Dr. Martin Luther
Stationen in Gotha und Umgebung
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Die Wochen des Februars 1537 waren für das kleine Städtchen Schmalkalden sehr bedeutsam.
Von überallher kamen die Reisenden - an der Spitze die Fürsten und Gelehrten (18 Fürsten und 28 Freie Reichs- und Handelsstädte waren vertreten).
Die Sachsen reisten über Gotha-Georgenthal-Tambach an. Die Hessen kamen über Vacha, während die Gäste aus Süddeutschland den Weg über das obere Werratal oder die Rhön nach Schmalkalden wählten.
Neben Martin Luther nahmen insgesamt 41 führende protestantische Theologen teil.
Den ersten Sitzungen der Bundesversammlung der Fürsten und Abgesandten konnte Luther noch beiwohnen, aber am dritten Tag nach seiner Ankunft bekam er sehr starke Schmerzen, die eine weitere Teilnahme an der Bundesversammlung unmöglich machten. Luthers Steinleiden lösten diese furchbaren Schmerzen aus.
Welche Schwierigkeiten damals in der medizinischen Versorgung bestanden sieht man daran, dass Melachthon den berühmten Erfurter Arzt Dr. Georg Stur(t)z kommen ließ. Er mußte alle Medikamente aus der Universitätsapotheke mitbringen, denn Schmalkalden hatte damals noch kein "Arzeneimittelhaus".
Später ließ man durch einen Boten nochmals Arzenei aus Erfurt von Doktor Ambrosius Kaslaw holen.
Die zahllosen Anfragen von Freunden über Luthers Befinden "nervten" den Reformator so sehr, dass er nur einen Wunsch hatte, Schmalkalden so schnell wie möglich zu verlassen, um im Land seines Kurfürsten zu sterben, "fort aus der Nähe des päpstlichen Legaten, der sich schon gemeldet hatte, um Luthers Leiche zu sehen."
Am 26. Februar setzten sich bei grimmiger Kälte zwei Reisewagen mit kurfürstlichen Geschirren aus Georgenthal und Reinhardsbrunn über das Weide(n)brunner Tor in Richtung Floh/Schnellbach über holprige Straßen in Bewegung.
Das "Weidebrunner Tor" ist heute ein Straßenzug, der an der Kreuzung am Ende der Weidebrunner Gasse beginnt. Schräg gegenüber findet man die Reste des ehemaligen "Hospital" aus dem Jahre 1339, das von Berthold VII. von Henneberg gegründet wurde.
Die Reisegruppe bestand aus insgesamt 13 Personen, unter ihnen waren neben Martin Luther, Dr. Sturz, Bugenhagen, Spalatin, Myconius und Pfarrer Schlainhauffen (auch Schlaginhaufen).
Die Straßen waren in einem schlechten Zustand, so dass zwei Männer den Wagen mit Luther von außen stützen mußten.
Eigens für die Fahrt war eine Wagenheizung konstruiert worden, die aus einer kupfernen Pfanne bestand (sie ließ man in Schmalkalden beim Kupferschied Matthes herstellen), die an einer Kette (von einem Steinschneider aus Waltershausen) über einem Kohlebecken hing (Schmalkalden hatte damals rund 4500 Einwohner und war eine wohlhabende, mittelalterliche Stadt mit einem blühenden eisen- und stahlverarbeitenden Handwerk). Damit sollten auch warme Tücher für unterwegs bereitet werden.
Luther selbst trug zum Warmhalten ein "schwimmhosenähnliches Beinkleid".
Luther und seine Gefolgschaft erreichten eine einsame Lazaritenherberge am heutigen Nesselhof bei Tambach-Dietharz. Heute sind keine sichtbaren Reste mehr von dieser Lazaritenherberge am Nesselhof vorhanden und auch in der Literatur fand der Autor keine Anhaltspunkte dafür, wo diese Herberge gestanden hat. Den Bewohnern um den heutigen "Nesselhof" waren auch keine alten Mauerreste bekannt, die beim Bau der zahlreichen Gebäude und Bungalows entdeckt worden wären.
Welchen Weg der kleine Reisezug von Schmalkalden über den Rennsteig nach Tambach genommen hat, lässt sich heute nicht mehr zweifelsfrei ermitteln.
Es hat deshalb in der Literatur nicht an Versuchen gefehlt, den Reiseweg Luthers zu rekonstruieren. Aber alles ist nur Vermutung und Annahme zugleich - bisher sind keine urkundlichen oder andere Belege dafür gefunden worden.
Mit Umschlägen und heißen Fußbädern versuchten die Begleiter von Luther, im Geleitshof seine unerträglichen Schmerzen zu lindern: "Ach, daß doch ein Türke da wäre, der mich schlachtete, ich stürbe ja gern, wenn nicht des Teufels Legat (des Papstes Gesandter) in Schmalkalden wäre und in alle Welt ausschrie, ich habe vor großer Furcht sterben müssen."
Noch am Abend löste sich ein Stein (oder Steine) und Luthers Schmerzen ließen schlagartig nach.
Wahrscheinlich hatte der holprige Weg von Schmalkalden nach Tambach auch seinen Anteil für das Ende der wahnsinnigen Schmerzen.
Aus Freude über die verschwundenen Schmerzen schrieb deshalb Martin Luther noch in der Nacht einen Brief an Melanchthon und seine Frau Käthe mit der freudigen Nachricht: "Ich bin tot gewest und hab Dich mit den Kindlein Gott befohlen und meinem guten Herrn, als würde ich Euch nimmermehr sehen, hat mich Eurer sehr erbarmet, aber ich hatte mich dem Grabe beschieden. Nu hat man so hart gebeten für mich zu Gott, daß mich dünket, ich sei wieder von neuem geboren. Darum danke Gott und laß die lieben Kindlein mit Muhme Lenen dem rechten Vater danken; denn ihr hättet diesen Vater gewißlich verloren. Gott hat Wunder an mir getan diese Nacht und tut's noch durch frommer Leute Fürbitte. Solches schreibe ich Dir darum; denn ich halte, daß mein gnädigster Herr habe dem Landvogt empfohlen, Dich mir entgegen zu schicken, da ich ja unterwegs stürbe, daß Du zuvor mit mir reden oder mich sehen möchtest, welches nun nicht not ist und magst wohl daheim bleiben, weil mir Gott so reichlich geholfen hat, daß ich mich versehe, fröhlich zu Dir zu kommen."
Von Tambach aus wurde Schlainhauffen als Bote nach Schmalkalden mit der freudigen Nachricht geschickt, dass es Luther viel besser ginge: "Luther lebt! Luther lebt!"
Groß war die Freude nach dieser frohen Botschaft sowohl beim besorgten Kurfürsten wie auch bei seinen Freunden.
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