Intro
Alles war dunkel nur durch die Jalousie am Fenster kam ein wenig Licht von der Straßenlaterne. Trudys Blick haftete nun schon seit Stunden an diesem winzigen Lichteinfall. Sie hatte kaum geschlafen. Vielleicht gerade mal eine Stunde direkt nach dem ES passiert war. Sie wusste, dass ES falsch gewesen war. So unendlich falsch. Aber es war nun mal passiert. Sie sah neben sich, da lag ER und lief friedlich. Er sah sogar irgendwie glücklich aus. Sie war nicht glücklich. Es war alles nur die Schuld von dieser Hexe, diesem Miststück, die sich Bray an den Hals geworfen hatte. Sie konnte ihn nicht lieben, zu mindestens nicht so sehr wie sie es tat. Sie hatte ihn schon immer geliebt und dieses Biest hatte alles kaputt gemacht. Als sie sie mit ihrem Bray gesehen hatte, hatte es ihr das Herz gebrochen und dann war ER da, Martin. Er war wirklich lieb und süß gewesen und es hatte so gut getan, dass jemand sie liebte. Aber jetzt fühlte es sich nur noch falsch an, weil sie nur von einem einzigen Menschen auf der ganzen Welt geliebt werden wollte, Bray. Er lag wahrscheinlich nur ein Zimmer weiter. Sie bräuchte nur auf zu stehen, eine Tür weiter zu gehen und sich zu ihm zu legen. Aber davor hatte sie Angst. Sie hatte Angst, dass sie bei ihm diese blöde Kuh vorfinden würde. Die Schlange, die er geküsst hatte, vor ihren Augen. Trudy hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen, sie fühlte sich wie eingeschnürt. Sie setzte sich hin und sah noch mal zu Martin. Er lag immer noch in seine Decke gewickelt da, wie ein hilfloses Baby. Er hatte ihr ins Ohr geflüstert, dass er sie liebe. Das schon immer getan habe. Sie hatte nichts gesagt. Kein Wort. Denn sie liebte ihn nicht, konnte ihn nicht lieben, oder? Sie zog sich ihr Kleid über und wusste, dass sie es nun nie wieder tragen können würde, es würde zu weh tun. Sie nahm ihre Schuhe und ging. Leise wie eine Katze und ohne sich auch nur einmal umzusehen. Sie schlich durch das ihr so bekannte Haus und trotzdem fühlte sie sich fremd. Vor einer Zimmertür blieb sie stehen und lauschte, wie sie es immer getan hatte, wenn sie hier war. Zuerst hörte sie nichts, aber dann war da dieses leise Kichern. Ein Kichern das ihr das Herz zerbrach. Es kam von dieser widerwärtigen Person, die ihrem Bray den Kopf verdreht hatte. Die Tränen stiegen ihr hoch und drohten sie zu ersticken. Es hätte Trudy nicht gestört. Sie wollte einfach nur noch weg...

1.Kapitel (Bray)
Bray lag mit Ebony in seinem Bett und schlief. Sie waren erst spät von dem Schulball weg gegangen und als Ebony ihn dann gefragt hatte, ob sie mit ihm nach Hause kommen dürfe, hatte er nicht ‚Nein' gesagt. Er kannte Ebony noch nicht lange, aber er war gerne mit ihr zusammen und es fühlte sich richtig an. Sie war einfach etwas Besonderes und ganz anders als die Mädchen die er bisher kennen gelernt hatte. Bei ihm hatten sie sich dann weiter geküsst und gar nicht die Finger von einander lassen können und schließlich schliefen sie auch mit einander. Es war Brays erstes Mal und er nahm an, dass es bei Ebony genauso war und das fand er schön. Er hatte vor Ebony sich zwar schon mit vielen Mädchen getroffen, aber nur wenige hatte er mit nach Hause gebracht. Auch wenn es vielleicht etwas altmodisch war, wollte er auf die Richtige warten und er glaubte sie in Ebony gefunden zu haben. Bray wachte morgens als erstes auf. Als er Ebony neben sich noch schlafen sah, musste er lächeln. Sie war einfach wunderschön und er war stolz, dass sie jetzt seine Freundin war. Tagsüber gab sich Ebony immer sehr sexy und cool, aber jetzt, wenn sie schlief, sah sie einfach nur süß aus. Er drehte sich zu ihr hin und sah sie einfach nur an, das konnte er den ganzen Tag lang tun. Ebony und er redeten nicht viel miteinander, aber das brauchte er auch nicht, denn sie verstanden sich auch ohne Worte und es erfüllte ihn schon mit Glück sie nur anzusehen, so wie jetzt... Aber plötzlich bildete sich ein winziges Lächeln auf Ebonys Lippen, dass dann immer größer wurde, bis sie schließlich anfing zu lachen und die Augen aufschlug. Bray fühlte sich ertappt, aber er lachte mit. "Hab ich irgendwas auf der Nase oder warum starrst du mich so an?!", wollte sie lachend wissen. "Ich gucke dich an, weil ich dich den ganzen Tag angucken könnte, ohne dass es mir langweilig würde. Du hast echt süß ausgesehen, als du geschlafen hast, weißt du das?", meinte Bray verliebt. Ebony hörte auf zu lachen und lächelte ihn an. Ihre Augen leuchteten richtig. Wieder nährten sich ihre Lippen den seinigen und wieder endete es in einem langen Kuss, als plötzlich Brays Zimmertür aufflog. "Hast du sie gesehen? Wo ist sie?", fragte Brays Bruder Martin aufgebracht, als er ohne anzuklopfen einfach in Brays Zimmer gestürzt kam. Als er sah, dass sein Bruder nicht alleine war, wurde er rot und es war ihm irgendwie peinlich. Er hatte wahrscheinlich nicht damit gerechnet in Brays Zimmer morgens ein Mädchen vorzufinden und schon gar nicht die Neue, Ebony, aus seiner Klasse. "Hi Martin", kicherte Ebony vom Bett aus. "Wen hab ich gesehen? Was ist los?", wollte Bray ruhig wissen, der es schon gewohnt war, dass sein Bruder immer als erstes ihn beschuldigte, wenn ihm irgendetwas fehlte, obwohl er es dann meistens in seinem eigenen Zimmer wiederfand und nie in Brays. "Ähm...Trudy...sie war hier, aber jetzt ist weg...", stotterte Martin etwas herum, ohne zu den Beiden hinzusehen. "Trudy war hier? Heute Nacht?", fragte Bray erstaunt. "Ja, man vergiss es...", regte Martin sich plötzlich auf und eilte aus dem Zimmer mit lautem Türgeknalle. "Wie es aussieht, hast du deinen kleinen Bruder glücklich gemacht, indem du mit mir zum Ball gegangen bist...", flötete Ebony. "Ich kann gar nicht glauben, dass Trudy hier gewesen sein soll und warum sollte sie dann schon gegangen sein?!", wunderte sich Bray. "Vielleicht hatte sie noch was wichtiges vor und musste deshalb früher gehen, außerdem kann das uns Beiden ja egal sein...", meinte Ebony und zog Bray wieder zu sich, um ihn zu küssen. Bray ließ es sich gefallen, aber löste sich dann wieder von ihr und setzte sich auf. "Ich geh mal nach meinen Eltern gucken, Martin hat sie sicher geweckt mit dem Türgeknalle..." Bray stand auf und zog sich sein T-shirt und eine Hose über. Ebony sah ihn enttäuscht an. "Jetzt? Warum machst du das nicht später? Komm wieder ins Bett..." "Ihnen geht es nicht so gut, dass weißt du doch. Warte einfach hier, ich bin gleich wieder bei dir...", versprach Bray, gab Ebony einen Kuss und verließ das Zimmer.

2.Kapitel (Trudy)
Trudy lag schweigend und an die Decke starrend auf ihrem Bett. Sie war gestern Nacht erst spät Heim gekommen, doch da ihre Eltern schon geschlafen hatten, hatten sie dies nicht bemerkt. Irgendwie wünschte sie sich sie hätten es getan, sie hätten sich Sorgen gemacht und bei Brays Eltern angerufen und zwar bevor ES geschehen war. Sie fühlte sich nur schrecklich, so dreckig und einfach nur falsch. Gestern Nacht hatte sie als allererstes geduscht, und das mindestens anderthalb Stunden. Es hatte sie wirklich gewundert das ihre Eltern davon nicht aufgewacht waren. Das Kleid das sie an diesem Abend getragen hatte, hatte sie sofort in die Wäsche geschmissen und beschlossen es niemals wieder anzuziehen, auch wenn sie es bevor das alles geschehen war geliebt hatte. Doch nun erinnerte es sie daran was in dieser Nacht geschehen war und wie sehr sie dies bereute. Sie hatte kein Auge zugetan seit sie Nachhause gekommen war, nicht eine einzige Sekunde. Sie war auch jetzt immer noch hellwach auch wenn es nicht danach aussah. Sie konnte das Bild nicht vergessen, genauso wenig wie sie den Moment vergessen konnte als sie das Lachen dieser Hexe aus Brays Zimmer gehört hatte. Ihr Herz schlug wie verrückt wenn sie nur daran dachte und die Tränen sammelten sich schon wieder in ihren Augen. Das Telefon klingelte schrill und riss sie aus ihren Gedanken, sie griff nach dem Hörer der auf dem Nachttisch lag und ging ran. "Hallo?" fragte sie mit leiser Stimme und wartete wer sich melden würde, wahrscheinlich ihre Mutter um sie zum Essen zu rufen. "Trudy?" fragte eine Stimme zurück die sie sehr gut kannte, die ihr allerdings auch einen Schauer über den Rücken laufen ließ. "Ma...Martin?" stotterte sie. "Ja, ich bin's. Warum bist du gestern Nacht einfach gegangen?" Trudy starrte auf das Telefon in ihrer Hand, das sie längst von ihrem Ohr weggenommen hatte, sie wollte nicht mit Martin sprechen. Sie konnte ihm nicht sagen was sie dachte, und wenn sie ehrlich war wollte sie das auch nicht. "Trudy? Hey, Trudy? Bist du noch da?..." hörte sie Martins aus dem Telefon fragen. "Ich kann nicht..." war alles was ihr flüsternd entfuhr, dann drückte sie auf den "Ausknopf" des Geräts. Martins Stimme verschwand und wurde von einem Piepen ersetzt. Trudy stellte das Telefon zitternd zurück auf den Tisch. Wie sollte sie ihm bloß wieder unter die Augen treten wenn sie schon anfing sich schlecht zu fühlen wenn sie nur seine Stimme hörte? Und wie sollte sie Bray und Ebonys Gesellschaft in der Schule ertragen? Schon alleine bei dem Gedanken wurde ihr ganz schlecht. "Trudy!" rief ihre Mutter von unten nach oben. Trudy zuckte im ersten Moment zusammen, antwortete aber ebenfalls nicht. "Trudy?!" rief ihre Mutter erneut. Auch diesmal antwortete Trudy nicht. Sie hörte wie jemand die Treppen hinaufstieg, doch auch nun rührte sie sich nicht. Schließlich ging ihre Zimmertür auf und ihre Mutter stand vor ihr. "Trudy? Hast du mich nicht gehört?" "Nein..."meinte sie zögerlich. "Es gibt Frühstück." "Ich hab keinen Hunger." "Alles in Ordnung mit dir?" fragte ihre Mutter besorgt und ging auf sie zu. "Ja!" sagte Trudy ausweichend und wich zurück. "Du siehst blass aus Kind, bestimmt hast du dir was eingefangen, ich geh dir ein Glas Wasser und Vitamintabletten hohlen...Kommst du dann runter?" sagte sie, griff an Trudys Stirn und verschwand dann wieder. Trudy dachte nicht daran nach unten zu kommen, sie würde hier sitzen bleiben und wenn sie ewig saß. Die Stille ihres Zimmers machte sie zwar verrückt, doch vielleicht war sie das ja auch schon. Zumindest gestern Nacht musste sie es gewesen sein, das war klar. Ihr wurde langsam klar das dies wohl der größte Fehler ihres bisherigen Lebens gewesen war. Zumindest war sie so mit ihrem Plan an Bray heranzukommen gescheitert, und das gründlich. Während sie die schrecklichste Nacht ihres Lebens erlebt hatte, hatte diese Hexe von Ebony wahrscheinlich eine menge Spaß gehabt, und das verdiente sie nach Trudys Meinung nicht im geringsten. Genauso wenig wie sie Bray verdiente. "Trudy!!" rief diesmal ihr Vater. "Komm jetzt endlich runter!" Langsam stand Trudy auf, doch anstatt hinunter zu gehen schloss sie nur die Zimmertür und ließ sich schließlich hinter ihr auf den Boden sacken. Die Tränen nahmen ihren Lauf und schon Minuten später saß sie von Heulkrämpfen geschüttelt, zusammengekauert auf dem Boden. Sie hörte wieder wie jemand die Treppen hoch stieg, doch es war ihr egal, sie richtete sich auf und drehte den Schlüssel in der Tür um, dann ließ sie sich zurück auf den Boden fallen...

3.Kapitel (Martin)
Martin rührte gedankenverloren am Frühstückstisch in seinen Cornflakes herum. Es war Montag und er musste wieder in die Schule. Seit der Party am Freitag hatte er Trudy nicht mehr gesehen und auch nicht wirklich mit ihr sprechen können. Samstag Vormittag hatte er sich endlich getraut bei ihr anzurufen, aber danach war er nur noch verwirrter. Trudy hatte sich wirklich seltsam am Telefon angehört und kaum mit ihm gesprochen, bis sie dann letztendlich einfach aufgelegt hatte. Er verstand nicht wieso. Es war doch so schön mit ihnen beiden gewesen. Auf der Party hatten sie miteinander getanzt und gelacht, die ganze Zeit. Bis Bray mit Ebony gekommen war. Trudy hatte die Beiden ganz erschrocken angestarrt und war weinend davon gerannt. Martin war ihr hinterher und hatte sie gefragt was los sei, aber Trudy hatte es ihm nicht verraten wollen. Er dachte, dass sie sich vielleicht auch nach Zweisamkeit sehne und hatte sie getröstet. Dann hatte sie ihn ganz dankbar angesehen und schließlich hatten sie sich unter Sternenhimmel vor ihrer Schule geküsst. Für Martin war ein Traum in Erfüllung gegangen. Er war nun schon seit einigen Jahren in Trudy verliebt. Sie war für ihn einfach das tollste, hübscheste, intelligenteste und einzigartigste Mädchen der ganzen Schule, ach was der ganzen Stadt. Ihre Augen konnten mehr sagen als 1000 Worte, wenn sie traurig waren, nahmen sie diesen wunderschönen melancholischen Glanz an und wenn sie sich freute strahlten sie heller als die Sonne. Außerdem hatte sie so viele verschiedene Arten zu Lächeln. Da gab es dieses schüchterne, zurückhaltende Lächeln bei dem sie rote Wangen bekam, ihr dankbares Lächeln mit den ungläubigen Augen, das gütige Lächeln das ihn immer wieder aufmuntern konnte, das Lächeln, wenn sie glücklich war und sie verträumt in der Gegend rumsah und das Lachen aus vollem Hals bei dem er immer mitlachen musste. Trudy hatte einfach alles was er sich von einem Mädchen wünschte. Sie war einfach seine absolute Traumfrau, die nach der Party wahr gemacht hatte, wovon er nie zu träumen gewagt hätte. Sie war mit ihm nach Hause gekommen, eigentlich nur um eine heiße Schokolade zu trinken, aber dann hatte sie wieder angefangen zu weinen und er hatte sie in den Arm genommen. Selbst das hatte ihn schon mit unheimlicher Freude erfüllt. Er durfte sie im Arm halten. Aber dann hatte Trudy ihn wieder angeblickt, so voller Dankbarkeit und Sehnsucht und sie hatten sich wieder geküsst und waren rauf in sein Zimmer gegangen. Sie hatte gar nicht mehr aufgehört ihn zu küssen und er hatte natürlich mitgemacht. Er wusste nun was es bedeutete auf Wolke 7 zu schweben, obwohl es für ihn eher Wolke unendlich war. Schließlich hatten sie tatsächlich miteinander geschlafen und waren nebeneinander eingeschlafen. Martin war so glücklich gewesen und hatte sich schon darauf gefreut neben seiner Traumfrau aufzuwachen und ihr Frühstück ans Bett zu servieren, um wieder ihr wunderschönes Lächeln sehen zu können. Aber als er aufgewacht war, war sie nicht mehr da gewesen. Auf den ersten Blick sah es sogar so aus, als wäre sie niemals da gewesen und hätte sich alles nur eingebildet, aber dann entdeckte er ihre Jacke, die immer noch ihren süßen Duft nach Erdbeeren hatte. Er hatte angefangen sie im ganzen Haus zu suchen, aber nirgendwo hatte er sie gefunden. Er war ratlos, doch dann erinnerte er sich daran, wie sehr sie geweint hatte, als sie Bray mit Ebony gesehen hatte. Vielleicht war sie bei Bray. Sofort kochte wieder die Eifersucht und Wut auf seinen Bruder in ihm auf. Er stürmte in sein Zimmer mit der Erwartung, dass er dort wieder etwas vorfinden würde, was eigentlich ihm gehört , aber Bray mal wieder einfach an sich gerissen hatte, so wie er es immer tat. Jedoch musste er auf extrem peinliche Art und Weise feststellen, dass er sich dieses mal getäuscht hatte, denn in Brays Zimmer fand er nicht Trudy vor, sondern Ebony, die halbnackt mit Bray in seinem Bett lag. Und er hatte auch noch die Beiden gefragt wo Trudy stecke. Es sah natürlich jetzt vor Bray und Ebony so aus, als wäre ihm seine Freundin davon gelaufen. Eigentlich war es ja wirklich so, aber das mussten die Beiden ja nicht wissen. Bray musste sich natürlich gleich wieder lustig über ihn machen, das tat er immer, besonders wenn Mädchen dabei waren. Die hielten ihn dann immer alle für unheimlich toll und er war nur der dumme, kleine Bruder. Den ganzen Samstag und Sonntag hatte er darüber gegrübelt, was passiert sein könnte, dass Trudy einfach gegangen war und anscheinend auch nicht mit ihm sprechen wollte. Er hatte sie besuchen wollen und war sogar mehrmals vor ihrem Haus gestanden und hatte zu ihrem Zimmer raufgeschielt, aber getraut zu klingeln, hatte er sich nicht. Und nun war Montag und er würde sie in der Schule wiedersehen. Er hatte keine Ahnung wie er sich verhalten sollte. Am liebsten wollte er sie in die Arme schließen, sie küssen, ihr sagen, wie sehr er sie liebte und der ganzen Welt zeigen, dass Trudy das tollste Mädchen überhaupt war uns sie nun ihm gehörte. Im Schulbus redete er mit so gut wie niemandem ein Wort. Er hatte den Platz neben sich, wie immer, für Trudy freigehalten. Sie stieg ein paar Stationen nach ihm ein und schenkte ihm immer dieses warme Lächeln mit einem lieben "Guten Morgen", das ihm immer gute Laune brachte. Ihm waren die 10 Minuten bis zu ihrer Station noch nie so lang vorgekommen, aber als sie dann endlich an der Station hielten, war Trudy nicht da. Er konnte es gar nicht glauben und fragte sich, ob irgendetwas schlimmes mit ihr passiert sei, doch dann überlegte er sich, dass sie vielleicht einen Bus früher genommen hatte oder einen späteren nahm. Als er in der Schule ankam, sah er als erstes im Klassenzimmer nach, aber dort war sie nicht, also stellte er sich bis 5 Minuten nach Unterrichtsbeginn vor die Schule, um auf sie zu warten, um mit ihr zu reden, doch von Trudy war keine Spur. Deprimiert und verwirrt kehrte er zu spät in das Klassenzimmer zurück und durfte als Strafe sich vor der ganzen Klasse mit einer Matheaufgabe blamieren, die er einfach nicht lösen konnte, weil in seinem Kopf für Mathe kein Platz mehr war, da sein Kopf sich nur um Trudy drehte. Er malte sich schon die schlimmsten Dinge aus, was mit ihr passiert sein konnte, dass sie nicht da war. Aber im Geschichtsunterricht hatte er dann so was wie eine Erleuchtung. Er hatte noch mal über die Party und die Tage davor nachgedacht und nun glaubte er zu wissen, warum Trudy wirklich geweint hatte. Sie hatte nicht geweint, weil sie sich nach Zweisamkeit sehnte, sondern weil sie sich nach Bray sehnte. Es war eindeutig und er hatte es nicht erkannt, vielleicht auch nicht erkennen wollen. Sie war die ganze Zeit schon hinter ihm hergewesen. Er hatte sie oft mit ihm gesehen und immer geglaubt es wäre Bray, der sie ständig anspricht und belästigt, nur weil er wusste, wie toll Martin sie fand, aber jetzt erinnerte er sich auch wieder daran, wie oft Trudy ihn über Bray ausgefragt hatte und wie oft er sie vor seiner Zimmertür erwischt hatte, wenn sie eigentlich bei ihm war, um mit ihm Hausaufgaben zu machen und am meisten schmerzte ihn das Lächeln, das sie Bray immer geschenkt hatte. Es war ein Lächeln, dass er nie von ihr bekommen hatte. All das hatte er verdrängt, nur damit sein Traum nicht wie eine Seifenblase zerplatzen konnte. Trudy hatte nicht mit ihm geschlafen, weil sie verliebt in ihn war, so wie er in sie, sondern um Bray zu vergessen oder ihm eins auszuwischen. Und Bray hatte es gewusst. Er musste es gewusst haben. Er hatte zugelassen, dass er sich wieder zum totalen Idioten machte. Das war so typisch für Bray. Außerdem hatte er Trudy verletzt und auch wenn Trudy ihn nicht liebte, würde er nicht zulassen, dass sie jemand verletzte. Martin kochte vor Wut auf seinen Bruder. Sobald es zur Pause klingelte, sprang er auf und stürmte aus dem Klassenzimmer zum Bereich der höheren Klassen, dort fand er seinen Bruder dann vor, wie er mit Ebony knutschend an der Wand lehnte und eine Horde von Mädchen die beiden neidisch beobachten. Unsanft und grob riss er Ebony und Bray auseinander und schubste seinen Bruder wüst gegen die nächste Wand. "Macht es Spaß?", schrie er ihn wütend an. "Martin, was soll das?", fragte Bray verständnislos und ganz wie ein Unschuldslamm, doch das regte Martin nur noch mehr auf. "Wie konntest du mir das nur antun? Wie konntest du das Trudy antun? Du bist so ein Mistkerl!" "Was? Trudy? Ist sie da? Hat sich die Sache geklärt?", wollte Bray in ruhigem Ton wissen. "Nein, sie ist nicht da. Wie könnte sie auch, nachdem was du ihr angetan hast?!" "Ihr angetan? Wovon redest du?" "Das weißt du doch genau. Du hast ihr erst den Kopf verdreht und ihr Hoffnungen gemacht und dann hast du sie fallen lassen, wie einen Stein und vor ihren Augen mit der da rumgemacht...", er sah Ebony verächtlich an. "Ich habe nicht mit ihr rumgemacht, Martin. Ich wusste doch, dass sie dir was bedeutet. Ich hätte nie..." Das war genug. Er wollte sich nicht länger die Lügen und Ausreden von seinem älteren Bruder anhören. Er kochte vor Wut und hatte sich einfach nicht mehr unter Kontrolle. Wie aus Reflex schoss seine rechte Faust direkt auf die Nase seines Bruders und traf ausgezeichnet. Bray schrie auf und taumelte zurück. Blut schoss aus seiner Nase. Die Mädchen kreischten auf. Martin starrte seinen Bruder hasserfüllt und angriffslustig an. "Was ist? Worauf wartest du noch? Wehr dich, du Feigling!", forderte er ihn auf. Aber Bray schüttelte nur den Kopf, hielt sich die Nase und starrte ihn entgeistert an. Wütend drehte Martin sich um und lief davon....

