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Beratungs- und Forschungseinrichtung
für Diagnostik, Therapie und Prävention
der Rechenschwäche/Dyskalkulie
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Unsere Telefonsprechstunde mit
Lerntherapeuten: Di-Do, 12-14 Uhr – nicht in den nieders. Schulferien.
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Empfehlenswerte Neuerscheinungen:
Lehrerhandbuch und Qualitative Diagnostik
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Was ist Rechenschwäche?
Synonyme sind Dyskalkulie und Arithmasthenie.
Sie zeigt sich durch beständige Minderleistung im Lernstoff des arithmetischen
Grundlagenbereiches (Mächtigkeitsverständnis, Zahlbegriff, Grundrechenarten,
Dezimalsystem), wobei die betroffenen Schüler mit ihrer subjektiven
Logik in systematisierbarer Art und Weise Fehler machen, die auf begrifflichen
Verinnerlichungsproblemen beruhen. Zu
beobachtende Phänomene sind dabei häufig
Nominalismus, Mechanismus und Konkretismus.
Nominalismus
des Zahlbegriffs ist die Zuordnung von Zahlname und Ziffer/Symbol ohne
ausgebildeten Zahlbegriff. Dies bedeutet, Kinder kennen die Zahlnamen
und deren Reihenfolge auswendig, denken sich die zu Grunde liegenden Quantitäten
jedoch nicht mit. Deshalb sind sie oft darauf angewiesen, Addition und
Subtraktion rein zählend durchzuführen. Charakteristisch dafür
ist:
- Verharren
beim sturen zählenden Operieren
- Transferleistungen
können nicht erbracht werden
-
stets wird neu abgezählt
- enorme
Gedächtnis- und Konzentrationsleistungen
- hohe
Anstrengung und schnelle Erschöpfung
- Berechnungen
benötigen unverhältnismäßig viel Zeit
- keine
Verbesserung durch beständiges Üben
- Geübtes
wird schnell wieder vergessen
- Regeln
werden stur auswendig gelernt
Mechanismus
der Rechenverfahren umschreibt die unreflektierte mechanische Bewältigung
mathematischer Aufgaben ohne Verständnis der zu Grunde liegenden
Verfahrenstechniken.
Dies kann z. B. bei der Anwendung schriftlicher Rechenverfahren oder beim
Lösen sog. analytischer Aufgaben (Gleichungen mit Platzhaltern) beobachtet
werden. Charakteristisch
dafür ist:
- Duldung
widersprechender Ergebnisse nebeneinander
- „offensichtliche“
Rechenfehler werden nicht erkannt
- Fehleranfälligkeit
bei komplizierteren Aufgaben
- Abweichungen
führen zu Irritationen
- wahllose
Verknüpfung von Größenangaben
- Aufgaben
können nur wörtlich wiedergegeben werden
Konkretismus
ist das „Verhaftetsein“ des Schülers am Veranschaulichungsmittel,
wozu auch die Finger zählen. Dieses Veranschaulichungsmittel
tritt nicht in der Funktion auf, eine Anzahl in bestimmter Weise zu repräsentieren,
vielmehr wird der handelnde Umgang mit dem Mittel für das eigentliche
Rechnen gehalten. Charakteristisch
dafür ist:
- Berechnungen
sind ohne Material nicht möglich
- Klammern
an vorgestellte oder gegenständliche Zählhilfen
- unökonomische/kontralogische
Verwendung von Veranschaulichungsmitteln
Diese
drei Phänomene treten nicht getrennt auf, vielmehr ergänzen
sie einander, da hier Rechenschwäche von verschiedenen Betrachtungsebenen
aus beschrieben wird. Nominalismus bezieht
sich auf die begriffliche Seite, auf die unausgebildete kognitive Verinnerlichung
der Stoffinhalte. Mechanismus beschreibt
aus praktischer Sicht die unverstandene Umgangsweise mit den Rechenverfahren.
Konkretismus schließlich
bezieht sich auf den unreflektierten Einsatz der Veranschaulichungsmaterialien.
Zusammenfassend
ist die Rede von Kindern, bei denen das Fundament des mathematischen
Verständnisses nicht oder nur sehr verschwommen vorhanden ist. Ein
aufbauender mathematischer Gedanke kann nicht verstanden werden, weil
seine kognitiven Grundlagen nicht zur Verfügung stehen. Jegliches
Üben und Automatisieren ist hier vergeblich, da die Kerngedanken
unerschlossen sind. Wenn z. B. Menge und Zahl mit gänzlich falschen
Vorstellungen besetzt sind, kann die innere Logik des Stellenwertsystems
nicht erarbeitet werden.
