 jahren aussehen wird
und was du wann fühlen wirst
und was du wann dir vorlügen wirst
und was den anderen
und was du zu welchem anlass denken wirst aber nicht aussprechen
und du nichts bedauern wirst
weil sich nichts ändern kann
auch wenn man anders handelt
aber gerade diese andershandlung ist in deinem leben als andershandlung vorgesehen
und du denkst dir aber
boah, bin ich jetzt toll, dass ich was in meinem leben verändere
und dabei war alles von anfang an geplant
verstehst du mich?
Betreff: N.Y.
hole nachttopf für eine bettlägrige patientin
und höre
chaos
auf dem flur der station
des krankenhauses
muß jemand reanimiert werden?
spähe hinaus
der süßliche ergotherapeut entsetzt
gerade im radio gehört
dass flugzeuge in worldtradecenter
vorher entführt
oder ähnliches
wohl islamisten
geil
endlich was los im spätdienst
denke ich
bringe den nachttopf voller flüssiger scheiße
in die waschmaschine
oho
kochwäsche mit anschließender desinfektion
und ein flugzeug auf pentagon
jetzt aber in den speiseraum
fernseher einschalten
die fernbedienung total verfettet
hat sich wohl
eine oma die finger nicht abgewischt
bevor die fernbedienung
gegrabscht
mein lieblingsbild
als das zweite flugzeug
ins ultrahochhaus fliegt
pfleger und schwestern schauen kurz vorbei
nehmen zur kenntnis
und weiter blutdruckmessen
ich hocke im rollstuhl eines patienten und starre gierig die mattscheibe an
bin fasziniert von so viel gewalt auf einmal
und konzentriert
gewalt imponiert
seien wir ehrlich
unterbrechung
abendessen auf station
patienten müssen herausgefahren werden
einigen essen eingegeben
denjenigen aber im zimmer
unter ausschluss der öffentlichkeit
kranke mit noch kränkeren
wollen nicht konfrontiert werden
wie gesunde
auch keine kranken sehen mögen
bin im privatzimmer
von lebermetastasen eines
ungeklärten primärtumors
aber zum glück fernseher
am bettrand
sitzend
essen eingebend
starre ich den fernseher an
die oma würgt währenddessen
ihr pürietes fleisch und gemüse
löffel für löffel
riecht
wie die scheiße von vorhin
mit zitternden tränen
in den augen
schau ich die sterbende oma an
hoffe nur
dass das essen nicht so schmeckt
wie es riecht
sie drückt angestrengt die obere zahnprothese mit der zunge zurecht
paßt nicht mehr
weil knochenschwund
auch am oberkiefer
und fährt dann mit pilzbefallener zunge
über die rissige lippenhaut
ich schiebe
einen löffel apfelmus nach
sie bewegt die angedickte fruchtpampe im mund
gurgelt fast mit ihr
bis sie sie endlich
runterschluckt
die erste träne rollt
immer und immer wieder fliegt das flugzeug ins haus
und die oma krächzt vor schmerzen
und schnappt kraftlos nach luft
das morphium ist wohl nicht richtig eingestellt
sie dürfte keine schmerzen haben
sie will nicht mehr essen
ich schau weiter die bilder
wie magnetisiert
wische
die wimerntuschespur aus dem gesicht
trage das essenstablett
hinaus
und glaube
nichts mehr zu spüren
weil nur noch übelkeit aufsteigend
ob von der scheiße oder den flugzeugen
tablett kracht auf den boden
während
mein mageninhalt auf ihn landet
verlegenheit bei den anderen
wische das erbrochene weg
und gehirn vibriert
schläfen pochen
ich soll nach hause gehen
die stationsleitung
schmeiße die arbeitskleidung in den wäschesack
und sitze
ich verregneten park vor dem krankenhaus
das lähmende entsetzen aus
über die faszination
der gewalt.
Betreff: Georg Trakl
habe mir ein buch mit sämtlichen gedichten, entwürfen, theaterstücken von Georg Trakl ausgeliehen
habe mich in der U-Bahn auf dem nachhauseweg so gefreut,
so gefreut darauf,
zu entdecken,
dass Trakl noch genialer als Gottfried Benn sein könnte.
seine gedichte ein Revival des Sentimentalismus, gepaart mit geistigen Bildern der naiven malerei
seine sprache à la Eichendorff (mit expressionistischer wucht, hehe)
seine inhalte à la talkshows auf den privatsendern
seine gefühlsintensität à la zu lang gekochte nudeln
und dann heißt es noch
zitiere wörtlich
„Trakls Gedichte gehören zweifellos zu den bedeutendsten
lyrischen Leistungen unseres Jahrhunderts“
bei der besprechung des gedichts „Drei Träume“ (1909)
ein gewisser Hans-Georg Kemper tut, dann tuts aber langsam wehe
schließlich kann man auch
Rosamunde Pilcher
mit nötiger geistiger weitsichtigkeit
auf
Hegel
zurückführen.