4. Kapitel (Ebony)
Ebony saß nun schweigend auf einer alten Parkbank. Um sie herum sprangen unzählige nervige Kinder, alte Omas und Opas gingen spazieren oder irgendwelche verliebten Pärchen latschten händchenhaltend an Ebony vorbei. Aber am meisten störte sie jedoch der Anblick von irgendwelchen Kindern, die glücklich mit ihren Eltern durch den Park liefen. Die mit etwas Brot die Enten in den Teich füttern durften und danach ein großes Eis vom Eistand neben den Teich bekamen. Sie fragte sich, warum sie nie so ein Leben führen durfte. Sie wurde oft ausgeschlossen, da ihre beiden Schwestern einen anderen Vater hatten als sie. Ebonys Vater war kein guter Mensch und ihre Mutter mochte ihn nicht sehr. Deshalb mochte sie wohl auch Ebony nicht. Aber damit hatte sie sich größtenteils abgefunden. Mit der Zeit war sie stärker geworden und hatte gelernt für sich selbst zu sorgen. Das Mädchen achtete nun auf ihren Ruf bei anderen Leuten und gab sich stark und unverletztlich. Eigentlich war sie das alles nicht. Sie fühlte sich oft alleine und einfach fehl am Platze. Doch diese Seite von ihr kannte nur sie selbst. Und sie hasste sie. Sobald sie zum Vorschein kam versuchte sie sie zu unterdrücken und sich selbst stark zu machen. Erst vor kurzem war sie umgezogen; nach Wellington zu dem Vater ihrer beiden Schwestern Siva und Java. Jetzt fühlte sie sich erst recht ausgeschlossen. Die heile Familie und die ungewollte Ebony. Aber daran wollte sie jetzt nicht denken. Trotz, dass sie erst so kurz in der Stadt war hatte sie sich schon den süßesten und beliebtesten Jungen der ganzen Schule geangelt. Bray hieß er und wurde von allen Mädchen angehimmelt. Ebony wusste nicht, ob sie ihn liebte. Sie war in erster Linie mit ihm zusammen, weil es ihr als nützlich erschien mit einen so beliebten Jungen zusammen zu sein. Natürlich gibt es unzählige Mädchen, die Ebony deshalb beneiden. Eine davon ist Trudy. Sie ist so in Bray verknallt, dass es wohl auch ein Maulwurf mit Sonnenbrille unter der Erde sehen konnte. Es war einfach schrecklich wie sie ihn nachlief. Eigentlich dachte Ebony das wäre nun gegessen, denn nachdem sie mit Bray beim Schulball getanzt hatte, war Brays Bruder Martin mit Trudy am Start. Sie dachte jetzt wäre sie Trudy endlich los, doch heute Mittag wurde sie eines besseren belehrt. Martin tauchte plötzlich auf und schlug auf Bray ein, da dieser angeblich nur mit mir rumgemacht hatte um Trudy zu verletzen. Was natürlich absolut absurt war. Bray hatte mit Ebony geschlafen, weil er sie liebte und weil er sie einfach toll fand. So emfpand es zumindest Ebony, für die es genauso wie für Bray, das erste Mal war. Sie hatte noch nie viel davon gehalten, wenn ein Mädchen ihr erstes Mal ewig herauszögerte und "auf den richtigen Augenblick" warten wollte. Für Ebony war es nur eine weitere Station auf dem Weg ihres Lebens. Aber auf eine seltsame Art und Weise war sie doch sehr froh und glücklich darüber, dass es Bray war. Sie fühlte sich bei ihm sicher und nicht so überflüssig wie bei ihrer Familie. Deshalb verbrachte sie auch gerne und viel Zeit mit ihm. Auch jetzt war sie nur hier, weil sie auf Bray wartete. Er wollte noch einmal nach Hause und seine, inzwischen blaue, Nase zu kühlen und wollte dann nachkommen. Sie wollten irgendetwas unternehmen. Ein Eis essen gehen oder etwas an den Strand...eigentlich war es Ebony egal. Hauptsache sie konnte mit Bray zusammen sein und wurde mit ihm gesehen. Aus ihren Gedanken gerissen schreckte Ebony auf, als Bray ihr plötzlich von hinten die Hände vor die Augen hielt und ein grinsendes "Na wer bin ich" flüsterte. Doch schon bevor das Mädchen etwas erwidern konnte sprang er auch schon über die Banklehne neben sie und gab ihr einen dicken Kuss auf den Mund. Ebony lächelte ihn an. Er war wirklich süß..vor allem wenn er lächelte. Aber liebte sie ihn wirklich?

5.Kapitel (Bray)
Nachdem Martin ihm Eine verpasst hatte und seine Nase einfach nicht aufgehört hatte zu bluten, hatte man ihn auf die Krankenstation gebracht um zu testen, ob die Nase vielleicht gebrochen war, wie sich rausstellte, war sie das zum Glück nicht. Man hatte seine Eltern angerufen, was ihm gar nicht Recht gewesen war, nicht wegen Martin oder sich, sondern weil sie krank waren und sich eigentlich schonen sollten. Seine Mutter hatte ihn ganz besorgt und mitleidig angesehen. Dieser Blick war typisch für sie und er mochte ihn an seiner Mutter, denn dabei wurde ihm immer warm um Herz und er fühlte sich so geborgen, selbst jetzt noch, wo er schon bald fast erwachsen sein würde. Sein Vater hatte ins Rektorzimmer kommen müssen, wo der Rektor mit Martin bereits auf ihn wartete. Ebony hatte ihn bis zum Krankenzimmer begleitet, doch dort hatte sie draußen bleiben müssen, Anordnung der Schulschwester. Ebony war wirklich süß gewesen. Sie hatte ihm seine Hand gehalten und ihn immer lieb angelächelt. Sie hatte ein Lächeln, bei dem er einfach dahin schmolz. Außerdem funkelten ihre Augen immer so geheimnisvoll, wenn er sie ansah. Sie hatten sich für den Nachmittag im Park verabredet. Bray hatte sich zur Haus nur noch schnell gewaschen und war dann gleich los gewetzt, so konnten seine Eltern sich weiter ausruhen und mussten sich nicht um ihn kümmern. Er hatte Ebony schon von weitem gesehen. Sie war eben einfach einmalig. Sie saß auf einer Bank und hatte in der Gegen umher geblickt. Ihre gelockten Rastazöpfe waren im Wind leicht hin und hergeweht und ihre braune Haut glänzte in der Sonne. Sie war einfach wunderschön. Doch etwas irritierte ihn an ihrer Erscheinung. Sie sah irgendwie traurig aus und er hatte Ebony noch nie traurig gesehen. Er wusste nicht was sie hatte, aber er wollte es rausfinden. Bray schlich sich an sie ran und überraschte sie indem er ihr die Hände auf die Augen legte und sie schließlich einfach küsste. Er hatte sie küssen müssen, das musste er immer, wenn er sie sah. Nun lächelte sie ihn wieder an und das Traurige war verschwunden, sodass Bray sich schon fast fragte, ob er sich das vielleicht nur eingebildet hatte. "Hey wartest du schon lange?", fragte er sie während er seinen Arm um sie legte. "Du solltest mich nie warten lassen, Bray. Nicht mal eine Minute...", entgegnete sie ihm frech. "Ich machs wieder gut, okay?!", meinte Bray grinsend und küsste sie erneut. "Besser?", wollte er danach dann immer noch grinsend wissen und Ebony nickte, ebenfalls grinsend. So war das immer zwischen ihnen. Wenn sie zusammen waren, waren sie eigentlich nur am herum grinsen. Bray nahm ihre Hand und stand auf. "Komm lass uns spazieren gehen!", schlug Bray vor und Ebony war einverstanden. Sie schlenderten Hand in Hand um den ganzen See. Viele reden taten sie nicht. Sie blickten sich nur immer wieder an, mussten beiden verstohlen grinsen und küssten sich dann wieder. Bray hatte das Gefühl gleich abzuheben, so glücklich war er. Er vergaß alles um sich herum. Er vergaß ,dass seine Nase sicher furchtbar aussehen musste, dass er schlimmen Streit mit seinem Bruder hatte, dass er Trudy vielleicht verletzt hatte und sogar die Sorge um seine Eltern. Da waren nur noch Ebony und er, einfach himmlisch. Sie kamen an einem Bootsstand vorbei und mieten sich ein kleines Ruderboot für eine Stunde, zuvor besorgte Bray jedoch noch Eis für sie zwei, das sie dann genüsslich auf dem See aßen. Sie ruderten noch eine zweitlang über den See wobei sie sich immer wieder gegenseitig mit Wasser vollspritzen, bis sie schließlich halbnass das Boot wieder abgeben mussten. Es war spät geworden und die Sonne ging langsam unter, als sie sich auf den Weg nach Hause machten. Bray wollte Ebony bis zu ihrem Haus bringen, aber das wollte sie nicht. Da fiel ihm wieder an, dass er sie hatte etwas fragen wollen. "Ähm...Ist...ist alles okay bei dir?", fragte er sie dann vorsichtig, als sie an der Kreuzzug stehen geblieben waren, wo sich ihre Wege trennten. Ebony schien ihn für einen Moment überrascht und leicht zögernd anzusehen, aber dann gab sie ihm wieder einen Kuss und lächelte. "Klar, ich hab doch dich..." Sie zwinkerte ihm zu, winkte ihm und lief dann davon. So machte sie das immer und Bray konnte nicht anders als ihr nachzusehen. Bray wusste nicht, ob er ihr glauben sollte, aber wenn etwas war, schien sie nicht drüber reden zu wollen und zwingen wollte er sie schließlich auch nicht. Er lief die zwei Straßen bis zu seinem Haus weiter. Als er die Tür aufschloss war es ungewöhnlich still, dafür, dass es Abend war. Normalweise kochte seine Mutter zu dieser Zeit immer Essen und sein Vater kam von der Arbeit. "Jemand da?", rief er leicht verunsichert und lauschte. Aber es kam keine Antwort. Er ließ die Haustür ins Schloss fallen und lief in die Wohnung bis zu dem Schlafzimmer seiner Eltern. Er klopfte an und als er keine Antwort erhielt, draht er einfach so rein. Sie waren nicht da und ihre Betten ungemacht, was ihn wunderte, da seine Mutter auf Ordnung immer viel Wert legte. Er ging hoch bis zu Martins Zimmer, doch auch sein Bruder war nicht. Er überlegte schon, ob sie wohl alle zusammen weggefahren wären, als plötzlich das Telefon klingelte. Er lief die Treppe wieder runter und nahm den Hörer ab. "Hallo?" "Hallo Bray, hier spricht Mama. Ich rufe aus dem Krankenhaus an. Es ist..." "Was? Was ist denn passiert? Ist mit euch alles okay?" "Beruhige dich. Es ist nicht schlimmes. Dein Vater hatte nur einen kleine Schwächeanfall und sollte deshalb lieber über Nacht hier bleiben. Ich werde bei ihm bleiben. Sag bitte deiner Bruder Bescheid." "Aber ich möchte bei euch sein. Ich komme ins Krankenhaus..." "Nein, Schatz, das ist wirklich nicht nötig..." Bray hatte bereits aufgelegt und kritzelte Martin schnell eine Nachricht, dann rannte er wieder aus dem Haus, direkt weiter zur Bushaltestelle. Er glaubte seiner Mutter nicht, dass es nichts schlimmes war. Er hatte es an ihrer Stimme gemerkt. Sie hatte gezittert und seinem Vater und auch ihr ging es schon seit einer Woche so schlecht. Zudem kursierten überall in der Presse Gerüchte von diesem seltsamen Virus. Er würde sie jetzt auf keinen Fall alleine lassen...

