„Ich
habe ein Untier, einen Engel und einen Irren in mir“
oder
„Unter
dem Milchwald“ von Dylan Thomas
10.02.2003 – seit heute dringen per Lautsprecher merkwürdige Ansagen an unsere Ohren.
Durchsagen wie z.B. „Reitet zur Jagd aus
hoch auf dem Schweinsrücken und schießt das wilde Gänseklein tot!“ oder
Johnnie Stück und Flossie Schleimer
hielten ihr Baby in der Kuh ihrem Eimer… Eins tut’s zurück und eins tut’s
heraus und zu trinken gibt’s Bier in Saus und Braus!“ Was konnte das nur
bedeuten? Viele Schüler waren anfangs irritiert, doch als dann auch noch Mitschüler
von ihnen in merkwürdigen Verkleidungen durch die Schule liefen war klar, dass
Frau Klein und Frau Schröder wieder ihre Finger im Spiel hatten.
Seit Wochen verbarrikadierte sich die Theater AG der beiden Lehrerinnen in der Aula
unserer Schule und niemand wusste so genau, was da eigentlich geschah. Auf
Anfrage hörte man nur, dass für die kommende Aufführung geprobt wurde. Doch
was war das für eine Aufführung? Da blieb einem wohl nichts anderes übrig,
als sich eine Eintrittskarte zu kaufen (immerhin mussten Schüler nur 2,00 €
bezahlen!) und sich das Spektakel der rund 40 Teilnehmer mit eigenen Augen an
einem der beiden Aufführungstage anzugucken.
Dies
geschah auch! Es kamen an beiden Tagen rund 400 Zuschauer in unsere Aula, von
denen viele natürlich Schüler oder Lehrer waren, die dann auch gleich im
Verband erschienen.
20:00
Uhr – das Licht ging aus und nach einer kurzen Begrüßung durch unseren
Schulleiter konnte die Aufführung beginnen.
„Anfangen, wo es
anfängt: Es ist Frühling…“
Vier
Stimmen (hauptsächlich von Tobias Scholz, Claudia Heerklotz, Jana Packmoor und
Stefan Loges gesprochen) führten die Zuschauer durch einen Tag im Leben der
Bewohner von Llaregubb. Einem Ort, der überall sein könnte, mit Personen, die
jeder identifizieren kann – vielleicht mit sich selbst? -. Die Stimmen blieben
dabei Anonym und wollten den Zuschauer auch nur auf verschiedenste Sachen
hinweisen. Und während „die Zeit
vergeht“ lernt der Zuschauer die einzelnen Charaktere des Stückes mehr
und mehr kennen. Er kann in ihre geheimen Träume sehen und sie von Morgens bis
abends unbemerkt beobachten. Dabei wird er mit Klatschweibern, einem Schuster,
der personifizierten Reinlichkeit, rappenden Schulkindern, einer uhrenbesessenen
Lady, einem Organisten im Bachwahn und einer immerschwangeren Dorfschlampe
konfrontiert.
Um den
Überblick behalten zu können, fällt der Blick immer wieder auf den blinden
Kapitän Cat, der durch sein genaues, angestrengtes Hinhören im Zuschauer
Interesse für jeden Einzelnen auslöst.
„Unter
dem Milchwald“ war ursprünglich ein Hörspiel von Dylan Thomas (1914-1953),
welches erst 1954, also nach seinem Tod veröffentlicht wurde. Die Theater AG
von Frau Klein und Frau Schröder „Diversité“ hat dieses Hörspiel so
bearbeitet, dass es auf die Alfelder Bühne passte und dem Publikum rund 10
Minuten standing ovations entlockte. Dazu beigetragen haben auch zwei ehemalige
Schüler des Gymnasiums. Zum einen Martin Morgenstern (Abi ’98), der die
Musikstücke der Bearbeitung schrieb und Lars Maly, der das „Mädchen für
alles“ verkörperte, in dem er, wann immer jemand gebraucht wurde, zur stelle
war. Den beiden an dieser Stelle nochmals herzlichen Dank!
Wer nicht in der Aufführung war, tut mir sehr leid, weil er ein großes Bühnenspektakel
unserer Schule verpasst hat. Doch es wird wieder eine Aufführung geben, zu der
man dann ja kommen kann :-)
Ein Artikel aus dem Jahrbuch 2002/2003 des Gymnasium Alfeld von Maximilan Mertens