da werden das häßliche und böse, das bedrohliche und
zerstörerische, das morbide und dekadente der modernen realität in krassen
bildern ins sujet umgesetzt, ganz nach Nietzsches forderung nach „Färbung,
Kausalität und Schnelligkeit“.
hey, ist irgendwie weltliteraturerbe, worüber ich mich lustig mache
zum wiedergutmachen
kann jemand ein räucherstäbchen für mich bei gelegenheit anzünden?
mit moschusduft
da gibt’s noch ne schöne nebenwirkung
Betreff: MAIL
Aus
welcher Oper sind die italienischen Zitate?
1.
Der
Titel hat nichts mit dem Buch zu tun (als Entwarnung für die Schüchternen unter
uns (Marc!)), eher mit Streigerung der Verkaufsexemplare.
2.
Der
in vielen Feuilletons dem Buch zugesprochene Voyeurismus ist Frau Bergs
Unverschämtheit, die Dinge beim Namen zu nennen.
3.
Ein
nicht weinbares Buch (bei der kleinen Ziege aber beinahe).
4.
Frau
Berg, verraten Sie mir ihr Diätgeheimnis?
5.
Frau
Berg, ich habe mich in Ihre Mailingliste eingetragen, bitte, bitte, bitte,
antworten Sie mir.
6.
Das
Buch macht zu neugierig auf Drogen.
7.
„Sex
II“ ist ein Buch, das man an jedem Kreuzweg des Lebens dabeihaben sollte, da
fällt nämlich die Entscheidung, soll man nach links oder nach rechts gehen,
ganz eindeutig aus: umdrehen und zurück laufen.
8.
Wenn
ich ein Mann wäre, hätte ich mich in Frau Berg verliebt, die Schweizerischen
Berge erklommen (hatte in Sport immer eine 3, aber was tue ich nicht alles für
Sie), auf meiner Wallfahrt ausgelaugt und gedemütigt die letzten 100 m zu ihrer
Villa auf Knien gehend, um am goldverzierten Eingangstor abwechselnd leise zu
winseln und laut zu bellen. Sie dann um ihre Hand bitten und anschließend mit
dem Schwanz wedeln.
9.
Laßt
uns auf die Wiedergeburt des klassischen deutschen Naturalismus anstoßen!
10.
Ich
ahne ja, dass ich nie ein seriöser Kritiker werde. Oder kriege ich eine 2.
Chance?
Ich
habe aber schon längst einen Hacker im Rechner, der ist schlimemr als der
schlimmste Virus und IHR HABT MICH NICHT GEWARNT!
Immer
wenn ich den Rechner hochfahre, winkt er mir freundlichst mit einer Bildstörung
und voyeuriert grinsend meine Aktivitäten im Netz und in Anwendungsprogrammen.
Manchmal
ärgert er mich.
Dann
erscheinen beim Einloggen ins Web nicht die Begrüßungsseite meines Anbieters,
sondern Hardcore-Fucking-Seiten, wo wunderschönen Frauen gerade in
Detailaufnahme ins Gesicht gespritzt wird oder ein Corpus penis ( sprich corpus
cavernosum et spongiosum penis), richtiger jedoch: die Tunica albuginea
corporum cavernosum mit dem Sekret der Glandulae selivariae minores et majores
der Frauen flächendeckend benetzt wird (unpoetische Menschen sagen dazu auch,
einen geblasen zu bekommen). Das beim ersten Mal zu sehen war ja noch spannend,
habe die Seite gespeichert und als Mailanhang an mein Begierdeobjekt geschickt.
Die Beziehung dauerte ganze 2 Jahre. Vorher. Danach nicht mehr.
Manchmal
ist der Hacker nett. (Wahrscheinlich nach gelungenem Onanieren)
Dann
programmieren sich Graphiken zu diversen Heimseiten für schnorrende Freunde von
selbst oder er hilft beim framen, wenn ich hoffnungslos in mich
zusammengesunken den Bildschirm anheule, tippen sich von selbst die richtigen
Befehle ein. Das kommt jedoch zu selten, meist klaut er mir Dateien oder
versteckt sie in andere Ordner, läßt den Rechner absürzen, wenn ich die neue
Druckerpatrone ausrichten will und diese ätzenden Bilsstörungen, begleitet vom
Geräusch, als ob jemand mit einem spitzen Gegenstand am Fensterglas ritzen
würde oder mit künstlichen Fingernägeln (*winke* Sonja!) an der Schultafel.
