1. Legende: Die Legende von den Regentschaften
Wie kamen die Tiere zu der Ehre?
Die Zwölf hat immer schon und bei allen Völkern und Kulturen spezielle Bedeutung besessen, es ist also nicht verwunderlich, dass es zwölf Tierzeichen gibt. Bemerkenswerter ist, dass die Tiere in einer Rangreihenfolge stehen und dabei der in der chinesischen Mythologie so hoch angesehene Drache nur den fünften Platz einnimmt, wohingegen die Ratte auf Platz Eins steht.
Es ranken sich eine Reihe von Legenden um die Entstehung der Tierzeichen und die "Bestellung" der entsprechenden Regenten.
*** Die verbreitetste geht davon aus, dass Buddha dereinst den Neujahrstag im Kreise von Tieren verbringen wollte und alle zu einem Fest einlud. Doch nur zwölf kamen.
Als erstes wäre eigentlich der Büffel eingetroffen, doch die Ratte war auf seinem Rücken mitgeritten, im letzten Augenblick abgesprungen und somit die Siegerin im Rennen zu Buddha geworden.
Buddha belohnte die zwölf Tiere, die ihm ihre Treue bewiesen hatten, damit, dass er jedem von ihnen die Regentschaft für ein Jahr übertrug - in der Reihenfolge ihres Eintreffens:
Ratte - Büffel - Tiger - Hase - Drache - Schlange -
Pferd - Ziege - Affe - Hahn - Hund - Schwein
*** Eine andere Legende spricht von einem Wettschwimmen, das Buddha veranstalten liess und auch dabei gewann die Ratte, die sich bis knapp vor dem Ziel vom Büffel hatte tragen lassen.
*** In der nächsten Erzählung geht es darum, dass der Jade König Unterhaltung und Gesellschaft suchte und deshalb eine repräsentative Auswahl von Tieren einlud. Auch hierbei fällt der Ratte die Hauptrolle zu:
Eigentlich war sie beauftragt gewesen, eine Einladung an die Katze weiterzureichen, was sie jedoch aus verständlichen Gründen unterliess.
Die Diener, erschreckt darüber, dass nur elf statt der befohlenen zwölf Tiere anwesend waren, machten sich sofort auf den Weg, um Ersatz zu suchen und begegneten als erstes einem Mann mit einem Schwein.
Beim darauffolgenden Fest beeindruckte die Ratte - auf dem Rücken des Büffels sitzend - den Herrscher mit ihrem Flötenspiel so sehr, dass er ihr den ersten Rang unter den Zwölf zuwies (und dem Büffel den zweiten). Der besondere Mut hingegen brachte dem Tiger lediglich Rang drei und auch hier fiel dem Drachen keine besondere Rolle zu.
2. Legende: Die japanische Geistergeschichte von Okiku
Geistergeschichten sind ein beliebtes Thema auf japanischen Farbholzschnitten. Die Geistergeschichte von Okiku, einem ünglücklichen Dienstmädchen, ist eine der bekanntesten in Japan. Sie wurde als Kabuki Theaterstück und in unzählige Bucherzählungen umgesetzt.
Bancho Sarayashiki
In dem Kabuki Theaterschauspiel Bancho Sarayashiki ist Okiku ein Dienstmädchen im Herrenhaus des Samurai Tessan Aoyama. Der Samurai möchte das niedliche Mädchen gerne verführen. Aber sie weist seine Annäherungsversuche zurück. Aoyama benutzt einen Trick. Er versteckt einen von 10 wertvollen holländischen Tellern und droht Okiku, dass er sie öffentlich des Diebstahls bezichtigen wird wenn sie ihm nicht zu Willen ist. In ihrer Verzweiflung ertränkt sich Okiku in einem Brunnen.
Okikus Geist steigt jede Nacht aus dem Brunnen hervor, zählt langsam bis 9 und bricht dann in ein Herz zerbrechendes Schluchzen und Heulen aus. Der Bösewicht verfällt unter dem Eindruck der nächtlichen Erscheinungen dem Wahnsinn.
Verschiedene Versionen der Geistergeschichte von Okiku
Für die Geistergeschichte von Okiku gibt es eine Reihe unterschiedlicher Versionen. Gemeinsam ist ihnen nur die Beschreibung der nächtlichen Erscheinung des Geistes von Okiku, der aus dem Brunnen aufsteigt, bis 9 zählt und dann in ein fürchterliches Schluchzen ausbricht.
In einer der unterschiedlichen Versionen zerbricht Okiku tatsächlich einen Teller und wird dafür von ihrem Herrn im Zorn ermordet. Ihre Leiche wird in den Brunnen geworfen.
In einer nochmals anderen Version, zerbricht die Frau des Samurai Aoyama den Teller. Um ihre Schuld zu verdecken, schmeisst sie die Scherben in den Brunnen und beschuldigt Okiku des Diebstahls. Auch in dieser Version wird sie von ihrer Herrschaft ermordet und in den Brunnen geworfen.
Auch für das Ende der Geschichte gibt es eine Variante. Um das nächtliche Schluchzen zu stoppen, wird ein Freund der Familie von Aoyamas Frau angeheuert. Dieser versteckt sich des Nachts in der Nähe des Brunnens. Nachdem Okiku aus dem Brunnen aufgestiegen ist und bis 9 gezählt hat, tritt er hervor und ruft laut "zehn". Von da an war der Geist nie mehr gesehen.
