Das Gelände der Lützow- Kaserne und das Gelände des jetzigen Standortübungsplatzes Handorf- Ost sind im wesentlichen Deckungsgleich mit dem Gelände des ehemaligen Flugplatzes und Fliegerhorstes Münster- Handorf.
Die Geschichte des Platzes begann im Jahre 1934. Nachdem erkannt wurde, das der bisherige Verkehrsflughafen Münster- Loddenheide für den sich entwickelnden Luftverkehr zu klein wurde, begab man sich auf die Suche nach einem Ausweichgelände. Dieses wurde weit vor den Toren der Stadt Münster bei dem Ort Handorf gefunden. Die Entscheidung zum Bau des Platzes fiel im November 1934. Im Jahre 1935 wurde nach der Gründung einer Flughafen- GmbH Münster- Handorf mit dem Bau begonnen, der - nach einem Richtfest im September 1936 - am 1.4.1937 abgeschlossen war. Bereits am 04.04.1937 wurde die Fluglinie Münster - Berlin eröffnet. Im Zuge des Flughafen- Baus wurde am südöstlichen Rand des Platzes (dem Ort Telgte zugewandt) der "zivile" Teil des Platzes mit Abfertigungsgebäude, Restaurant, Flughafenverwaltung und Flugzeughalle errichtet. Der militärische Teil des Platzes - der Fliegerhorst - entstand an der gegenüberliegenden nordwestlichen Seite.
Die Abbildung zeigt die Situation im Jahre 1938.
Die Fertigstellung des Fliegerhorstes und Belegung mit einem ersten Aufklärer- Verband, ausgerüstet mit He45/46 erfolgte im Jahre 1938. Das Jahr 1939 sah die Aufstellung des JG 27, ausgerüstet mit BF 109. Die Aufstellung erfolgte am 1.10.1039. Der Verband blieb bis Januar 1940 am Platz. Am 11.02.1940 verlegt die I./KG 27 "Boelke" nach Münster. Die Gruppe kam von süddeutschen Plätzen. Sie blieb bis Ende Mai 1940 um dann der weiter vorrückenden Front im Westen zu folgen. Ab August 1940 wurde der Platz durch verschiedene Verbände mit Bombern vom Typ He 111 genutzt. Hierbei sind insbesondere Teile des KG 54 "Totenkopf" und Teile des KG 1 "Hindenburg" zu nennen. Die IV./KG 1 wurde am 16.8.1940 aufgestellt und blieb bis 16.6.1942. Die II. und III. Gruppe nutzten den Platz von Dezember 1940 bis März 1941 bzw. Oktober 1940 bis Januar 1941. Von Handorf aus erfolgten Einsätze gegen die Niederlande und England.
Gleich nach Kriegsbeginn wurde auch der Platz Handorf zügig ausgebaut und u. a. mit befestigten Startbahnen versehen. Irgendwann in den Jahren 1941 oder 1942 erfolgte der Abbruch der erst vor wenigen Jahren entstandenen Gebäude des zivilen Teils. Der nachfolgende Ausschnitt aus einer Originalkarte vom März 1942 zeigt diese Gebäude nicht mehr.
