Hinweise zur Einrichtung von Ganztagsschulen

Bisher können in Rheinland-Pfalz Ganztagsschulen in offener Form und in verpflichtender Form eingerichtet werden. Sie sind im Folgenden beschrieben:

Die Ganztagsschulen in offener Form, von denen es in Rheinland-Pfalz zurzeit 43 gibt, legen einzelne Unterrichtsveranstaltungen auf den Nachmittag und bieten darüber hinaus außerunterrichtliche Betreuung an. Die Betreuungskräfte werden vom Schulträger bereitgestellt. Die Schulleiterin oder der Schulleiter können eine Schule mit Zustimmung des Schulträgers und nach Anhörung der Gesamtkonferenz und des Schulelternbeirates zu einer Ganztagsschule in offener Form erweitern (§ 10 a Abs. 4 Satz 2 SchulG). Die Möglichkeit, eine Ganztagsschule in offener Form zu unterhalten oder neu einzurichten, bleibt nach wie vor bestehen und kann vor Ort die richtige Lösung sein.

Als Ganztagsschulen in verpflichtender Form gibt es in Rheinland-Pfalz 67 Sonderschulen und 13 Schulen anderer Schularten, die wie bisher weiter geführt werden. Die Teilnahme an der außerunterrichtlichen Betreuung ist bei dieser Form für alle Schülerinnen und Schüler verpflichtend.

Die Landesregierung beabsichtigt, ab dem Schuljahr 2002/03 300 neue Ganztagsschulen einzurichten. Diese Schulen bieten an vier Tagen in der Woche ein Ganztagsangebot bis mindestens 16.00 Uhr an. Die Teilnahme am Ganztagsangebot ist freiwillig. Nach der Anmeldung ist die Teilnahme aber für mindestens ein Jahr verpflichtend.

Standortentscheidungen werden im Rahmen eines Auswahlverfahrens getroffen. Ausgewählt werden die Schulen, die die besten Voraussetzungen hierfür mitbringen. Dabei kommt es wesentlich auf den Bedarf und die regionale Ausgewogenheit an.

Ausgestaltung der neuen Ganztagsschulen

Errichtungsvoraussetzungen und Beteiligungsrechte

Errichtungsverfahren

Hinweis für Privatschulträger und Privatschulen:

Informationen und Daten, die dem Antrag auf Einrichtung einer Ganztagsschule beigefügt sein müssen

Personalzuweisung und Festlegung von Gruppengrößen für die Ganztagsschule

 

 

Ausgestaltung der neuen Ganztagsschulen

Das Errichtungsverfahren für die neuen Ganztagsschulen richtet sich nach den schulgesetzlichen Verfahrensbestimmungen über die Ganztagsschulen in verpflichtender Form.
Die Kosten für das pädagogische Personal (Lehrkräfte, pädagogische Fachkräfte und Betreuungskräfte) werden vom Land getragen. Unterricht und außerunterrichtliche Betreuung können auf Vor- und Nachmittage verteilt werden ( § 10 a Abs. 1 Satz 2 SchulG); das konkrete Angebot richtet sich nach den jeweiligen Bedürfnissen vor Ort.

Bezüglich der sonstigen Kosten gelten die schulgesetzlichen Bestimmungen. Für die Bereitstellung des Mittagessens ist der Schulträger zuständig (§ 62 Abs.2 Nr.5 SchulG), wobei er die Eltern an den Kosten beteiligen kann ( § 73 SchulG).

Die räumlichen Voraussetzungen für ein Ganztagsangebot müssen gegeben sein. Bei der Bestandsaufnahme zu den räumlichen Voraussetzungen muss die zukünftige Schülerzahlentwicklung berücksichtigt werden. Gibt es an einem Standort keine Alternative zu notwendigen baulichen Investitionen, können diese unter den Voraussetzungen der Schulbaurichtlinie gefördert werden.

Das Ganztagsschulangebot steht allen Schülerinnen und Schülern einer Schule offen. In der organisatorischen Umsetzung kann es sich auf einzelne Züge über alle Jahrgangsstufen einer Schule hinweg beschränken. Darüber hinaus ist die klassen- und klassenstufenübergreifende Organisation von Ganztagsgruppen möglich.
Ein Halbtagsangebot wird in der Regel an der gleichen Schule bestehen bleiben. Bei der Organisationsform der Angebote ist auf die räumliche Ausstattung und die weiteren Standortbedingungen Rücksicht zu nehmen.

Bei Schulen mit Schulbezirken ist zu beachten, dass die im Schulbezirk wohnenden Schülerinnen und Schüler diese Schulen besuchen müssen. Schulbezirkswechsel sind bisher aus wichtigem Grund möglich (§ 50 Abs. 2 Satz 2 SchulG). Diese Möglichkeit soll zukünftig auch in Bezug auf die neuen Ganztagsschulen bestehen, wenn die Schülerbeförderung nach Stellungnahme des Kostenträgers der Schülerbeförderung organisiert werden kann.

