Die
Segel und das laufende Gut
Beschreibung des Riggs der
MIR und wie es funktioniert.
Unter
optimalen Bedingungen und bei optimalen Winden läuft МИР
unter ihren 26 Segeln etwa doppelt so schnell wie mit Hilfe ihrer
Maschinen. Die
Segel werden gesetzt, aufgegeit und getrimmt mit Hilfe des laufenden
Gutes. Die
Aufgabe, sich Namen, Verwendung und Platz der über 230 Leinen
zu merken, mag
zuerst überwältigend erscheinen, ist aber eigentlich
recht einfach. Die Leinen
können anhand ihrer Funktion zu Gruppen zusammengefasst
werden, ihre Plätze
ergeben sich logisch aus ihren Funktionen. Ferner sind viele Leinen
paarweise
angeordnet und an ähnlichen Stellen am Fock-, Groß-
und Kreuzmast belegt. Um
diese Funktionen zu verstehen, muss man sich zuerst einmal die Segel
der МИР
ansehen.
RAHSEGEL
МИР
hat
14 Rahsegel. Die Segel des Fock-, Groß- und Kreuzmastes sind
prinzipiell gleich.
Sie sind aus Dracon-Bahnen gefertigt. Das Segel ist mit dem Oberliek am
vorderen
Jackstag der Rah fest gebändselt. Im Oberliek sind dazu
Ösen eingearbeitet,
durch die kurzen Bändsel geführt und dann am Jackstag
fest verknotet werden.
Die Außenseiten des Segels nennt man
Außenlieks, die obere Ecke das
Nockhorn und die Unterkante des Segels ist das Unterliek oder
Fußliek, die
untere Ecke heißt Gei. Das Segel ist entlang der Lieks
gesäumt und an den
Nocken und Geien , sowie durch senkrechte parallele Bahnen entlang der
Gordings
mehrfach verstärkt, um die Segel möglichst flach zu
halten und ihre
Belastbarkeit zu erhöhen.
Die
Leinen des laufenden Gutes werden für das Setzen und bergen
der Segel benutzt:
- Schoten
sind an den Geien der Segel befestigt und dienen dazu, das Segel zur
nächstunteren Rah herabzuholen (oder ggf. an Deck), wenn das
Segel gesetzt
wird. Der Teil der Schot von der Gei durch den Schotblock am Ende der
unteren
Rah besteht aus einer Kette um das Schamfilen zu verringern. Der Rest
der Schot
besteht aus einem Stahlseil, das in einem einscheibigen Block endet.
Ein
Hanfseil wird vom Deck aus durch diesen Block und wieder
zurück zur Nagelbank
geführt.
- Geitaue
sind ebenfalls an der Gei befestigt. Sie sind sozusagen das Gegenteil
der Schoten. Geitaue führen von der Gei aus zum Nock der
oberen Rah, an der das
Segel befestigt ist. Anders als die Schoten, die beim Setzen der Segel
das Segel
spannen, holen die Geitaue das Segel beim Bergen nach oben (aufgeien).
-
Bauchgordings werden ebenfalls beim Aufgeien verwendet. Würde
man das Segel
nur mit Hilfe der Geitaue bergen, würde der Wind es so sehr
ausblasen, dass es
nicht mehr gepackt werden könnte. In starken Winden
würden die Segel eventuell
sogar stark schlagen (und kaputt gehen). Mit Hilfe der Bauchgordings
wird das
Segel zu handlichen Buchten zur Rah hinaufgeholt. Die Bauchgordings
laufen vom
Fußliek aus durch Ösen entlang der Vorderseite des
Segels zum Oberliek und
dann in einen Block am Mast oberhalb der Rah. Von dort aus werden sie
den Mast
hinunter und schließlich entlang der Wanten geführt,
wo sie belegt sind.
- Die
großen Rahsegel haben zusätzlich noch Nockgordings,
mit denen das
schwere und steife Außenliek zur Rah geholt wird. Dieses Liek
ist so lang und
unhandlich, dass man es sonst nur schwer packen könnte. Die
Nockgordings
führen von der Mitte des Außenlieks zur Rah und
werden von dort aus mit den
Bauchgordings zur Nagelbank geführt.
