Bord-Alarme

Wie verhalte ich mich bei Alarm oder Probealarm.

 Ich hoffe, dass das hier vermittelte Wissen nie zur Anwendung kommt, aber wer mit MIR oder einem anderen Segler zur See geht oder vielleicht eine Kreuzfahrt macht oder eventuell nur mit einer Faehre zu seiner Urlaubsinsel reist, sollte sich einmal informieren, was im Falle eines Notfalles zu tun ist. Allzuoft kommt es leider zu einer Panik, bei der uninformierte Passagiere und leider auch manchmal Schiffspersonal kopflos durch das Schiff irren und damit die Chancen auf eine Rettung fuer sich und andere erheblich reduzieren. All das koennte durch eine einfache Instruktion, wie sie ja an Bord eines jeden Flugzeuges zum Standart gehoert, vermieden werden. Obwohl ich bereits sehr oft auf grossen Faehren Nord- und Ostsee ueberquerte, habe ich jedoch nie eine solche Instruktion erhalten. Wenn man bedenkt, dass es weltweit annaehernd jedes Jahr zu einem Faehrunglueck kommt, halte ich das Verhalten der Reedereien und Schiffsfuehrungen in diesem Fall fuer menschenverachtend und ruecksichtslos.
Jeder, der sich als Trainee an Bord von MIR begibt, erhaelt eine sehr genaue Instruktion am allerersten Tag an Bord kurz nach dem Auslaufen. Diese Einweisung wird in der Regel durch den Ersten Offizier oder die Traineebetreuung erteilt, so dass jeder and Bord mindestens weiss, wo er sich zu versammeln hat, wenn der Alarm gegeben wird. Zusaetzlich werden regelmaessig Probealarme durchgefuehrt und die Reaktionsgeschwindigkeit der Crew getestet. Die nun folgenden Instruktionen wurden im Sommer 2000 vom Ersten Offizier Sergey Timoshkov und der Traineebetreuerin der MIR Nicole Graf fuer ein neues Handbuch der MIR erarbeitet um den Trainees einen Einblick darin zu verschaffen, was bei einem Alarm zu tun ist. Dieses ist im Grunde genommen auf jedes Schiff uebertragbar. Gemaess der S.O.L.A.S.-Verordnung muessen auf MIR und jedem anderen seegaengigen Schiff die Wege zu den Rettungseinrichtungen eindeutig durch das gesamte Schiff hindurch gekennzeichnet sein. (B.B.)

FEUERALARM

Bedenke immer, dass Feuer das groesste Unglueck ist, dass ein Schiff auf See ereilen kann. Wenn du die Alarmglocke hoerst - 7 mal kurz und 1 mal lang - ist unverzueglich folgendes zu tun:

Einmal an Deck angekommen ziehst du deine Rettungsweste an (ziehe sie ueber den Kopf, versichere dich, dass die Lampe außen ist, ziehe die Kordel vorne zusammen, hinter deinen Ruecken zweimal ueber kreuz und binde dann eine Schleife vorne), versammle dich mit den anderen Bewohnern deines Kubricks und sieh nach, ob jemand fehlt. Wenn jemand fehlt, informiere die Traineebetreuung oder irgendeinen Offizier. Teamgeist ist in dieser Situation das Wichtigste.

Es darf keine Zeit vergeudet werden, denn 15 bis 25 Minuten nach Ausbruch des Feuers ist das Schiff, wenn keine Gegenmassnahmen ergriffen werden, restlos ausgebrannt.

Waehrend der Feuerbekaempfung ist die Kommandozentrale die Bruecke. Alle wichtigen Informationen muessen dorthin gelangen. An Deck bekaempfen besondere Einheiten das Feuer und versuchen, Leute zu Retten, die es nicht rechtzeitig aus dem Schiffsinneren geschafft haben. Besondere Einheiten durchsuchen die Unterkuenfte nach vermissten oder verirrten Kadetten und Trainees. Wenn du jemanden vermisst, wende dich an irgendjemanden, der ein Funkgeraet umgehaengt hat.

Jeder, der von Rauch oder Flammen eingeschlossen ist und nicht von alleine das obere Deck erreichen kann, sollte versuchen, einen sicheren Platz zu finden - sogar wenn das bedeutet, ein tiefer gelegenes Deck aufsuchen zu muessen. In dem Moment, wo die Stromversorgung an Bord zusammenbricht, gehen alle Lichter aus und alle Schotten schliessen automatisch durch magnetische Kraft. Eine unerfahrene Person kann leicht die Orientierung verlieren und den Weg nach draussen nicht mehr finden. Das Wichtigste ist, jede Tuer hinter dir zu schliessen. Atme keinen Rauch ein, sondern halte dir ein feuchtes Taschentuch vor Mund und Nase. Suche dir ein Bordtelefon (Messe, Aufenthaltsraeume, Maschinenleitstand, Offizierskabinen,...), waehle 10 (Bruecke) und informiere die Bruecke ueber deinen Aufenthaltsort. Rettungseinheiten mit Atemgeraeten werden durch das Schiff gehen und eingeschlossene Personen befreien.

