TS Fridtjof Nansen

 

 

"Gottes sind Wogen und Wind, doch Segel und Steuer sind euer, damit ihr den Hafen gewinnt."

 

 

Eigentlich sollte es ein Familienurlaub werden. Am Strand liegen, Drachen steigen lassen, Rad fahren war geplant. Dann ist es doch wieder ein Segelurlaub geworden. Wenigstens teilweise...

Da ich mir letztenendes die Atlantiküberfahrt mit der MIR nicht leisten konnte, hatte ich mich entschlossen, mit meinem Mann und meinen kleineren Söhnen Max und Paul zwei Wochen in Warnemünde zu verbringen. Natürlich wäre ich lieber mit MIR in See gewesen. Als ich dann in Warnemünde ankam, dachte ich dann auch fast die ganze Zeit nur wehmütig an MIR. Zumal mein Lieblingsschiff auf fast allen Plakaten der kommenden Hanse Sail plakatiert war. Während einer Fahrradtour die Küste entlang sah ich dann in der Ferne Rahsegel. Zu meiner großen Freude machte das Schiff, zu dem diese Segel gehörten dann tatsächlich in Warnemünde am Passagierkai fest. Natürlich nutzte ich die Gelegenheit, an einem Tagestörn teilzunehmen.

Als erstes sei einmal gesagt, dass die Tagesgäste an Bord regelrecht verwöhnt wurden. So wurden wir am Anfang gleich von Kapitän Temme begrüßt und erhielten eine kleine Einweisung in den Gebrauch der Rettungswesten. Nach dem Auslaufen wurde dann Kaffee und Tee angeboten. Dabei ging Kapitän Temme persönlich mit Keksen herum, die er den Tagesgästen anbot. So fühlte man sich sofort willkommen und ‚zu hause‘. Auch gingen Crew und Schiffsführung geduldig auf alle Fragen der mitreisenden Landratten ein und jeder durfte, wenn er denn wollte versuchen, an den Leinen zu helfen, zu steuern, teilweise sogar in die Wanten entern...

Natürlich – wer mich kennt, weiß dass das Steuern von Großseglern meine geheime Leidenschaft ist – stand ich bald am Ruder und hielt die NANSEN so gut es ging auf Kurs. Und als Kapitän Temme merkte, dass ich das nicht zum ersten Mal machte („Wo haben Sie denn Ihre Seebeine hergekriegt?“), durfte ich das dann auch für den Rest des Törns und auf weiteren Tagestörns, die folgen sollten machen. Somit war der Urlaub gerettet. Wenn das Wetter nach Segeln aussah, schwang ich mich nach dem Frühstück auf mein Rad, fuhr zum Hafen. Dann verbrachte ich einige Stunden auf See, radelte zurück, um den Rest des Tages mit Mann und Kindern am Strand zu verbringen. Welch eine optimale Kombination!

Vieles neue und interessante durfte ich auf diesen Törns lernen. Die FRIDTJOF NANSEN ist ein altes Schiff und darf, da sie ja früher tatsächlich noch Frachten unter Segeln befördert hat, mit Fug und Recht als Windjammer bezeichnet werden. Mich reizten vor allem die anderen Dimensionen. Gegenüber der MIR ist sie nur etwa halb so groß. Das macht sich dann vor allem beim Brassen und heißen der Segel deutlich bemerkbar. Wo auf der MIR 3 bis 4 Kadetten zusammen arbeiten, reicht hier eine Person oft aus. Auch ist das Rigg natürlich ganz anders. Die FRIDTJOF NANSEN ist ein Schoner, wenn auch kein reinrassiger. Man kann sie auch als Jackassbark bezeichnen. Sie führt am Schoner- und am Großmast sowohl Rahsegel als auch Gaffelsegel. Durch diese Mischtakelung kann der Wind denn auch besonders gut ausgenutzt werden. Man kann mit gesetzten Rahsegeln bei dwars und achterlichen Winden viel Tuch setzen, andererseits aber auch unter nur Gaffelsegeln und Stag- und Klüwersegeln bis zu 30° an den Wind gehen.

Vieles ist noch sehr traditionell hier an Bord. Beispielsweise der offene Ruderstand (nix Joystick oder Hydraulik), die Inneneinrichtung der Wohnräume, und die nostalgischen Pumpklos...

Wunderschön ist es, das Rigg anzusehen, mit seine hölzernen Spieren und seinem gepflegten Aussehen. Überhaupt macht das Schiff einen gepflegten guten Eindruck. 

Unerwartete Schwierigkeiten ergaben sich für mich sozusagen aus dem Hinterhalt. Ich war noch nie unter deutscher Flagge gefahren, und so hatte ich meine liebe Not die Anweisungen der Crew zu verstehen. Ich weiß zwar, wann was zu passieren hat, aber die dazugehörigen Kommandos kannte ich bisher nur in russisch, teilweise noch in englisch. Der deutsche Seemannsjargon ist mir denn alles andere als geläufig.

Für mich war es sehr spannend, so ein direktes Ruder in der Hand zu haben. Die MIR hat ja faktisch eine Art Servolenkung. Hier kann man jede Welle am Rad spüren. Dann steht auch kein moderner Girokompass neben dem Rudergänger. Er kann halt nur den Magnetkompass nutzen. Ein Windmesser steht zur Verfügung. Viel mehr Spass macht es jedoch, nach den Segeln zu steuern, vor allem am Wind. Mit gesetzen Rahsegeln kann man sich da sehr gut am Schonermarssegel orientieren und braucht das Gerät nur zur gelegentlichen Konrolle. Schwieriger ist es denn schon, nach Sicht zu steuern, vor allem, wenn dabei 24 Leute im Rigg herumturnen, um die Segel zu setzen oder zu packen. Da hat man schon seine liebe Not, die Bojen oder Landmarken nicht aus den Augen zu verlieren.

Mein packendstes Erlebnis war es dann, als ich die NANSEN alleine aus dem Hafen hinaus in See bringen durfte. So etwas geht ja auf der MIR nie. Sie müssen ja auf Grund ihrer Größe jedes mal die Hilfe eines Lotsen in Anspruch nehmen. Hier steuerte Kapitän Temme denn nur vom Kai ins Fahrwasser und übergab mit einem fröhlichen „kann losgehen“ das Ruder an mich.  Hatte ich die Hafenausfahrt von Warnemünde bisher für ausreichend weit gehalten, so durfte ich nun lernen, dass sie es nicht unbedingt ist. Die nächste Bemerkung „Sie beachten den Westwind bitte. Das driftet da vorne ziemlich,“ brachte mich dann doch ins Schwitzen. Auch wenn ich kräftig gegensteuerte, konnte ich doch nichts dagegen machen, dass die Mole mit dem kleinen roten Turm immer näher kam.  Ich begann zu überlegen, wie sie wohl unter Wasser aussah und wann wir dagegen stoßen würden. Groß war die Erleichterung, als wir sie endlich passiert hatten und nun im Seekanal nur noch Bojen den Weg angaben...

Doch auch das lernt man und so ging es am nächsten Tag schon besser.

Nach einer Woche dann wechselte der Wind und die FRIDTJOF NANSEN segelte davon in Richtung Flensburg zur Sail. Ich bin sicher, dass wir uns wiedersehen und ich wieder einmal einen Tagestörn mitgehen werde. Richtig in See gehen – nein, da bleibe ich meiner MIR weiterhin treu.

all photos Baerbel Beuse 2000!

Links zu Fidtjof Nansen:
www.FNansen.de
http://people.freenet.de/JuergenRuszkowski/fnansen.htm