- Halsen
gibt es nur beim Fock- und beim Großsegel. Anders als die
anderen
Rahsegel, sind diese beiden Segel nicht an einer unteren Rah befestigt.
Daher
ist es unmöglich, sie nur mit Hilfe der Schoten zu
kontrollieren. Wenn hart
angebrasst ist, ist der Weg der Luvschot extrem lang. Halsen dienen
demselben
Zweck, wie die Schoten, aber sie führen nach vorne, hingegen
die Schoten nach
hinten. Beim Setzen der Segel müssen die Halsen und Schoten
genau ausbalanciert
sein, um das Segel genau unter der Rah zu halten.
VORSEGEL
UND STAGSEGEL
МИР
hat 6 Stagsegel. Sie werden nach dem
Teil des Mastes, an dem sie befestigt sind,
benannt. Am Bugspriet befinden sich 5 Vorsegel. Genau wie die Rahsegel,
sind
auch diese Segel aus Dracon gefertigt. Die obere Ecke des Segels (mit
der es am
Stag nach oben geführt wird) heißt Kopf. Die vordere
Kante ist das Vorliek.
Das Vorliek ist mit Stagreitern am Stag befestigt (die
Winter-Sturm-Stagsegel
werden fest angeschäkelt). Die untere Kante nennt man
Fußliek und die vordere
Ecke ist der Hals. Nach hinten zeigt das Achterliek und die
äußere Ecke
bezeichnet man als Schothorn. Am Kopf des Segels sind die Fall und der
Niederholer befestigt, am Schothorn die Schot. Entlang der Lieks und an
den
Ecken ist das Segel, wie die Rahsegel gesäumt und
verstärkt.
Mit
drei Leinen wird ein Vor- oder Stagsegel bedient. Eine vierte
verläuft vom Hals
zum Mast bei den Stagsegeln und zum Bugspriet bei den Vorsegeln. Sie
hält das
Segel im richtigen Abstand von Mast und Bugspriet auf dem Stag. Diese
Leine wird
beim Anschlagen des Segels einmal eingestellt und dann nicht mehr
verändert.
- Das Fall
ist am Kopf des Segels befestigt und wird zum Setzen des Segels
gebraucht. Es zieht den Kopf das Stag hinauf und spannt das Segel.
- Die
Schoten sind am Schothorn befestigt und werden zum Trimmen des Segels
verwendet. Jedes Vor- oder Stagsegel hat 2 Schoten, eine für
jede Seite.
Dadurch kann es zur anderen Seite hinübergeholt werden ohne
zuvor eingeholt
werden zu müssen. Die Schot selber besteht aus zwei Teilen.
Eine (Stahltau-)Kontraschot
ist am Schothorn fest verschäkelt. Von dort aus gibt es zwei
Möglichkeiten der
Weiterführung. Traditionell und bei kleiner Crew sinnvoll,
endet die
Kontraschot in einem Block. Von Deck aus führt ein Manila-Tau
durch diesen
Block zur Nagelbank. Da diese Blöcke aber sehr
gefährlich sind, wenn sie bei
einem Manöver plötzlich über das
darunterliegende Stag zur anderen Seite
kommen (man nennt sie auch 'Witwenmacher'), gibt es auch die
Möglichkeit, das
Maniliatau mit der Kontraschot zu verschäkeln. Dann
muss allerdings bei
jedem Segelmanöver entschäkelt werden und wenn das
Segel auf die andere Seite
gekommen ist, die Verbindung durch einen Kadetten wieder neu
hergestellt werden.
Welche Version auf МИР
gerade Verwendung findet hängt vom Kapitän, der
Crewgröße, Jahreszeit und
vom geplanten Reiseverlauf ab.
- Niederholer
dienen, wie der Name schon sagt, dem Bergen der Segel. Sie werden
vom Kopf des Segels zum Hals geführt. Sie helfen, das Segel
beim Bergen besser
zu kontrollieren und es schneller einzuholen. Durch das Einholen des
Segels mit
dem Niederholer wird der Wind sofort aus dem Segel genommen und es
hört auf zu
Schlagen.
