Das Leben der Prinzessin Barby
Heute möchte ich euch eine Geschichte erzählen, die sich vor langer, langer Zeit einmal zugetragen hatte. Es ist die Geschichte eines kleinen Mädchens, welches zu einer jungen Dame heranwuchs. Sie war wunderschön und im ganzen Land bekannt unter dem Namen Prinzessin Barby. Ihre Geschichte erzählt man sich noch heute, denn es ist eine Geschichte voller Liebe und Leid.
An einem warmen Frühlingstag im April kam sie zur Welt. Ihre Eltern waren die Herrscher über Irland und lebten in einem riesigen Schloss. Es fehlte dem Kind an nichts, von allen wurde es verwöhnt und geliebt. Wo auch immer das Königspaar auftauchte, jubelte man der kleinen Prinzessin zu. Es war ein wunderschönes Baby und jeder merkte, dass es etwas besonderes war. Niemand konnte es beschreiben, aber jeder spürte, dass da etwas war, etwas unerklärliches. Die Jahre vergingen, und die kleine Prinzessin wuchs langsam heran. Sie wurde von den Menschen abgeschirmt und bald vergaßen sie dieses Gefühl, was sie hatten, als sie das Baby sahen. Alle blickten nur noch auf ihre Schönheit und ihr wundervolles Lachen.
Zu ihrem 16. Geburtstag gab es ein riesiges Fest im Schloss und alle waren sie gekommen um ihrer kleinen Prinzessin zu gratulieren. Sie war so schön und niedlich geworden, dass jeder sie sehen wollte. Andere Königskinder wollten mit ihr befreundet sein, Prinzen kamen in Scharen um nach ihrer Hand anzuhalten. Immer sah man sie lächeln, immer war sie fröhlich und lieb. Sie wollte die einfachen Bauern, die Kaufleute im Lande besuchen um sich nach ihrem Befinden zu erkundigen. Doch schnell wurde ihr das verboten. Es war nicht richtig als Adelige sich unter das einfach Volk zu mischen, sagten ihre Eltern. Sie sollte lieber im Schloss bleiben und lernen. „Im Schloss bleiben,“ dachte sie verbittert bei sich, „Ich bin seit 16 Jahren in diesem Schloss. Ich hab genug davon. Ich möchte zu den Menschen, ihnen helfen. Ich möchte ihnen zeigen, wer ich bin...“ Aber sie kam gar nicht dazu diesen Satz zuende zu denken, denn schon musste sie sich für den abendlichen Ball zurecht machen. Man erwartete von ihr, dass sie wunderschön aussieht und wieder den ganzen Abend lächelte. Niemand hatte bis jetzt gemerkt, dass dieses Lächeln nur so etwas wie eine Fassade war. Dahinter verbarg sich ein weinendes Mädchen. Jedesmal, wenn sie lächelte, weinte ihr Herz bitterlich. Sie hatte alles so satt, diese Bälle und Feste, die geistlosen Gespräche der Adeligen und ihr Leben auf dem Schloss. Sie fühlte sich so einsam und allein. Niemand schien sie zu verstehen. Außer einem... Prinzessin Barby nannte ihn „Stony“. Es war ein kleiner Drache, den eine kleine Prinzessin von 6 Jahren auf einem ihrer seltenen Spaziergänge mit ihren Eltern gefunden hatte. Damals war auch der Drache noch ein kleines Baby und Barby kümmerte sich um ihn. Immer wieder schlich sie sich nachts heimlich aus dem Schloss und lief zu der Höhle, wo sie ihn versteckte. Die beiden wurden die besten Freunde, ihm konnte sie alles erzählen, ihm gab sie all ihre Wärme und Liebe. Und er dankte es ihr mit seiner Liebe. Nie hatte er ihr weh getan oder sie verletzt. Er war lieb und total zahm. Allerdings waren Drachen zur damaligen Zeit nicht sehr beliebt. Wenn man einen entdeckte, wurde er sofort getötet. Oft wurden Dörfer von Drachen heimgesucht und restlos zerstört. Viele Menschen kamen dabei ums Leben. Doch die kleine Prinzessin hatte es geschafft solch ein Tier zu zähmen. Einfach nur mit Liebe und ihrer besonderen Gabe, die sie im Herzen trug. Etwas, was sie im Schloss nicht fand. Dort zählten nur Regeln und Verpflichtungen. Klar liebten die Menschen sie, aber was genau liebten sie an ihr?? Es war ihre Schönheit, die sie so beliebt machte, nicht ihre Persönlichkeit. Niemand wusste wer sie wirklich war. Als sie es den Menschen zeigen wollte, wurde es ihr verboten. Und der Adel interessierte sich nicht dafür. In den Gesprächen ging es nur um Geld, Macht und Reichtum. All diese Dinge waren der Prinzessin egal. Sie wollte Freundschaft, Liebe und Geborgenheit. Oft schlief sie nachts in den Armen des kleinen Drachen ein, weil sie dort das bekam, was sie im Schloss vergeblich suchte. Nie nahmen ihre Eltern sie in den Arm oder trösteten sie, wenn es ihr schlecht ging. Dort lernte sie nur zu lächeln, egal was sie innerlich fühlte. Sie lernte Gefühle zu verdrängen, zu unterdrücken. Nur bei dem Drachen konnte sie sein, wie sie ist, konnte zeigen, wie sie sich gerade fühlt. Konnte endlich mal wieder weinen, wenn ihr danach war. Und sie weinte oft. Der Drache saß neben ihr und schaute sie mit seinen großen dunklen Kulleraugen an und senkte den Kopf. Die beiden verband etwas, was nicht zu erklären war. Der kleine Drache schien zu merken, dass