Lebensweise

Lebensweise im Ägypten
Das bäuerliche Leben
Die Ägypter teilten ihr Jahr in 365 Tage, mit 12 Monaten zu je 30 Tagen und
5 extra Tagen ein. Vier Monate bildeten eine der drei Jahreszeiten: Überschwemmung, Aussaat,
Ernte.
Die erste Jahreszeit war die Überschwemmung. Sie wurde von den Scharen weißer
Ibisse angekündigt. Diese Vögel kamen aus der Äthiopischen Region
und zogen nilabwärts, um zu brüten. Die Überschwemmung setzte zu Beginn
des Sommers ein und hatte Mitte August ihren Höchststand erreicht.
Zu dieser Zeit ruderten die Bauern auf ihren Zahlreichen Bewässerungskanälen,
um die Flut und ihre fruchtbaren Schlammablagerungen zu steuern.
Zu dieser Zeit, da niemand auf den Feldern arbeiten konnte, wurde in den Steinbrüchen
und den Tempelbauten gearbeitet. Dazu wurden auch Zwangsarbeiter eingesetzt. In dieser Zeit
wurden die Familien mit Lebensmitteln aus den staatlichen Lagern versorgt.
Die zweite Jahreszeit wurde Aussaat genannt. Sobald die Flut zurückging und die
Bauern ihre Schleusen und Dämme öffneten, um das Wasser abzulassen,
wurde gepflügt und gesät. Dazu benutzten sie den schon seit 2500 v. Chr.
bekannten Pflug. Dieser wurde überwiegend von Rindern, aber auch von Menschen
gezogen. Meistens benutzten sie auch Hacken um den Boden vor der Aussaat zu bearbeiten.
Nebenbei zerschlugen sie mit Holzstäben die größeren Klumpen. Diese
Zeit war sehr gefährlich. Die Bauern zogen sich viele Leiden zu, sie infizierten
sich beispielsweise mit Parasiten, beim Waten im schlammigen Wasser von Teichen und
Kanälen. Auch Schlangen und Skorpione stellten eine Bedrohung dar. Zum Schutz vor diesen
wendeten sie Zaubersprüche an. Die Aussaat wurde durch die Registrierung der
Getreidezuteilung jedes einzelnen Bauern, zwecks Besteuerung, durch einen Schreiber eingeleitet.
Dann begann auf Befehl des Dorfätesten die Zeremonie des Säens. Bei diesem Ritual wurde
Osiris geehrt, welcher ermordet, zerstückelt und über ganz Ägypten verstreut worden
war. Dabei vergruben die Dorfbewohner kleine Tonfiguren des Osiris in ihren Feldern, vermischt mit
ein paar Saatkörnern, und beteten, dass sich der Gott mit den sprießenden grünen
Korn wiederbeleben möge.
Im Anschluss verteilten die Bauern das Saatgut auf den aufgelockerten Boden, aus einem Korb oder
einem Lederbeutel, den sie über die linke Schulter geschlungen hatten. Später trieben
Hirten ihre Schweine, Schafe und Ziegen über die Felder. Nachdem das Saatgut durch diesen
Vorgang fest getreten war, folgte die mühsame Bewässerung. Im alten und mittleren Reich wurden
von früh bis abends Eimer auf die Felder getragen, im neuen Reich wurde diese Arbeit durch die Einführung
des Schaduf ersetzt. Der Schaduf bestand aus einer Ziehstange und einen Eimer und wurde bis weit in das 20. Jh.
verwendet.
In schlechten Jahren konnte allerdings die Überschwemmung ausfallen und die ausgetrockneten Felder
blieben ohne die fruchtbaren Schlammablagerungen. Dies geschah zum Beispiel zu Beginn der ersten Zwischenzeit
und traf die Volkswirtschaft in solchen Maße, dass es fast 200 Jahre dauerte bis das mittlere Reich
wieder zu Wohlstand geführt wurde. Wenn die Flut zu hoch war, konnte sie Dämme brechen, Häuser fortschwemmen
oder Kornspeicher zerstören. Die Saat konnte erst später ausgebracht werden und wurde dadurch vielleicht
von der hochsommerlichen Sonne versengt. Außerdem konnte sich eine Insektenplage anbahnen.
Die Ernte konnte auch jederzeit durch ein plötzliches Unwetter zunichte gemacht werden.
Die letzte Jahreszeit war die Erntezeit.
Die Ernte begann mit den Riten zu Ehren des Min. Trationsgemäß schnitt
der Pharao die ersten Getreidehalme und leitete somit die Erntezeit ein. Vor Arbeitsbeginn kamen Steuerbeamte,
die den voraussichtlichen Ernteertrag schätzten und die abzuliefernde Menge festlegten. Dazu schritten die
Schreiber die Ränder der Felder ab, notierten die Lage der Grenzsteine und maßen mit einer geeichten
Schnur.
Während der Ernte gingen die Dorfbewohner bei Tagesanbruch auf die Felder, um das Getreide
einzuholen. Gelegentlich wurden auch Zwangsarbeiter und Armeeeinheiten eingesetzt.
Nach der Ernte wurde das Korn in Netze und Körbe getan und auf Eseln zur Tenne transportiert. Die Tenne war ein
runder Platz aus gestampfter Erde, welcher von einer niedrigen Mauer umgeben war. Dort breitete man das Getreide
aus und lies im Anschluss Rinder in die Tenne. Daraufhin folgte das Worfeln: Die zertretenen Ären wurden mit
hölzernen Schaufeln hochgeworfen, um die Spreu von den Körnen zu trennen. Unmittelbar danach maß
ein Beamter mit einem hölzernen Scheffel die Kornmengen ab.
Wenn ein Bauer die als Steuer festgelegte Menge nicht abtreten konnte oder wollte, wurde er meist grausam geschlagen.
Nach der Feststellung der Steuer wurde der größte Teil des Korns in Säcken abtransportiert und in
staatliche oder den Tempeln gehörende Kornspeicher geschüttet. Mit diesen Vorräten wurden die Menschen,
die keine Feldarbeit leisteten, wie Soldaten, Priester, Palastbedinsteten und Handwerker, die in der Stadt wohnten,
ernährt.
Oft war es möglich in der darauffolgenden Zeit zwischen März oder April und der nächsten Flut eine
zweite Saat auszubringen (Hülsenfrüchte, Gemüse). Hauptsächlich wurde Weizen und Gerste aber auch
Flachs, das für Kleidung, grobere Gewebe, Seile, Fäden und Matten benötigt wurde, angebaut.
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