Langer
Rede kurzer Sinn:
so
könnt ihr euch demnächst euren Anti-Virus-Müll sparen, jetzt hilft das „Wir
betreuen unsere User rund um die Uhr“-Schleimen auch nicht mehr.
Betreff: POP Kultur
Wenn
Sie sich eine Fachmeinung zu diesem Thema einholen wollen, schreiben Sie
hilfesuchend an Christian.
Wenn
Sie eine Laienmeinung brauchen, lesen Sie bitte laut und deutlich folgendes:
1.
P O P k u l t u r
Die
Klangfarbe der Buchstaben k, l, o, p, r, t, u ist in der Kombination des zu
diskutierenden Wortes absurd.
2.
Das wars. Fällt Ihnen noch etwas ein?
Betreff: Taschenatlas der Anatomie 2
Mein
Insidertipp:
Beschriftet
die Abbildungen mit den zu lernenden Begriffen, schmiert also die Seiten voll,
bis zur Unkenntlichkeit, mit einem am besten stumpfen Bleischift, macht Spaß,
sind
nur ca. 25 idiotische Wörter x 200 Doppelseiten x 3 Bänder. Also 15000
Begriffe, die ein Medizinstudent, der nachts mit gutem Gewissen schläft,
auswendig kann, jederzeit einer detaillreichen Abbildung zuordnen kann, und
nach kurzem Zögern einer listreichen Frage des Professors im mündlichen
Physikum pointiert kontern kann.
Betreff: Meine Telefonrechnung
Betreff: Lesberismus, das Unwort des Tages
Lesberismus,
wow.
Ich
schreibe eine Erzählung über Dich, aber ich kriege die Dialoge nicht hin,
klingt zu sehr nach Hollywood, das kommt davon, wenn man keine gescheite
Konversation von Zuhause gelernt hat, immer zur Schreien.
Ich
arbeite die nächsten zwei Tage, pure Entspannung.
Arbeit
schafft Freude.
Arbeit
macht frei. Nicht wahr, Christian? Vielleicht bin ich gar nicht so entfremdet,
wie ich immer tue und schon auf dem Weg zu meinem persönlichen Kommunismus.
Wie
geht es Megan?
Wie
war die CDU-Demo, das Non-plus-Ultra unter allen Überraschungseiern?
Betreff: Angst
Einblende:
WEIß ICH NICHT
Asuka:
Vielleicht, um es herauszufinden?
Rei:
Für wen lebst du?
Asuka:
natürlich für mich
Schinjii:
wahrscheinlich für mich
Einblende:
WIRKLICH?
Rei:
Bist du froh, dass du lebst?
Shinjii:
weiß ich nicht
Rei:
Bist du froh, dass du lebst?
Asuka:
klar, bin ich (und die Stimme fällt in sich zusammen)
Rei:
Bist du froh, dass du lebst?
Misato:
ich will nur Spaß haben
Antwort:
Nein, mag ich nicht.
Telefon:
Magst du die Mühsal nicht?
Antwort:
Ich mag sie nicht.
Telefon:
Deshalb rennst du weg?
Antwort
(schreit): Ja, gibt es etwas dagegen einzuwenden? (man sieht ein
Bett, voll mit Blut, die Wand über dem Bett, voll mit Blut, alles gespritzt mit
Blut)
Betreff: Geigerinnen
Warum stellen sich kleine Mädchen selbstverliebt vor den größten Spiegel in der Wohnung, wenn sie Geige üben? Vladlena?
Damit sie einen geraden Bogenstrich haben, weil der Bogen sonst über die ganzen Saiten saut, wenn man ihn im kleinen Spiegel des eigenen Kleiderschrankes nicht sehen kann.Oder aus sonstigen Gründen...
Jetzt fällt mir eine Begebenheit aus dem erst kürzlich zurückliegendem Sommerschluß-verkauf ein. Samstag, 16 Uhr. Erlösung, weil die Geschäfte endlich zumachen. Die Jagdsaison ist abgeblasen.
Menschenmassen füllen von einer Minute auf die andere die Fußgängerpassage, zwischen Marienplatz und Karlstor. In der Ferne hören wir, willige Konsumenten, weitere Verlockung. Ein Streichquartett und ein Oboist spielen vor einem exclusiven Herrenausstatter wunderbarste Musik.
The Best of
Classics, here and now.
