Seid mir gegrüßt!
Und hier ist er schon, der zweite Report aus Amiland. Weltbewegende Dinge
haben sich seit dem letzten Mal ereignet. Aber der Reihe nach:
Zuerst der Schneesturm. Letzte Woche Montag ging's also los mit schneien
und stürmen. Der Freund von Ming (Lucas) hatte Mitleid mit mir und bot mir
an, mich zur Arbeit zu fahren, was ich auch dankbar angenommen habe. Ja,
ich weiß, das gehört sich nicht für einen Hardcore-Biker, aber gleich am
ersten Arbeitstag als Schneemann erscheinen wollte ich dann doch nicht. Um
drei war dann schon Schluß mit arbeiten, weil alle Angst hatten,
eingeschneit zu werden. Ein Kollege mit Jeep hat mich dann heimgebracht. Es
wurde angesichts der Wettervorhersage auch schon angekündigt, dass Dienstag
wohl niemand in der Firma sein würde und ich mit Dienstag morgen mal kurz
anrufen solle, ob denn jemand da sei. Es war dann auch niemand da, und es
hat den ganzen Tag heftig geschneestürmt, so dass ich schön im Warmen blieb
und den armen Fernsehreportern der tausend Lokalsender bei ihren 24h-
Lageberichten aus allen Ecken des Staates zusehen konnte, wie sie mit
Schnee, Wind, Wellen (am Meer) und Mikrofonen zu kämpfen hatten. Ich
wundere mich echt, warum die das mit sich machen lassen. Eine echte
Lachnummer mit der Zeit.
So ca. einen halben Meter hat es hingeschneit, d.h. am Strassenrand 1 -
1,5m von den Räumfahrzeugen. Soviel Schnee hab ich im Flachland noch nie
gesehen. Auch '86 war es weniger, wenn ich mich recht entsinne. Und selbst
jetzt nach einigen Tagen Sonnenschein und einem Tag Regen ist höchstens die
Hälfte des Schnees weggetaut. Er wird uns also noch ein Weilchen erhalten
bleiben.
Am Mittwoch letzter Woche sollte dann Ming aus Kanada zurückkommen und ich
hab mich schon gefreut, sie mal näher kennenzulernen. Es erschien dann aber
Lucas, der mir mitteilte, dass Ming die Einreise in die Staaten verweigert
wurde und der immigration officer ihr verständlich gemacht habe, dass sie
für mindestens ein Jahr nicht einreisen dürfe. Das hab ich erst mal gar
nicht geglaubt und für einen Witz gehalten, aber es ist wirklich so.
Anscheinend ist ihr Visum abgelaufen oder so, genau geblickt hab ich es
auch nicht. Auf jeden Fall werde ich sie jetzt wohl nicht mehr kennen
lernen. Sie versucht es zwar mit einem neuen Visum, aber das dauert auch
ziemlich lange. Einen neuen Mitbewohner habe ich auch schon, Lucas war da
recht schnell. Oleksandr aus der Ukraine, hat in Osnabrück promoviert und
arbeitet jetzt seit einer Woche hier in der Nähe. Er spricht besser deutsch
als Englisch, möchte aber trotzdem sein Deutsch verbessern und mit mir
deutsch reden, was mir aber nicht so in den Kram passt. Wir haben uns jetzt
geeinigt, dass wir eine Woche deutsch, die andere englisch sprechen. Er
wird nur für 1,5 Monate hier wohnen bleiben, dann kommt seine Frau nach und
sie suchen sich eine andere Wohnung.
Bei Lynx gab's an den ersten beiden Tagen noch nicht allzu viel zu tun, da
mehr als die halbe Mannschaft noch in Disneyworld war, wo sie ihre neuen
Produkte den Kunden vorgestellt haben. Dafür gibt's jetzt um so mehr zu
tun. Für die olympischen Spiele in Salt Lake City werde ich die Software
testen, die von Lynx dafür gerade entwickelt wird und andere Leute darin
einarbeiten. Dazu muss ich mich aber selbst erst mal in der Software, der
Dokumentation und den vielen Anforderungen von verschiedener Seite
zurechtfinden. Keine leichte Aufgabe, da sich alles im Entwicklungsstadium
befindet und auch noch geändert werden kann. Die Tests gehen Anfang April
los und gehen, so wie ich gestern erfahren habe, wahrscheinlich durchgehend
bis zu den olympischen Spielen. Ich werde also nicht nur einige Wochen, wie
bisher angenommen, sondern ab April die ganze Zeit in Salt Lake City
verbringen, so dass ich auch das Zimmer hier aufgeben werde und dieses wohl
schon der vorletzte Woburn Report sein wird. In SLC wird es sicher auch
gut, ich weiss zwar noch nicht, wie ich dort untergebracht sein werde,
vielleicht Hotel, auf jeden Fall kümmert sich darum die Firma. Und Olympia
war ja schon immer mein Traum. Schöne Aussichten also. Was ich mit dem
Fahrrad machen werde, weiß ich noch nicht, ob verkaufen oder mitnehmen.
Apropos Fahrrad: Von meiner USA-Tour hatte ich die Ostküstler ja in nicht
so guter Erinnerung, mein Urteil muss ich jetzt aber revidieren. So
zuvorkommend bin ich als Radler noch nie behandelt worden. Ständig kriege
ich Vorfahrt zugesprochen wo ich eigentlich keine hätte, Autos machen
meistens einen riesen Bogen um mich. Die Einheimischen scheinen auf jeden
Fall ganz schön Respekt zu haben. Ich hab auch bisher in Woburn immer noch
kein anderes Fahrrad gesehen.
Und am Sonntag war ich auch zum ersten Mal im Kino. Woburn hat ein eigenes
Multiplex, aber es scheint ein recht altes zu sein, man sitzt zumindest
recht unbequem. Auf jeden Fall kein Vergleich zu den deutschen Multiplexen.
Wie das Filmangebot ist, kann ich nicht sagen, ich muss zugeben, dass ich
den Überblick verloren habe und mir kaum ein Film was sagt.
Und zum Schluss noch zwei neue Kontaktmöglichkeiten, wenn's mal schnell
gehen soll: Meine Mailadresse in der Firma lautet beisele@finishlynx.com
und für ganz dringende Fälle die Telefonnummer 001-781-935-6959.
Sodele, das war's mal wieder. Macht's gut,
Bernd
               (
geocities.com/de)