Errichtungsvoraussetzungen und Beteiligungsrechte

Errichtungsvoraussetzung ist gemäß § 10 a Abs. 4 SchulG das schulische Bedürfnis. Es muss also nachgewiesen werden, dass ein Bedürfnis für ein Ganztagsangebot an der jeweiligen Schule besteht.

Die Einrichtung einer Ganztagsschule bedarf der Zustimmung des Schulträgers (§ 10 a Abs. 4 SchulG). Die Beteiligung der kommunalen Gremien richtet sich nach den kommunalverfassungsrechtlichen Vorschriften.

Innerhalb der Schule bzw. des Schulsystems bestehen folgende sonstige Beteiligungsrechte:
- Benehmen des Schulelternbeirates (§ 35 Abs. 5 Nr. 1 SchulG)
- Anhörung des Schulausschusses (§ 38 Abs. 2 Nr. 1 SchulG)
- Benehmen des Regionalelternbeirates (§ 36 Abs. 6 Nr. 2 SchulG)
- Erörterung mit dem Bezirkspersonalrat (§ 84 Nr. 5 LPersVG)

Bei der Errichtungsentscheidung wird auch das Votum der Gesamtkonferenz (§ 22 Abs. 1 SchulG), der Klassensprecherversammlung (§ 29 Abs. 1 SchulG) und des örtlichen Personalrats (§ 69 Abs. 2 LPersVG) berücksichtigt.

Errichtungsverfahren

1. Die Schulträger reichen nach entsprechenden Beratungen in den kommunalen und schulischen Gremien für die Schulen, die zum Schuljahr 2002/2003 Ganztagsschulen werden sollen, bis zum 1. November 2001, für die nachfolgenden Schuljahre jeweils bis zum 01. September Anträge zur Erweiterung einzelner Schulen zu Ganztagsschulen bei der jeweiligen Schulbehörde ein.

Das schulische Bedürfnis ist in geeigneter Weise, beispielsweise durch eine Elternbefragung, nachzuweisen; Art und Umfang sowie die Konzeption des gewünschten Ganztagsangebotes sind darzulegen. Der Schulträger muss mitteilen, in welcher Weise das Mittagessen bereitgestellt werden soll. Er soll die räumliche Ausstattung in der Schule mit Bezug auf das gewünschte Ganztagsangebot darstellen und bereits bestehende Einrichtungen und Angebote der Schule und im schulischen Umfeld einschließlich der Ganztagsbetreuung im Bereich der Jugendhilfe mitteilen. Die Beteiligung der Träger der örtlichen Jugendhilfe ist erforderlich.
Die Schulträger führen eine Abstimmung mit den anderen berührten Schulträgern der Region durch. Dabei ist insbesondere auch die Organisation der Schülerbeförderung darzustellen. Die konkrete Festlegung des Unterrichtsbeginns und -endes an einer Ganztagsschule muss dann im Benehmen mit dem Träger der Schülerbeförderung erfolgen.

Auch die Schulen können die Initiative ergreifen und einen Antrag unter Berücksichtigung der dargelegten Anforderungen stellen. Das notwendige Einvernehmen von Schulträger und Schule muss möglichst vor der Antragstellung hergestellt werden. Eine Genehmigung des Antrags kann erst nach Herstellung des Einvernehmens mit dem Schulträger erfolgen.

In der beigefügten Liste sind alle zu einer Antragstellung notwendigen Stellungnahmen und Nachweise aufgeführt.

Es wird darauf hingewiesen, dass die bei der Schulbehörde oder dem Ministerium bereits vorliegenden Anträge unter Beachtung dieser Vorgaben nochmals eingereicht werden müssen.

2. Die Schulbehörde sichtet und überprüft die eingereichten Anträge und leitet sie dem Ministerium mit einem Entscheidungsvorschlag zu. Ministerium und Schulbehörde entscheiden bis zum Januar 2002, in den folgenden Jahren bis zum 15. November, welche Anträge im Rahmen der Eckpunkte des Projektes umgesetzt werden können. Die entsprechenden Schulen erhalten eine Errichtungsoption. Bei der Auswahl sind unter Berücksichtigung der vom Schulträger vorgenomme-nen regionalen Abstimmung der konkrete Bedarf sowie die Eignung des Standortes ausschlaggebend.

3. Die Schulen, die eine Errichtungsoption erhalten haben, führen ein Anmeldeverfahren zur Teilnahme am Ganztagsschulangebot durch, bei dem eine schulartspezifische Mindestteilnehmerzahl erreicht werden muss.

Die Mindestteilnahmezahlen sind:
Grundschule: 36 Schülerinnen und Schüler,
Schulen der Sekundarstufe I: 54 Schülerinnen und Schüler,
Sonderschulen: 26 Schülerinnen und Schüler.

Nach erfolgreich abgeschlossenem Anmeldeverfahren leitet die Schulbehörde die oben genannten förmlichen Beteiligungsverfahren ein. Dabei wird die Antragstellung des Schulträgers als Zustimmung gemäß § 10 a Abs. 4 SchulG gewertet. Eindeutige Stellungnahmen der schulischen Gremien im Rahmen der Antragstellung können ebenfalls als förmliche Beteiligung gewertet werden. Bei einer Modifikation des beantragten Ganztagsschulkonzeptes müssen die Gremien aber jedenfalls erneut beteiligt werden.