Ich dränge mich mit meinen Einkaufstüten nach vorne, viele Menschen lassen sich um mich herum ein musikalisches Bedürfnis einreden, um es dann stillen zu können, indem sie den Musikern ein 5 Mark Stück bezahlen.
Ich lausche der Musik.
Sie spielen alle zu wunderbar, zu wunderbar für uns Sterbliche, die sich gute Klamotten nur im SSV leisten können, für uns, die wir uns zu wenig mit sagenhafter Musik beschäftigen, für uns, die einen Opern- oder Konzertbesuch lediglich zum Angeben von unserer Kulturhaftigkeit beim nächsten Treffen mit Freunden mißbrauchen.
Ich kann meine Augen nicht von der Geigerin abwenden. Ich
warte die Sekunden ab, wo ihr Kopf sich in meine Richtung neigt, dann lächle
ich sie an. Sie runzelt unmerklich die Stirn. Sie hat eine weiße Haut von
unheimlicher Oblatentransparenz, ganz schwarze Haare, die sich elegant über die
rechte Gesichtshälfte legen, schwarz angezogen, so schön, so schön finde ich
sie. Ich lasse sie in meinem Blick nicht mehr los. Unerreichbare Menschen zu
lieben ist an sich relativ schmerzlos, ich heule ja auch nicht vor
Liebeskummer, wenn ich zu Jesus bete.
Betreff: Menschen, die in einer Fernbeziehung Freiräume brauchen.
Warum bezeichnest Du es dann als Beziehung?
Warum nicht gleich:
Wir poppen mit einer Regelmäßigkeit, nun sagen wir mal, von einmal in 6 Wochen, wenn Du mal einen freien Termin hast. Und sonst rufst Du mich nicht an, nur, wenn Dein Orgasmussoll von 6 mal pro Woche am Samstag morgen noch nicht erfüllt ist. Es interessiert Dich auch nicht, wie meine Prüfungen gelaufen sind, nicht wahr,
Du bist eine erwachsene Frau, Du weißt, was Du willst, Du mußt Deinen Weg selbständig gehen, und wenn man sich liebt, dann muß man doch über solchen Lapalien wie Desinteresse an Deinem tatsächlichen Leben stehen.
Du nennst es ein selbstverantwortliches Leben jeder für sich und doch miteinander.
Du brauchst Deine Freiräume,
aber im Bett, wo es beim Poppen mitunter auch eng werden kann, brauchst Du sie nicht mehr. Komisch.
Ich freue mich auf Deine Antwort.
Betreff: Muse
Ich kann es nicht glauben, Christian.
Und an Simones Stelle würde ich Dich sofort anrufen, ich stell mir gerade vor, jemand anders hätte sowas für mich getan.
P.S. Kennst Du Banana Yoshimoto? Lies doch bitte „N.P.“ von
ihr, purer Inzest.
Betreff: ein www-Freund
Emotionalität ist keine Schwäche.
Marc, das hört sich wirklich gut an.
Wenn ich es nicht besser wüßte, würde ich zustimmen, klingt
so menschenfreundlich.
Betreff: Lebensinhalte einfügen
Boah, habe jetzt Bock auf eine Grundsatzdiskussion:
von Gott, oder ähnlichem, oder von Diäten, oder ähnlichem, oder von den armen Menschen dieser Welt, die leider, leider nie zu Wort kommen werden, in dieser Diskussion, weil sie kein www haben, vielleicht besser so, gell, so können wir in Ruhe ihre Probleme erörtern, die Betroffenen reden nicht dazwischen, ist doch geil, und dann arbeiten wir eine Weltverbesserungsmail heraus, schicken sie an die Vereinten Nationen, und sagen dann unseren Freunden, boah, sind wir aber politisch korrekt. Und weil die Kacke schon am Dampfen ist, schreiben wir gleich eine moralische Mail an Andreas Türck mit. Na der wird sich freuen. Gibt es den Zusammenschnitt seiner Talkshows eigentlich schon zu bestellen?
„The Best of Andreas Türck oder Porträt eines Halbgotts”
Oder haben die wahren Fans die ganze erste Auflage schon vergriffen?
Ach ja, wir waren bei den hungernden Menschen dieser Erde.
Was soll ich sagen, ich bin viel zu satt, um etwas sagen zu dürfen.
IDEE: ich trete in einen Hungerstreik
für alle anderen mit
Wie war das, Fasten heilt von innen? Warum haben so viele hungernde Menschen AIDS? Und den Rest der möglichen Krankheiten?
Aber Kaffee und Zigaretten sind erlaubt, ok? Sonst wird das unglaubwürdig, ein zivilisierter Mensch kann doch auch im Dienste der Menschheit nicht auf Genußmittel verzichten. So.