6.Kapitel (Trudy)
Trudys Nächte bis zum Ende des Wochendes und damit auch dem Schulanfang waren ebenso schrecklich gewesen wie die eine Nacht nach dem Ball. Sie hatte immer wieder daran denken müssen und nicht schlafen können. Immer wenn sie kurz vorm einschlafen gewesen war hatte sie wieder angefangen die Bilder vor ihren Augen zu sehen und sie erschrocken wieder aufgeschlagen. Alles was sie tat war in ihrem Zimmer zu sitzen und die Decke anzustarren, ab und zu brachte ihre Mutter besorgt etwas zu essen nach oben und fragte ständig was denn los sei. Trudy sagte nichts, sie schwieg jetzt schon zwei lange Tage lang und schlief nur dann wenn sie Mittags völlig übermüdet einnickte. Und wie es nicht anders hatte passieren können wurde sie am Montag wirklich krank. Sie hatte Fieber bekommen und als sie Morgens nicht wie gewöhnlich aufgestanden war hatte ihre Mutter natürlich nach ihr gesehen und es bemerkt. Sie hatte gesagt Trudy solle besser Zuhause bleiben und sie würde den Arzt anrufen und das war Trudy nur recht gewesen, mal abgesehen von der Tatsache mit dem Arzt. Der war schließlich trotz heftigen Protests von Trudys Seite nach dem Mittagessen, welches Trudy auch nicht zu sich genommen hatte, gekommen. Er hatte sie untersucht und festgestellt das er nicht wusste woher das Fieber so plötzlich kam. Ob sie Probleme in der Schule oder Stress habe, hatte er sie gefragt. Trudy hatte nur den Kopf geschüttelt, es war ja schließlich die Wahrheit. Probleme hatte sie, ja, aber nicht in der Schule, also hatte sie auch nicht gelogen. Er hatte nur die Augenbraue hochgezogen und ihr ein Mittel gegen Fieber verschrieben. Doch sie hatte gehört wie er hinter der Tür mit ihrer Mutter gesprochen hatte. Er hatte sie gefragt ob sie etwas davon wüsste das Trudy psychische Probleme hatte. Denn dieses Fieber war seiner Meinung nach keins mit wirklich medizinischem Hintergrund. Er gab ihr den Rat mit Trudy zu einem Therapeuten zu gehen wenn sich ihr Verhalten nicht besserte. Trudy vermutete das ihre Mutter völlig geschockt darüber gewesen war, denn sie hatte nichts erwidert und schon kurz darauf hatte sie gehört wie die beiden die Treppe runter gestiegen waren. Sie hatte die Schule rein gar nicht vermisst, sie war bloß froh Martin nicht mehr unter die Augen treten zu müssen, doch morgen würde ihr das zwangsläufig bevorstehen, da das Fieber von dem Mittel wieder runter gegangen war und sie ja sonst auch nichts hatte. Langsam wurde sie wieder müde, scheinbar hatte das Medikament eine Nebenwirkung ,so hatte sie es zumindest verstanden. Sie fragte sich wie spät es eigentlich war, denn sie hatte schon seit dem Morgen nicht mehr auf die Uhr gesehen. Sie griff nach dem kleinen blauen Wecker der auf ihrem Nachttisch stand. 18.30 Uhr! Was? Das konnte doch gar nicht sein, schon so spät? Langsam wurde ihr bewusst wie bald sie die anderen in der Schule wieder sehen musste. Musste? Nein, eigentlich musste sie gar nichts, sie konnte doch einfach liegen bleiben, ihre Mutter würde sie nicht zwingen können. Diesen Gedanken verwarf sie schnell wieder, ihre Mutter würde es nicht zulassen, das wusste sie irgendwo. Aber was sollte sie machen um Martin nicht sehen zu müssen und vor allem nicht mit ihm reden zu müssen? Sie hatte Angst vor ihrem nächsten Zusammentreffen und wusste nicht was sie tun oder sagen sollte. Doch eins wusste sie, sie wollte nie mehr wieder so eine schreckliche Nacht mit ihm erleben. Angewidert und zweifelnd sah sie zu den Brötchen die ihre Mutter schon vor Stunden gebracht hatte, sie wollte nichts essen, ihre Mutter ging ihr auf die Nerven. Sie fand es viel besser wie ihr Vater reagierte, er tat das ganze als eine Laune der Pubertät ab und ließ sie in Frieden. Und das war es was sie wollte, alleine sein. Obwohl? Wollte sie das überhaupt? Eigentlich nicht, denn wenn sie so alleine in der Stille ihres Zimmers lag und ihre Gedanken sie in die Tiefe zu reißen drohten wünschte sie sich nichts mehr als mit jemanden reden zu können, bloß mit wem sollte sie reden? Mit ihrer Mutter? Nein, auf gar keinen Fall, das konnte sie ihr nicht erzählen. Genauso wenig wie sie es ihrem Vater erzählen konnte, denn der hatte sowieso noch nie über solche Dinge geredet. Einer Freundin? Nein, auch nicht, sie hatte nicht besonders viele und das wollte sie wirklich keiner anvertrauen, es war ihr einfach zu peinlich. Sie wollte auf keinen Fall das es jemand erfuhr. Aber wie sollte sie dann diese Last los werden? Dieses mal war es die Türglocke die Trudy aus ihren Gedanken riss. Wer das wohl sein konnte? Ihr Vater kam nie so früh von der Arbeit Heim und ihre Mutter bekam gewöhnlich nur Mittags Besuch. Sie lauschte angestrengt, doch sie vermochte nicht zu verstehen was gesprochen wurde, geschweige denn wer sprach. Als es kurz darauf an ihrer Zimmertür klopfte wunderte sie sich schon sehr. Wer war das? Wollte sie etwa jemand besuchen? Sie wollte aber niemanden sehen....mit Ausnahme von einer Person! Freude stieg in Trudy auf, was wenn sie damit Recht hatte. Doch schon bevor sie den Gedanken zu Ende gedacht hatte wusste sie das es ein Ding der Unmöglichkeit war, das würde er niemals tun. Sie war doch nur die dumme Freundin seines kleinen Bruders, nichts mehr und nichts weniger. "Ja, wer ist da?!" rief sie genervt und enttäuscht zugleich Richtung Tür. Doch anstatt einer Antwort öffnete sich die Tür und, Trudy stockte der Atem, Martin trat ein. Schnell zog sie die Bettdecke enger um sich und rutschte so weit sie konnte nach hinten. "Was...was... willst du denn???" fragte sie verstört. "Ich wollte nur nach dir sehen...hab mir Sorgen gemacht.." Trudy wurde noch blasser als sie es ohnehin schon war. "Mir geht's gut, und jetzt lass mich in Ruhe! Ich will schlafen!" fuhr sie ihn an, sie wusste nicht woher dieses plötzliche Selbstbewusstsein kam, es war einfach so aus ihr heraus gebrochen. Sie hatte sie sich noch nie so verhalten, deshalb hatte es sich auch nicht besonders glaubwürdig angehört und Trudys Gesicht das eindeutig ihre Verunsicherung widerspiegelte trug zur Glaubwürdigkeit auch nicht besonders bei....

7.Kapitel (Martin)
Nachdem Martin Bray eins auf sein hübsches Näschen gegeben hatte, hatte der Feigling sich nicht mal gewehrt. Das war Martin klar geworden, dass Bray es gar nicht wert war sich an ihm die Finger schmutzig zu machen, denn er würde es ja doch nie verstehen. Wütend war er weggelaufen, aber weit war er nicht gekommen, denn sein blöder Bruder hatte ihn wahrscheinlich gleich bei der nächsten Lehrerin verpetzt, die jetzt hinter ihm hergerannt kam und ihn aufforderte mit ins Rektorzimmer zu kommen. Martin störte das nicht, es war ihm egal. Sollte der Rektor ihm doch erzählen, was für ein böser und ungezogener Junge er war, na und?! Martin setzte sich demonstrativ lässig vor den Rektor auf den Stuhl und beachtete ihn gar nicht, sondern ließ ihn einfach reden. Der Rektor faselte irgendetwas davon, dass es ja so nicht weiter gehen könne und er Martin gern verstehen würde. Er wollte wissen, warum er so wütend auf seinen Bruder gewesen war, dass er ihn hatte schlagen müssen. Martin antwortete ihm erst gar nicht und als er immer weiter fragte, schrie er: "Weil er ein Dreckskerl ist! Ein mieses Schwein!". In dem Moment ging die Rektorzimmertür auf und sein Vater, der sein Geschrei dann wohl gehört hatte, stand da. Martin schämte sich sofort und es tat ihm leid, dass sein Vater wegen ihm hatte herkommen müssen. Er sah blass und schwach aus. Außerdem wusste Martin ja, dass es ihm und seiner Mutter nicht so gut ging und jetzt hatten sie nur wegen ihm hier her fahren müssen. Das hatte Martin wirklich nicht gewollt und er ärgerte sich, dass er darüber nicht vorher nachgedacht hatte. Sein Vater redete nun mit dem Rektor und entschuldigte sich mehrmals für Martins Verhalten, weil Martin selber nur noch stumm vor Scham und schlechtem Gewissen auf seine Hände sah. Nach einer Stunde konnten sie dann endlich gehen und mit dem Auto nach Hause fahren. Martin hatte sich nicht getraut seinen Vater noch mal anzusehen und sie hatten auch nicht miteinander gesprochen, seitdem sie das Rektorzimmer verlassen hatten. Aber nun sah sein Vater ihn eindringlich an. "Martin, was war denn schon wieder los?", fragte er ihn interessiert und irgendwie auch mitfühlend. Martin hätte es ihm gerne erzählt und ihm auch gesagt, wie leid ihm tat, dass er deshalb hatte extra kommen müssen, aber er wusste, dass sein Vater dann eh nur wieder sagen würde, dass Bray es sicher nicht mit Absicht getan hatte. So war das immer. Seine Eltern hielten Bray immer für einen reinen Engel, der anderen nichts zu leide tun konnte, wahrscheinlich hielt Bray selbst sich deshalb auch dafür. Und Martin war immer nur der, der ihnen Probleme machte. Er schüttelte den Kopf. "Es war nichts!" Sein Vater verzog enttäuscht den Mund, er hätte sich gewünscht, dass Martin ehrlich zu ihm gewesen wäre. Es war wieder eine zeitlang still im Auto. "Bekomm ich jetzt eine Strafe?", wollte Martin schließlich wissen. Sein Vater schüttelte den Kopf. "Du weißt doch genau, dass Mum und ich nichts von irgendwelchen Hausarresten oder sonstigem halten. Das ist eine Sache zwischen dir und Bray. Ihr solltet das klären, aber bitte nicht in der Schule...Du solltest dich vielleicht bei Bray entschuldigen, denn soweit ich sehe, hat er dich nicht geschlagen." Martin schnaubte verächtlich auf. Entschuldigen? Bei Bray? Niemals! "Denk drüber nach, Martin...", meinte sein Vater noch, bevor sie die Einfahrt zu ihrem Haus hochfuhren. Als sie das Haus betraten, ging Martin direkt hoch in sein Zimmer. Er wollte sich auch noch vor seiner Mutter schämen müssen und Bray wollte er schon gleich gar nicht über den Weg laufen. Nicht weil er sich vor ihm schämte oder es ihm leid getan hätte, sondern weil er ihm sonst vielleicht gleich noch Eine verpasst hätte. Er war so unendlich wütend auf ihn und er konnte nicht mal sagen, warum genau. Klar die Sache mit Trudy war der ausschlaggebende Punkt, aber da war noch so viel mehr, wofür er seinen Bruder hasste. In seinem Zimmer konnte er nicht anders, als auf die Geräusche im Haus zu lauschen. Bray verließ sein Zimmer und wurde gleich unten wieder von seinen Eltern bemitleidet bis er das Haus schließlich verließ. Er hörte wie seine Eltern sich leise unterhielten und dann wieder ins Schlafzimmer gingen. Schließlich war es leise im Haus und er musste wieder an Trudy denken. Ob sie gerade wohl auch an ihn dachte? Vielleicht vermisste sie ihn ja sogar, auch? Aber vielleicht war sie auch schwer krank, immerhin war sie nicht in der Schule gewesen und er wollte sie so gerne sehen. Wenn sie da gewesen wäre, wäre das alles vielleicht gar nicht passiert. Martin fasste den Entschluss Trudy einfach zu besuchen, jedoch kletterte er aus seinem Fenster, anstatt die Tür zu benutzen. Er wollte nicht, dass seine Eltern dachten, dass er sich keine Gedanken machte. Er konnte ihre enttäuschten Gesichter schon vor sich sehen. Schnell schlich er sich von dem Elternhaus weg und rannte förmlich zu Trudys Haus, weit weg war es ja nicht. Er klingelte und Trudys Mutter öffnete ihm. Er fragte sie wie es Trudy ginge und sie erzählte ihm, dass sie Fieber hätte, aber der Arzt nicht wirklich wüsste woher es kommt und dann fragte sie ihn, ob nach der Party irgendetwas passiert sei. Martin wurde rot und behauptete, dass er von nichts wüsste. Trudys Mutter seufzte und bat ihn dann Trudy doch zu besuchen, um sie aufzuheitern. Martin hatte irgendwie Angst davor sie wiederzusehen, aber er musste Klarheit haben und wollte sie sehen. Als er an ihre Zimmertür klopfte und sie ihm antwortete, hörte er sofort, dass sie schlechte Laune hatte. Trotzdem draht er ein. Sie erschrak und ihm war sofort klar, dass sie nicht mit ihm gerechnet hätte. Er wollte mit ihr reden, aber sie fauchte ihn nur an und sagte ihm mehr als deutlich, dass er verschwinden solle. Martin trafen ihre Worte sehr, aber so leicht würde er sich nicht geschlagen geben. Er redete auf sie ein und versuchte ihr klar zu machen, dass sie mit ihm über alles reden könne, aber Trudy schien ihm gar nicht zu zu hören, sie schüttelte nur den Kopf, bis sie schließlich wütend aufsprang, die Tür aufriss und schrie: "VERSCHWINDE!" Ihre Augen leuchteten vor Wut und Verzweiflung. Martin hatte sie so noch nie gesehen. Ihm war zum heulen zu Mute, aber er gehorchte und ging an ihr vorbei aus dem Zimmer und aus dem Haus, so schnell er konnte. Wieder schämte er sich für die entsetzten Blicke die er von Trudys Mutter in seinem Rücken gespürt hatte, als Trudy ihn praktisch rausgeschmissen hatte. Er verstand sie einfach nicht. Gut, vielleicht liebte sie ihn nicht, sondern Bray. Aber er hatte immer das Gefühl gehabt, dass sie ihn wenigstens etwas gern hatte und selbst wenn nicht, hatte sie keinen Grund ihn so zu behandeln. Schließlich hatte er ihr nichts getan. Wenn sie bereute mit ihm geschlafen zu haben, war das ihr Problem, denn er hatte sie zu nichts gezwungen, ganz im Gegenteil, sie hatte es gewollt. Martin war so verletzt und hoffte sich besser zu fühlen, wenn er anfing schlecht über Trudy zu denken und sauer auf sie zu sein. Aber er wusste ganz genau, dass diese winzige Wut schon wieder verflogen sein würde, wenn sie das nächste Mal mit ihm reden würde. Falls es ein nächstes Mal gäbe, denn so wie sie reagiert hatte, war er sich da nicht so sicher. Zuhause war immer noch alles ruhig als er durchs Fenster wieder einstieg. Trotz seiner Verletztheit und der Wut war ihm irgendwie langweilig. Er hätte seine Hausaufgaben machen können, aber dazu hatte er keine Lust. Lieber hörte er Musik, doch die Zeit verging und verging und es regte sich nichts im Haus, dabei hätte seine Mutter doch schon längst mit dem Kochen anfangen müssen oder Bray wäre nach Hause gekommen, denn sein ach so toller Bruder war immer pünktlich und kam nie zu spät. Langsam wurde Martin doch misstrauisch und verließ leise das Zimmer. Bray war eindeutig nicht da und das Zimmer seiner Eltern war auch leer. Er verstand das nicht, denn er hätte doch hören müssen, wenn sie weggegangen wären, es sei denn, sie wären gegangen während dem er bei Trudy war. Doch wohin hätten sie gehen sollen?! Seine Eltern waren doch krank... Er beschloss bei ein paar Freunden seiner Eltern anzurufen und ging zum Telefon, dort fand er aber einen Zettel vor. Er war von Bray. "Martin, Dad ist im Krankenhaus. Mum und ich sind bei ihm. Bray" Martin erschrak gleich. Was war mit seinem Vater? War es etwas ernstes? Martin war ganz unruhig, er wollte auch zu ihm. Er war schließlich auch sein Vater und nicht nur Brays. Er wollte doch auch bei ihm sein, wenn es ihm schlecht ging. Kurz entschlossen machte sich auch Martin nun auf den Weg zu seinem Vater ins Krankenhaus...

8. Kapitel (Ebony)
Ebony war nach ihrem Treffen mit Bray sofort in ihr Zimmer gegangen. Hoch auf den Dachboden. Ebony gefiel ihr Zimmer sehr, obwohl es nur einfach eingerichtet war. Mehr als das nötigste wollte man ihr nicht kaufen und um es sich selbst zu kaufen fehlte dem Mädchen das Geld. Am liebsten mochte sie ihre Fensterbank. Sie war aus Holz und auf ihr lagen ein paar Kissen. Sie setzte sich auf ihren Lieblingsplatz (der Fensterbank) und nahm eines der Kissen in ihre Arme. Es hatte niemand bemerkt, dass sie wieder Zuhause war. Vielleicht wollte es auch niemand bemerken...Seufzend lehnte sie sich an die Wand hinter ihr und sah aus dem Fenster. Ebony fragte sich, warum sie überhaupt auf dieser Welt war. Ihr ganzes Leben fühlte sie sich überflüssig...und nun, seit sie bei Sivas und Javas Vater lebte, sagte man es ihr auch noch permanent. "Ich wünschte du wärst nicht hier. Du bist ein Kind des Unglücks", hallte es immer wieder in ihren Ohren. Bald würden ihre Mutter und ihr Stiefvater auch noch heiraten. Auf die Hochzeit würde sie sicher nicht gehen. Dort wäre sie sicher auch unerwünscht. Sie erinnerte sich an ihren 6. Geburtstag. Sie war noch so klein und freute sich. Von ihrer Mutter bekam sie kein Geschenk. Das fand Ebony zwar schade, aber ihr bedeutete so etwas sowieso nicht viel. Doch als sie ihre Mutter auf ihren Geburtstag ansprach wurde diese wütend und schrie sie an ob sie denn denke, man würde den Tag an dem sie geboren wurde auch noch feiern. Ebony war dann weinend und verwirrt in ihr Zimmer gelaufen. Damals verstand sie zwar, dass man sich nicht freute, dass sie auf der Welt war, aber die tiefen Worte ihrer Mutter verstand sie erst später. Und mit jedem Mal, wenn sie dran dachte, wurden sie schlimmer und taten mehr weh. Das Mädchen zog ihre Beine an ihren Körper und vergrub das Gesicht in dem weichen Kissen. Ein paar Tränen flossen in den Stoff. Sie wollte nicht weinen, sie wollte nicht schwach sein, sie wollte nicht traurig sein...aber sie konnte sich nicht dagegen wehren. Hier, in diesem Haus, war sie die ungewollte, böse und kleine Ebony, die nichts zu sagen hat. Umso mehr erfreute es Ebony in der Schule einen gefürchteten Ruf zu haben. Man ging ihr lieber aus dem Weg und wenn man ihr doch einmal zu nahe kam stieß sie die Leute mit bösen Worten weg. Alle...bis auf Bray. Er war so anders. Er war nicht der Typ, der auf cool tat. Er hatte Gefühle und war so zärtlich zu ihr. Sie liebte diese Zärtlichkeit, auch wenn sie sich innerlich oft dagegen wehrte. Sie wollte nichts für Bray empfinden. Sie wollte für niemanden etwas empfinden. Sie wollte niemanden trauen, denn sie wusste, irgendwann würde sie sowieso wieder enttäuscht werden. Als sich die Tränen etwas legten griff sie zu ihren Telefon und wählte Brays Nummer. Doch niemand ging ran. Traurig und auch etwas wütend warf sie ihr Kissen in eine Ecke und setzte sich auf ihr Bett. Wie sollte es nur weiter gehen?! Sie wollte so nicht mehr leben. Sie wollte HIER nicht mehr leben. Und noch weniger wollte sie, dass jemand mitbekam WIE sie hier lebte. Bray am wenigsten. Sie hoffte er würde nie erfahren was für eine Rolle sie in dieser Familie spielte. Er würde sie vielleicht auslachen und dann würde er zu Trudy gehen. Dieser verwöhnten Kuh, die nie wusste wie gut sie es hatte. Aber das sie Bray nicht bekam geschah ihr gerade recht! Sie sollte auch wissen wie es sich anfühlte nicht immer alles haben zu können. Nicht von allen geliebt zu werden. Und nun, seit sie Ebony kannte, sollte sie auch spüren was Hass bedeutete.