Eine der Touristenattraktionen auf der Burg Himeji ist der Okiku Brunnen. In der Himeji Version war Aoyama ein Verwalter, der gegen seinen Herrn einen Umsturzversuch im Schilde führte. Okiku, das Dienstmädchen, bekam die Umsturzpläne zufällig mit und berichtete sie ihrem Liebhaber, einem loyalen Krieger. Der Umsturzversuch wurde damit abgewendet. Als Aoyama rauskriegt, dass er das Scheitern Okiku zu verdanken hat, beschliesst er sie zu töten. Unter der Anschuldigung einen von 10 wertvollen Tellern gestohlen zu haben, lässt er sie zu Tode foltern und anschliessend in den Brunnen werfen. Der Rest ist dann wieder wie gehabt.
Okikus Brunen auf der Himeji Burg steht sozusagen im Wettbewerb mit einer anderen Brunnenstelle - und zwar im Garten der kanadischen Botschaft in Tokyo, die auf Land errichtet worden war, das von der Aoyama Familie erworben worden war. Schaut so aus als gäbe es wenigstens genauso viele Okiku Brunnen wie unterschiedliche Versionen ihrer Geschichte.
Alle Variationen der Geistergeschicht haben gemeinsam, dass ein armes Mädchen aus einer unteren Klasse extrem ungerecht und grausam behandelt wurde. Aber im Gegensatz zu der Geistergeschichte von Yotsuya ist Rache nicht das grosse Leitmotiv.
Shinkei Sanju-roku Kai Sen - 36 Neue Geister
Unter den Ukiyo-e Künstlern, die Geisterthemen bearbeiteten, muss Yoshitoshi Tsukioka (1839-1892) an vorderster Stelle genannt werden. Yoshitoshi glaubte fest an die Existenz von Geistern und war überzeugt, selbst übernatürliche Erscheinungen erlebt zu haben.
Der Farbholzschnitt Der Geist von Okiku am Teller Herrenhaus war Teil der Serie Shinkei Sanju-roku Kai Sen. Zusammen mit den Einhundert Ansichten des Mondes war es Yoshitoshis letzte Serie vor seinem Tod. Die Serie wurde von 1889 bis 1892 verlegt. Im englischen Sprachraum findet man die Serie unter unterschiedlichen Bezeichnungen wie New Selection of 36 Apparitions oder Thirty-six New Ghosts.
Gegen Ende seines Lebens wurden die Themen von Yoshtoshis Grafiken vorwiegend aus der japanischen Geschichte und Kultur genommen. Es war ein Aufruf des Künstlers an seine Landsleute bei ihren westlichem Modernisierungsstreben nicht ihre eigenen traditionallen Werte zu vergessen und aufzugeben.
3. Legende: Die 108 Helden des Suikoden
Die Geschichte der 108 Helden des Suikoden geht auf einen alten chinesischen Roman über 108 ehrenwerte Banditen zurück - eine Art von Robin Hood Story auf chinesisch. Zu Beginn des 19. jahrhunderts wurde sie in Japan sehr populär. Und sie avanzierte zu einem beliebten Thema japanischer Farbholzschnitte.
Shuihu Zhuan und die 108 Geächteten
Der ursprüngliche Roman wurde in China im 14. Jahrhundert geschrieben und trug den Titel Shuihu Zhuan (japanisch: Suikoden). Erzählt wird die Geschichte von 108 Rebellen-Banditen unter der Führung des tapferen Song Jiang. Die ehrenhaften Banditen kämpfen gegen Unrecht und Willkür korrupter Herrscher und für die Rechte des Volkes.
Die Banditen lebten in den Sümpfen nahe des Berges Liangshan. Die englische Version wurde deshalb unter dem Titel The Water Margin verlegt und bekannt.
Die Rebellen folgen ihrem eigenen Gruppen-Kodex. Kameradschaft und Loyalität stehen in der Werteskala ganz weit oben. Der Roman ist in einzelne Kapitel unterteilt und erzählt die Geschichte in der Art populärer TV Serien. Wenn es am spannendsten wird, dann endet das Kapitel und man wird auf das nächste verwiesen.
Die Suikoden Räuber kämpfen für Gerechtigkeit. Aber die Art wie sie ihre Ziele verfolgen, lässt einen modernen Filmhelden wie Rambo eher wie einen guterzogenen Jurastudenten wirken. Ein Suikoden Held enthauptet erst sein Gegenüber mit dem Schwert und stellt dann die Fragen - nicht umgekehrt.
Die Geschichte von Shuihu Zhuan hat zwei verschiedene Versionen mit sehr unterschiedlichem Ausgang. Bei bekannten chinesischen oder japanischen Geschichten, die auf Volkserzählungen beruhen, trifft man das häufig. Die Geistergeschichte von Okiku ist ein gutes Beispiel.
In einer Version werden die Banditen und ihr Boss Teil der kaiserlichen Streitkräfte und jagen jetzt im Namen von Recht und Ordnung ihrerseits Räuber und Banditen. Eine andere Version endet mit dem Tod der Bandenmitglieder und ihres Führers. Die verschiedenen Versionen sind vermutlich das Ergebnis der Zensur durch die Obrigkeit.
Man kann davon ausgehen, dass die Geschichte auf reale historische Begebenheiten um das Jahr 1120 zurück geht.