Qualitative Diagnostik
Die Methode der Diagnostik von Rechenschwäche
beruht grundsätzlich auf einem Vergleich subjektiver Rechenleistungen
und objektiver Anforderungen des mathematischen Gegenstandes in verschiedenen
Zusammenhängen. Hierfür gibt es eine Reihe von standardisierten
Tests. Diese Tests haben jedoch den Mangel, dass sie rein ergebnisorientiert
sind, d.h. sie grenzen die Fehleranalyse in hohem Maße ein, indem
sie lediglich richtige von falschen Ergebnissen selektieren, anschließend
quantifizieren und die so gewonnene Quote einem feststehenden Auswertungsschlüssel
unterwerfen. Konkretistische Rechentechniken bleiben dabei gänzlich
unbewertet. Derartige Diagnosen sind im Kern wie Klassenarbeiten und genügen
insbesondere den Anforderungen einer auf lerntherapeutische Intervention
ausgerichteten Testung nicht.
Überwinden lässt sich der genannte
Mangel durch eine qualitative Fehleranalyse und eine qualitative Beurteilung
der Rechentechniken. Wir setzen dafür das von Herrn Dr. Wehrmann
an der Humboldt-Universität zu Berlin entwickelte informelle Testverfahren
QUADRIGA
(Qualitative Diagnostik Rechenschwäche im Grundlagenbereich
Arithmetik) ein. Dieses baut im Wesentlichen
auf der Methode des „lauten Denkens“ auf. Hier gibt der Proband Auskunft
über seine Rechenwege und ggf. seine konkretistischen Techniken,
so dass sich subjektive (falsche oder umständliche) Algorithmen und
begriffslose Lösungswege ermitteln lassen. Aus den angewandten
Rechentechniken und den subjektiven Algorithmen lassen sich – verglichen
mit dem mathematisch sachlogischen Vorgehen – Rückschlüsse auf
das Verständnis mathematischer Inhalte und Operationen erzielen.
Dadurch werden Lerndefizite (hier spezielle Wissensmängel um mathematische
Abstraktionen sowie unlogische Verfahrenstechniken: Zählen statt
Rechnen) sichtbar und die Systematik der Rechenfehler lässt sich
aufschlüsseln und erklären.
Neben die Interview-Technik des „lauten Denkens“
treten noch die Verhaltensbeobachtungen von Mimik, Gestik und Körpersprache,
die Rückschlüsse darüber zulassen, ob die Kommentare der
Probanden die wirkliche Vorgehensweise treffen. Dazu kommt die Methode,
die wir die „Beobachtung des konkreten Handelns mit mathematisch strukturierten
Veranschaulichungsmitteln“ nennen. Dahinter verbirgt sich eine qualitative
Analyse der Handlungstechniken auf der konkret-handelnden Ebene. Rechenschwäche
lässt sich häufig bereits auf der Handlungsebene als apraktische
Umgangsform mit Veranschaulichungsmitteln nachweisen.
Auf diese Weise entsteht eine differenzierte
qualitative Profilierung der Rechenschwäche, was insbesondere
für die Rechentherapie im Sinne der Prozessbegleitung von größter Bedeutung ist. Die
Therapie kann gezielt dort ansetzen, wo die mathematischen Probleme
des Probanden beginnen.
Lehrer(innen) und Mitarbeiter(innen) von Beratungsstellen können im Vorfeld mit dem
Symptomkatalog vom Arbeitskreis des Zentrums für angewandte Lernforschung
erste Anhaltspunkte für eine mögliche Rechenschwäche sammeln.
Rechenschwäche-Therapie
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Rechenschwache Kinder benötigen individuelle Hilfe. |
Ein normaler Schulunterricht wie auch klassischer Förder- oder Nachhilfeunterricht
kann bei rechenschwachen Schülern nicht zum Erfolg führen, wenn standardisierte,
auf eine Gruppe bezogene Verfahren zum Einsatz kommen und nicht an der individuellen Lernausgangslage
angeknüpft wird.
Die an unserem Institut durchgeführte Lernintervention berücksichtigt die
spezifische Lernausgangslage des Schülers, indem sie kein einheitliches Programm
anwendet, sondern in Form einer integrativen Lerntherapie ein individuelles
Bedarfsprogramm von Maßnahmen erstellt. Je nach den individuell ausgeprägten
Eigenarten und Störungen des Lernprozesses sowie der subjektiven Verarbeitung der
Leistungsschwäche werden entsprechende Lehr- und Lernformen gewählt und aktuell
variiert. Unsere Therapieform der Lernbegleitung ist hierfür deshalb die Einzel- und Doppeltherapie.
In der Mathematik bauen Lerninhalte sachlogisch streng aufeinander auf. Es muss daher
abgesichert sein, dass der Schüler die Argumentation auch für kleinste Schritte
nachvollzogen hat. Deshalb ist die zentrale Interventionsform der therapeutische
Lerndialog mit dem Schüler. Diesen zu führen, ist die Aufgabe eines
mathematisch und pädagogisch-psychologisch ausgebildeten Lerntherapeuten, der die
Grundlagen der Mathematik individuell differenziert darlegen kann.
Eine in die Lerntherapie integrierte Verlaufsdiagnose sichert
prozessbegleitend die Lernfortschritte,
sodass durch angepasste Lernschritte systematisch die Defizite im Lernstoff aufgearbeitet
werden können. Damit stiftet die Therapie von Beginn an ein begründetes und
wachsendes Vertrauen der Schüler in ihr neu erworbenes Wissen und ihre
Fähigkeiten.
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