9.Kapitel (Bray)
Als Bray im Krankenhaus angekommen war, hatte ihn eine Schwester direkt zu dem Zimmer von seinem Vater geführt. Es musste doch etwas sehr ernstes sein, denn er lag auf den Intensivstation und hatte ein Einzelzimmer, was man normalerweise nicht so leicht bekam. Als er das Zimmer betrat, erschreckte ihn als erstes der Anblick seines Vaters. Er hatte am ganzen Körper rote, aufgeplatzte Pusteln, seine Haut wirkte irgendwie grau und fad, von seinem roten Wangen und seiner sonnengebräunten Haut war nichts mehr zu erkennen. Aber fast noch mehr als das erschreckten ihn, die ganzen Geräte an die er angeschlossen war. Es schien als könne kein Organ in seinem Körper mehr ohne Hilfe arbeiten. Dann blickte Bray zu seiner Mutter. Sie war ganz blass, fast wie eine Leiche, nur ihre Augen quollen rot aus ihrem weißen Gesicht hervor. Sie wirkte auf einmal ganz schwach und zerbrechlich und Bray hatte das Bedürfnis sie zu stützen, weil er befürchtete, dass sie sonst jeden Moment umkippen könnte. Als er die Arme um seine Mutter legte, fing sie auch gleich wieder an zu schluchzen und zu weinen. Ihr ganzer Körper zitterte und sie fühlte sich eiskalt an. Bray machte das eine unbeschreibliche Angst. Er glaubte nicht, dass er jemals zuvor in seinem Leben eine solche Angst gehabt hätte. Er setzte sich mit seiner Mutter zu seinem Vater an das Bett und sie hielten sich alle an den Händen. Sein Dad lächelte ihn aufmunternd an. "Nun macht doch nicht solche Gesichter, das wird schon wieder...", krächzte er durch die ganzen Schläuche, die in seinen Hals verliefen. Selbst jetzt, wo es ihm so schlecht gehen musste, versuchte er noch seine Familie aufzuheitern. Es schien als ginge es Brays Vater von Minute zu Minute schlechter. Immermehr Pusteln platzen an seinem Körper auf und seine Haut viel immer mehr ein. Bray hatte so etwas noch nie zu vor gesehen, jeder Horrorfilm wäre harmlos dagegen. Er wollte seinem Vater so gerne helfen, ihm die Schmerzen nehmen, aber er konnte nicht mehr tun, als neben ihm zu sitzen und ihm die Hand zu halten. Irgendwann konnte sein Vater schon gar nicht mehr sprechen und wand sich vor Schmerzen nur noch hin und her, da kam Martin zu ihnen ins Zimmer. Bray sah sofort, dass sein kleiner Bruder sich furchtbare Sorgen machte. Er wirkte ganz verzweifelt und ließ sich auf die andere Seite des Bettes neben ihren Dad sinken. "Dad? Ich bin hier. Hörst du mich?", fragte Martin verzweifelt und den Tränen nahe. Bray glaubte nicht, dass sein Vater noch die Kraft hätte, um darauf zu reagieren, aber er wandte tatsächlich sein Gesicht Martin zu und sah ihn aus seinen liebevollen Augen an. Er blickte jeden seiner Familie noch ein letzter Mal lange an, dann schloss er die Augen und die Maschine, die mit seinem Herzen verbunden war, ließ nur noch einen lang anhaltenden, durchgehenden, hohen Piepton von sich vernehmen. Ihr Vater war gestorben, aber auf seinen Lippen war ein winziges zufriedenes Lächeln zu erkennen, doch trotzdem fühlte Bray sich mehr als einfach nur furchtbar. Er konnte es nicht wirklich realisieren, aber er wusste, dass sein Vater nun nie wieder kommen würde. Sie würden nie mehr zusammen über seine Witze lachen, sie würde nie wieder zusammen für ihre Mutter an einem Sonntag kochen, sie würden nie wieder gegen einander bei Sonnenuntergang Basketball spielen bevor Mutter sie zum Essen rief und er würde nie wieder einen Rat geben können, dabei war Brays Dad ein weiser Mann gewesen, der ihn immer verstanden hatte. Bray war ganz still und starrte nur auf seinen toten Vater, während seine Mutter sich heulend und schluchzend an ihm festkrallte. Jedoch Martin war alles andere als ruhig. Er sprang auf und fing an in der Gegend rumzuschreien, während dem ihm Tränen über das Gesicht rannen. Seine Mutter stand auf und versuchte Martin zu beruhigen, aber er schien sie gar nicht wahr zu nehmen. Stattdessen fing er an sich einen Stuhl zu schnappen und ihn mit voller Wucht gegen eine Wand zu schmeißen. Nun musste auch Bray eingreifen, auch er versuchte auf ihn einzureden, aber Martin hörte ihm einfach nicht zu. Schließlich kamen Angestellte des Krankenhauses ,von dem Krach und Geschrei angelockt, in das Zimmer gestürmt. Sie baten Martin ebenfalls damit aufzuhören, weil sie ihn sonst rausschmeißen müssten, aber ein Rausschmiss war gar nicht mehr nötig, denn Martin rannte mit lautem Geschrei an ihnen vorbei. Er schien vollkommen unter Schock zu stehen und Bray wollte ihm so gerne nachlaufen, aber da brach seine Mutter zusammen. Vor lauter Tränen konnte sie sich nicht mehr alleine auf den Beinen halten. Die Ärzte kümmerten sich gleich um sie und gaben ihr Beruhigungsspritzen, sodass sie bald einschlief. Sie boten auch Bray an die Nacht über im Krankenhaus zu bleiben, aber Bray wollte Martin finden, denn er war ja jetzt ganz alleine mit seinem Kummer und Bray wollte für ihn da sein. Martin war schließlich sein kleiner Bruder. Bray lief durch die Straßen der Stadt und suchte überall nach Martin, aber er konnte ihn einfach nicht finden und wusste nicht mehr was er tun sollte. Er wollte nicht alleine Zuhause sitzen, denn dort würde ihn alles an seinen Vater erinnern und das konnte er nicht ertragen. Er fühlte sich so schwach und sehnte sich danach auch einfach wie seine Mutter schlafen zu können. Er dachte an Ebony. Wenn er mit ihr zusammen war, konnte er alles um sich vergessen, vielleicht klappte es ja auch in diesem Fall. Er war noch nie bei ihr Zuhause gewesen und hatte nicht mal ihr Haus von außen gesehen, weil sie in einem ganz anderen Stadtteil wohnte als er, aber ihre Adresse hatte er trotzdem. Er beschloss zu ihr zu gehen, auch wenn bald die Sonne aufgehen und die Schule wieder beginnen würde. Er lief durch die Straßen von Wellington, in denen er sich perfekt auskannte, da er ja hier aufgewachsen war. Irgendwann erreichte er Ebonys Haus. Die Wohngegend war etwas anders als seine. Bei ihm wohnten viele Familien mit Kindern und in den Gärten waren Sandkästen, Schaukeln oder schöne Blumen. In dieser Wohngegend waren die Gärten meistens kahl oder das Gras stand so hoch, dass man gar nicht mehr richtig durchblicken konnte. Die meisten Häuser hätten dringend einen neuen Anstrich benötigt. Aber das Ganze war Bray im Moment nicht wirklich wichtig, denn er wollte nur noch Ebonys Arme um sich spüren und ihren süßen, warmen Duft riechen, der ihm alle Sorgen nahm. Er wusste, dass es sehr früh war, trotzdem wagte er es an dem Haus, indem Ebony wohnen musste, zu klingeln. Es dauerte eine Weile, dann öffnete ihm eine dunkelhäutige Frau mittleren Alters. Es musste eindeutig Ebonys Mutter sein. "Entschuldigen sie bitte die frühe Störung, aber es ist wirklich wichtig. Ist Ebony da?", fragte er höflich, aber auch verzweifelt, denn seine Augen waren immer noch ganz rot vom Weinen und zu Recht gemacht hatte er sich auch nicht. Als die Frau den Namen ‚Ebony' hörte, verzog sie fast angewidert das Gesicht und murmelte etwas wie "Dieses elende Balk". Sie drehte sich zur Treppe und schrie laut und in freundlichem Ton hoch "EBONY". Aber nichts passierte, doch sie schien keine Lust zu haben weiter nach ihr zu schreien und wandte sich wieder an Bray. "Das oberste Zimmer und sag ihr gefälligst, dass sie ihre Freunde zu anderen Uhrzeiten bestellen kann...", fauchte sie ihn an und lief dann einfach davon. Bray fand das Verhalten zwar schon etwas seltsam, aber er führte es darauf zurück, dass er die Familie so früh aus den Betten geschmissen hatte. Zögernd und vorsichtig stieg er die Treppe bis ins Dach hoch. Er klopfte an die Tür, aber erhielt keine Antwort, also trat er leise ein. Das Zimmer war sehr klein, aber dafür hatte es ein wunderschönes Fenster mit Fensterbank unter dem eindeutig Ebony im Bett lag und schlief. Allein dieser Anblick tröstete ihn irgendwie schon. Sie sah so friedlich und hübsch aus, wenn sie einfach nur da lag und schlief. Vorsichtig setzte er sich an ihr Bett und strich ihr sanft über die Schulter. Ebony seufzte zuerst glücklich, doch dann riss sie die Augen auf und setzte sich erschrocken auf. Sie starrte Bray an als wäre er ein Geist. "Was machst du hier?", wollte sie dann gleich wissen, jedoch schien sie eher wütend darüber, dass er da war, anstatt sich zu freuen. "Ich wollte dich sehen. Ich muss mit dir...", setzte Bray an, aber Ebony fuhr ihm wütend ins Wort. "Ich hab dir doch gesagt, dass ich nicht will, dass du herkommst. Was bildest du dir eigentlich ein? Verschwinde!", fauchte sie laut und funkelte ihn böse an. Bray erschrak und verletzte ihr Verhalten. Er war zu ihr gekommen, um sich von ihr trösten zu lassen und jetzt schickte sie ihn einfach fort. "Aber was ist denn los? Ebony, meine Eltern...", versuchte er es wieder, aber sie hörte ihm nicht zu, sondern sprang wütend auf und riss die Tür wieder auf, die er erst geschlossen hatte. "RAUS! GEH!", forderte sie ihn schreiend auf. Bray verstand das einfach nicht und er wollte am liebsten auf der Stelle losheulen, aber er merkte auch, dass es keinen Sinn zu haben schien weiter mit ihr zu reden, sie ließ ihn schließlich nicht mal ausreden. Völlig fertig erhob er sich wieder von ihrem Bett und schlich an ihr vorbei aus der Tür, dabei glaubte er auch Tränen in ihren Augen gesehen zu haben, aber vielleicht wünschte er sich das auch nur. Er verließ das Haus wieder und schlich durch die Straßen. Er hatte nicht weinen wollen, aber nach diesem Rauswurf von dem Mädchen, in das er wirklich zum ersten Mal richtig verliebt war, konnte er einfach nicht anders. Er wusste nicht wo er jetzt hin sollte oder was nun werden sollte...

10. Kapitel (Trudy)
Trudy fühlte sich irgendwie mies nachdem sie Martin rausgeschmissen hatte. Doch um intensiver darüber nachzudenken hatte sie keine Zeit, denn ihre Mutter kam sofort nach oben gestürmt, höchstwahrscheinlich hatte sie das Theater mitbekommen. "Trudy? Was ist den in dich gefahren? Martin wollte dich doch nur aufheitern..." fragte ihre Mutter nachdem sie die Tür geöffnet hatte und sich neben Trudy auf dem Bett niedergelassen hatte. "Ach, nichts..." wich Trudy leicht beschämt aus und sah weg. "Erzähl mir nichts Trudy, ich weis genau das es nicht nichts war. Du hast dich noch niemals in deinem Leben so aufgeführt, nie." "Ich wollte ihn nicht sehen. Warum hast du ihn Reingelassen?" fragte Trudy statt zu antworten. "Ich dachte es würde dich freuen. Ihr habt doch so ein niedliches Paar abgegeben...und..." begann ihre Mutter, doch Trudy fuhr ihr schroff ins Wort und sprang auf. "Wir sind kein Paar! Und ein niedliches schon dreimal nicht!" "Aber ich dachte...du warst doch so oft bei ihm, und du warst danach immer so gut drauf..." stotterte ihre Mutter und versuchte Trudy mit ihrem besänftigenden Blick zu erwischen. "Ich BIN nicht glücklich! Und ich will das du ihn nie mehr wieder in mein Zimmer lässt ohne mich vorher zu fragen!" Trudy schrie schon fast als sie das sagte und ihre Augen funkelten wütend. "Aber Schatz, so war das doch nicht gemeint, ich..." setzte ihre Mutter erneut an. "Ich will nicht darüber reden Mum!" sagte Trudy, rannte dann aus ihrem Zimmer und knallte die Tür zu. Sie rannte Richtung Bad, riss die Tür auf, schlüpfte hinein und schloss ab. Nachdem sie sich von der Tür abgewandt hatte sah sie sich um, was wollte sie eigentlich hier drin? Von draußen hörte sie wie ihre Mutter gegen die Badtür hämmerte, doch das ignorierte sie absichtlich. Sie erblickte schließlich das offene Fenster, was war schon gegen ein bisschen frische Luft einzuwenden? Daran das sie Fieber hatte dachte sie nicht im geringsten, sie ging zum Fenster und sah hinaus auf den Balkon, von dem aus eine Treppe in den Garten führte. Dann stieg sie auf den Klodeckel und von dort aus schließlich auf die Fensterbank. Als sie draußen auf dem Balkon stand schloss sie das Fenster wieder, die gedämpften Rufe ihrer Mutter nahm sie nicht mehr war. Sie zog sich einen der kleinen Gartenstühle die auf dem Balkon standen an das Geländer und setzte sich darauf. Vom Balkon aus konnte man das Viertel gut überblicken und Trudy liebte den Anblick der erleuchteten Häuser bei Nacht. Sie saß eine Weile lang einfach nur da und starrte auf die vielen Lichter, bis diese schließlich vor ihren Augen zu verschwimmen begannen. Zuerst wusste sie nicht ob es Tränen waren die dies verursachten, oder es einfach nur passierte weil sie zu lange auf eine Stelle gestarrt hatte. Doch schon wenig später waren es wirklich Tränen die ihre Sicht trübten und ihre Wangen in großen Strömen hinunterliefen. Bray liebte sie nicht, er liebte eindeutig diese Ebony. Das war für Trudy wie ein Schlag ins Gesicht, es hatte ihr in jener vergangenen schrecklichen Nacht schon das Herz gebrochen, doch nun fühlte es sich an als würde eben jenes gebrochenes Herz immer tiefer gerissen. Niemand verstand sie, niemand würde sie verstehen, Ebony würde sie verspotten und Martin, der würde das Ganze ebenfalls abbekommen. Was war sie nur für ein schrecklicher Mensch? War sie es nicht wert von jemandem geliebt zu werden? Liebten ihre Eltern sie? Liebte Martin sie? Warum lebte sie überhaupt? Was hatte dieses doch für sie momentan so aussichtslose Dasein für einen Sinn? Sie merkte gar nicht wie sie sich erhob, näher ans Geländer ging und einen Fuß darauf setzte. Erst der vorsichtig riskierte Blick nach unten riss sie wieder zurück. Springen? Würde es jemanden interessieren wenn sie es tat? Würde Bray an ihrem Grab stehen und trauern? Würde es ihm leid tun? Erneut verschwamm der "Abgrund" vor ihren Augen, die sich mit immer mehr Tränen füllten. Hatte sie Angst es zu tun? Nein! Sie hatte keine Angst! Immer noch vollkommen in Trance setzte sie den zweiten Fuß auf das Geländer, dann blieb sie stehen und starrte hinunter in die Tiefe. Ihr Kopf war leer, kein einziger Gedanke ließ sich in ihm finden, kein Schmerz, keine Angst, nichts. War es nicht das was sie wollte? Sie starrte nach unten, stand da, fühlte sich nicht wie sich selbst sondern eher wie jemand der neben ihr stand. Und plötzlich begann es in ihrem Kopf unaufhörlich "Tu es! Sie werden schon sehen das sie dich doch vermissen!" zu schreien. Sie setzte ihren Fuß eine Stufe des Gitters höher und begann zu zittern, sie konnte ihren Blick nicht von der Terrasse die ziemlich weit unter ihr lag wenden. Und zu ihrer Überraschung stieg nun doch die Angst in ihr auf. Sie zuckte zusammen als ihr bewusst wurde wie tief sie fallen würde, und vor lauter Schreck rutschte sie ab, fiel und landete auf dem kalten Balkonboden. Stocksteif und geschockt lag sie da, langsam lichtete sich die Trance und sie konnte wieder klar denken. Was hatte sie da bloß tun wollen? War sie denn vollkommen verrückt? Schon allein dieser Fall hatte ihr einen zu großen Schreck versetzt als das sie sich ein erneutes aufs Geländer steigen zugetraut hätte. Was würden sie von dir denken wenn du gesprungen wärst? Schoss es ihr durch den Kopf. Du bist schwach! Nein, das bist du nicht! DU wirst nicht einfach Ebony das Ruder überlassen! Die neue Trudy die sie heute in sich entdeckt hatte würde eindeutig nicht so schnell wieder verschwinden. "Ich werde nicht aufgeben, nein, jetzt noch nicht....Freu dich auf einen Kampf Ebony!" flüsterte sie, stand auf, sah noch einmal triumphierend nach unten und kletterte dann zurück durchs Badfenster. Sie setzte sich auf den Klodeckel und war Minuten später erschöpft eingeschlafen, diese Nacht schlief sie das erste mal ruhig, ohne Gedanken und Träume an die schrecklichste Nacht ihres Lebens.

11. Kapitel ( Martin)
Martin rannte ohne nachzudenken über die Straßen. Benommenheit, Hass und ein stechendes Gefühl der Einsamkeit machten jeden Schritt zu einer Qual. Er fühlte sich so leer und verletzt, dass er am liebsten losgeheult hätte doch kaum war ihm dieser Gedanke gekommen überkam ihn eine neue Woge des Zorns. Fetzen von vergangenen Erinnerungen mit seinen Eltern tauchten immer wieder vor seinen Augen auf - ohne das er etwas dagegen tun konnte. Martin achtete nicht auf Autos oder andere Leute. Sie waren ihm egal. Sie hatten doch sowieso keine Ahnung was hier vor sich ging! Sie waren so dumm! Alle! Sie glaubten diesen Schwachsinn, dass man die Lage unter Kontrolle hätte. Aber er wusste es besser. Gar nichts war unter Kontrolle und jetzt musste auch noch sein Vater dafür bezahlen! Und Bray... wieder stieg unbändiger Hass in ihm auf und Martin hätte am liebsten geschrieen. Bray! Dieser verfluchte egoistische Mistkerl! Er hätte sich doch denken können das er bei Trudy gewesen war! Warum hatte er nicht versucht ihn zu erreichen?! Warum hatte er nicht auf ihn gewartet und war statt dessen lieber gleich mit ins Krankenhaus gefahren?! Er dachte wohl ein lausiger Zettel wäre genug um ihm mitzuteilen dass sein Vater im Krankenhaus lag! Was wenn er den Zettel nicht gesehen hätte? Dann hätte er, Martin, als letzter erfahren das seinem Vater etwas sehr schlimmes zugestoßen war. Und Bray hätte ihn dann wieder mit seinem dummen 'Unschuldsblick' angeschaut und gesagt "Ich habe dir doch einen Zettel geschrieben - warum hast du den denn übersehen?" Plötzlich tauchte ein Mann vor ihm auf. Martin schrie: "Geh mir aus dem Weg!!!" und stieß den Mann grob beiseite! Dieser viel hart zu Boden und stöhnte auf vor Schmerz, doch Martin war das egal. Er rannte noch ein paar Meter und ignorierte die empörten Rufe hinter ihm. Er blieb eine Sekunde lang stehen um sich neu zu orientieren. Hier in der Nähe war er früher oft gewesen. Nicht weit entfernt befand sich ein See. Wie oft hatte er sich gewünscht Trudy dort in die Arme zu nehmen, sie zu küssen und ihre seidigen Haare durch seine Finger gleiten zu lassen. Aber das alles kam ihm jetzt so unwirklich vor - so fern. Wieder erinnerte er sich an das durchgehende hohe Piepen der Geräte an die sein Vater angeschlossen war! Ihm schnürte sich die Kehle zu. . "Dad..." Martin kam es vor als würde er in eine endlose Kammer ohne Boden stürzen. Seine Augen brannten und er unterdrückte den Drang laut loszuschreien. Sein Körper fühlte sich so taub an. Sein geliebter Dad, oh Gott wie sehr er ihn geliebt hatte. "Dad! Oh bitte nein! NEIN!!!" seine Gedanken verloren sich in seinem Kopf und er fühlte sich hilfloser und verlassener als je zuvor. Einen Moment lang spielte er mit dem Gedanken zu Trudy zu gehen, aber auch diesen ließ er sofort wieder fallen. Trudy hatte ihn so grob weggeschickt dass es wohl keinen Sinn mehr hatte es überhaupt noch einmal zu probieren. Bray hatte ihm nicht nur Trudy weggenommen, sondern auch seinen Vater. Warum hatte es nur so weit kommen müssen?! Er konnte das nicht verstehen. Irgendetwas lief hier falsch. So war es schon immer gewesen. Bray war der liebe Junge, der zu jedem gerecht war - nur nicht zu seinem eigenen Bruder. Wie sie dort gesessen hatten; seine Mutter und Bray zu beiden Seiten seines Vaters. "Wie eine kleine glückliche Familie..." murmelte er verbittert. "Ganz so, als ob ich niemals dazu gehört hätte." Martin schlug mit der Faust gegen eine Betonwand. Einige Broken vielen hinunter auf den Boden und ein Rinnsal Blut quoll zwischen seinen Fingerknöcheln hervor. Diese Schmerzen spürte er gar nicht. Er sah berechnend auf seine Hand hinab und ging schnellen Schritts eine weniger befahrene Seitenstraße entlang - die Hände zu Fäusten geballt. Am liebsten wäre er auf die Knie gesunken und ebenfalls gestorben. Seinen Vater auf diese Art und Weise dort liegen zu sehen war grausam und grotesk. Er ging eine unsicheren Schritt rückwärts und schloss für den Bruchteil einer Sekunde die Augen. Er fühlte wie er zitterte... Eine bohrende Gewissheit überkam ihn. Nun war er allein. Die Liebe seines Lebens hatte er verloren schon bevor er es überhaupt geahnt hatte und jetzt wurde ihm auch noch sein Vater genommen. Der Schmerz fraß sich durch seinen Körper er spürte nur Ohnmacht und Einsamkeit... Alles was ihm blieb war ein Gedanke: Ich werde ihnen zeigen wie die Zukunft aussieht. Hier ist alles am Ende. Was bringen Regeln, wenn es sinnlos ist sie einzuhalten? Man kann nur lernen zu überleben - oder man geht drauf. Die Gesellschaft ist am Ende und alle die das nicht verstehen, werden das ebenfalls sein. Martin war von einer blinden Entschlossenheit erfüllt. Er dachte an das Gesicht seines Vaters, wie viel Leid er durch diese Gesellschaft hatte ertragen müssen und jetzt waren alle Prinzipien an die er geglaubt und für die er gelitten hatte dem Untergang geweiht. Für Martin stand eins fest, nie wieder würde es so etwas geben - dafür würde er sorgen. Power und Chaos war das einzige, was jetzt noch sinnvoll für alle war.