BESAN
Das
letzte Segel, obwohl einzigartig (Gaffelsegel) ist in derselben Art wie
ein
Rahsegel geriggt. Die Teile des Besans heißen genauso, wie
die Teile eines
Rahsegels. Die obere hintere Ecke des Besans nennt man Piek, die
vordere obere
Ecke heißt Klauohr, die vordere untere Ecke ist der Hals und
die hintere untere
Ecke die Gei. Das laufende Gut des Besans besteht aus folgenden Teilen:
- Mit der
Topnant zieht man den Baum soweit am Mast hoch, dass das Segel
gesetzt werden kann. Wenn das Segel nicht gesetzt ist, ruht der Baum
auf einer
Ablage um ihn an unkontrolliertem Schlagen zu hindern.
- Die
Ausholer sind das Analog der Schoten bei den Rahsegeln und wird dazu
verwendet, das Segel an Gaffel und Baum entlang nach außen zu
führen. Es gibt
daher einen Fußausholer am Baum und einen Gaffelausholer.
- Einholer
sind wie die Geitaue und somit die Gegenteile der Ausholer. Sie
holen das Segel zurück an den Mast beim Bergen.
- Gordings
kontrollieren das Segel beim einholen, genau wie bei den Rahsegeln,
nur dass diese hier waagerecht verlaufen. Da der Besan nach beiden
Seiten
gesetzt werden kann, gibt es Gordings an beiden Seiten des Segels.
- Die
Schot verläuft über einen dreischeibigen Flaschenzug
und dient dem
Trimmen des Segels.
- Die
Bullen-Talje verläuft ebenfalls über einen
dreischeibigen Flaschenzug
und ist die Gegenleine der Schot. Die Schot alleine kann den Baum nicht
halten,
wenn er infolge der Schiffsbewegungen oder schweren Wetters zu
schwingen
beginnt. Dabei geraten oft Kräfte bis zu einer Tonne
außer Kontrolle und es
könnte leicht das Segel zerreißen oder sogar den
Baum vom Mast reißen. Die
Bullen-Talje stabilisiert den Baum und hält ihn von
unkontrollierten Bewegungen
ab.
- Die
Saval-Talje kontrolliert die Gaffel. Normalerweise kommt sie nur bei
nicht gesetztem Segel zum Einsatz und hindert die Gaffel an
unkontrolliertem
Schwingen. Bei gesetztem Segel wird die Gaffel durch die gehalten und
die
Saval-Talje dient dann nur noch dem Trimmen.
BRASSEN
Die
bisher beschriebenen Leinen dienen vorzugsweise dem Setzen und bergen
der Segel.
Der letzte Typ laufenden Tauwerks dient dem Trimmen der Rahsegel und
ihrer
Rahen.
Brassen
werden zum Justieren der Rahen verwendet. Am Fock- und
Großmast gehen die
unteren drei Brassen direkt vom Rahnock über einen Ausleger an
der Seite des
Schiffes zur Nagelbank. Die Brassen der oberen Rahen werden
zunächst vom
Rahnock aus zu dem Mast, der hinter dem entsprechenden Mast liegt,
geführt und
verlaufen dann parallel zu dessen Wanten hinunter zur Nagelbank.
Dadurch
erreicht man eine mehr waagerechte Führung der Brassen und
kann die Rahen so
leichter kontrollieren. Alle Brassen sind paarweise vorhanden. Wenn die
eine
Seite geholt wird, muss die andere Seite gefiert werden.
Die Brassen des Kreuzmastes werden alle zum Großmast
geführt und verlaufen
dann durch mehrere Blöcke zur Nagelbank hinter dem
Großmast. Die Brassen des
Kreuzmastes verlaufen über kreuz, so dass man die
Steuerbordbrassen an backbord
findet. Dadurch wird ein gegenseitiges Behindern der an den Brassen des
Fockmastes und der an den Brassen des Kreuzmastes arbeitenden Kadetten
weitgehend verhindert.
nach dem Handbuch der
EAGLE für die MIR bearbeitet von Nicole Graf und Leonid
Il'yinsky (Segelmacher
der MIR),
übersetzt von B. Beuse
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