vor über 10 Jahren saß ich als kleiner Junge an diesem Tisch und schrieb einen Brief an Ihren Vater. Ich hatte Angst, wirkliche Angst vor etwas, dass ich nicht einmal ansatzweise verstand und wohl kaum in all seiner Gefahr erfassen konnte. Ich wusste nicht mehr, als dass dieses etwas viele Menschen in tiefes Leid stürzen würde. In meinen Träumen sah ich Menschen, die, vom Leid zerfressen, mit verweinten Gesichtern ihren Gott anbeteten und um ein Ende der qualen baten. Kinder, die ihre Eltern verloren hatten, ohne zu wissen warum oder wofür. Mein kleiner Kopf war voll mit Bildern, die tagtäglich durch die Medien geisterten wie eine immer wiederkehrende Melodie des Schreckens. Ich wusste nicht, was es heisst, ohne die Menschen aufzuwachsen, die einen begleiten und behüten sollen, aber ich stellte es mir schrecklich vor. Manchmal weinte ich heimlich, weil ich Angst hatte, dass der Krieg auch zu uns kommen würde. Natürlich tat er das nicht, denn schließlich zählten wir, die Deutschen, zu den Guten.
Bis heute verstehe ich nicht, was der Irak-Krieg für einen Sinn hatte. Mit dem 
Brief, den ich damals schrieb, wollte ich dem Mann, der sich dafür verantwortlich zeichnete 
mitteilen, was ich fühlte, was mich bewegte und ich wollte ihn wissen lassen, dass ich Angst 
habe. Vielleicht erwartete ich eine kleine Erklärung, dass dort ein böser Mensch sein 
Unwesen treibt und dieser bekämpft werden muss. Nie bekam ich eine Antwort. Ich bin nicht 
böse deswegen und bin weiterhin behütet aufgewachsen. Den Brief vergaß ich schnell. Doch 
heute kommt mir die Situation wieder in den Sinn, ich erinnere mich, dass damals ein kleiner 
Junge einfach versuchte, seine Lage verständlich zu machen, weil er glaubte, niemand sonst 
würde für ihn seine Stimme erheben. Heute, im Jahre 2002, stehen wir auf der Schwelle zu 
einem erneuten Krieg. Der deutsche Kanzler Schröder hat jegliche Beteiligung abgelehnt und 
das Volk hat aufgeatmet. Sie, als mächtigster Mann der Welt der Sie sind, brauchen uns nicht, 
um diesen Krieg zu führen, das weiß ich, das weiß der Kanzler und das wissen Sie. Ich sage 
Ihnen ganz offen, dass ich mir damals, als die amerikanischen Präsidentschaftswahlen 
stattfanden, einen anderen Sieger gewünscht hätte. Die Politik, die Sie machten, widersprach 
meinen Vorstellungen - zumindest zum Teil -, zeugte von tiefem Egoismus und einem 
unglaublichen Selbstbewusstsein. Sie wollten Amerika als Spitzenreiter auf der Welt 
etablieren, ignorierten internationale Abkommen und ließen die Muskeln spielen.