12.Kapitel (Ebony)
Ebony versuchte schon seit einer Stunde Bray am Handy zu erreichen, doch es war ausgeschaltet. Es tat ihr leid, wie sie reagiert hatte. Bray hatte traurig gewirkt. Vielleicht war etwas mit seinen Eltern. Immerhin waren sie krank gewesen... "Eltern", murmelte Ebony mit einem belustigen Lächeln auf den Lippen und setzte sich auf ihr Fensterbrett. Eltern hatte sie mal, ja. Als ihre Mutter Adah noch bei Ebonys Vater gewohnt hatte. Er war ein toller Mann. Er hatte viel Geld und behandelte Ebony wie eine Prinzessin. Obwohl Ebony noch sehr klein war konnte sie spüren, dass er seine Familie wirklich geliebt hatte. Leider auch ihre Schwestern Java und Siva. Sie waren nicht seine Kinder und Ebony hatte immer das Gefühl sie wollen ihr ihren Vater wegnehmen. Irgendwann verschwand Ebonys Mutter einfach und als sie wieder kam war sie total verändert. Sie beschimpfte Ebonys Vater, bis dieser eines Tages abhaute und niemals wiederkam. Ebony wusste damals nicht was er getan haben sollte. Er war immer nett und hatte sich um sie gekümmert. Als sie ihre Mutter einmal darauf ansprechen wollte wurde sie von ihr als Kind des Unglücks und der Gier beschimpft. Von diesen Tag an wurde Ebony gehasst. Nicht nur von ihrer Mutter, sondern auch von ihren zwei Schwestern, die nun endlich hatten was sie immer wollten - ihre Mutter. Vor kurzem zogen die vier, das heißt Adah, Siva, Java und Ebony, zu den Vater von Siva und Java. Zu dem Mann, der keinen einzigen Cent verdiente. Den ganzen Tag nur auf dem Sofa rumlag und der Ebony hasste. Er hasste sie, weil sie nicht seine Tochter war. Weil Adah ihn betrogen hatte und dadurch Ebony zustande kam. Weil Adah ihn deshalb verlassen hatte und weil Adah erst jetzt wieder seine Frau war. Mittlerweile verstand Ebony, dass sie hier von niemanden geliebt wird. Sie weinte früher oft. Fragte sich, warum sie gehasst wurde und nicht Siva oder Java. Fragte sich, wieso sie nicht in einer schönen Familie leben konnte. Doch die Zeit verging und Ebony wurde größer - und stärker. Sie hasste ihre Familie für das, was sie ihr angetan hatten. Sie hasste ihre Mutter dafür, dass sie ihren Vater vertrieben hatte und sie hasste ihr Leben, wie es war. Aber sie hatte gelernt nicht sich selbst zu hassen. Das hatte sie früher getan. Sie hasste sich selbst dafür auf dieser Welt zu sein und früher dachte sie auch, sie wäre wirklich schuld daran, dass es ihrer Mutter schlecht ginge. Aber nun weiß sie, dass das nicht so ist. Eine gute Sache hatte der Umzug gehabt und das war Bray. Jemand der sie wirklich liebt, jemand der sie nicht behandelt wie ein Stück Dreck. Jemand, den sie einfach weggeschickt hatte, als es ihm vielleicht schlecht ging. Zum ersten Mal in ihren Leben hatte Ebony ein komisches Bedürfnis in sich. Sie würde sich gerne dafür entschuldigen, was sie getan hatte, würde versuchen ihm zu erklären wieso sie es getan hat und würde sich gerne bedanken für das, was sie ist, wenn sie bei ihm ist - Frei. Aber würde Bray jetzt jemals noch mit ihr reden? Sie wollte nicht, dass Bray hier jemals herkommt. Ihr ganzer Ruf, ihr ganzes Image würde kaputt gehen, wenn Bray auch nur ein Wort in der Schule darüber verlieren würde. Er hatte sicher erwartet sie wohnt in einem schönen großen Haus. Mit netten Eltern, die sie wie eine Prinzessin behandeln...aber stattdessen fand er ein kaputtes, kleines Häuschen, ihre unfreundliche Mutter und vielleicht sah er sogar Sivas und Javas Vater auf dem Sofa rumliegen und trinken. Er würde sie vielleicht nie wieder sehen wollen. Tränen liefen über ihr Gesicht, doch sie wischte sie hastig weg und stand auf, zog sich ihre Jacke an und lief auf die Straße. Sie musste Bray finden und sich bei ihm entschuldigen. Für das, was sie getan hat, für das, was er sehen musste und für das, was sie ist. Sie wollte ihn nicht verlieren. Sie war sich zwar nicht sicher, ob sie ihn liebte, aber vielleicht auch nur, weil sie nie richtig gelernt hatte, was Liebe ist.

13.Kapitel (Bray)
Bray war ziellos durch die Straßen der Stadt geirrt, nachdem Ebony ihn rausgeschmissen hatte. Er hatte überlegt nach Hause zu gehen und auf Martin zu warten, aber irgendwie glaubte er nicht, dass Martin nach Hause gehen würde. Dann hatte er daran gedacht in die Schule zu gehen, aber wahrscheinlich hätte ihm jeder angesehen, dass etwas schreckliches passiert sein musste und er würde es nicht fertig bringen jedem zu erzählen, dass sein Vater gestorben war. Schließlich war er wieder zum Krankenhaus gegangen und hatte dort in dem Wartezimmer gewartet, bis er wieder zu seiner Mutter durfte. Als er sie sah, wusste er, dass sie sterben würde, genau wie sein Vater. Ihre Haut war genauso blass wie seine und auch sonst wirkte sie wahnsinnig schwach. Sie schien das auch zu wissen, denn in ihren Augen erkannte er die große Furcht. Als er sich neben sie setzte, strich sie ihm sanft und mit einem liebevollen Lächeln über die Wange. "Mein Großer...weißt du wie stolz deine Vater und ich auf dich immer waren?" Bray war die Situation etwas unangenehm und er lächelte beschämt. "Mum, wenn ihr auf etwas stolz sein könnt, dann auf euch. Alles was mich ausmacht, hab ich von euch gelernt..." "Wo ist Martin, Bray? Hast du ihn gefunden und mit her gebracht?" Er schüttelte entschuldigend den Kopf. "Nein, es tut mir leid. Ich habe wirklich nach ihm gesucht, aber ich konnte ihn nicht finden. Er steht sicher unter Schock und ich würde ihm so gerne helfen. Wir sollten für einander da sein und uns nicht streiten..." "Ja, aber das wird Martin auch noch erkennen. Er ist kein schlechter Mensch, sondern nur manchmal etwas schwierig. Er ist so sensibel. Aber wenn...wenn ich nicht mehr bin, dann werdet ihr zusammenhalten, Bray. Ihr werdet euch helfen, ja?!" "Mum, sag doch so was nicht. Du wirst wieder gesund werden und wir kriegen das dann zusammen wieder hin. Ich helfe dir!" Seine Mum lächelte ihn lieb an, aber Bray wusste, dass es nicht wahr war und dass sie es auch nicht glaubte. Sie nahm seine Hand und sah ihn plötzlich bittend an. "Bray, bitte bring mich nach Hause! Die Ärzte können hier nichts mehr für mich tun und ich möchte Zuhause sein, wenn Martin wieder kommt. Bitte!" Bray war erschrocken über ihren Wunsch, obwohl er natürlich nachvollziehbar war. Aber es war ein seltsames und sehr beängstigendes Gefühl zu wissen, dass nicht mal die Ärzte, die Bray immer für wahre Zauberer gehalten hatte, seiner Mutter oder den ganzen anderen kranken Menschen helfen konnten. Wahrscheinlich würden die ganzen Ärzte sowieso bald selbst erkranken, vor allem weil sie ja den meisten Kontakt mit den ganzen Kranken hatten. Bei jeder anderen Krankheit hätte er seiner Mutter ihren Wunsch verwehrt, aber hier wusste ja niemand überhaupt nur was sie wirklich hatte. Sicher war nur, dass sie die selbe Krankheit hatte, wie sein Vater und er wollte nicht auch noch sie an den ganzen Maschinen angeschlossen sehen. Sie sollte ruhig einschlafen können, ohne Schmerzen. Er nickte ihr zu und sie sah ihn mit einem erleichterten Lächeln an. Sie war so schwach. Das Krankenhaus hatte ein Taxi bestellt, das ihn und seine Mutter, die er in viele Decken gepackt hatte, nach Hause fuhr. Er hatte sie gleich in ihr Schlafzimmer gebracht und wieder ins Bett gelegt. Dann hatte er ihr Tee gekocht und eine Suppe und mit ihr gegessen, während sie sich einen ihrer Lieblingsfilme ansahen. Die ganze Zeit blickte sie dabei jedoch auf die Uhr. Auch wenn sie nichts sagte, wusste Bray, dass sie sich um Martin sorgte und sich die ganze Zeit wahrscheinlich fragte, wo er war und wie es ihm ging. Bray fragte sich das auch. Martin war oft nicht fair zu ihm und beschuldigte ihn meistens zu unrecht, aber das änderte nichts daran, dass er sein kleiner Bruder war, den Bray liebte. Er würde ihm wahrscheinlich alles verzeihen, das einzige was er wollte, war ihn zu verstehen. Zu verstehen, warum er ihn so hasste. Er hatte ihm doch wirklich nichts getan und versuchte auch immer ihm nicht im Weg zu stehen, deshalb war er ja auch nicht mehr weiter mit Trudy ausgegangen. Er hatte Trudy wirklich gerne gemocht, zwar nicht so sehr wie Ebony, aber vielleicht wäre mit der Zeit mehr aus ihnen beiden geworden. Sie war hübsch und hatte ein großes Herz für andere, das mochte er an ihr. Plötzlich klingelte es an der Tür. Seine Mutter sah hoffend zu ihm auf. Sie dachten beide das selbe: War es Martin? Schnell lief Bray zur Tür und riss sie auf, doch es stand nicht Martin davor, sondern eine Person mit der Bray jetzt wirklich gar nicht gerechnet hätte... Trudy.

14. Kapitel (Trudy)
Trudy wachte am Morgen sehr führ auf, sie stand auf und machte sich fertig. Dann ging sie wieder in ihre Zimmer um sich umzuziehen. Sie würde zur Schule gehen, denn schließlich hatte sie jetzt auch kein Fieber mehr. Sie wollte Martin und Ebony zwar nicht sehen, aber das ließ sich ja nicht für immer vermeiden und sie wollte sich ja nicht zuhause verkriechen. Also nahm sie ihre Schulsachen, ging runter zum Frühstück, nahm sich einen Apfel und aß. Ihre Mutter sah sie ungläubig an. "Trudy? Willst du heute wirklich schon wieder in die Schule gehen? Du siehst immer noch so blass aus..." "Mir geht's gut." sagte Trudy und als sie den immer noch zweifelnden Blick ihrer Mutter bemerkte fügte sie hinzu: "Ich will nichts verpassen, wir arbeiten momentan sehr schnell..." Das zog immer, zumindest bei ihrer Mutter der Bildung und Schule über alle Maßen wichtig war. Als sie gerade aufstehen wollte bemerkte sie das ihr Vater nicht wie üblich mit ihnen am Tisch saß. "Wo ist denn Daddy?" fragte sie besorgt. "Er fühlt sich nicht wohl, hat wahrscheinlich eine kleine Grippe. Aber jetzt geh schon, du kommst noch zu spät!" entgegnete ihre Mutter rasch und abweisend und schob sie Richtung Tür. Trudy wunderte sich schon sehr was auf einmal los war, dachte sich aber nichts weiter dabei. Nachdenklich machte sie sich auf den Weg in die Schule, was sollte sie sagen wenn sie Martin sah? Sollte sie ihn vielleicht einfach ignorieren? Doch die Frage erübrigte sich zu ihrer Überraschung. Denn weder Martin, noch Bray oder Ebony waren an diesem Tag in der Schule. Und so genoss Trudy den Tag, auch wenn sie irgendwie ein flaues Gefühl im Magen hatte. In der langweiligen Geschichtsstunde kam ihr dann eine Idee. Das Thema, der 2. Weltkrieg, interessierte sie nicht besonders und so kam sie auf die Idee Martin die Hausaufgaben mitzunehmen. So konnte sie das als Vorwand nutzen um Bray zu sehen. Denn eins war sicher, so schnell würde sie sich vor dieser dummen Ebony nicht geschlagen geben. Vielleicht hatte sie ja doch noch eine Chance! Besser als Ebony war sie alle mal, die war doch nur interessant weil sie neu war, das war alles. Nach der Schule ging Trudy kurz nachhause, ihre Mutter war nicht da und ihr Vater schlief. Also machte sie sich selbst etwas zu essen. Sie aß schnell und verließ das Haus dann auch schon wieder um Martin seine Hausaufgaben vorbeizubringen. Als sie schon fast vor dem Haus stand zögerte sie. Sollte sie wirklich klingeln? So wie sie Martin angefahren hatte? War da nicht mehr als eine simple Entschuldigung fällig? Und würde er sie überhaupt reinlassen? Natürlich! Martin hatte ihr bisher alles vergeben, sie wusste das sie für ihn nie etwas falsches tun konnte. Also würde ein einfaches : "Tut mir leid." reichen. Doch wie sollte sie verhindern das er immer noch glaubte mit ihr Zusammensein zu können? Das hatte sie doch nur getan um sich von Bray und Ebony abzulenken und Bray eifersüchtig zu machen. Doch da es nicht geklappt hatte sah sie darin keinen weiteren Nutzen mehr. Na ja, fürs erste würde es ja reichen zu sagen sie sei krank und wolle ihn nicht anstecken. Und für die Zukunft würde ihr schon noch etwas einfallen. Ja! Das würde schon werden und jetzt musste sie einfach losgehen und es wagen. Sie hatte nicht vor sich vor sich selbst geschlagen zu geben, nein sie würde ab jetzt kämpfen! Entschlossen lief sie weiter, direkt und selbstbewusst auf das Haus zu. Kurz vor der Tür blieb sie stehen und drückte den Klingelkopf. Es kam Trudy so vor als würde die Tür sofort geöffnet, so schnell ging es. Und dann stand nicht wie vermutete Martin davor. Sondern, Trudy konnte ihr Glück kaum fassen, Bray! Sie setzte ihr süßestes Lächeln auf und ging auf ihn zu. "Hi Bray. Ich wollte nur sehen wie es euch geht. Ihr wart nicht in der Schule." sagte sie und lächelte weiterhin zuckersüß. Bray starrte sie sprachlos an und schien irgendwie enttäuscht. Trudys Lächeln verschwand langsam. "Bray? Was ist den los?" fragte sie erneut. Bray schien sich wieder aus seinem Erstaunen zu lösen und trat nun zur Seite um sie Reinzulassen. "Du hast nicht zufällig Martin gesehen?" fragte er und sah sie skeptisch an. Warum musste er jetzt nach Martin fragen? Sie überlegte kurz. "Seit gestern Abend nicht mehr, nein...aber so wie er in Rage war..." meinte sie mürrisch und sah Bray fragend an. Warum fragte er sie nach seinem Bruder? Musste der nicht eigentlich Zuhause sein? Trudy wusste nicht wirklich was es war, aber so etwas wie Sorge keimte in ihr auf. War etwas passiert? Schnell begann sie sich in Gedanken selber zu schimpfen. Weshalb dachte sie darüber nach? Es konnte ihr doch quasi egal sein! Bray sagte wieder nichts mehr und blieb stehen. Trudy konnte sehen das seine Mutter im Wohnzimmer saß und brach die Stille indem sie ihr ein fröhliches: "Guten Abend!" zuwarf. Dann sah sie wieder zu Bray, was war denn bloß los mit ihm? Er war doch sonst nicht so stumm...