O-- Ihr Menschen da draußen, hört ihr schon meinen Magen knurren?
Geht es euch besser?
Nicht?
Aber warum denn nicht, seht doch, ich bin der wahre Märthyrer.
Zumindest geht es mir besser.
Habe jetzt einen krassen neuen Lebensinhalt.
Fühlt sich gut an.
Betreff: eure beschissene Selbstsucht
Warum könnt Ihr keine menschliche Nähe aushalten? Was ist schief gelaufen?
Warum könnt ihr aber wie auf Abruf vögeln?
Dann aber Euch von allem eingeengt fühlen? Sogar von einer SMS?
Nicht fähig sein, eine Bindung zu anderen einzugehen. Nicht fähig sein, anzurufen, um seine Sorge um den anderen zu zeigen.
Bin ich hier denn die einzige im Land, die andere Menschen braucht? (meine Freunde ausgenommen)
Braucht Ihr denn niemanden?
Aber Selbstsucht ist der allerliebste Freund, gell? Füllt
euch genügend aus, na, dann wünsche ich euch was.
Veronica hat das auch mal gesagt, hat gesagt, immer wenn sie in Italien ist, mit ihren italienischen Freunden, dann gehen sie tanzen oder aufne Hütte Wein trinken, und zwar miteinander, wie eine Familie. Veronica hat mit mir das Studium angefangen, nach 2 Monaten abgebrochen, obwohl es ihr Traumstudium war, um nach Italien zu gehen. Jetzt ist sie in Trient. Zu Hause, sozusagen.
Tja, heute habe ich einen Grund mehr, auszuwandern.
Internet gibt es auch in Skandinavien.
Betreff: meine unironischen Freunde
ja hallo, wollt ihr mich nicht alle besuchen, in Skandinavien?
ich wohne dann auf einer elch-farm,
bin mit dem hübschesten Schweden verheiratet,
wir adoptieren hochbegabte Babys und lassen sie dann Marx lesen oder französische Strukturalisten,
ich fahr dann ab und zu raus, einen Elch reanimieren,
gründe mit Astrid Lindgren einen Verlag,
schreibe für die „Lappland News“,
besinge die kristallklare Schönheit der nordischen Natur,
schreibe dann auch noch Gedichte (oh nee),
jetzt geht es aber bergab, mit mir...
stelle fest, dass ich meinem Mann nicht genügend Beschäftigung biete und er sich deswegen anderweitig welche besorgt hat,
schnappe mir die Babys, mein LebensKAPITAL
und hau ab nach Rom.
Dort fahre ich Mofa, habe einen geilen Liebhaber,
mache eine Klinik für Schönheitsoperationen auf (man unterschätzt immer wieder, wie viel man von den Elchen lernen kann, auch in dieser Hinsicht)
spreche italienisch mit schwedischem Akzent,
und lade alle meine Freunde zu einem Maskenball ein. In
meine Villa.
Betreff: t-online chat
Lebensraum für alle Psychos, Ritzer, Nymphomanen und
sonstige Abfallprodukte unserer Gesellschaft, die ihren Trieb nicht zu
sinnloser Kulturarbeit bündeln können
aber dann flötet ja die ganze Menschheitshoffnung dahin
und weil dieser chat so unglaublich hohl und anregend ist, gehe ich immer wieder gerne hin
vielleicht haben wir ja demnächst cs zusammen, ne?
man sieht sich
Betreff: Freund Alkohol
es gibt dekadente geständnisse nun von mir auch auf band
neulich bei einem seelenverwandten in sessel sitzend
allein ¾ weinflasche getrunken
igitt
warmer weißwein
ähhhh
war ein tonbandgerät da, wie bei coolen managern, sie ihrer noch cooleren chefsekretärin briefe auf band diktieren
also total dekadent
igitt, der wein, aber besser als gar nichts
habe seit langen wieder so geweint
scheiße
persönliche geständnisse
aber die kasetten habe ich mitgenommen
der wein nur marginal von bedeutung
wenn man über inzest philosophiert
und darüber
dass ich bei einem japanischen rituellen spiel
das los
„Verhängnis“
gezogen habe.
Betreff: Fragen an das zweite Selbst
Bist die geborene Polemikerin?
Spötterin?
erschaudern,
weil du das auslebst, in komprimierter Form,
was andere Menschen in Wirklichkeit sind.
So gesehen relativieren sich deine eigenen Abgründe im Dienste der Menschlichkeit.
Kein schlechter Gedanke.
Gar der Lebensentwurf eines Taugenichts.
Hey, wieder ein Lebensinhalt mehr. Für das zweite Selbst.