4. Die Schulbehörde errichtet nach Auswertung der Anhörungsergebnisse die Ganztagsschule durch Organisationsverfügung.

Hinweis für Privatschulträger und Privatschulen:

Schulen in freier Trägerschaft können ebenfalls in Ganztagsform geführt werden. Ggf. richtet der Träger einen entsprechenden Antrag an die staatliche Aufsichtsbehörde. Diese kann den Antrag nach Anhörung des Trägers und unter Beachtung der Kriterien des Errichtungsverfahrens genehmigen.

Besondere Regelungen, z.B. § 19 Schulgesetz und die Verwaltungsvorschrift vom 9. Mai 2000, Gemeinsames Amtsblatt S. 266, werden berücksichtigt.

Informationen und Daten, die dem Antrag auf Einrichtung einer Ganztagsschule beigefügt sein müssen

1. Bestandsaufnahme am geplanten Standort der Ganztagsschule

- Schulträger
- Schule, an der das Ganztagsangebot geplant ist
- Zügigkeit der Schule
- Entwicklung der Schülerzahlen
- Bausubstanz, Raumausstattung
- Verkehrsanbindung und Schülerbeförderung
- organisatorische und pädagogische Besonderheiten (bereits bestehendes Ganztagsangebot, Betreuungsangebot, Unterricht am Nachmittag, Integration beeinträchtigter Schülerinnen und Schüler oder Ähnliches)

2. Bestandsaufnahme im Umfeld der Schule

- Ganztags- oder Betreuungsangebote benachbarter Schulen
- Ganztagsbetreuung in Kindertagesstätten

3. Schulisches Bedürfnis für eine Ganztagsschule

- Quantifizierte und qualifizierte Begründung des Bedarfs, z. B. durch eine Elternbefragung (unter Berücksichtigung der bisherigen Betreuungsangebote)
- Prognose für ein längerfristiges schulisches Bedürfnis

4. Konzeption des gewünschten Ganztagsschulangebotes

- Umfang (Teilangebot oder Erweiterung der gesamten Schule zur Ganztagsschule)
- Bei Erweiterung der gesamten Schule: Alternativen für Schülerinnen und Schüler, die kein Ganztagsangebot wünschen
- Organisation des Mittagessens (unterschiedliche Möglichkeiten sind gegeben)
- Grundzüge der pädagogischen und organisatorischen Konzeption

5. Regionale Abstimmungen

- Beabsichtigte weitere Ganztagsschulen am Schulort und (soweit bekannt) in der Region
- Hinweise zum Einzugsgebiet des Ganztagsangebotes
- Organisation der Schülerbeförderung
- Stand der Abstimmung mit Trägern außerschulischer Betreuungsangebote, z.B. Einrichtungen der örtlichen Träger der Jugendhilfe
- ggf. Erweiterungsabsichten für diese Angebote.

6. Stellungnahmen kommunaler und schulischer Gremien

- Schulträger
- Schulelternbeirat
- Schulausschuss
- Gesamtkonferenz
- Schülervertretung
- örtlicher Personalrat

Personalzuweisung und Festlegung von Gruppengrößen für die Ganztagsschule

Die Berechnung der Personalzuweisung erfolgt in Lehrerwochenstunden (LWS). In der Regel die Hälfte bis 2/3 des Stundenansatzes ist für die Zuweisung von Lehrkräften vorgesehen.
Der Rest steht zur Verfügung für
- unbefristete/befristete Beschäftigungen von pädagogischen Fachkräften,
- Geldmittel, die die Schulen zum Abschluss von Dienstverträgen, Gestellungsverträgen, usw. erhalten können.

Für die einzelnen Schularten gelten folgende Parameter:

· Grundschule - Mindestteilnehmerzahl: 36 - Sockel: 26 LWS
Weitere LWS: Stundenzuweisung für jeden zusätzlichen Schüler über 36 = 0,5 LWS

· Schulen der Sekundarstufe I - Mindestteilnehmerzahl: 54 - Sockel: 34 LWS
Weitere LWS: Stundenzuweisung für jeden zusätzlichen Schüler über 54 = 0,5 LWS

· Schulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen - Mindestteilnehmerzahl: 26
Hier gilt die Zuweisungsformel der VV „Unterrichtsorganisation an Sonderschulen" vom 03. Mai 2000 (Gemeinsames Amtsbl. S 134): Die Zuweisung beträgt 6,25 LWS pro Klasse mehr als die Zuweisung für die Halbtagsform. Ferner erhält die Ganztagsform zusätzlich 8 Wochenstunden pro Klasse für pädagogische Fachkräfte.

Für die Bewältigung der organisatorischen Aufgaben ist darüber hinaus für alle Schularten eine Anrechnungspauschale vorgesehen, die zunächst aber noch das notwendige Beteiligungsverfahren in den Personalvertretungen durchläuft.

September 2001