15. Kapitel (Martin)
Martin saß auf einer morschen alten Bank nahe des Sees. Sein Blick ging ins Leere und seine Hände hatte er um die Kanten der Bank geschlungen. "Power und Chaos..." dachte er und lachte. Es war ein kaltes und freudloses Lachen. Seine Augen blieben ausdruckslos. Er nahm einen Stein vom Boden auf und schleuderte ihn auf ein vorbeikommendes Auto. Als er sah wie der Wagen zum stehen kam stand er langsam auf und schlenderte in Richtung der Straße die zu seinem Haus führte. Martin hatte einen Entschluss gefasst während er dort gesessen hatte. Er würde alles tun um seine Auffassung dieser Situation zu verbreiten. Und er wusste ,dass er damit Erfolg haben würde ,denn es war das einzig Richtige in dieser Gottverlassenen Welt. "Jeder der seine Vergangenheit ablegen will um einer neuen Ordnung anzugehören, muss auch den Namen ablegen welcher sie mit ihr verbindet. Mein Name wird Zoot sein..." noch während er darüber nachdachte huschte das erste wirkliche Lächeln über sein Gesicht. Martin würde an diesem Abend noch ein letztes mal zu Hause verbringen. Es würde sowieso keiner da sein und von daher war dieser Ort perfekt um schon einmal einige Dinge vorzubereiten. Er überquerte eine Straße und ging eine weitere kleine Gasse entlang. Nun war er fast da. Doch was war das? Er hörte Stimmen in der Eingangstür - wie war das möglich? Er blieb mit dem Rücken an einem Baum stehen und versuchte einen Blick auf die Leute zu erhaschen die dort standen. Ihre Stimmen waren nicht mehr als ein Flüstern, er konnte kaum etwas verstehen. Aber er sah sie. Und was er da sah ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Trudy! Was zur Hölle machte Trudy bei ihm zu Hause? Doch ein paar Sekunden später sah er den Grund ihres Erscheinens und ihm wurde schlecht. Bray... Natürlich warum war ihm das nicht gleich aufgefallen. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte er gehofft sie würde vielleicht doch auf ihn warten. Alle Vorsicht war vergessen. Er trat hinter dem Baum hervor und rief: "Hey! Trudy! Schön dich zu sehen!" Er ging weiter auf die beiden zu - er konnte ihre entsetzten Gesichter sehen. Pah! Was für ein widerlicher kleine Versager sein Bruder doch war. Er würde mit Sicherheit draufgehen. "Warum seid ihr so geschockt mich zu sehen? Ich habe hoffentlich auch das Recht in mein eigenes Haus zu gehen wenn mir danach ist..." Er sah Bray kalt und berechnend an. "Wie ich sehe versuchst du gerade nachdem unser Vater gestorben ist wieder dein Glück bei einer Anderen. Was ist mit Ebony? War sie dir nicht kriecherisch genug? Du magst es doch wenn andere nach deine Pfeife tanzen und dich anflehen in deiner Nähe sein zu dürfen..." "Martin -" entgegnete Bray doch dieser fiel ihm grob ins Wort. "Ich bin nicht Martin sondern Zoot! Außerdem, was hat Trudy eigentlich hier verloren? Ich dachte es geht ihr nicht gut. Sie war ja immerhin auch zu krank und aufgebracht um mich zu ihr zu lassen - und jetzt steht sie hier und strahlt wie die Sonne. Frisches Make-Up, duftende Haare," er sah sie nur kurz an, aber selbst in diesem kurzen Moment spürte er wie sehr ihn ihr Anblick fesselte und ihm gleichzeitig das Herz durchbohrte. Denn sie war nicht wegen ihm hier. "Was guckst du so, Trudy?!! Habe ich dich beim neuerlichen Versuch gestört meinen Bruder ins Bett zu kriegen?!! Du bist erbärmlich-" er spürte wie ihm die Tränen kamen. Doch er würde ihr nicht die Genugtuung verschaffen und ihr zeigen wie sehr sie ihn getroffen hatte. "Verschwinde!!!" schrie er und trat einen weiteren Schritt auf sie zu. "Verschwinde und wag es dich nie wieder hier aufzutauchen!!!" Er stand nun so dicht vor ihr das er ihr gerade in die Augen sehen konnte. Ihre großen schönen Augen. Plötzlich spürte er wie er nach hinten gerissen wurde und konnte gerade noch sein Gleichgewicht halten. "Bray! Fass mich nicht an!" Er holte aus und verpasste seinem Bruder einen erneuten Schlag ins Gesicht. Dann rannte er durch die Haustür und nach oben in sein Zimmer. Hier konnte er nicht bleiben - das stand fest.

16. Kapitel (Ebony)
Ebony hatte wütende Schreie gehört, als sie so alleine die Straße entlang gelaufen war. Sie blieb kurz stehen und erkannte dann, dass diese Schreie aus Brays Haus kamen. Schnell lief sie dorthin. Sie musste zu Bray und ihm alles erklären. Sie musste ihm sagen wie sehr sie ihn brauchte und das er der Einzige in ihrem Leben war, der ihr Mut machte und sie aufbaute. Als Ebony ankam sah sie, wie Martin wütend in das Haus rannte und Bray sich den Kopf hielt. Hatte Martin ihn geschlagen? Sie wollte gerade hinlaufen und Bray in den Arm nehmen, als Trudy auftauchte. TRUDY! Top gestylt und wieder aussehend wie eine Prinzessin nahm sie Bray in die Arme. Ebony war nun bis zur Haustür gelaufen und sah Bray und Trudy starr an. "Ebony. Du kannst wieder gehen...ICH kümmere mich um Bray. Du störst uns nur!", meinte sie und strich Bray über den Kopf. Erschrocken, aber nun auch wahnsinnig wütend blickte Ebony von Trudy zu Bray. Stimmte das wirklich? Hatte Bray sie nun wirklich verlassen, weil er gesehen hatte wie sie lebt? Hatte er es Trudy erzählt? Bevor Bray reagieren konnte sah ihn Ebony enttäuscht, aber auch böse an "Und ich habe dir vertraut", meinte sie und verlies wütend das Gelände. Sie hörte, wie Bray ihren Namen rief, doch da war sie bereits in die nächste Straße abgebogen. Sie wollte nicht hören, was er zu sagen hatte. Entschuldigung, tut mir leid. Was bedeutet das? Gar nichts! Wenn er Trudy wirklich erzählt hatte, wie sie lebte und wie ungeliebt sie eigentlich war würde Trudy das ausnutzen. Sie würde versuchen sie fertig zu machen und es jedem erzählen. Und Bray würde dabei stehen und mit ansehen, wie sie langsam untergehen würde. Wie der letzte Funken Hoffnung in ihr verschwinden würde. Wütend lief Ebony immer weiter. Sie selbst wusste nicht wohin. Sie kannte sich hier kaum aus und plötzlich stand sie mitten im Wald. Sie merkte, wie die Tränen in ihr hochkamen. Die ganze Wut, die ganze Trauer sie übermannten und sie schließlich anfing zu weinen. Sie hasste sich dafür. Sie hasste Bray dafür, dass sie wegen ihn weinte und sie hasste Trudy noch viel mehr, weil sie ihr ihren Bray genommen hatte. Ihre starke Schulter, ihre Hoffnung! "Ich hasse dich, ich hasse EUCH ALLE!", schrie sie laut unter den Tränen hervor. Sie war nun wieder alleine. Wie damals, als sie ihre Muter verstoßen hatte. Langsam lies sich Ebony auf einen Stein sinken. Er war kalt, aber das war ihr egal. Kalt war sie auch. Kalt und innerlich erfroren. Sie hatte das Gefühl das letzte Stück Herz, dass sie besaß und das sie an Bray gegeben hatte würde erfrieren. Wie konnte er ihr das nur antun? Ebony hatte wirklich gedacht, dass er sie liebte. Das er sie mehr liebte als Trudy und sie hatte auch gedacht, dass sie ihn bald auch so lieben konnte. Sie hätte nur etwas Zeit gebraucht, aber mit Brays Hilfe hätte sie es geschafft. War ihm das zu viel? Hatte er gemerkt, dass sie ihn nicht liebte? Liebte sie ihn wirklich nicht? Ebony saß eine ganze Weile auf den kalten Stein und dachte nach. Wo sollte sie nun hingehen? Nach Hause wollte sie nicht und zu Bray konnte sie ja nun auch nicht. Vielleicht sollte sie einfach hier bleiben und warten, was mit ihr passierte. Aber das war ihr zu blöd. Sie wollte nicht wie Trudy sein und sich einfach hängen lassen. Nein. Ebony war stark und das wusste sie auch. Sie war schon oft alleine gewesen und wenn sie das nun wieder war, dann würde sie es wieder schaffen. Aber sie würde alleine bleiben. Nie wieder wollte sie jemanden vertrauen und sich auf ihn einlassen, wie bei Bray. Das Mädchen stand langsam auf und wischte sich die Tränen weg. "Du bist ein Weichei, Ebony", flüsterte sie sich zu, als sie die letzte Träne aus ihren Gesicht verbannte. Sie wusste nicht genau, woher sie gekommen war und deshalb lief sie einfach in eine Richtung. Irgendwann kam sie müde und erschöpft wieder in ihrer Straße an. Trotzdem wollte sie nicht nach Hause gehen. Noch immer etwas traurig lief sie die Straße hinab. Immer in der Nähe von Brays Haus. Warum wusste Ebony nicht. Sie hasste ihn für das, was er getan hatte, aber trotzdem wollte sie in seiner Nähe sein, auch wenn sie ihn nicht sehen wollte.

17.Kapitel (Bray)
Bray hatte das Gefühl gleich zusammen zubrechen, nicht durch Martins Schlag, sondern weil alles um ihn zusammenbrach und er nicht wusste, wie er das aushalten sollte. Er wollte sich um seine Mutter kümmern. Auch wenn er es nicht wahr haben wollte, wusste er, dass sie bald genauso wie sein Vater sterben würde, und ihren letzten Tage, vielleicht auch nur Stunden, sollten schön sein und nicht so voller Stress und Sorgen, aber daran schien sonst niemand zu denken. Martin hatte nichts besseres zu tun, als ihm ständig ohne Grunde an allem die Schuld zu geben und jetzt hatte ihn auch noch Ebony mit Trudy gesehen und mal wieder alles falsch verstanden. Aber er konnte ihr jetzt nicht nachlaufen und darum betteln, dass sie ihm zuhörte, denn das Wichtigste im Moment war seine Mutter und er würde alles dafür tun, dass es wenigstens für sie so aussah, als ob alles okay wäre. Etwas unsanft schob er Trudy von sich weg, die ihm wahrscheinlich nur hatte helfen wollen. "Danke Trudy, aber ich muss mich jetzt um meine Mutter kümmern. Ich denke es ist am besten, wenn du nach Hause gehst. Martin hat jetzt nämlich auch etwas anderes zu tun.", versuchte er ihr freundlich zu erklären, doch als er merkte, dass sie nicht vor hatte zu gehen, sondern ihm wiedersprechen wollte, ging er einfach ins Haus zurück und schloss die Tür praktisch vor ihrer Nase. Aus dem Wohnzimmer hörte er seine Mutter rufen, sie wollte wissen was los sei und klang sehr besorgt. Daran war Martin Schuld mit seinem kindischen Theater, aber damit war jetzt Schluss. Bray hatte lang genug seine Spielchen mitgemacht und versucht Verständnis und Geduld zu haben. Nun würde Martin einmal machen, was Bray wollte. Er atmete noch mal tief durch, dann ging er zielstrebig die Treppen zu Martins Zimmer rauf und öffnete einfach die Zimmertür, ohne anzuklopfen, was er sonst im Gegensatz zu Martin nie gemacht hätte. Martin fuhr gleich wütend rum und wollte ihn wieder anschreien, aber dazuließ es Bray gar nicht erst kommen. "Es reicht mir jetzt! Im Wohnzimmer liegt unsere Mutter und sie wird genauso sterben wie Dad und deshalb wirst du jetzt mit runter kommen und wenigstens so tun, als würdest du dich um sie sorgen.", sagte er in lautem und energischen Ton. Ein Tonfall der deutlich machte, dass er keine Wiederrede duldete. "Du kannst ohne mich ihr Theater vorspielen. Du bist der bessere Schauspieler als ich Bray...", zischelte ihm Martin jedoch entgegen und rührte sich nicht von der Stelle. "Du willst nicht?! Ich kann auch anders, zur Not schleif ich dich an den Ohren runter und du weißt genau, dass ich das hinkriegen würde.", sagte Bray drohend und baute sich vor Martin auf. Es war nicht zu übersehen, wer körperlich der Stärkere von den beiden war, aber trotzdem rührte sich Martin nicht. "Du bist lächerlich. Hoffentlich kratzt du auch am Virus ab...", entgegnete ihm Martin nur lachend. Bray reichte es nun wirklich und er packte einfach Martins Arm und zog ihn hinter sich her. Das ließ Martin sich natürlich nicht gefallen und holte aus, aber Bray ließ ihn nicht los und nahm ihm in den Klammergriff. Martin traf ihn einige Male ihm Gesicht, aber trotzdem schaffte Bray es ihn ins Wohnzimmer zu schleifen, vor ihre Mutter. Als Martin dann ihre kranke Mutter sah, hörte er schlagartig auf sich zu wehren, sondern ließ schuldbewusst den Kopf hängen. Ihre Mutter hatte sich aufgesetzt und starrte sie fassungslos an. "Was soll das? Was macht ihr da? Ihr prügelt euch, wo euer Vater erst gestorben ist?!" "Es tut mir leid, Mum. Aber wir werden uns jetzt um dich kümmern. Möchtest du etwas trinken?", fragte Bray und lenkte vom Thema ab. Aber seine Mutter ging darauf nicht ein. "Kommt setzt euch zu mir!", bat sie stattdessen und beide ihrer Söhne gehorchten. Sie strich beiden über die Wange und gab beiden einen Kuss auf die Stirn. "Ihr dürft euch jetzt nicht mehr streiten, sondern ihr solltet zusammen halten. Ihr seid eine Familie und eurer Dad und ich sind wahnsinnig stolz auf euch..." Martin sah zu Boden. "...auf euch BEIDE.", lächelte ihn seine Mutter jedoch dann lieb an, woraufhin Martin ihr mit tränennassen Augen ins Gesicht sah. Bray wusste, dass er richtig gehandelt hatte. Martin war schwierig, aber er liebte seine Eltern, genauso sehr wie er. Sie kümmerten sich nun beide um ihre Mutter, versorgten sie mit Tee und Suppe oder lachten mit ihr über ihre Lieblingssendungen. Martin missachtete dabei Bray vollkommen, aber das war ihm egal, Hauptsache sie waren bei ihrer Mutter und es ging ihr gut.

18.Kapitel (Trudy)
Das Martin plötzlich aufgetaucht war und sie so angeschrieen hatte, hatte Trudy stark gewundert. Sie war richtig geschockt gewesen, so sehr, das sie zum ersten Mal in ihrem Leben sprachlos gewesen war. Was war denn auf einmal mit ihm los? Er hatte ihr bisher doch immer alles verziehen. Und jetzt schien er sie durchschaut zu haben, na toll, jetzt würde er nicht mal mehr nützlich sein! Das störte Trudy schon sehr, warum hatte dieser Idiot gerade jetzt auf den Trichter kommen müssen? Hatte er damit nicht warten können bis sie geschafft hatte, was sie zu schaffen gedachte? Und dann musste er sie auch noch vor Bray anschreien? Was war bloß in ihn gefahren? Sie hatte sich so verdammt erschreckt als er ihr plötzlich so nah gewesen und ihr in die Augen gesehen hatte. Sie hatte darin blanken Hass und Wut lesen können, noch nie zuvor hatte sie Martin so wütend erlebt. Er hatte immer so eine Art Ruhe und etwas Unsicherheit ausgestrahlt, doch jetzt war davon nicht mehr viel zu sehen. Das sie ihm das Herz gebrochen hatte, daran dachte sie überhaupt nicht, es war ihr nicht bewusst. Sie wollte schon wegsehen, konnte Martin nicht in die Augen sehen, sie schämte sich zu sehr, auch wenn sie das nicht zugeben wollte, als Bray ihn von ihr wegzog. Martin in seiner Wut musste Bray natürlich eine verpassen, nach einem Moment des weiteren Schocks witterte sie ihre Chance. Bray war zurück gezuckt und drohte zu stürzen. Sie legte ihm schnell den Arm um die Schulter und fing ihn damit ab. Nachdem Martin wütend abgerauscht war, wollte sie gerade etwas sagen als nun auch noch Ebony angestürmt kam. Sie sah triumphierend zu Ebony hinunter, nun war sie am Drücker, zumindest musste das für Ebony so aussehen. Sie überlegte nicht lange was sie sagen sollte, sondern sagte einfach das gemeinste was ihr einfiel und berührte gleichzeitig vorsichtig Brays Kopf, wo Martins Faust ihn getroffen hatte. Wie sie gedacht hatte wurde nun auch Ebony wütend, sie rannte weg. Trudy wähnte sich schon am Ziel, als Bray sich plötzlich losriss und Ebony hinterher schrie. Warum war er bloß so widerspenstig? Als das nichts brachte und Bray sich wieder umdrehte um ihr nett verpackt zu sagen das sie gehen sollte, hatte sie schon eine Erwiderung bereit, doch bevor sich etwas sagen konnte, war die Tür auch schon vor ihrer Nase wieder zu. Für einen kurzen Moment blieb sie trotzig und beleidigt stehen, doch schnell sah sie ein, das es nichts bringen würde. Sie war mal wieder so knapp vor ihrem Ziel gewesen und hatte es doch wieder nicht erreicht. Aber ihren Stolz würden die Anderen sicher nicht auch noch mit heruntereisen, nein! Sie machte auf der Stelle kehrt und lief erhoben Hauptes die Straße entlang, bis sie zu ihrem Haus abbiegen musste. Es hatte sich doch irgendwo gelohnt, schon alleine die Genugtuung Ebonys enttäuschtes Gesicht gesehen zu haben, munterte sie wieder auf und zauberte ein zufriedenes Grinsen auf ihr Gesicht. Es würde wohl länger dauern, als sie gedacht hatte, aber sie würde ihr Ziel schon noch erreichen, mit oder ohne Martin! Sie würde bekommen was sie wollte, wie sie es immer bekommen hatte, da war sie sich sicher. Bray und sie gehörten zusammen und was sollte ein dahergelaufenes Mädchen wie Ebony, die sowieso irgendwie komisch war, da schon ausrichten können? Für die nächste Zeite hatte sie sie zumindest schon mal aus der Bahn geworfen und sie würde schon noch etwas an ihr finden, das Bray abschrecken würde. Diese Ebony war komisch, und es gab bestimmt irgendetwas das sie verbarg. Sie war ja praktisch aus dem Nichts aufgetaucht. Und selbst Trudys Mutter, die sonst immer alles wusste, hatte nicht auch nur eine geringe Ahnung wo sie herkam oder zu wem sie denn nun eigentlich gehörte. Da gab es doch bestimmt irgendetwas was Ebony dazu veranlasste sich so abzuschotten! Trudy war die Straße, mehr oder weniger in Gedanken und ohne Acht lang gelaufen, bis sie jetzt plötzlich von etwas angerempelt wurde und sich kurz darauf unsanft auf dem Boden wieder fand. Wutentbrannt sah sie auf, und blickte in das Gesicht eines Mädchens, das Ebony zu ihrer Verwunderung verdammt ähnlich sah. Hatte sie jetzt schon Wahnvorstellungen? Sie schüttelte den Kopf und rappelte sich wieder auf. "Kannst du nicht aufpassen, verdammt?" fuhr sie das Mädchen in Rage an. Die sah sie erst mal etwas konfus an, doch auch sie schien wütend zu werden. "Pass doch du auf wo du deine Füße hinsetzt, Püppchen! Ist nicht jeder teuer versichert, so das er sich in Träumereien verlieren kann, wenn er über die Straße geht!" zischte sie zurück. Sie erinnerte Trudy nur zu gut an Ebony, auch sie liebte es, Leute die sie nicht mochte mit seltsamen Spitznamen anzureden. "Ich würde wirklich aufpassen was zu sagst, sonst...!" gab Trudy, hochnäsig zurück, wurde aber von dem Mädchen, das sie angerempelt hatte, unterbrochen. "Was? Lass mich raten? Sonst holst du Daddy? Was machst du wenn er mal nicht mehr da ist?" entgegnete die ungerührt. "Du dumme Ziege..." murmelte Trudy und sah sie zornig an, am liebsten wäre sie auf sie losgegangen, doch das traute sie sich nicht. Sie hob die Tasche, die sie bei dem Sturz verloren hatte, auf und lief davon. Sie wusste genau, das sie nicht wirklich auf dieses Mädchen wütend gewesen war, sondern auf Ebony. Doch wegen der verblüffenden Ähnlichkeit hatte sich ihr Ärger auf dem Mädchen abgeladen. Zuhause war alles komisch, Trudy musste aufschließen und keiner war zu sehen. Das war noch nie vorgekommen! Es war alles so ruhig und dunkel und das, obwohl ihre Mutter schon längst hätte zurück sein müssen. Vorsichtig schlich Trudy die Treppe nach oben um zu sehen, ob ihr Vater wach war. Sie öffnete die Tür, doch was sie vorfand ließ sie erstarren. Ungläubig riss sie den Mund zu einem Schrei auf. Ihre Mutter war neben dem Bett ihres schlafenden Vaters zusammengebrochen und lag wie tot auf dem Boden. In Panik rannte sie zu ihr hin, wusste nicht was sie tun sollte. Noch nie war sie vollkommen alleine auf sich gestellt gewesen, selten hatte sie eine Situation erlebt, der sie nicht Herr gewesen war, oder zu der ihr zumindest jemand gesagt hatte, was sie tun sollte. Sie riss fast das Telefon aus der Steckdose und tippte nervös die Nummer des Notrufs. Als sich die freundliche Stimme einer Frau meldete, quatschte sie sofort los, ohne das man sie hätte unterbrechen können. Erst nach einigen Minuten schaffte es die Notrufmitarbeiterin sie zu unterbrechen. Die Frau verlangte das sie den Puls ihrer Mutter prüfte, zu dumm, daran hatte sie nicht einmal gedacht. Ihr stieg die Röte ins Gesicht und sie griff zaghaft nach dem leblosen Arm ihrer Mutter. Für einen Moment stockte ihr der Atem, sie spürte nichts. Nichts! Nein! Bitte nicht! Schoss es ihr durch den Kopf. Die Schrecksekunde war schnell vorbei, denn das sanfte Pochen, das sie nun spürte machte ihr klar das ihrem Mutter lebte, noch...