dieses Mädchen etwas besonderes war. Doch niemanden kümmerte das. Mit jedem Jahr, was sie in dem Schloss verbrachte, zerbrach ihre Seele mehr. Doch ihr kleiner Freund machte ihr Mut. Er konnte nicht zu ihr Sprechen, aber sie spürte ihn. Er gab ihr die Kraft, um die tristlosen Tage im Schloss zu überstehen. Sie war froh, dass es ihn gab. Jede Nacht schlich sie sich zur Höhle und besuchte ihren Freund. So vergingen wieder zwei Jahre und Prinzessin Barby war 18 Jahre alt, als ihr Vater fröhlich in ihr Zimmer kam und mit Freuden verkündete: „Meine kleine Prinzessin. Ich hab eine frohe Botschaft für dich. Wir werden heute noch deine Sachen packen und mit dir nach Dublin fahren. Dort wartet ein lieber Prinz auf dich, der dich noch morgen zu Frau nehmen wird.“ Barby fiel aus allen Wolken. „Nein... nein,“ rief sie nur aufgebracht. „Ich will nicht weg von hier. Ich will keinen Prinzen heiraten, den ich nicht kenne.“ Wütend ging der Vater an ihr Bett, packte sie grob an den Armen und zog sie zu sich ran. „Was höre ich da?? Du willst nicht? Mein liebes Kind, hier geht es nicht darum was du willst. Du wirst diesen Prinzen heiraten. Und jetzt zieh dich an!“ mit böser Miene verließ er ihr Zimmer. Tränenüberströmt schmiss die Prinzessin sich in ihr Kissen und weinte bitterlich. Ihre Sachen waren schnell gepackt und ehe sie sich versah, saß sie in einer Kutsche, die sie nach Dublin brachte. Die ganze Fahrt über liefen ihr Tränen über das Gesicht. Immer wieder dachte sie an Stony. Sie konnte ihm nicht bescheid sagen, konnte sich nicht von ihm verabschieden. Was wird er jetzt wohl denken? Wie wird es ihm ergehen? Tausend Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Immer mehr entfernte sie sich von ihrer Heimat, von ihrem kleinen Freund, den sie so sehr liebte. Doch sie konnte nichts dagegen tun. Auch gegen die Hochzeit konnte sie sich nicht wehren. Und schon am nächsten Tag lebte sie in Dublin, auch wieder auf einem Schloss. Sie hatte schreckliches Heimweh nach ihrem Freund. Dort fühlte sie sich nur einsam und leer. Der Prinz merkte schnell, dass etwas mit ihr nicht stimmte und fragte was denn mit ihr los sei. Sie erzählte ihm von ihrem Heimweh und das ließ sich der Prinz nicht zweimal sagen und erlaubte seiner kleinen Prinzessin für ein paar Tage nach Hause zu fahren. Doch leider erst im nächsten Monat. In den nächsten Wochen ständen noch viel zu viele Termine und Bälle an, da konnte sie unmöglich fehlen. Prinzessin Barby war dankbar über die Großzügigkeit ihres Gatten und lächelte brav bei allen Festen und Terminen. Dieser eine Monat nahm und nahm kein Ende. Die Zeit kam ihr endlos lang vor, doch irgendwann saß sie dann endlich in einer Kutsche, die sie wieder nach Hause brachte.
Zuhause angekommen wurde ein großer Ball zu ehren der kleinen Prinzessin gegeben. Auch da lächelte sie tapfer, obwohl sie nur eine Frage quälte, wie geht es ihrem Stony? Als sie in den kleinen park am Schloss ging, um frische Luft zu schnappen, hörte sie, wie sich zwei junge Männer lautstark unterhielten. Sie erzählten stolz davon, dass sie letzte Woche einen bösen und gefährlichen Drachen getötet hatten. Barby traf es wie der Schlag. Nicht Stony! Nicht Stony!! Dachte sie immer wieder nur bei sich und rannte durch einen Wald zur Höhle. Dabei machte sie ihr wunderschönes goldenes Ballkleid kaputt, doch das war ihr egal. Sie wollte nur zu ihrem kleinen Freund. Doch als sie an der Höhle ankam, war diese leer. Es war weit und breit kein Drache zu sehen. „Oh Gott, das darf nicht wahr sein.. nicht Stony.. nicht er, bitte nicht!!“ rief sie in den Himmel, doch nichts passierte. Als sie etwas genauer die Höhle betrachtete, sah sie Blut auf dem Boden. Da wurde ihr klar, dass sie ihren einzigen und besten Freund verloren hatte. Sie setzte sich in die Höhle und weinte. „Ich bin schuld. Ich habe ihm nicht auf wiedersehen gesagt. Er wusste nicht was los ist. Er wusste nicht, warum ich nicht mehr gekommen bin. Er war doch nicht böse.. er war so lieb. Ich bin schuld!!“ sagte sie immer wieder zu sich mit trauriger und wütender Stimme. Irgendwann schlief sie weinend und erschöpft ein. Am nächsten Morgen pflückte sie ein paar Blumen und legte sie vor die Höhle. Dann ging sie zurück zum Schloss, wo man sie schon vermisst hatte. Sie lebte noch viele Jahre in Dublin und wurde irgendwann zur Königin gekrönt. Überall war sie bekannt wegen ihrer Schönheit, doch seitdem sie ihren kleinen Freund verloren hatte, seitdem hatte sie aufgehört zu lachen. Seit diesem Tag kam nie wieder ein kleines Lächeln über ihre Lippen. Ihre Seele war zerbrochen und ihr Herz trauerte um ihren besten Freund. Nie wieder hatte sie sich von diesem Schock erholt.
© by Kathrin
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