Dann kam der 11. September 2001 und veränderte alles. Die USA, Ihr Land, wurde an der Achillesferse 
getroffen und ging zu Boden. All das, wofür sie eingetreten waren, für Stärke, Größe, 
Unverwundbarkeit, wurde nichtig. Das Land, welches nie einen Krieg auf eigenem Boden 
hatte erleben müssen, wurde schwer verletzt. Der Vergleich mit Pearl Harbor, der sogleich 
angestrebt wurde, erscheint geradezu lächerlich. Die Terroranschläge waren ungleich 
schlimmer, sie übertrafen alles bisher dagewesene. Entsetzt, tief getroffen, schockiert und 
traurig reichte die Welt den USA die Hand. Sie bewiesen Größe und versprachen, die 
Schuldigen zur Strecke zu bringen. "We will hunt down and punish those who are 
responsible for these cowardly acts.". Diese Worte machten Mut, Hoffnung, ließen nach 
vorne blicken und kalkuliertes Handeln erwarten. Sie machten den Schuldigen ausfindig, 
Osama bin Laden. Doch dann machten Sie den Fehler, der vielen Menschen unendliches Leid 
brachte. Sie griffen ein Land an, von dem sie glaubten, es würde den Terroristen Unterschlupf 
gewähren. Sie machten es dem Erdboden gleich. Es erinnert mich an den Film "Clockwork 
Orange" in dem frustrierte Jugendliche einem armen alten Mann, obdachlos, vom Leben 
geschunden, alles nehmen und ihn zudem noch treten, schlagen, fast töten. Der Krieg in 
Afghanistan war nichts weiter als ein Tropfen auf den heissen Stein. Heute lese ich Artikel, 
welche die dortige Situation beschreiben und es herrscht nichts als Chaos, Zerstörung, 
Gewalt. Sie haben die alten Machthaber zwar vertrieben und einige davon ihrer gerechten 
Strafe zugeführt, aber Sie haben die Menschen dort im Stich gelassen. Ein altes Regime des 
Terrors und der Ungerechtigkeit vertreiben mag eine vertretbare Sache sein, doch stehen Sie 
damit in der Schuld, eine neue Regierung zu etablieren und ihr das Regieren möglich zu 
machen, vor allem machen sie den dort lebenden Menschen damit ein Versprechen: Die 
Straßen sicher zu machen. Stattdessen aber schauen sie nun wieder in Richtung Irak und 
wetzen die Messer. Zähneknirschend warten sie auf einen kleinen Fehler Bagdads um endlich 
den Angriff starten zu können um den verhassten, menschenverachtenden Diktator zu 
eliminieren. Genau wie ihr Vater. Sollte Ihnen diese Aufgabe im Schulterschluss mit den 
Briten gelingen, so werden sie feststellen, dass der Terror damit noch immer nicht gebannt ist. 
Vielleicht fällt Ihnen dann auch endlich auf, dass weder Afghanistan noch der Irak die 
Terroristen beherbergen, sondern vielmehr Deutschland, Frankreich, England und vielleicht 
sogar Ihr Land, die USA. Diejenigen, welche den Angriff auf den Westen planen, leben längst 
unter uns, unerkannt und gut getarnt. Ihre Bomben aber treffen nur Menschen, die ohnehin 
schon leiden, unter einem unmenschlichen Regime, Nahrungsmangel, untragbaren 
hygienischen Bedinungen und Armut. Ihre Bomben schüren den Hass, der dazu geführt hat, 
dass zwei Türme als Symbol des Wohlstandes der westlichen Welt zerstört wurden und mit 
ihnen über 2000 Menschen den Tod fanden. Ihre Bomben führen dazu, dass die Kluft 
zwischen den Kulturen immer tiefer wird. Ihre Bomben führen im Endeffekt dazu, dass 
Menschen dazu bereit sind, für ihren Glauben zu sterben, um andere mit in den Tod zu reißen 
und somit zu schreien - lauter, als ihre Kehle das je könnte. Sie schreiben sich auf Ihre 
Fahnen, im Sinne der Opfer zu handeln. Doch meinen sie wirklich, dass der Schmerz einer 
afghanischen Mutter, die ihren Sohn verliert, ein anderer ist, als jener, den weit über 2000 
Angehörige in Folge des 11. Septembers gefühlt haben? 
Sie sprechen davon, im Sinne der Freiheit zu handeln. Wer könnte es Ihnen verdenken, als Präsident des Landes, 
in dem Freiheit schon immer alles galt. Doch vielleicht hören Sie auf die weisen Worte eines Landsmannes, des 
Schriftstellers William Allan White:"[Freiheit ist] Das einzige Ding, das man nicht haben kann, wenn man 
nicht gewillt ist, es anderen zu geben.". Und sowieso ist die Freiheit "Immer nur Freiheit des anders Denkenden".
Verinnerlichen Sie diese Worte. Handeln Sie im Sinne der Freiheit. Handeln Sie im Sinne und im Gedenken der Toten, handeln sie bedacht und handeln sie intelligent. Handeln Sie vor allem 
im Sinne der Gemeinschaft. Handeln Sie, um bestehende Barrieren niederzureißen und nicht, 
um sie unüberwindbar zu machen.
Herzlichst
Ihr Gewissen