Wenn der Kapitaen entscheidet, dass das Schiff aufgegeben wird, treten die Regeln fuer den Bootsalarm in Kraft.

In jedem Raum befinden sich Feuer- und Rauchmelder. An viele Stellen im Schiff befinden sich Alarmschalter. Wer auch immer ein Feuer entdeckt muss folgendes sofort tun:

 
BOOTSALARM

Wenn du den Bootsalarm (7 mal kurz, 1 mal lang, mehrmals) hoerst, muessen folgende Dinge sofort geschehen:

Einmal an Deck angekommen ziehst du deine Rettungsweste an (ziehe sie ueber den Kopf, versichere dich, dass die Lampe aussen ist, ziehe die Kordel vorne zusammen, hinter deinen Ruecken zweimal ueber kreuz und binde dann eine Schleife vorne), versammle dich mit den anderen Bewohnern deines Kubriks und sieh nach, ob jemand fehlt. Wenn jemand fehlt, informiere die Traineebetreuung oder irgendeinen Offizier. Teamgeist ist in dieser Situation das Wichtigste.

Bei kaltem Wetter wird die Crew spezielle Immersionsanzuege auf Deck verteilen, welche du anstelle der Rettungsweste anziehst. Mit solch einem Immersionsanzug ist es moeglich, eine lange Zeit sogar in sehr kaltem Wasser zu ueberleben.

Die Nummer, die ueber deinem Bett an der Wand steht, ist die Nummer deiner Rettungsinsel. Lerne sie auswendig. Jede Rettungsinsel hat einen Offizier, der dafuer zustaendig ist, sie ins Wasser zu bringen. In dem Moment, wo deine Rettunginsel bereit ist (im Wasser, aufgeblasen und mit einer Leine am Schiff befestigt) und dein Offizier den Befehl gibt, klettere in die Insel. Mache sofort den Zugang zur Insel frei, wenn du sie erreicht hast, schubse nicht und setze dich unverzueglich hin. Hilf denen, die Schwierigkeiten haben. Behalte die Rettungsweste an.

Wenn du es nicht vermeiden kannst, ins Wasser zu gehen, klettere danach in die naechstbeste Rettungsinsel. Unsere Rettungsinseln haben eine Kapazitaet von 20 Personen - wir planen, sie mit jeweils 10 zu besetzen. So ist also fuer jeden zweimal Platz.

Einmal in der Rettungsinsel halte dich strikt an die Anweisungen des Offiziers. Disziplin ist in der Rettungsinsel lebensnotwendig. Ziehe nicht deine langen Hosen, langaermeligen Hemden/Pullover oder deine Muetze aus. Wenn noetig, schoepfe Wasser aus der Insel.

Jeder bekommt dieselbe Ration an Lebensmitteln und Wasser. Dies wird ungefaehr fuer 48 Stunden reichen. Warnung! Trinke kein Seewasser, egal in welcher Situation!

Bewahre die Ruhe. Es gibt keine Grund zur Panik. Der Offizier in deiner Rettungsinsel weiss genau, was er zu tun hat.

Solltest du fuer laengere Zeit im Wasser bleiben muessen, versuche dich mit anderen Ueberlebenden zu sammeln. Bewege dich nicht unnoetig, denn das bedeutet Waermeverlust und ist zu vermeiden. Verbinde deinen Immersionsanzug mit denen von den anderen um eine kleine Flotte zu bilden.

 
WASSERBEKAEMPFUNGSALARM

Es gelten dieselben Regeln wie fuer den Bootsalarm.

 
MANN UEBER BORD

Jeder, der irgendjemanden ueber Bord fallen sieht, ruft sofort: "Man overboard" ("Chelovjek sa bort") und muss sicherstellen, dass diese Mitteilung die Bruecke erreicht. So viele Rettungsringe wie moeglich werden dem Ueberbordgegangenen zugeworfen. Crewmitglieder entern sofort ins Rigg und zeigen in die Richtung des Opfers mit ausgestrecktem Arm. Gleichzeitig sollte jede Person an Deck auf das Opfer zeigen um den Navigationsoffizieren zu helfen, die Person nicht aus den Augen zu verlieren.

Wenn du selber die ueber Bord gegangene Person bist, bewege dich nicht ueberfluessig, denn dadurch verlierst du Energie und Koerperwaerme und das gilt es zu vermeiden. Halte deine Arme und Beine eng am Koerper.

(Sergey Timoshkov, Nicole Graf, ins Deutsche uebersetzt von B. Beuse) 

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