Nach erfolgtem Ausbau wurde im August 1943 die III./KG 3 mit Ju 88 in Handorf stationiert. Dieser Verband blieb dem Platz bis November 1944 erhalten, auch wenn sich seine Bezeichnung und Aufgaben änderten. Im Februar 1944 wurde die III./KG 3 in die I./NJG 7 umgegliedert. Ab Oktober 1944 lautete die Bezeichnung dann IV./NJG 2. Ende 1943 wurden Teile der II./KG 2 mit Ju188 nach Münster- Handorf verlegt. Von dort beteiligten sie sich Anfang 1944 an einer Luftoffensive gegen England (Operation Steinbock). Im September 1944 verlegte auch die I./NJG 1 mit He 219. Ab Herbst 1944 wurde es dann "eng" auf dem Fliegerhorst. So beschwert sich der Staffelkapitän der 9./KG 76 am 5.12.1944 schriftlich darüber, daß sich die I./NJG 1 bei der Verteilung der Plätze auf dem Fliegerhorst unangemessen "breit" mache und zudem kein Vertreter der I./NJG 1 an einer Besprechung zur Neuverteilung der Kapazitäten auf dem Platz erschienen sei. Grund für die räumliche Enge des Platzes ist die Verlegung von verschiedenen Verbänden nach Handorf. Es beginnt im September 1944 mit dem KG 53, ausgerüstet mit He111, von den nicht mehr haltbaren Plätzen Gilze-Rijen und Venlo. In Handorf erfolgte die Neuaufstellung der I./KG 53 mit He 111 H-22, die eine V1 tragen konnte. Von Oktober bis November 1944 gab die IV./NJG 2 ein kurzes Gastspiel bis im November/Dezember 1944 die III./KG 76 mit AR 234 aus Burg bei Magdeburg verlegte. Der Einsatz der III./KG 76 ist insofern bemerkenswert, als daß Maschinen der 9./KG 76 am 24.12.1944 von Handorf aus den ersten Jet- Jabo- Angriff der Geschichte flogen. Das Ziel des Angriffes war Lüttich. Ein kurzes Gastspiel gab vom November 1944 bis zum 6.2.1945 das "Sonderkommando Braunegg", daß die Me262 in der Aufklärer- Version flog. Die Aufstellung der stationierten Verbände ist nicht vollständig und soll es auch nicht sein. Sie soll nur eine Vorstellung vom ständigen Kommen und Gehen auf diesem Platz geben.
Während des ganzen Krieges wurde der Platz mehrfach durch alliierte Bomber angegriffen. Die angerichteten Beschädigungen und Zerstörungen führten jedoch nie zu einer vollständigen Einstellung des Flugbetriebes.
Am 3. April 1945 mußte der Platz vor den heranrückenden amerikanischen Truppen geräumt werden. Vor ihrem Abzug sprengten die deutschen Luftwaffeneinheiten die meisten der erhaltenen Gebäude und technischen Anlagen des Platzes, so daß die Amerikaner am 5.4.1945 einen zerstörten Fliegerhorst vorfanden.
Nach dem Krieg wurde der Platz durch die Engländer beschlagnahmt. In den unzerstörten oder wieder reparierbaren Gebäuden wurden Flüchtlinge untergebracht. In einigen Gebäuden fanden auch ein Waisenhaus oder ein Altenheim Unterkunft.
Schon kurz nach dem Kriege wurden Überlegungen zu einer Reaktivierung des Platzes angestellt. Diese Pläne stießen jedoch auf den entschiedenen Widerstand der örtlichen Bevölkerung. So wurde schließlich entschieden, das dem Staat gehörende Gelände für eine Stationierung von Heereseinheiten freizugeben. Der Bau der jetzigen Lützow- Kaserne begann im Jahre 1956, die Einweihung erfolgte 1957. Beim Bau der Lützow- Kaserne wurden auch noch erhaltene Gebäude des ehemaligen Fliegerhorstes mit einbezogen.
Hierbei ist zu beachten, daß die Anlage der jetzigen Kaserne nicht "deckungsgleich" ist mit dem Unterkunftsbereich des früheren Fliegerhorstes. Vielmehr fand eine Verschiebung des "Schwerpunktes" in nordöstlicher Richtung statt, wobei auch ein Teil des früheren Flugbetriebsgeländes mit überbaut wurde.
Der größte Teil des ehemaligen Flugbetriebsgeländes wurde seit dem Kriege für eine Reihe von militärischen Zwecken genutzt. So stand dort beispielsweise zwischen 1960 und 1972 eine NIKE- Stellung der niederländischen Streitkräfte. Heute dient das Gelände als Standortübungplatz.