19.Kapitel (Martin)
Als Bray in einfach in Martins Zimmer gestürmt war, hätte er ihm am liebsten gleich noch eine verpasst, aber Bray erstaunte ihn irgendwie dann doch. Die ganze Zeit hatte er keinerlei Reaktion von sich gegeben und ihm dadurch deutlich gezeigt, wie egal er ihm war, aber nun schrie er ihn an und drohte ihm, es war als ob er endlich sein wahres Gesicht zeigen würde. Er tat einen auf Mamis Liebling, weil er genau wusste, dass sie ihn hörte, das hatte Martin durchschaut und dann hatte er ihn auch noch demütigen müssen, wie immer, indem er ihm zeigte, wer der Stärkere war. Er hatte Bray dafür schon immer gehasst. Seine ganze Stärke war irgendwie verloren, als ihm klar wurde, dass er gegen Bray nicht ankam, egal wie sehr er sich wehrte. Doch als er seine Mutter sah, vergaß er seinen Hass auf Bray. Sie sah so schwach aus und er hätte es nicht übers Herz gebracht, sie jetzt alleine zu lassen, wo sie ihre zittrigen Hände nach ihm ausstreckte. Sie war immer stolzer auf Bray gewesen, dass wusste er, aber es änderte nichts daran, dass sie seine Mutter war und er sie liebte. Sie war oft für ihn da gewesen, wenn es ihm schlecht gegangen war. Dann hatte sie ihn in den Arm genommen, ihm über den Kopf gestrichen und irgendwie hatte sich dann alles gleich nur noch halb so schlimm angefühlt. Aber irgendwann hatte es aufgehört und ein bisschen über den Kopf streichen, hatte er nicht mehr geholfen. Sie hatte ihn einfach nicht mehr verstanden, genauso wenig wie sein Vater oder sonst irgendwer, obwohl sie sich wirklich Mühe gegeben hatte. Er würde bei ihr bleiben bis zum Ende, danach würde es den schwachen Martin, der sich von Bruder demütigen lassen musste, nicht mehr geben, dann wäre er Zoot. Der Anführer der neuen Weltordnung: Power und Chaos! Alle würden zu ihm aufsehen und ihn sogar fürchten, auch Bray, vor allem Bray. Aber nun hielt er erst mal die Hand seiner Mutter und sah mit ihr irgendwelche Sendungen an, die an ihm vorbeiglitten, ohne dass er sie wirklich wahr nahm. Seine Mutter redete nicht viel, aber immer wenn er zu ihr hinsah, lächelte sie ihn an. Es war das gütigste Lächeln, dass er kannte, nicht mal Trudy war je dagegen angekommen. Wenn er erst mal Zoot war, würde auch Trudy darum betteln zu ihm zurückkommen zu dürfen. Sie würde erkennen, dass sie sich für den falschen Bruder entschieden hatte, für ein Weichei, einen Loser. Vielleicht würde er es ihr erlauben, aber nicht einfach so, erst musste sie ihm beweisen, dass es ihr wirklich leid tat. Wenn er daran dachte musste auch er lächeln, doch es schien bereits ein anderes Lächeln zu sein, denn seine Mutter erwischte ihn ein paar mal dabei und sah ihn dann ganz verwirrt an, aber lächelte auch schnelle wieder. Vielleicht merkte sie, dass er sich verändert hatte. Irgendwann in der Nacht schlief Martin schließlich an dem Sofa bei seiner Mutter ein. Als er wieder wach wurde, war es bereits morgen und die Sonne schien durch die großen Wohnzimmerfenster. Es war ein schöner Tag mit blauem Himmel und keiner Wolke am Himmel, die Vögel zwitscherten. Er streckte sich erst mal und blickte dann zu Bray, er schlief noch. Bray war schon immer ein Langschläfer gewesen, eben ein echter Langweiler. Er stand auf um seiner Mutter Frühstück zu machen, doch ihr Gesichtsausdruck hielt ihn fest. Sie sah so friedlich aus und auf ihrem Gesicht ruhte ein Lächeln. Martin beschloss sie zu wecken, damit sie auch die Vögel hören und den klaren Himmel sehen konnte, vielleicht war es der letzte Morgen, denn sie überlegte. Ganz leicht rüttelte er sie an ihrer Schulter, aber sie rührte sich nicht und Martin fiel auf, dass sie sich ziemlich kühl anfühlte. Er rüttelte wieder an ihr, dieses mal etwas fester, aber nichts geschah. Panik stieg schlagartig in ihm auf. Immer fester rüttelte er an ihr und fing an zu schreien "Wach auf! Wach auf!", aber sie hörte nicht. Er hatte gewusst, dass sie sterben würde, er hatte es sogar abgewartet, aber er hatte es nicht gewollt. Bray war von seinem Geschrei auch aufgewacht und versuchte ihn von der Mutter wegzuziehen. Martin stieß ihn von sich und rannte einfach gerade wegs aus dem Haus. Nun war es soweit. Martin war gestorben mit seiner Mutter, nun gab es nur noch Zoot und Power und Chaos. Kaum, dass er das Haus verlassen hatte, reckte er seine Hände in den Himmel und schrie aus voller Kehle "POWER UND CHAOS!" Es kam einfach so über ihn und befreite ihn etwas von dem Schmerz, der in ihm gefangen war. Nun konnte ihn keiner mehr aufhalten. Er würde in die Schule gehen und allen seine Botschaft verkünden. Niemand hatte ihm mehr was zu sagen. Er war Zoot!

20. Kapitel (Ebony)
Ebony saß nun alleine auf einem Stein am Waldrand. Wo genau sie war wusste sie nicht. Vielleicht hatte sie sich ja verlaufen. Aber wie konnte man sich verlaufen, wenn man keinen Platz hatte, wo man hingehört? Den hatte sie wirklich nicht. Also wie konnte sie sich dann verlaufen? Das Mädchen sah auf, als ein weinendes Kind an ihr vorbei lief. Sie hatte eine große Damenjacke an und hatte sich darin fest eingewickelt. Ebony verstand sofort was los war. Zur Zeit war das ja auch nichts neues. Die Eltern des Kindes waren wohl an dem Virus gestorben. Einen kurzen Moment dachte Ebony an ihre Eltern. Sie hatten in letzter Zeit auch öfters Schnupfen gehabt und bekanntlich war das ja der Anfang. Aber Ebony machte sich keine Sorgen. Sie war sich sicher ihre Eltern waren zäh. Vor allem ihre Mutter. Ihren Vater hatte sie ja schon lange nicht mehr gesehen. Ob es ihm wohl gut ginge? Was er wohl mache? Nach kurzer Zeit überkam Ebony ein Eckel. Wie konnte sie nur an ihre Eltern denken! Wie konnte sie nur an ihre Mutter denken? An die Person, die sie alleine gelassen hatte? An die Person, die ihren Vater vertrieben hatte. Sie dachte wieder an Bray. Seine Eltern waren wohl immer nett zu ihm gewesen. Zumindest sprach er oft und nettes über seine Eltern. Nie schimpfte er über sie. Sie mussten wunderbar sein. Wieso konnte sie nicht solche Eltern haben? Wieso hatte sie so ein Pech? Wie schlimm es wohl für ihn ist, dass seine Eltern vielleicht sterben werden. Vielleicht sind sie ja schon tot...Aber das wird sie wohl nie erfahren, denn er hatte sich für Trudy entschieden und Ebony würde Trudy sicher nicht den Gefallen machen und noch einmal bei Bray auftauchen, wenn sie da ist, damit sie sie wieder so triumphierend und hinterhältig angrinsen kann. Für Ebony war Trudy eine egozentrische und verwöhnte Kuh, die immer alles bekam, was sie nur wollte. Und deshalb kam sie auch nicht damit klar, dass sie Bray nicht haben konnte. Also hatte sie alles getan um ihn zu bekommen und nun hatte sie ihn. Hätte sie Bray nur früher gesagt, wie wichtig er ihr ist. Hätte sie es ÜBERHAUPT einmal gesagt. Nein...sie konnte es nicht. Sie hasste es ihre Gefühle auszusprechen, aber sie hätte es doch so gut wie möglich zeigen können! Hatte sie alles gegeben?? Wieso war er dann jetzt bei Trudy! Und wo sollte sie jetzt hin? Als es langsam dunkel wurde sah sich das Mädchen um. Sie könnte hier bleiben. Am Waldrand und unter einem Baum schlafen. Es sah nicht so aus, als würde es regnen, aber mit der Zeit wurde es immer kühler. Eine Jacke hatte Ebony nicht dabei und so verschenkte sie ihre Arme vor der Brust und stand auf. Sie lief langsam unter einen großen Baum und lies sich dort nieder. Ihren Kopf legte sie auf einen Stein. Nicht sehr bequem und auch total ekelig, aber sie war ja nicht die verwöhnte Trudy und daher konnte sie das aushalten. Durch die ganze Aufregung schlief Ebony auch relativ schnell ein. Jedoch schlief sie nicht gut und träumte dauernd von Bray. Sie sah ihn, wie er seine Hand nach ihr ausstreckte. Wie er weinte und wie er ganz alleine war. Trudy war nicht da. Trudy stand neben dem Geschehen und lachte. Sie sah nicht so aus, als würde sie Bray helfen und für ihn da sein. Es sah so aus, als würde sie nur Spaß daran haben Ebony leiden zu sehen. Ebony, die Bray nicht erreichen konnte, da sie wie gefesselt dastand. Auch sagen konnte sie nichts. Sie weinte nur und wünschte sich, bei Bray sein zu können. Ebony schreckte hoch. Sie stieß sich ihren Kopf an den Baumstamm und wusste sofort, wo sie war. Auch ihren Traum hatte sie nicht vergessen. Wie konnte sie auch. Ihr Gesicht war tränenüberströmt und Ebony wischte sie sich schnell weg. Was war das nur für ein blöder Traum! Und warum heulte sie schon wieder! Verdammt!! Es war schon etwas heller und Ebony konnte sie Sonne aufgehen sehn. Sie saß stumm unter dem Baum und dachte an ihren Traum. Bray war ganz alleine gewesen. Trudy hatte ihm nicht geholfen. Aber im wirklichen Leben war das ja anders, das hatte Ebony ja gesehen. Aber trotzdem konnte sie den Traum nicht vergessen. Bray brauchte sie....Bray war ganz alleine...zumindest in ihrem Traum. Langsam stand Ebony auf und strich sich über die Stirn. Super..sie hatte eine Platzwunde. Wie blöd kann ein Mensch nur sein und wie viel Pech kann ein Mensch nur in einem Leben haben? Völlig fertig und überhaupt nicht in dem Gefühl geschlafen zu haben beschloss Ebony erst einmal ‚nach Hause' zu gehen. Dort angekommen war alles ruhig. "Mom? Siva? Java??", schrie sie durch das Haus, doch es war leer. Sie waren gegangen, das war klar. Die Koffer waren weg und das Auto auch. Sie waren vielleicht vor dem Virus geflüchtet und hatten Ebony alleine zurück gelassen. "Ich hasse sie! ICH HASSE EUCH!", schrie sie laut durch das Haus und lief ins Badezimmer. Ihre Schminke war vom Weinen verschmiert und an ihrer Wunde am Kopf war das Blut angetrocknet. Aber sie hatte jetzt keine Zeit und keine Lust sich schick zu machen. Sie wollte zu Bray. Egal, was sie gesehen hatte es musste nichts bedeuten. Aber sie hatte geträumt, dass er alleine war und sie brauchte. Sie lief zu Brays Haus. Ihr Kopf tat schrecklich weh, aber das war ihr egal. Sie klingelte und hoffte Trudy wäre nicht da. Sie wollte nicht mehr alleine sein...sie wollte zu Bray und ihn unterstützen...

21.Kapitel(Bray)
Brays Leben war nur noch ein einziger Albtraum. Er hatte keine Ahnung, wie er damit fertig werden sollte. Wie konnte sein Leben sich nur in so wenigen Stunden so radikal verändern?! Er hatte in zwei Tagen beide Eltern verloren, seine Freundin und nun wohl auch seinen Bruder. Was blieb ihm da noch?! Am liebsten hätte er sich einfach nur auf den Boden gelegt, geschrieen aus voller Kehle und geweint, wie ein kleines Kind, aber das konnte er nicht. Irgendetwas in ihm verbat es ihm sich so gehen zu lassen, obwohl er jeden Grund gehabt hätte. Nachdem Martin aus dem Haus gestürmt war, war er allein bei ihrer toten Mutter zurückgeblieben. Er hatte sie angesehen und sie sah wirklich friedlich aus. Vielleicht war sie jetzt an einem besseren Ort, an einem Ort, an dem nicht so viel Chaos, Wut, Trauer und Zerstörung herrschte, wie hier. Für ihn war schnell klar gewesen, dass er sie beerdigen würde und danach würde er das Haus verlassen, denn alleine konnte er nicht in dem Haus bleiben, das ihn daran erinnerte, was er alles verloren hatte. Aber er hätte sie niemals einfach so in dem Haus liegen lassen. Sie verdiente eine Beerdigung und auf ihrem Grab sollten weiße Rosen liegen, denn das waren ihre Lieblingsblumen. Er war in den Garten gegangen und hatte angefangen unter der schönen großen Eiche ein Grab auszuheben. Vor der Eiche stand eine Holzbank und er konnte sich noch gut daran erinnern, wie seine Eltern dort oft Abends mit einem Glas Wein gesessen hatten und sich leise unterhalten und gelacht hatten. Er hatte sie manchmal aus seinem Zimmer etwas beobachtet oder leise ihre Stimmen durchs Fenster gehört, während er in seinem Bett gelegen hatte, kurz vorm Einschlafen. Es hatte ihn immer beruhigt und er wusste, dass die Welt ihren normalen Lauf nahm. Aber das war jetzt alles vorbei, denn sie würden dort nie wieder sitzen können und er würde auch nie wieder ihre Stimmen hören können. Während er das Grab aushob, stiegen ihm Tränen in die Augen und er konnte nicht verhindern, dass sie ihm über die Wangen liefen, doch plötzlich hörte er wie es an der Tür klingelte. Zuerst wollte er einfach nicht öffnen, weil er niemanden sehen wollte, aber dann klingelte es noch mal und Bray kam der Gedanke, dass es vielleicht Martin sein könnte, der nun doch zu Vernunft gekommen war. Er glaubte nicht daran, aber er wünschte es sich, denn zu zweit könnten sie gemeinsam besser über den Tod ihrer Eltern hinwegkommen. Er legte die Schaufel weg, lief ins Haus und öffnete die Tür. Als er sah wer vor der Tür stand, machte sein Herz, trotz der Trauer einen kleinen Sprung. Es war Ebony. Das letzte Mal als er sie gesehen hatte, hatte sie ihm vorgeworfen, dass er was mit Trudy hätte und davor hatte sie ihn aus ihrem Zimmer geschmissen. Es war nachdem sein Vater gestorben war und er bei ihr Trost gesucht hatte. Aber sie war so wütend über sein Auftauchen gewesen, dass er ihr nicht mal von dem Tod seines Vaters hatte erzählen können. Und nun stand sie wieder vor seiner Haustür, mit verweinten Augen, einer kleinen Platzwunde am Kopf, dreckigen Klamotten und blickte ihn traurig, aber irgendwie auch hoffend an. Bray wusste nicht, was er sagen sollte, er sah sie einfach nur an mit der Hoffnung Worte zu finden, aber Ebony war es, die zuerst das Wort ergriff. "Du hast geweint", meinte sie fast verwirrt. Bray wusste, dass er ihr jetzt sagen sollte, warum, aber es war längst nichts Neues mehr, dass viele Erwachsene an irgendeinem unbekannten Virus starben. Ebony hatte auch davon gehört, vielleicht ging es ihren Eltern mittlerweile sogar schon ähnlich. Sie konnte es sich also denken und brauchte keine Erklärung. "Du auch...", entgegnete er deshalb nur leise. Ebony wandte nun den Blick von ihm ab und sah zur Seite, so als wolle sie ihr tränennasses Gesicht verstecken, aber dafür war es zu spät. Als sie ihn wiederansah, lag Eifersucht und Wut in ihren Augen. "Ist sie hier? Tröstet sie dich?" "Von wem sprichst du? Hier ist niemand!", antwortete er ihr verwirrt. Er wusste nicht was das schon wieder sollte und wovon oder von wem sie überhaupt sprach. "Tue doch nicht so! Du weißt genau wen ich meine. Trudy! Sie hat mir doch deutlich zu verstehen gegeben, dass du mich nicht mehr brauchst!!", fauchte Ebony nun sauer. Bray stöhnte genervt auf und legte sich die Hand an die Stirn. Das konnte doch nicht wahr sein. Da schaute Trudy einmal hier vorbei, um Martin zu besuchen und Ebony glaubte gleich er hätte was mit ihr, dabei hatte sie ihm ja nicht mal die Möglichkeit gegeben sich zu erklären. Sie glaubte einfach, was sie glauben wollte und machte ihm dann einen Vorwurf daraus. "Sie ist nicht hier. Außerdem kann ich immer noch alleine entscheiden, wen ich brauche und wen nicht...", sagte Bray energisch. Es ärgerte ihn wirklich, dass sie hier her kam um ihm so was vorzuwerfen, aber in sich drin spürte er auch immer noch das Verlangen von Ebony in den Arm genommen zu werden um seine Trauer etwas lindern zu können. Es war das selbe Gefühl, dass er schon nach dem Tod seines Vater in sich hatte. Eigentlich wollte er ihre Hände in seine nehmen, ihr übers Haar streichen und sagen wie froh er war, dass sie da war und dass sie nicht wieder weggehen sollte, weil er nur sie wollte und nicht Trudy oder sonst irgendein Mädchen, aber das konnte er nicht, wenn sie ihn so wütend ansah. "...DICH hätte ich gebrauch, Ebony und nicht Trudy...", fügte er dennoch leise hinzu und sah sie vorsichtig an. Ebony schluckte bei seinen Worten und schien es nun nicht mehr zu wagen ihm noch mehr vorzuwerfen. Vielleicht glaubte sie ihm sogar, dass konnte er nicht einschätzen, aber er sah förmlich wie die Wut aus ihren Augen verschwand. Ihre Augen musterten traurig sein Gesicht und schielten in das stille Haus, das sonst immer so voller Leben gewesen war. Ihr Blick wandte zu seiner vom Erdboden schmutzigen Kleidung und seinen Händen. Dann sah sie ihm wieder in die tränenfeuchten Augen. "Sie sind tot, oder?" Bray wusste gleich, dass sie seine Eltern meinte und nickte stumm mit hängendem Kopf. Die Tränen stiegen wieder in seine Augen und seine Knie fühlten sich furchtbar weich an, sodass er das Gefühl hatte gleich zusammen zu brechen. Aber dann geschah etwas, womit er wirklich in diesem Moment nicht gerechnet hätte, auch wenn er es sich gewünscht hatte. Ebony umarmte ihn. Sie legte erst ihre Hand auf seine Schulter und schließlich ihre Arme um seinen Hals und strich ihm durchs Haar. Bray sah sie fast überrascht an und sah in ihren Augen nicht das übliche Feuer, sondern Wärme und Geborgenheit. Es schien ihm fast so als leide sie mit ihm über den Verlust seiner Eltern. Auch wenn seine Welt drohte ihm Chaos zu versinken, fühlte er sich gerade in Ebonys Armen in Sicherheit und weit weg von dem ganzen Schmerz.

22. Kapitel (Trudy)
Trudy saß am Bett ihrer Mutter, neben ihr lag ihr Vater. Sie sahen beide so verdammt blass und schlecht aus. Trudy hatte ununterbrochen geweint, bis schließlich keine Tränen mehr übrig gewesen waren. Was passierte hier? Warum konnte es nicht kontrolliert werden? Warum geriet alles außer Kontrolle? Es war das erste Mal das ihre doch so perfekte Welt in Chaos versank und plötzlich wurde ihr klar, das es so etwas wie eine perfekte Welt nie gegeben hatte und nie geben würde. Sie wollte deshalb nur noch mehr Weinen, aber es waren keine Tränen dafür mehr übrig. Sie sah vom Boden auf, musterte ihre Mutter, die immer noch bewusstlos war und sah dann zu ihrem Vater, der wieder eingeschlafen war. Man hatte sie erst zu ihnen gelassen als auch er wieder geschlafen hatte, sie durften sich nicht aufregen. Ihr Vater hatte dafür gesorgt das seine Frau die beste Behandlung bekam die sie bekommen konnte, nachdem er von Trudys Geschrei geweckt worden war, und der Arzt hatte beschlossen auch ihn hier zu behalten. Sie lagen nun beide so friedlich da, doch der keuchende Atem ihrer Mutter zerstörte die Illusion einer normalen Situation. Außerdem war sie an Geräte angeschlossen, das machte Trudy Angst. Es war ihr noch nicht wirklich bewusst was hier vorging, aber sie wusste das es etwas schreckliches sein musste. Um sich abzulenken schaltete sie den Fernseher, der eigentlich die Bezeichnung nicht mal verdient hatte weil er so klein war, ein und zappte durch das Programm. Alles was sie fand waren Nachrichten, ernst dreinblickende Nachrichtensprecher in seriöser Kleidung, die über etwas sprachen, was nicht bis zu ihr durchdrang. Sie hörte nur Wortfetzen, obwohl im Raum eine Totenstille war. "Rätselhafter Virus.....Regierung verspricht in Griff.....Weitere Tote....Unkontrollierbar....keine Aufregung..." Trudy sah schnell wieder weg und schaltete den Fernseher aus. "Trudy..." krächzte eine heisere Stimme hinter ihr, sie wand sich um und sah wie ihr Vater versuchte sich aufzurichten. Schnell wischte sie sich übers Gesicht und lief zu ihm. "Daddy...Was passiert da? Was ist los?" fragte sie mit weinerlicher Stimme, ganz wie ein kleines Kind. Und so fühlte sie sich auch wenn sie ehrlich war. "Mein Schatz, mach dir keine Sorgen..." setzte er an, wurde jedoch von einem Husten unterbrochen. "Dir passiert nichts...ich hab mit Greg gesprochen. Dir kann gar nichts passieren." Trudy konnte sich in diesem Moment nicht mal mehr daran erinnern wer Greg war, und es war ihr auch egal. Sie wollte einfach wieder das alles gut wurde, das ihre Eltern mit nach hause kamen und alles normal weiter lief. "Aber ihr? Was ist mit euch? Ich will das ihr wieder nachhause kommt!" protestierte sie und griff nach der Hand ihres Vaters. "Trudy meine Kleine, deine Mutter und ich, wir...wir haben nicht mehr lange zu leben. Aber du, du hast noch dein ganzes Leben vor dir! Du darfst nicht hier bleiben, die Stadt wird gefährlich, geh, geh mit deinen Freunden so schnell wie möglich." Jetzt wollte Trudy eigentlich einfach nur noch schreien, warum sagte ihr Vater so was? Was nahm sich das Leben heraus ihr einfach so in den Plan zu pfuschen? "Ihr dürft nicht sterben! Ich brauche euch doch!" schrie sie nun, wie egoistisch das war interessierte sie nicht. "Aber Trudy, wir können das nicht ändern." Versuchte ihr Vater sie zu beruhigen und zog sie runter zu sich. "Nein, nein, nein! Das darf nicht wahr sein!" wütete Trudy stattdessen weiter und riss sich los. Konnte es denn die Möglichkeit sein das dieses Mal all ihr Geld und ihr Ansehen nichts bringen würde? Es gab doch Ärzte, es gab sehr gute Ärzte, die mussten doch ihre Eltern wieder hinbekommen können! "Pass auf dich auf mein Kind. Du kannst das.." "Nein! Das kann ich nicht! Ihr dürft nicht gehen, ihr dürft einfach nicht!" Eine schwache Stimme aus dem Hintergrund mischte sich nun ein. "Schätzchen, wir haben dich lieb. Wir wollen nicht gehen, aber es ist zu spät..." ihre Mutter war offenbar aufgewacht. Es schien sie große Kraft zu kosten zu sprechen und sich aufzurichten, außerdem hatte sie Tränen in den Augen. "Ich hab euch doch auch lieb!!" schluchzte Trudy und wischte sich die Träne, die ihr jetzt doch die Wange herunterlief weg. Die Tür öffnete sich und ein Arzt trat ein, er lächelte Trudy mitleidig zu und schien sich darüber zu freuen das ihre Mutter wach war. "Ich muss sie bitten den Raum zu verlassen, damit ich mit ihren Eltern sprechen kann..." Trudy starrte ihn an, wie konnte er es wagen ihr zu sagen was sie zu tun hatte? Sie wollte hier bleiben! "Bitte, Miss...." Trudy warf ihm einen vernichtenden Blick zu und ging nach draußen. Im Flur setzte sie sich auf eine dieser Bänke die sie doch so grässlich fand. Alles hier war so steril und weiß, sie hasste weis, warum wusste sie auch nicht. Die Atmosphäre war schrecklich, so depressiv. Aus dem Nebenzimmer kam ein Mädchen, das wohl ungefähr ihr Alter hatte. Sie schluchzte heftigst und zitterte stark, Trudy würdigte sie nicht eines Blickes, wie in Trance lief sie den Gang runter und lief sich dann auf eine Treppenstufe fallen, auf der sie zusammengesunken sitzen blieb. Trudy sah weg, sie ertrug es nicht. Doch eine Frage drängte sich nun immer mehr in ihren Kopf. Würde sie in eine paar Tagen auch hier sitzen und weinen? Wie lange würden ihre Eltern durchhalten? Was passierte hier überhaupt? Der Arzt kam wieder aus dem Zimmer und schloss die Tür. Er sah Trudy an und in seinem Gesicht konnte sie lesen das er keine guten Nachrichten brachte. "Haben sie irgendwelche Verwandte zu denen sie gehen können? Oder Freunde?" fragte er und musterte sie. Trudy schüttelte trotzig den Kopf, sie wollte nicht weg. "Es sieht nicht gut um ihre Eltern aus...." setzte er an, doch Trudy unterbrach ihn barsch. "Es ist mir egal wie es um sie aussieht! Sie sind doch Arzt, wozu werden sie bezahlt? Kriegen sie sie wieder hin!!!" Erschrocken schüttelte er den Kopf. "Tut mir leid, das ist in diesem Stadium unmöglich." sagte er resigniert und streckte seine Hand aus, um sie auf Trudys Schulter zu legen. Trudy schlug sie weg. In ihrem Kopf hallte immer das eine Wort wieder, wie bei einem hängen gebliebenen Kassettenrekorder: Unmöglich, unmöglich, unmöglich, unmöglich.... Nie war irgendwas in ihrem Leben unmöglich gewesen! Alles ging immer irgendwie. Sie bekam immer was sie wollte! Das war eine Gesetzmäßigkeit, genauso wie das tägliche aufgehen der Sonne! Das konnte man nicht einfach abschaffen! Sie bemerkte gar nicht wirklich wie sie begann auf den Arzt einzuschlagen und zu schreien, lauter als sie jemals geschrieen hatte. Sie erkannte sich nicht mehr. Wer war das der da schrie? Er sollte aufhören, es war furchtbar! Es schien von ganz weit her zu kommen, nicht aus ihrem Mund. Sie schlug immer weiter, wie im Wahn, sie spürte nicht wie ihr Arm fest gepackt wurde und man versuchte sie wegzuziehen. Sie schlug wie wild um sich, lauschte dem Schrei der sich so fremd anhörte , aber so nahe war und bekam nichts mehr wirklich mit. Ihr Kopf war leer, bis auf ein einziges Wort: UNMÖGLICH .

23. Kapitel (Martin)
Martin saß nun im Unterricht, das er noch total verschlafen aussah und seine Kleidung zerknittert war, berührte ihn nicht im geringsten, auch das alle ihn komisch ansahen, weil er eine Sonnenbrille trug störte ihn nicht. Es würde sich keiner trauen ihn deshalb aufzuziehen, nein jetzt nicht mehr! Damit hatte es sich gehabt, niemand würde mehr über ihn herziehen! Er würde nicht mehr länger der Softy sein, für den ihn alle hielten. Er würde schon Leute finden die sich ihm anschlossen und dann würde er mit ihnen Angst und Schrecken ganz im Sinn von Power und Chaos verbreiten. Er musste nur einen geeigneten Augenblick für die Mitteilung abpassen! Er war schon den ganzen Morgen auf der Suche danach gewesen, was zur Folge gehabt hatte, das er zu allen pampig gewesen war, die ihn auch nur angesehen hatten, auch zu einigen seiner früheren Freunde, doch das alles zählte nicht mehr. Zoot musste sich erstmal Freunde suchen, Martins Freunde waren nichts weiter als Weicheier, mit denen sich Zoot nicht abgeben würde. Trudy war nicht einmal in der Schule, doch auch das ließ Martin heute kalt. Den Stoff, den die Lehrerin ihnen nahe bringen wollte, langweilte ihn, doch er musste warten, um den perfekten Moment für seine Botschaft abzupassen. Alles sollte perfekt sein, so das es keiner jemals wieder vergessen würde! Man würde in ihm nicht länger nur den kleinen Bruder des tollen Brays sehen, nein, er würde von jetzt an viel bekannter sein. Die Lehrerin riss ihn aus seine Gedanken. "Martin? Träumen wir mal wieder? Würdest du mir nicht vielleicht meine Frage beantworten?" sagte sie in einem nicht gerade freundlichen Tonfall und sah ihn sauer an, es kam in letzter Zeit einfach viel zu oft vor das er abwesend war. Doch statt zu antworten sprang er nur auf, dies war der Moment auf den er gewartet hatte. "Ich bin nicht Martin, ich bin Zoot!!" schrie er, so laut er konnte und begann damit auf den Tisch zu klettern. "Power und Chaos!!! Power und Chaos!!! Das ist alles was zählt!! Schließt euch mir an! Nie wieder Unterdrückung und Lernen! Power und Chaos!!" rief er mit schriller Stimme und schlug seine Arme in der Luft zusammen, als er nun mit beiden Füßen auf dem Tisch stand, der gefährlich knackte und unter ihm zusammen zu brechen drohte. Die Lehrerin starrte ihn ängstlich und entgeistert an und trat vorsichtig einen Schritt zurück. "Ma...Martin...Bitte, komm jetzt da runter!" meinte sie mit leiser Stimme, eine Andere brachte sie scheinbar nicht zustande. Er kam ihrem Befehl nach, sprang vom Tisch, auf sie zu und packte sie am Kopf, den er zu sich zog. "Ich sag's dir nur noch einmal, ich bin ZOOT!! Und du hast mir gar nichts mehr zu sagen." Blass vor Angst, zitternd und unter Martins Griff röchelnd versuchte sich die Lehrerin zu befreien. Seine Mitschüler saßen stocksteif und mit vor Schreck geweiteten Augen auf ihren Plätzen, bis auf einen. Der stand nun auf und applaudierte heftigst. Den Augenblick von Martins Verwunderung nutzte eins der Mädchen um nach draußen zu rennen. Martin wollte die Lehrerin erst loslassen und ihr hinterher rennen, doch im letzen Moment besann er sich eines besseren, die Hand hatte er jedoch schon gelockert, so das die Lehrerin wieder richtig Luft bekam. Er würde dem Mädchen nicht hinterher rennen wie ein Hündchen, das war erniedrigend, sollte sie doch vor ihm weglaufen, es würde nur die Angst schüren und allen zeigen was er jetzt war. Der Junge kam auf ihm zu und Martin erkannte das es Jaffa war, er war ihm noch nie wirklich aufgefallen, denn Jaffa war ein Streber und Freak und mit ihm hatte Martin nicht allzu viel am Hut gehabt, aber jetzt, jetzt schien Jaffa überaus geeignet dafür, sein erster Anhänger zu werden. Während Martin ihn noch anschaute, reckte nun Jaffa die Arme in die Höhe und brüllte aus voller Kehle "Power und Chaos!" Eines der merkwürdigen "Zoot-Lächeln" huschte über Martins Gesicht und er stieß die Lehrerin von sich. Die landete hustend auf dem Boden vor ihrem Pult, wo sie sich nun mit der Hand an den Hals griff ,nicht fähig irgendetwas zu unternehmen. Von den Anderen in ihrer Klasse rührte sich immer noch keiner, die Mädchen saßen ängstlich auf ihren Stühlen und wandten ausnahmslos den Blick ab um ihn ja nicht anzusehen. Die Jungen reagierten unterschiedlich, manche verunsichert, andere ängstlich, manche aber auch mit einem kleinen unsicheren Grinsen. Martin würde sie schon noch bekommen, er hatte noch Zeit, es würden sich Anhänger finden. Auf einmal flog die Tür in hohem Bogen auf, der Direktor und zwei Sicherheitsleute traten ein, gefolgt von dem Mädchen, das weggelaufen war. Einer der Sicherheitsleute stürmte auf ihn zu und packte ihn unsanft an der Schulter, zog ihn vom Pult weg. Der Andere rannte auf die Lehrerin zu, half ihr auf und begann auf sie einzureden, sie brach einfach nur in Tränen aus und schüttelte apathisch den Kopf. Der Direktor stand mit zwei großen Sätzen bei ihm, Jaffa und dem Sicherheitsmann. "Was fällt dir ein Martin? Bist du verrückt geworden?! Du wirst diese Schule nie wieder betreten und mit einer Anzeige kannst du auch rechnen!!" schrie er ihn an, so stark und nahe an Martins Gesicht, das er ein paar Tropfen Spucke abbekam. Martin versuchte sich von dem Mann, der ihn immer noch fest hielt, zu befreien und schrie nun ebenfalls. "Ich bin nicht mehr Martin! Und du hast mich gefälligst in Ruhe zu lassen! Du wirst eh bald verrecken! Wie alle Erwachsenen!" Jaffa trat an seine Seite, der Direktor sah ihn mitleidig und wütend zugleich an. "Bringen sie ihn raus und sorgen sie dafür, das er das Gelände nie wieder betritt." sagte er steif zu seinem Angestellten , ignorierte Jaffa und ging hinüber zur Lehrerin. Martin wurde zur Tür gezogen und unsanft herausbefördert. Den ganzen Weg über hörte er nicht auf zu schreien. "Power und Chaos! Power und Chaos!" Immer und Immer wieder, der Klang dieser Worte war einfach wundervoll und alle sollten das erkennen. Jaffa folgte ihnen nicht, aber das war gut so, er würde zu Martins Mittelsmann werden, außerdem würde er schon Wege finden um ihn erneut zu kontaktieren. Als er nun so an der Grenze des Schulgeländes stand und lächelnd darüber blickte kam ihm eine Idee, vor einigen Wochen hatten Bray und seine Freunde eine Party auf einem alten Fabrikgelände geschmissen, das war nahezu perfekt! Er würde nicht nachhause zurückkehren, nein, er würde dorthin ziehen, Essen würde er sich schon beschaffen. Und so machte er sich auf den Weg zu seinem Ziel, von nun an würde alles anders werden. Zoot würde seinen Weg gehen! Und alle Welt würde vor ihm erzittern wenn es erst einmal so weit war. Seine Zeit würde kommen, bald, er spürte es einfach. Bald würde es auch um die restlichen Erwachsenen geschehen sein! Dann würden Martins Tränen vergessen sein, Zoot würde nie wieder auch nur eine Träne an jemanden verschwenden, jetzt da alle Menschen gestorben waren, die ihm jemals etwas bedeutet hatten, Bray und Trudy zählten nicht mehr dazu, sie waren wie alle anderen, unwissende Idioten. Aber auch ihre Zeit würde kommen und dann würden sie vor ihm niederknien und betteln...

24.Kapitel(Ebony)
Ebony wusste nicht, warum sie Bray umarmt hatte. Einerseits wollte sie es nicht, da sie immer noch wütend auf ihn war aber er sah so hilflos und traurig aus als sie ihn gefragt hatte, ob seine Eltern tot waren. Ebony wusste wie es war, wenn man seine Eltern verlor. Nun ja, eigentlich wusste sie nur, wie es war, wenn man ein Elternteil verlor und zwar von damals, als ihr Vater weggegangen war. Er war zwar nicht gestorben, aber für Ebony war es fast so, da sie ihn nie wieder gesehen hatte und das Gefühl, dass sie damals und manchmal auch noch heute empfand war wirklich schrecklich. Da Bray aber beide seiner Eltern verloren hatte musste er sich mehr als schrecklich fühlen.
Sie hörte wie Bray leise weinte und es zeriss ihr das Herz das zu hören. Sie hatte Bray noch nie weinen gehört und sie hatte auch immer gedacht, dass er zu stolz war zu weinen. In ihren Augen war Bray immer ein harter, stolzer Junge gewesen, der alles durchhielt. Aber es war ja nur normal zu weinen und auch mal Schwäche zu zeigen, oder? Für sie vielleicht nicht, aber für andere bestimmt. Es waren ja nicht alle Menschen wie sie. Und nicht alle Menschen hatten das durchgemacht, was sie durchgemacht hatte. Also warum kam sie nur auf die Idee das Bray nie weinen würde?
"Ebony?", hörte sie Bray plötzlich sagen und schreckte aus ihren Gedanken hoch.
"Ja?"
"Danke, dass du für mich da bist.", Bray lächelte schwach und Ebony streichelte ihm leicht über den Kopf.
"Gern geschehen.", erwiderte sie und lächelte ihn an.